Messerattacke in Mannheim: Angriff auf Anti-Islam-Aktivisten
Ein Mann greift eine Kundgebung des Rechtsextremisten Michael Stürzenberger auf dem Marktplatz in Mannheim an. Er verletzt dabei mehrere Personen.
Die Polizei sprach zunächst nur von einem größeren Einsatz auf dem Marktplatz. Eine Sprecherin bestätigte der taz, dass es mehrere Verletzte gab, ein Rettungshubschrauber sei im Einsatz. Die Gruppe von Stürzenberger, „Pax Europa“, erklärte, dass Stürzenberger selbst und weitere Helfer niedergestochen worden seien. Es sei zu „schwersten Verletzungen“ gekommen. Am Nachmittag berichtete die dpa unter Verweis auf Sicherheitskreise, dass ein niedergestochener Polizeibeamter in Lebensgefahr schwebe.
Stürzenberger tritt seit vielen Jahren öffentlich mit islamfeindlichen Thesen auf und reist mit seiner „Bürgerbewegung Pax Europa“ durchs Land. Er gehörte auch zu den Mitorganisatoren des Münchner Pegida-Ablegers. Mit seinen Kundgebungen will er angeblich über den „politischen Islam“ aufklären. Nach eigener Auskunft hat seine Gruppe seit 2018 bundesweit rund 130 Kundgebungen abgehalten – zuletzt etwa in Dresden, Leipzig oder Wuppertal. Immer wieder kam es zu Gegenprotesten.
Mögliches islamistisches Motiv
Der bayrische Verfassungsschutz attestiert Stürzenberger eine „verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ und beobachtet auch „Pax Europa“. Das Amt wirft ihnen vor, eine Abschaffung der Religionsfreiheit für Muslime anzustreben. Muslime seien für sie „Menschen zweiter Klasse“. Stürzenberger ist auch auf Social Media sehr aktiv und Autor der rechtsextremen Webseite „PI News“.
Über den Angreifer war zunächst nichts bekannt. AfD-Politiker*innen wie Beatrix von Storch machten umgehend Islamisten verantwortlich, die „gestoppt“ werden müssten.
Zurückhaltender äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): „Die Ermittlungen werden die Hintergründe dieser Tat aufklären, insbesondere den Hintergrund und die Motive des Täters“, sagte sie. „Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben.“
In einer Botschaft auf der Plattform X äußerte sich auch Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Meine Gedanken sind bei den Opfern. Gewalt ist absolut inakzeptabel in unserer Demokratie. Der Täter muss streng bestraft werden“, schrieb er.
Die Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, verurteilte die Tat ebenfalls, verwies aber auch auf Stürzenbergers Hintergrund. „Unsere Demokratie lebt von Rede und Gegenrede. Stürzenberger ist ein bekannter ‚Islamkritiker‘, der durchaus Abwertendes und Hasserfülltes zum Islam kundtut. Die Antwort auf Hass darf nicht noch größerer Hass sein. Und schon gar nicht Gewaltanwendung“, schrieb sie auf der Plattform Bluesky.
In der Vergangenheit hatten Islamisten immer wieder gegen Personen agitiert, die etwa Koranverbrennung verübten. In Deutschland wurden 2013 in Nordrhein-Westfalen vier Islamisten festgenommen, die einen Anschlag auf den Rechtsextremen Markus Beisicht geplant haben sollen. Sie wurden später zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945