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Merz, Söder und ReichtumGutverdiener unter sich

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Friedrich Merz und Markus Söder sind wohlhabend. Und zufälligerweise nützt ihre Politik besonders den Reichen – und schadet den Armen.

Wo stehen die Reichen? High-Society-Hochzeit auf Sylt im Juli 2022 Foto: Axel Heimken/dpa/picture alliance

D ie CDU- und CSU-Chefs sind millionenschwer – und fordern eine Politik, die vor allem ihresgleichen nützt. Friedrich Merz bezeichnete sich selbst mal als „Millionär“. „Heute verdiene ich rund eine Million Euro brutto“, ergänzte er 2018 in der Bild am Sonntag.

Jahrelang machte der frühere Europa- und Bundestagsabgeordnete seine politischen Kontakte zu Geld: zum Beispiel als Partner einer Wirtschaftskanzlei sowie als Aufsichtsrats-, Verwaltungsrats- oder Beiratsmitglied in Konzernen wie dem Versicherer DBV-Winterthur, der Commerzbank, dem Chemiekonzern BASF, dem Eisenbahnhersteller Stadler Rail und dem US-Investmentfondsverwalter ­BlackRock. Die Liste seiner Jobs, die er teils auch neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter ausübte, ist zu lang, um sie hier vollständig wiederzugeben.

Interessenkonflikte sah Merz natürlich nicht zwischen seinen Nebenjobs und seiner Funktion als Politiker. Er war sogar so dreist, 2006 vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die vom Bundestag beschlossene Veröffentlichungspflicht für Nebeneinkünfte von Abgeordneten zu klagen. Immerhin gab er nach seiner Politikpause ab 2009 und seiner Rückkehr in den Bundestag 2021 alle bezahlten Nebentätigkeiten auf.

Er hatte ja auch schon genug verdient. Beim Börsengang von Stadler 2019 wurde bekannt, dass er Aktien des Unternehmens im Wert von damals 5,7 Millionen Euro besaß. Wenn er zu Terminen eilt, muss er sich nicht um verspätete oder überfüllte Züge kümmern. Stattdessen fliegt Merz gern mit seinem zweimotorigen Kleinflugzeug vom Typ Diamond DA62.

Von wegen „gehobene Mittelschicht“

Heute kosten solche Modelle dem österreichischen Hersteller zufolge um die 1,6 Millionen Euro. Merz muss auch nicht verzweifelt nach einer bezahlbaren Mietwohnung suchen: Mehrmals wurde berichtet, dass er neben seinem Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen eine Villa am Tegernsee habe. Dass sich Merz trotz seiner Millionen 2018 als Teil der „gehobenen Mittelschicht“ bezeichnete, ist entweder Hohn – oder er weiß wirklich nicht, wie wenig durchschnittliche Menschen in Deutschland verdienen und besitzen. Auf jeden Fall zeigte diese Äußerung des CDU-Politikers, wie abgehoben er ist.

Denn 2021 hatte der Durchschnittshaushalt ein Nettovermögen – also Sach- und Finanzwerte abzüglich sämtlicher Verbindlichkeiten – von nur gut 316.500 Euro. So steht es im Sozialbericht 2024 der Bundeszentrale für politische Bildung. „Am unteren Ende der Vermögensverteilung gab es etwa 6 Prozent Haushalte, die entweder kein oder ein negatives Nettovermögen aufwiesen, das bedeutet, die Verbindlichkeiten waren sogar höher als das Bruttovermögen“, so der Bericht. Die reichsten 5 Prozent der Haushalte besaßen demnach ein Nettovermögen von mindestens 1,1 Millionen Euro. Also: Merz und die Seinen gehören eindeutig zu den Reichen in Deutschland.

Das gilt auch für CSU-Chef Markus Söder. Der Franke hat sehr gut verdient als Abgeordneter, Minister und Ministerpräsident, aber vor allem hat er reich geheiratet: Seine Frau Karin Baumüller-Söder hat von ihrem Papa einen schönen Anteil an dessen Baumüller-Gruppe geerbt. Die Baumüller Nürnberg GmbH stellt elektrische Antriebs- und Automatisierungssysteme her und hat laut Konzernabschluss allein im Geschäftsjahr 2022/23 rund 12 Millionen Euro Gewinn verbucht.

Reich erben und reich heiraten: Ist es etwa das, was das Wahlprogramm der Union unter „Leistung muss sich wieder lohnen“ versteht?

Das oberste Prozent

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Und so ein Zufall: Das Wahlprogramm von CDU und CSU nützt besonders den Reichen. Mehr als die Hälfte der 99 Milliarden Euro Steuern, auf die die Union verzichten will, schlüge sich auf den Konten des einkommensstärksten Zehntels der Bevölkerung nieder, hat Volkswirt Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) errechnet. Das oberste Prozent würde um 28 Milliarden Euro pro Jahr zulasten der Allgemeinheit reicher werden. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung dagegen würde nur um knapp 12 Milliarden Euro entlastet.

Das liegt zum Beispiel daran, dass Merz und Söder laut Wahlprogramm den Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer abschaffen wollen. „Der verbliebene Solidaritätszuschlag belastet fast nur noch Hochverdiener“, sagt Bach. Diese Entlastung in Höhe von 12,5 Mil­liar­den Euro gehe zu 93 Prozent an die reichsten 10 Prozent der Steuerzahler. Eine Vermögensteuer für Reiche dagegen lehnt die Union genauso wie FDP und AfD im Gegensatz zu SPD, Grünen, Linker und BSW ab.

Ein Grund dafür könnte sein, dass Merz’ und Söders Familien von so einer laufenden Abgabe auf sehr hohe Vermögen vermutlich selbst betroffen wären. Und sie müssten wahrscheinlich weniger zahlen, wenn die Union ihre Steuerpläne durchsetzt.

Vielleicht fehlt Merz und Söder einfach auch das Verständnis für Leute mit weniger „Erfolg“, die Vorstellungskraft, wie es diesen Menschen geht, und die Empathie für Arme. Jedenfalls führen die Unionschefs ein Leben, das weit von den Sorgen der meisten Menschen entfernt ist. Vielleicht äußern sie sich deshalb immer wieder abfällig über Bürgergeldempfänger und fordern, dass die Menschen in Deutschland wieder mehr arbeiten sollten.

Es gibt sicherlich Politiker, die reich sind und dennoch dafür kämpfen, dass die soziale Ungleichheit abnimmt. Aber genau das tun Merz und Söder eben nicht.

Und was sagen die beiden Unionspolitiker zu dem Vorwurf, sie könnten die Sorgen von Menschen mit mittleren und niedrigem Einkommen nicht verstehen, auch weil sie selbst so wohlhabend seien? Diese Frage der taz ließen Merz und Söder bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Dann müssen die Wähler sie wohl selbst beantworten.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis, 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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13 Kommentare

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  • Interessant, über Söders Vermögensverhältnisse zu lesen, zu denen mir nichts bekannt war.

    Leider ist das nicht so ergiebig:



    Denn der Bilanzgewinn des Unternehmens sagt fast gar nichts für die finanziellen Verhältnisse der Eigentümer aus -



    aus dem Gewinn muss das Unternehmen z.B. künftige Investitionen und Rücklagen finanzieren, u.U. auch Mitarbeiterbeteiligungen, und wie viel dann an welche Eigentümer ausgeschüttet wird, ist unklar (zumal auch der Anteil nicht genannt ist).

    Übrigens habe ich gefunden, dass die Gruppe im Geschäftsjahr 20/21 noch 7 Millionen Verlust gemacht hat. Auf den Gewinn gibt es also kein Dauergarantie, schon gar nicht auf die Höhe.

    Da würde mich doch schon interessieren, ob Söder wirklich reich ist oder er tatsächlich zur "gehobenen Mittelschicht" gehört!

  • Dass z.B. Sahra/Oskar oder Gregor G. da nach den Offenlegungen der Nebeneinkünfte der letzten Jahre sehr gut mithalten können hätte man vielleicht auch in einem Nebensatz erwähnen können...

  • Kann man auch ganz anders sehen: Die beiden sind nicht wg Geld in der Politik, denn das haben sie schon.

    Man könnte auch ketzerisch denken, dass der Überhang von Parlamentariern im Staatsdienst zu immer höheren Steuern für den Staat führt.

    I am just saying

  • Die Nicht-Reichen ächzen doch sehr viel mehr unter den inflationsbedingten Preiserhöhungen. Wen Grundnahrungsmittel wie Milch innerhlab kurzer Zeit Preissprünge von 25-30 Prozent machen, stört das den sog. "Besserverdiener" (Baemte, Mittelstand, etc.) nicht so sehr wie den "kleinen Arbeiter" und Rentner. Das hat unsere fehlgeleitete Wirtschaftspolitik zu verantworten, nicht Herr Merz oder die Union

  • Die Frage von Entlastungen bei Armen via Steuer ist nicht zu beantworten, da die außer Verbrauchssteuer (MWSt, Mineralöl, ggf. Alkohol und Tabak) in der Regel kaum Steuern bezahlen!



    Das Gegenteil zu tun, zu behaupten, jegliche Steuerabsenkung begünstigen die Reichen ist daher nur in Teilen richtig. Jeder der eine betreffende Steuer bezahlt wird davon profitieren, manche mehr, manche weniger. Das liegt in der Natur der Sache.



    Wenn es Armen besser gehen soll, dann kann meist nur auf der Einnahmenseite operiert werden (Mindestlohn hoch etc.), steuerliche Operationen helfen da nie!

  • Zwischen "Arm" und "Reich" gibt es noch die Arbeiterklasse und Akadaemiker (in der Regel "Mittelschicht"). Mittlerweile wählen mehr "Arbeiter" die AFD als die SPD. Da stellt sich die Frage, warum sich die Arbeiter von der SPD nicht mehr vertreten fühlen. Es könnte durchaus sein, dass sich der ein oder andere fragt, wo die Entlastung für ihn bleibt.

    Die Zahlen im Artikel sind verschleiert. Vermischen sie doch relative Angaben mit absoluten Zahlen. Wenn die ärmere Hälfte um 12 Mrd entlastet wird, stellt sich die Frage, welche Belastung sie denn dann noch trägt und wieviel weitere Entlastung überhaupt möglich wäre? Jemand der gar keine Steuern zahlt, kann auch nie entlastet werden. Sieht man ja schon am Solidaritätszuschlag. Den zahlen nur noch "Reiche". Also können auch nur sie entlastet werden. Zudem - wo gehen die 59 Milliarden hin, die im Artikel nicht erwähnt werden (99 Mrd - 12 Mrd (Arme) - 28 Mrd (Reiche) = 59 Mrd.? Die dürften dann wohl doch der Mittelschicht zufließen.

    Nebenbei: Das Vermögen von Söders Frau dürfte weit vom Zugriff von Herrn Söder entfernt sein.

    • @Strolch:

      "Mehr als die Hälfte der 99 Milliarden Euro Steuern, auf die die Union verzichten will, schlüge sich auf den Konten des einkommensstärksten Zehntels der Bevölkerung nieder... Das oberste Prozent würde um 28 Milliarden Euro pro Jahr zulasten der Allgemeinheit reicher werden."



      Bei der Mittelschicht können also nicht viel mehr als 37 von insgesamt 99 Milliarden ankommen.



      ... und zur ärmeren Hälfte gehören viele Arbeiter- und Angestelltenhaushalte mit einem Nettovermögen von bis zu 196.600 Euro.



      Die zahlen alle Steuern, wenn sie keine Aufstocker sind.



      Mehr als die Hälfte der Arbeiterhaushalte (bei denen die Hälfte weniger als 193.300 Euro Nettovermögen besitzt) zählen zur ärmeren Hälfte.



      Kann man alles im im Artikel verlinkten Sozialbericht 2024 nachlesen...



      Wenn Arbeiter AfD wählen ist das zwar dumm, weil die ihnen noch weniger gönnt. Wenn aber bei der unteren Hälfte nur ein Achtel der Entlastung ankommt, ist die Frustration verständlich. Nicht nur bei Adenauer war der Steuerfreibetrag noch so hoch, dass viel Arbeiter keine Lohnsteuer zahlen brauchten.



      Mit einer deutlichen Anhebung des Grundfreibetrags könnte man vielleicht wieder "Land gewinnen".

    • @Strolch:

      Verzeihung, Sie haben die falsche Fragestellung. Soweit wir die Semantik einmal weglassen, denn sich vertreten zu fühlen, lässt sich doppelt besetzen, dann wird auch deshalb gewählt, um ein Ziel, dem kann durchaus ein Zielkonflikt inne wohnen, zu erreichen (sich aber im Übrigen nicht vertreten lassen zu wollen).

    • @Strolch:

      Da stellt sich die Frage, warum sich Arbeiter von der AgD vertreten fühlen. Die sind alles andere als AN-freundlich, eher auch näher an Konzernen und Reichen.

  • Danke für diesen guten, wichtigen Artikel!

  • Ich frage mich nur, warum so viele Menschen dann Parteien wir CDU, FDP oder gar AfD wählen, wenn es so viele mit geringem Einkommen oder gar Armut gibt?



    Müssten nicht gerade die roten und linken Parteien boomen? Tun sie aber ganz und gar nicht. Warum ist man arm, wählt aber "für Reiche".

    • @Hans Dampf:

      Das frage ich mich auch.

  • "Die Baumüller Nürnberg GmbH stellt elektrische Antriebs- und Automatisierungssysteme her und hat laut Konzernabschluss allein im Geschäftsjahr 2022/23 rund 12 Millionen Euro Gewinn verbucht."

    Ja und? Zum einen ist das der Gewinn vor Steuern. Es bleibt also ca. die Hälfte übrig. Zum anderen hat dieses Unternehmen auch über 2000 Angestellte. Für ein Unternehmen dieser Größe sind 12 Mio Gewinn fast gar nichts, da sind die gezahlten Jahresgehälter schon 10mal höher.