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Kostenloser NahverkehrSchafft endlich die Tickets ab

Wenn der ÖPNV kostenlos ist, entlastet das nicht nur die Nutzer. Dieser wichtige Beitrag zur Verkehrswende muss so bald wie möglich umgesetzt werden.

Wann kommt endlich der kostenlose Nahverkehr. Einfach einsteigen und losfahren Foto: Jan Woitas/dpa

W enn ich mit dem Zug von Mönchengladbach nach Düsseldorf fahre, kostet das 19 Euro. Für eine 30-minütige Fahrt, wohlgemerkt, die gerade einmal 25 Kilometer überbrückt. Und zurück natürlich nochmal 19 Euro. Wenn ich jetzt noch älter, knapp bei Kasse, mit digitalen Fahrplänen überfordert und nicht mit Onlinezahlungen vertraut wäre, stellten sich so einige Hürden. Unnötig viele Hürden für ein Bus-und-Bahn-Land.

Dabei muss Deutschland genau das werden. Für Klima und Umwelt, klar, aber auch, weil es sicherer und effizienter ist, wenn nicht jeder allein in tonnenschweren Blechbüchsen durch das Land rollt. Nun ist es aber so: Wer nicht zu den klassischen ÖPNV-Pendlern und Deutschland­ticket-Nutzern gehört, muss sich noch immer den Weg durch einen teuren Ticketdschungel schlagen.

Was also tun? Aus dem 58-Euro-Deutschlandticket wieder ein 49-Euro-Ticket machen? Oder gar wieder ein 9-Euro-Ticket? Reicht alles nicht. Für ein Bus-und-Bahn-Land müssen mehr Hürden als der bloße Preis abgeräumt werden. Die Lösung? ÖPNV ticketfrei machen! Einfach einsteigen!

Die Vorteile liegen auf der Hand. Ticketfreier ÖPNV steigert die Lebensqualität. Man muss sich nicht an ranzige Automaten stellen oder mit schlecht programmierten Apps herumschlagen, wenn man in den Bus oder die Bahn steigen will. Außerdem gibt es keine nervige Ticketkontrolle. Bus- und Bahnfahren wird einfacher, flexibler und angenehmer – für Kunden wie für Fahrer und Fahrbegleiter.

Die ganze Arbeit rund um die Ticketkontrolle ist chronisch unproduktiv

Zudem gibt es einen ökonomischen Gewinn: Ohne Tickets spart man Ressourcen. Dann braucht es keine Kontrolleure; keine Ticket­infrastruktur und Schalter, um die sich Ingenieure und IT-Spezialisten kümmern müssen, die eigentlich besseres zu tun hätten; kein Service-Personal, das überforderten Kunden durch den Ticketdschungel hilft; weniger Anwälte, Richter und Justizvollzugsbeamte, die sich um Bußgeldsünder kümmern – und natürlich: weniger Papier.

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„Können wir uns nicht leisten“ gilt nicht

Die ganze Arbeit rund um die Ticketkontrolle ist chronisch unproduktiv, es wird kein Wert geschaffen. Der US-Publizist David Graeber hätte das als Bullshit Jobsbezeichnet. Die ganze Arbeitskraft, die ganze Energie, die ganze Kapazität kann dann für andere, produktivere Tätigkeiten eingesetzt werden. Mehr Fahrer, mehr Service, mehr Ingenieure.

Und die Kosten? 2023 beliefen sich die bundesweiten Ticketeinnahmen für den ÖPNV auf etwa 12 Milliarden Euro. Selbst wenn sich die Fahrgastzahlen wegen des günstigen Preises verdoppelten, käme man vermutlich mit weniger als 20 Milliarden aus. Denn betriebswirtschaftlich gilt, dass die Grenzkosten mit steigender Menge fallen. Den tausendsten Bus zu betreiben ist günstiger als den ersten. Doppelte Fahrgastzahlen bedeuten also nicht doppelte Kosten. Die natürlich vom Bund an Länder und Kommunen geleistet werden sollten. Die kommunalen Kassen sind vielfach leer und die kommunalen Verkehrsbetriebe kurz vor roten Zahlen. Selbst 20 Milliarden Euro entsprächen außerdem nicht einmal einem Drittel aller klimaschädlichen Subventionen.

Natürlich: Auch das Verkehrsnetz muss dringend ausgebaut und modernisiert werden: mehr Busse und Bahnen, mehr Schienen, mehr Personal, bessere Taktung, mehr Fahrkomfort, und, und, und. Einfach einsteigen erfordert auch eine Investitionsoffensive. Gott sei Dank gibt es dafür ja jetzt ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen. „Können wir uns nicht leisten“ gilt also nicht.

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56 Kommentare

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  • Wenn ich hier lese, wie sich einige Leute wieder künstlich aufregen, weil der ÖPNV kostenlos sein soll, dann freue ich mich, dass die Mainstreammedien der Mächtigen in all den Jahrzehnten so gut funktioniert haben. Die gleichen Leute die herumbrüllen, dass das alles nicht bezahlbar ist und nur Steuern verschwendet werden, regen sich merkwürdigerweise nie auf, wenn unsere "Volksvertreter" Steuergelder für wirklichen Blödsinn rausfeuern. Sie regen sich auch nie auf, wenn Steuerhinterzieher ('Wirtschaftskriminelle') jedes Jahr (!!!) 125 Milliarden Euro Steuergelder in Deutschland "verschwinden lassen", wie aus einer Untersuchung der University of London im Auftrag der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im EU-Parlament hervorgeht. Aber wehe man will etwas für die kleinen Bürger und das Klima machen, dann ist aber der Teufel los. Und das die Landbevölkerung sich nie um einen gut funktionierenden ÖPNV entlang 'ihrer Äcker' gekümmert hat, wird auch gerne verschwiegen. Aber auf die Städter meckern, dass die beim ÖPNV bevorzugt werden, da sind sie sehr gut drin.

    **Kann kostenloser Nahverkehr funktionieren? No Fun Facts mit Nico Semsrott - 2018** www.youtube.com/watch?v=DXnhArb0f1w

  • Klasse Idee!



    Die Bushersteller liefern die Busse umsonst, die Fahrer und Fahrerinnen arbeiten umsonst, und alles wird gut. Echt jetzt?



    Die Kosten sind da. Irgendjemand muss sie tragen. Okay, man kann und soll nicht alles betriebswirtschaftlich rechnen, sondern muss auch den volkswirtschaftlichen Aspekt beachten.



    Aber so ganz naiv alles umsonst geht auch nicht.

  • Schon interessant, wie sich hier wieder einige Leute künstlich aufregen, weil der ÖPNV kostenlos sein soll. "Wo nimmt man denn das ganze Geld dafür her?", tönt es wieder einmal von allen Seiten. Wenn Milliarden Euro für Blödsinn herausgeballert werden, dann sind diese Leute ganz still und sagen nichts. Dass jedes Jahr (!!!) 125 Milliarden Euro Steuergelder in Deutschland hinterzogen werden, wie aus einer Untersuchung der University of London im Auftrag der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im EU-Parlament hervorgeht, interessiert diese Leute auch nicht. Aber wehe, wenn man für die kleinen Bürgern einen kostenlosen ÖPNV fordert, dann wird alles auf den letzten Cent berechnet und erklärt, dass so etwas nicht geht. Das wir in Zeiten des Klimawandels

  • Wenn jetzt jeder seinen Wunsch äußert was er für die Milliarden Schulden kostenlos haben möchte, wie lang wird das Geld dann reichen ...

    • @Günter Witte:

      Bei Ihnen. Da wurde das Fass evtl. zu weit aufgemacht und sinnlosen, teils sogar schädlichen Wahlkampfideen die Tore geöffnet.



      "Mütterrente", Bonzen die Steuern noch weiter senken, umweltschädliches Pendeln noch mehr bezuschussen, ...



      Ich verstehe diejenigen, die sagen, dass man zuerst die Steuern wieder anpasst (Erbschaft, Vermögen, hohe Einkommen), die umweltschädlichen Subventionen o.ä. (Auto, Flug) streicht, die Prozesse in der Bundeswehr und der Beschaffung durchbürstet und dann erst Geld streut.

      Ganz kostenloser ÖPNV hat den Charme, dass die Transaktionskosten für Ticketverwaltung weg wären, aber auch eine mangelnde Steuerfähigkeit: alles wird irgendwann mal knapp, dann sind Preise hilfreich.



      Deutlich sinnvollerer Ansatz als ganz kostenlose Verplemperung öffentlichen Raums für Gratis-Parkplätze, das dabei schon.

  • Pendelzulage und "Dienst"wagenkosten dann auf Null: die Grundversorgung wäre sichergestellt. Kontrolleure werden dann eine Art Streife oder machen ganz anderes. Auch viel anderes entfällt.



    Durchrechnen müsste man es tatsächlich, und die Handlungsfähigkeit des Systems sichern.

    Wichtig wäre in jedem Falle, den bewusst kaputtgemachten ÖPNV auf dem Land wiederzubeleben, dass fast alle mit E-Bike, Bahn und Bus gut unterwegs sein können. Das nenne ich die Grundversorgung.

  • Die 19 Euro für die Fahrt von Mönchengladbach nach Düsseldorf sind allerdings die teuere Einzelfahrkarte. Günstiger wären 24-Stundenkarten (je mehr Personen, desto günstiger) oder die Fahrt mit der VRR-App. Damit würde die Fahrt nur 9 Euro kosten, und der aufsummierte, monatliche Fahrpreis wäre bei 58 Euro gedeckelt (damit es nicht teurer als das Deutschland-Ticket wird). Aber dann müsste man sich mit dem Ticketdschungel im ÖPNV auseinandersetzen, das ist wohl für Herrn Höfgen zu kompliziert.

  • Im Gegenteil Preise erhöhen um mehr Personal insbesondere Sicherheitspersonal, Bauarbeiter und Reinigungskräfte einzustellen und das ganze System ausbauen. Sowie IT Personal um die Verwaltung auszudünnen.

    • @Machiavelli:

      Genau!

  • Und wieder noch mehr Subventionen für die Stadtbevölkerung. Auf dem Land... Wo mir Glück alles 2h ein Bus fährt. Wo man eventuell im jetzt fahren muss weil eine direkte Verbindung unmöglich... Ja genau... Diese Leute sollen noch mehr den Berlinern ihre 2 min Taktung verbessern und am besten noch kostenlos.

    Wie das 49 Euro Ticket einfach auch oft nur einen Mitnahme Effekt für Berufspendler die eh mit den Öffis fahren befeuert hat.

    • @Duplozug:

      Wie das 49€ Ticket ist es nur der erste Schritt.

      Natürlich muss der Öpnv auch auf dem Land ausgebaut werden, el. Kleinbusse wären eine gute Option.

      Wenn es keinen Ticketverkauf und vor allem keine Kontrollen mehr gibt werden Arbeitskräfte frei, die können dann als Fahrer für das Land ausgebildet werden. Langfristig sollte Schienenverkehr eh automatisiert werden. Die Technik ist anders als beim PKW ausgereift.

      Zur gleichen Zeit muss der Pkw für nicht Gehbehinderte komplett aus der Innenstadt verbannt werden. Dazu kostenfreie Parkplätze am Stadtrand mit kostenfreiem (langsamen) Strom für E Autos.

      Und schon profitieren auch PKw Besitzer:innen wie Sie und Ich.

  • Was bringt mir denn ein kostenloser ÖPNV, wenn dieser nur alle 30 Minuten fährt, oder einfach ausfällt? Und dann muß er ja in alle Richtungen funktionieren. Denn es soll ja auch Mitmenschen geben, welche Morgens aus der Stadt zu einer Firma/Büro ins Umland pendeln müssten. Auch wenn in diese Richtung dann nur ein oder zwei Personen im Bus sitzen würden.

    • @Oleg Fedotov:

      Wieso die Aufregung über alle 30 Minuten? Sind alle 10 Minuten besser? Wenn ja, dann auch auf dem Land?

  • Reiner du denkst mit! :-(



    ---



    Ist logisch, dass bei "kostenlosem ÖPNV" alle "obdachlosen Mitbürger" dort einziehen werden! Dann ist das "Problem" das es in unserer Gesellschaft "Obdachlosigkeit" gar nicht geben dürfte, ja gelöst! :-(



    Btw. Eine Jahres-Netzkarte der DB ist schon HEUTE preiswerter als eine Kleinwohnung im Ballungsraum. :-)

    Ps. Aber mal so am Rande: Weil sich zu viele "Merkbefreite" nicht an z.B. Tempobegrenzungen der StVO halten, Autos abzuschaffen, wäre das auch ein Gedanke, den DU gut finden würdest? :-))

  • Ja!, ÖPNV gehört zu unserer Infrastruktur genauso wie Straßen, Radwege und Kanäle sollte kostenlos sein.

  • Die Fahrgastzahlen werden sich nicht verdoppeln.

    Viele zahlende Fahrgäste werden sich endgültig vom ÖPNV verabschieden, da dieser aus einer Reihe von Gründen immer unerträglicher wird. Viele Menschen haben mittlerweile Angst diesen zu nutzen.

    Eine Reihe meiner Kollegen sind längst vom ÖPNV auf das Auto umgestiegen. Nur gefrustet.

    Und diese 12 Milliarden Euro für Tickets wird das Land dringend brauchen. Mit den neuen Staatsschulden kommen wir in die globale Oberliga. Bisher waren wir noch extrem günstig mit etwa einem Prozent für die Zinsen dabei. 40 Milliarden Zinsen im Jahr. Die Refinanzierung und Neuaufnahme von Schulden wird bei etwa drei Prozent liegen.

    100 oder 120 Milliarden Zinszahlungen im Jahr? Verschenkte Tickets wird es nicht mehr geben.

  • Bei dem Service mit ständigen Verspätungen und Ausfällen sollte das ganze schon längst kostenlos sein, dann wäre es etwas weniger ärgerlich. Aber auch das ist eine Folge jahrelanger Einsparungen, Missmanagement und Personalmangel. Nur ich sehe letzteres schon als Problem dem zu wenig Aufmerksamkeit gespendet wird. Auch in meiner Stadt suchen die Verkehrsbetriebe seit Jahren Personal, finden nur scheinbar keins bzw. nicht genug. Ausbau des Nahverkehrs schön und gut, es wird nur nichts nützen wenn jetzt schon nicht genug Personal da ist um Bus und Bahn zu bedienen.

    • @Momo Bar:

      Finden die Verkehrsbetriebe „scheinbar“ kein Personal (sie tun also nur so, als wenn sie keines finden würden, denn der Schein trügt), oder finden sie nicht eher „anscheinend“ keines (es macht jedenfalls den Eindruck, es hat den Anschein, dass sich die Personalsituation nicht besser wird)?

  • Schöne Vorstellung, leider wohl aus verschiedenen Gründen nicht zeitnah realisierbar, siehe Kommentare. Hoffe aber es noch erleben zu dürfen. Erinnere mich das Ende des 20. Jahrhunderts die KPCh den Übergang zum Kommunismus um die Mitte des 21. Jahrhunderts anvisierte, vielleicht wird das ja noch was.

    • @Egil:

      Vielleicht wird das was, nur was es dann auf jeden Fall nicht wird, ist besser.

  • Was nichts kostet, ist den Menschen nichts wert. Mein Sohn muss 3 Stationen mit der S-Bahn fahren. Er muss 1x umsteigen. Seit Schuljahresbeginn gab es nicht eine Woche ohne Zugausfall. Früher hieß es mal, pünktlich wie die Bundesbahn. Da gab es kein Internet und es hat besser geklappt. Es braucht Geld, um was zu verbessern.

    • @Strolch:

      Die DB ist kreativ mit ihren Durchsagen:

      "Die nächste S-Bahn nach X fällt aus. Grund dafür ist die Verspätung des vorausfahrenden Zuges!"

      • @shantivanille:

        Ich finde es mittlerweile nicht mehr lustig: Heute: die Bahn mit der er in die Schule fährt, fällt aus. Warum weiß keiner. Schnell mit anderen Eltern abgestimmt und drei Kinder zur Schule gefahren. Rückweg: 25 Minuten Verspätung, Kontaktnehmer gestört oder so ähnlich. Das gibt es jede Woche. Und das Problem des Autors sind die Kosten des Deutschlandtockets. Ich will funktionierenden Nahverkehr keinen, der mies und schlecht ist.

        • @Strolch:

          Wir haben die letzten Jahrzehnte nach dem Krieg nur in den Straßenverkehr investiert und die Bahn langsam und dann immer schneller verfallen lassen. Es fing mit Streckenstillegungen an, weil diese keinen Gewinn mehr erwirtschafteten und endet derzeit mit Top-Managern bei der Bahn, die in einer Woche das x-fache von Triebfahrzeugführern in einem Monat verdienen.

          Um einen funktionierenden Nahverkehr zu wollen, müssen wir statt sechsspurigen Autobahnen sechsspurige Bahnstrecken bauen. Die Errichtung der Autobahnen werden mittlerweile in der Summe hunderte Millarden, wenn nicht gar mehrere Billionen über die letzten Jahrzehnte gekostet haben. Diese Kostensache wird einen Nahverkehr auf langer langer Zeit nicht realisierbar machen.

          Doch auch demagogische Gründe werden den Nahverkehr nicht realisierbar machen. Zuviele alte Leute scheiden aus, zu wenig Nachwuchs reift heran. Und weil der Kapitalismus erfordert, immer mehr und mehr zu wachsen, werden die Lebensunterhaltskosten des gewöhnlichen Arbeiters mehr und mehr galoppieren müssen. Das verzögert "funktionierenden Nahverkehr" nur noch viel mehr.

          Suche die Schuld also bei der Autonation und dem Kapitalismus.

  • Klingt so simpel wie utopisch, wenn ein Blackrockkapitalist Kanzler wird. Selbst Bullshitarbeit abbauen bedeutet für den wohl eher Arbeitsplatzverluste.

  • Was umsonst ist, wird nicht wertgeschätzt. Mit dem Nulltarif wird es dem ÖPNV so gehen wie den öffentlichen Toiletten.

    • @Edgar Schmauch:

      In diesem Sinne: führt endlich eine saftige Maut auf deutschen Autobahnen ein! Mit dem dort verdienten Geld kann man dann auch den ÖPNV so ausbauen, dass er attraktiv und bezahlbar wird.

      • @Klabauta:

        Ich kenne eine Tageszeitung, die gejubelt hat, als die Maut am EU-Recht scheiterte… Und ein Forum, das sich heute noch freut. War ja die böse CSU…

        • @Strolch:

          Die CSU-Maut scheiterte am EU-Recht, weil sie vorsah, deutschen Staatsbürger*innen die Maut über eine abgesenkte Kfz-Steuer zurückzuerstatten, was zu einer Benachteiligung aller Nicht-Deutschen geführt hätte.



          "Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2019 die Pläne der CSU gekippt, da die geplante Abgabe ausländische Fahr­zeug­hal­te­r*in­nen diskriminiere. "



          taz v. 06.07.2023

    • @Edgar Schmauch:

      Sorry, aber das ist einfach nur ein Spruch, mehr nicht. Sie zahlen doch auch nicht für die Benutzung von Straßen, Parks und frischer Luft und können trotzdem alles würdigen.

      • @C. Avestruz:

        Ich glaube nicht, dass das nur ein Spruch ist. Gerade die genannten Toiletten sind ein gutes Beispiel. Und auch wenn ich mir anschaue, wie manche Parks aussehen, wage ich zu bezweifeln, dass die von allen wertgeschätzt werden.

  • Kostenloser Nahverkehr: Gut gemeint reicht nicht

    Der taz-Artikel beleuchtet eine sympathische Idee – kostenlosen Nahverkehr – bleibt aber an entscheidenden Stellen zu unkritisch. Kostenlos heißt nicht automatisch gerecht oder wirksam. Ohne massiven Ausbau der Infrastruktur, dichtere Takte und bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte bringt ein Nulltarif wenig. Wer auf dem Land wohnt und nur zweimal am Tag einen Bus hat, profitiert nicht von „kostenlos“. Auch die Finanzierung bleibt vage – wer zahlt, wenn keine Tickets mehr verkauft werden? Der Preis allein ist nicht der Hauptgrund, warum Menschen nicht umsteigen. Komfort, Zuverlässigkeit und Taktung wiegen schwerer. Der Artikel verpasst es, die nötigen Push-Faktoren – etwa weniger Parkplätze oder autofreie Zonen – zu thematisieren. Gratis-ÖPNV ohne Verkehrswende bleibt Symbolpolitik. Was es wirklich braucht: durchdachte Konzepte statt gut gemeinter Träume.

    • @Jörg Radestock:

      Das sind alles valide Punkte. Aber warum machen Sie Widersprüche zum kostenlosen Fahren daraus?



      Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen.

  • Maurice Höfgen hat natürlich recht, wenn er einen kostenlosen ÖPNV fordert. Deutschland baut immer Straßen und Autobahnen - und das obwohl der Lkw- und Pkw-Verkehr in diesem Land rund 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr erzeugt - anstatt einen guten und kostenlosen ÖPNV auf die Füße zu stellen. Mit "kostenlos" ist natürlich nur gemeint, dass die Bürger dafür nicht in ihr ohnehin schon fast leeres Portmonee greifen müssen. Ich bin schon seit vielen Jahren dafür, dass Busse und Bahnen für die Bürger frei nutzbar sind, aber dann ist mir etwas Erschreckendes aufgefallen, weshalb man den ÖPNV nicht so einfach "freigeben" kann. Der Grund liegt wieder einmal im jahrelangen Abbau des Sozialstaates, denn die Obdachlosigkeit nimmt im reichen Deutschland immer mehr zu. Gegen arme Obdachlose wird zwar täglich etwas unternommen, aber nicht so wie es sein sollte, denn sie bekommen Platzverweise statt Unterkünfte. Und wo werden sich Tausende von Obdachlosen dann wohl bei Nässe und Kälte aufhalten wenn der ÖPNV kostenlos ist? Solange wir die Wurzel des Übels ('Armut') nicht beseitigen, kann man keinen kostenfreien ÖPNV anbieten, denn Busse und Bahnen voller Obdachloser möchten die Bürger nicht haben.

  • Falsch, die jährlichen Ausgaben sind eben keine Investitionen, darum können sie nicht aus dem Sondervermögen bezahlt werden. Also, woher sollen die Kommunen und Länder das Geld nehmen, um das Fahrpersonal zu bezahlen, Fahrpläne zu organisieren und die Fahrzeuge zu warten und zu reparieren?

    • @o_aus_h:

      Steuern

  • Immer wieder dieses erzsozialistische Gedankengut !

    Den Leuten was schenken ? Für lau ?



    Das kann doch nicht sein!

    Außerdem braucht ja keiner mehr aus dem Haus zu gehen (außer zur Abeit). Alles andere bringt doch der Paketbote und Auslieferungsfahrer !

    Und wenn die ganzen Läden weg sind gibt es auch keine Wohnungsnot mehr. Gelle ?

    Und Ticketkontrolle ist eine sehr ehrbare und überaus wichtige Tätigkeit !!!



    Schauen sie doch Mal wie exorbitant erfolgreich unsere Steuerfahnder sind !



    Die spülen richtig Geld in die Kassen, Jaaa !

  • Kosmopolitische Welten wie Shenzhen, Tokyo oder Hongkong machen es vor. Sie sind ticketfrei, und funktionieren super.



    Vielleicht müssen wir einfach nur mehr Fortschritt in dieser Richtung wagen.

    • @Ice-T:

      Ticketfrei heisst wohl nicht kostenlos.



      Tokyo: "Ticketpreis einfach das günstigste Ticket kaufen und am Zielort gegebenenfalls nachzahlen..."



      Hongkong: "Die Busfahrpreise hängen vom Zielort ab und betragen je nach Fahrtstrecke zwischen 4,50 HKD (0,57 US$) und 47 HKD (6,03 US$)..."

    • @Ice-T:

      Ticketfrei, aber nicht kostenlos. Das ist ein kleiner Unterschied

  • Sicher könnte man den ÖPNV kostenfrei für den Nutzer anbieten, aberwarum sollte der Staat das tun? Alle alternativen Beförderungen kosten schließlich auch etwas. Viel wichtiger erscheint mir, ein Zugangssystem mit optimierter automatischer Abrechnung. Da gibt es vielfältig erprobte Systeme auf dem Markt. Wichtig sind Transparenz, Datensicherheit und Handhabbarkeit. Was allerdings wirklich abgeschafft gehört, ist die Tarifhoheit der einzelnen Anbieter mit ihrem kundenabschreckenden Systemen. Eine App für Deutschland mit einheitlicher Struktur für Fahrplanung und Preisgestaltung würde reichen, sofern sie von echten Profis erstellt wird. Das allerdings scheint in Deutschland noch ein echtes Problem zu sein.

    • @vieldenker:

      Tolle Idee. Machen wir das Smartphone und das Know-how zur Vorraussetzung um den ÖPNV nutzen zu können. Das sorgt dann auch automatisch dafür, dass man nicht mehr vom Anblick der Armen und Alten belästigt wird.

  • Als Ökonom sollte Herr Höffgen wissen, dass ein kostenloser ÖPNV in einer marktwirtschaftlich organisierten Welt nicht oder nur zu Lasten anderer Ziele und/oder Menschen organisierbar ist. Er muss also mehr fordern, als die kleine branchenspezifische Revolution.



    Schon das 9-Euro-Ticket hat zahlreiche Kehrseiten einer solchen Minirevolution gezeigt: fehlende Kapazitäten an Personal und Zügen; überfüllte Züge; Stammkunden, die aufs Auto umstiegen; steigende Defizite bei Verkehrsbetrieben; fehlende Mittel für den Ausbau des ÖPNV.



    Da wären gezielte Maßnahmen vielleicht sinnvoller:



    - kostenlose und/oder stärker subventionierte Tickets für Geringverdiener und Arme, um ihnen mehr Teilhabe zu ermöglichen und vor teils drastischen Strafen fürs Schwarzfahren zu schützen



    - höhere Vergünstigungen für „Jobtickets“ um mehr Berufspendler, Studenten usw. von der Straße zu kriegen



    - mehr Kooperation zwischen Verkehrsverbünden und DB, um ein stark vereinfachtes, einheitliches Preis- und Ticketsystem auf die Beine zu stellen



    - bessere Integration von Radnutzung und ÖPNV.

  • 0-tarif ist das einzig vernünftige. wird zeit, daß sich diese forderung mehr herumsppricht + nicht nur ein hobby einiger weniger ist.

    • @Brot&Rosen:

      Ob das so vernünftig ist sei mal dahin gestellt, am Ende muss diese Dienstleistung trotzdem jemand bezahlen. Aber wenn es die Verbraucher nicht sind, liegt es durchaus im Bereich des Möglichen dass die jetzt schon überfüllten Busse und Bahnen NOCH voller werden und, da nichts kostet, auch nicht wertgeschätzt werden.

  • Sehr geehrter Herr Höfgen,



    ticketfrei klingt gut und die Rechnung mag zunächst stimmen.



    Als ÖPNV-Teilnehmer kenne ich alle Tücken des Bus- und vor allem Bahnverkehrs leidlich.



    Es bleibt ein Unbehagen, wenn der ÖPNV und SPNV als trockener und warmer Ort entdeckt wird, an dem keine Kontrolle droht.



    Er wird zum Aufenthaltsort, an dem Menschen zudem für Vielfältiges angegangen werden.



    Es könnte vermehrt unangenehm werden.



    Es braucht gerade für Städte und Stadtverbindungen Versuchsbereiche, um dies auszutesten.



    Es braucht Konzepte, um negative Begleiterscheinungen aufzuzeichnen und ihnen entgegen zu wirken.



    Hierzu lese ich noch nichts.



    Danach wir überdacht und neu abgerechnet.

    Mit freundlichen Grüßen



    Reiner Neuß

    • @Reiner Neuss:

      Reiner du denkst mit! :-(



      ---



      Ist logisch, dass bei "kostenlosem ÖPNV" alle "obdachlosen Mitbürger" dort einziehen werden! Dann ist das "Problem" das es in unserer Gesellschaft "Obdachlosigkeit" gar nicht geben dürfte, ja gelöst! :-(



      Btw. Eine Jahres-Netzkarte der DB ist schon HEUTE preiswerter als eine Kleinwohnung im Ballungsraum. :-)

      Ps. Aber mal so am Rande: Weil sich zu viele "Merkbefreite" nicht an z.B. Tempobegrenzungen der StVO halten, Autos abzuschaffen, wäre das auch ein Gedanke, den DU gut finden würdest? :-))

  • Jetzt wär noch interessant, wieviel von den 12 Mird. Ausgleichszahlungen sind.

    • @Hugo:

      Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!

      Ticketeinnahmen werden mit Fahrkartenverkäufen eingenommen. Ausgleichszahlungen aller Couleur (für Schüler- und Auszubildendenbeförderung, für vergünstigte Schwerbehindertenbeförderung, für Durchtarifierungsverluste bei Verbundtarifen zur Mitfahrt bei mehreren Verkehrsunternehmen, für bestellte nicht aus anderen Einnahmen gedeckte Fahrten, für Mindereinnahmen D-Ticket gegenüber altem Verbundtartif, ....) KOMMEN auf die 12 Mia NOCH OBENDRAUF!

      • @FriedrichHecker:

        Danke f.d. Antwort; da kommt m.E. nix obenauf:



        "12 Milliarden Euro nahmen die deutschen Nahverkehrsunternehmen des VDV 2023 durch Fahrgelder ein (inklusive Ausgleichzahlungen). " (aus dem Link im Artikel)



        Und der Anteil ist in drei min. ned im I-Net zu finden, scheint ein Staatsgeheimnis zu sein*lol*.

  • Nö!



    DAFÜR gibt es eben kein Sondervermögen.



    Das gibt es für Investitionen, nicht für konsumtive Ausgaben.

    • @Philippo1000:

      Sanierung und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, so wie es der Artikel fordert sind Investitionsmaßnahmen! Sie haben etwas Missverstanden...

      • @Erwin1.:

        Hat P1000 nicht missverstanden, Sanierung heißt z.B. Ersatz von alten Bussen und Reparatur/Modernisierung abgenutzter Gleistrassen, Erneuerung von Bahnhöfen; Ausbau neue Gleise für Fernbahn, Schnellbahnen, Trams und zusätzliche Bustrassen. Die Ticketpreise sind eben nichts von dem.

      • @Erwin1.:

        ???



        Das Infrastrukturpaket ist auf jeden Fall auch für Investitionen in Strasse und Schiene.



        Da wurde ja bereits in den letzten drei Jahren viel gebaut, da diese Notwendigkeit bereits erkannt wurde.



        Eine diesbezügliche Forderung ist somit überflüssig.



        Die zentrale Forderung des Artikels ist jedoch



        " ÖPNV ticketfrei",



        " wann kommt endlich der kostenlose Nahverkehr".



        Der Autor des Artikels beziffert die Kosten um " wahrscheinlich weniger als 20 Mrd. Euro".



        Dies wären konsumtive Kosten, für die das Sondervermögen Infrastruktur nicht aufgestellt wurde.

  • "Reicht alles nicht. Für ein Bus-und-Bahn-Land müssen mehr Hürden als der bloße Preis abgeräumt werden. Die Lösung? ÖPNV ticketfrei machen!"

    Ich mag mich täuschen, aber die hier vorgeschlagene Lösung ist genau das: den Preis abräumen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

  • Ja, Tickets abschaffen, aber können wir uns darauf einigen, es fahrscheinlosen Nahverkehr zu nennen? Nichts ist kostenlos. Auch der Busfahrer möchte bezahlt und die Infrastruktur unterhalten werden.

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