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„Marsch für das Leben“ 2019Vorwurf: Feminismus

Gegen 116 Ak­ti­vis­t:in­nen wird ermittelt. Sie stoppten den „Marsch fürs Leben“ 2019 vorübergehend. Brisant: die Rolle eines AfD-nahen Staatsanwalts.

Ge­gen­de­mons­tran­t:in­nen beim „Marsch für das Leben“ 2019 Foto: Christian Mang

Der 21. September 2019 ist ein sonniger Tag, der Himmel über Berlin erscheint in strahlendem Blau. Durchs Regierungsviertel ziehen rund 5.500 Ab­trei­bungs­geg­ne­r:in­nen und christliche Fundamentalist:innen, die ein vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen fordern. Auch Ver­tre­te­r:in­nen der AfD nehmen am „Marsch für das Leben“ teil, darunter die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch.

Als die Teilnehmenden gegen 13 Uhr am Spreeufer in der Nähe des Reichstags ankommen, sind plötzlich Trillerpfeifen und laute, rhythmische Rufe mitten aus ihrem Demozug zu hören: „My body, my choice! Raise your voice!“ Mehr als 100 feministische Aktivist:innen, die sich bis dahin unerkannt unter die Teilnehmenden des „Marschs“ gemischt hatten, haben eine Sitzblockade gebildet.

Knapp eine Stunde werden sie laut singend und friedlich am Boden sitzen. Die meisten Ab­trei­bungs­geg­ne­r:in­nen laufen nicht am Rand an ihnen vorbei, steigen auch nicht über sie hinweg und nehmen keinen Umweg über eine angrenzende Querstraße zurück zur offiziellen Route. Doch obwohl es all diese Möglichkeiten gegeben hätte, die Sitzblockade zu umgehen, fasst die Berliner Staatsanwaltschaft diese als Straftat auf.

Nun laufen Ermittlungsverfahren gegen 116 Aktivist:innen, die Strafbefehle lauten Nötigung – im Fall von Sitzblockaden ein ungewöhnlicher Vorwurf. „Das ist eine massive Kriminalisierung feministischen Protests“, sagt deshalb auch die Sprecherin des Bündnisses „What the fuck“, Lilli Kramer*. „Da geht es darum, uns einzuschüchtern und uns einen Denkzettel zu verpassen.“

Verdacht auf Befangenheit

Mehrere Betroffene und An­wäl­t:in­nen verweisen in diesem Zusammenhang auf den Einfluss eines Oberstaatsanwalts, der in Berlin kein Unbekannter ist: F. Dieser ist dafür berüchtigt, linke Bagatellen scharf zu verfolgen, rassistische Diskriminierungen hingegen schnell einzustellen. Erst im August 2020 wurde F. wegen der stockenden Ermittlungen zu einer rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln mit mehr als 70 Fällen versetzt. Gegen ihn bestand der Verdacht auf Befangenheit und AfD-Nähe, nachdem er diese in einer Vernehmung eines rechtsex­tremen Verdächtigen offenbar selbst angedeutet hatte. Bis dahin war F. Leiter der Staatsschutzabteilung 231 und somit verantwortlich für sämtliche politischen Straftaten im Land Berlin. Auch in den Verfahren wegen der Blockade des „Marschs“, sagt Einar Aufurth, der Anwalt einer Angeklagten, stelle sich für ihn die Frage, ob F.s politische Überzeugung nicht eine wesentliche Rolle gespielt habe.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft dementiert gegenüber der taz, dass F. „an diesem Verfahrenskomplex“ in irgendeiner Form beteiligt war. Die Verhandlungen und Strafakten jedoch zeichnen ein anderes Bild. In der Hauptverhandlung seiner Mandantin, so erzählt Anwalt Aufurth der taz, sagte ein Kriminalkommissar, es habe ein Treffen mit ihm, einem weiteren Kriminalkommissar, einer Staatsanwältin sowie F. gegeben. Bei dem Treffen ging es darum, wie der Verfahrens­komplex juristisch zu bewerten sei. Staatsanwaltschaft wie LKA seien der Ansicht gewesen, dass es sich um Nötigung handle und die Verfahren mit diesem Tatvorwurf weiter bearbeitet werden sollen. In der Akte seiner Mandantin, so Aufurth, gebe es einen Vermerk, der die „Rücksprache mit Oberstaatsanwalt F.“ dazu ausdrücklich festhält. In der Akte eines anderen Falls heißt es zudem im Schlussbericht der Kriminalpolizei: „Auf Weisung der Staatsanwaltschaft Berlin, OStA F., wurden für jeden der […] Beschuldigten aus dem Verfahren […] inhaltlich identische Einzelverfahren gefertigt.“

Seit November und voraussichtlich noch weit in dieses Jahr hinein stehen die Ak­ti­vis­t:in­nen nun in Berlin vor Gericht – einzeln, wie F. laut Aktenvermerk anwies. Jeder Anwalt, jede Anwältin darf laut dem Bündnis „What the fuck“ zudem nur ein Mandat übernehmen, um Mehrfachverteidigungen zu verhindern. Diese würden eine bessere Koordinierung der Verteidigung ermöglichen. Das Gesetz, auf dem dieses Verbot beruht, wurde im Zusammenhang mit den Strafverfahren gegen Mitglieder der RAF erlassen.

Gefährliche Allianzen

Die Verfahren gegen die friedlich und weniger als eine Stunde auf der Straße sitzenden Ak­ti­vis­t:in­nen sind ein immenser Aufwand: Für je­de:n der Angeklagten wurden Videomitschnitte erstellt, auf denen andere Personen verpixelt wurden. Für jedes Verfahren findet eine Beweisaufnahme statt, werden Zeu­g:in­nen geladen und ein bis zwei Verhandlungstage benötigt. Wie viele Staats­an­wäl­t:in­nen und Rich­te­r:in­nen in den Gerichtsverfahren insgesamt beschäftigt sind, könne nicht festgestellt werden, heißt es aus deren Pressestellen.

Mehr als ein Dutzend Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten gab es bisher, die meisten wurden gegen eine Spende von zwei- bis dreihundert Euro an eine gemeinnützige Organisation eingestellt. Vier Verfahren wurden mit dem Hinweis eingestellt, die Angeklagten seien durch das bisherige Vorgehen „ausreichend belehrt und gewarnt“. Die Kosten für An­wäl­t:in­nen sowie die Gerichtskosten müssen die meisten Angeklagten selbst tragen. Das Bündnis „What the Fuck“, das die Angeklagten unterstützt und Spenden sammelt, rechnet mit rund 1.000 Euro pro Person – zusammen eine Summe im hohen fünfstelligen Bereich. „Die Ak­ti­vis­t:in­nen kommen zu einem großen Teil aus einer jungen, queerfeministischen Szene mit wenig finanziellen Mitteln“, sagt Kramer. „Für die ist das sowohl psychisch wie finanziell eine enorme Belastung.“

Das bisher höchste der bisherigen drei Urteile: Eine Geldstrafe von 1.600 Euro plus Anwalts- und Gerichtskosten für Anna Feiting*. Feiting wollte keine Einstellung des Verfahrens – sondern einen Freispruch. „Bei einer Einstellung ist die Schuldfrage nach wie vor ungeklärt“, sagt die 34-Jährige. „Aber ich will, dass anerkannt wird, dass wir friedlich unser Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrgenommen haben.“ Es mache sie fassungslos, dass unberücksichtigt bleibe, wie Rechts­po­pu­lis­t:in­nen und offen Rechtsextreme zusammen mit christlichen Fun­da­men­ta­lis­t:in­nen und An­ti­fe­mi­nis­t:in­nen gefährliche Allianzen bildeten. Die Erfahrung, wegen einer Versammlung gegen sexistische und rassistische Positionen vor Gericht zu stehen, sei „erschütternd“.

Mögliche negative Präzedenzfälle

Feiting hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, das ihr „zutiefst undemokratisches“ Handeln bescheinigt. „Wenn nötig, gehen wir bis zu einer Verfassungsbeschwerde“, sagt sie. Bei einer solchen rechnet sich ihr Anwalt durchaus Chancen aus. Denn ob Sitzblockaden einer Demonstration überhaupt als Nötigung gelten können, ist umstritten.

Seines Wissens gebe es jenseits der drei Urteile in diesem Verfahrenskomplex bislang keinen anderen Fall in Deutschland, in dem eine Person wegen Nötigung verurteilt wurde, sagt Joschka Selinger von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die Rechtsprechung zu Sitzblockaden in den vergangenen Jahrzehnten betreffe die Blockade von Autos, zum Beispiel auf Zufahrten zu Bundeswehrstützpunkten. Die Gerichte begründeten in diesen Fällen die Nötigungswirkung damit, dass durch das erste Fahrzeug, das vor der Sitzblockade hält, ein Hindernis für die nachfolgenden Fahrzeuge entstehe.

Dabei gehe es also nicht wie bei der Blockade des „Marschs“ um zwei Versammlungen, die jeweils der Versammlungsfreiheit unterstehen, politische Anliegen ausdrücken und Meinungen kundtun – und bei der die eine der anderen eine Weile im Weg sitzt. Sondern eben um Fahrzeuge. Durch die Verurteilung der Ak­ti­vis­t:in­nen wegen Nötigung könnten nun negative Präzedenzfälle geschaffen werden, befürchtet Selinger.

Nicht aufgeben

Auch Anwalt Aufurth will deshalb wenn nötig bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. „Die Versammlungsfreiheit der Protestierenden, die genauso zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen wie die Teilnehmenden des ‚Marschs‘, wird missachtet“, sagt Aufurth. „Die Verurteilung von Anna Feiting ist verfassungsrechtlich bedenklich.“

Bis zum Landes- oder Bundesverfassungsgericht ist es ein weiter Weg. Doch Feiting ist bereit, ihn zu gehen: „Feminismus ist kein Verbrechen“, sagt sie. Und auch, wenn sie bei einer weiteren Verurteilung vorbestraft wäre, sieht sie dem „Marsch für das Leben“ in diesem Jahr gelassen entgegen. „Solange die menschenverachtenden Positionen christlicher Fun­da­men­ta­lis­t:in­nen staatlich gedeckt werden und unser Protest ungerechtfertigt kriminalisiert wird“, sagt sie, „lasse ich mich nicht zum Schweigen bringen.“

*Name von der Redaktion geändert

Die nächste Verhandlung findet am Dienstag, 9. 2., um 13.00 Uhr vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten statt. Die nächste Kundgebung findet am selben Tag um 12.30 Uhr statt.

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67 Kommentare

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  • "Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft dementiert gegenüber der taz, dass F. „an diesem Verfahrenskomplex“ in irgendeiner Form beteiligt war."

    Sogenannte Verfahrensbeteildigte snd sas Gericht, Staatsanwaltschaft mit den Staatsanwälten und Anwälten, Nebenkläger, Verteidiger, Zeuge, Schöffe.

    Nicht jeder, der sich zu einem Verfahren äußert ist deshalb Verfahrensbeteiligter. Auch nicht irgendwelche anderen Staatsanwälte.

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, aber das Dementi war ja nicht "F. ist kein Verfahrensbeteiligter" sondern, dass er nicht "in irgendeiner Form beteiligt war." "Irgendeine Form" koennte sich ja nun auch auf informellere Beteiligungsformen beziegen, oder?

      • @loco15:

        Das Dementi geht damit weiter als nötig und ist eine ziemlich klare Festlegung. Falls es aber wirklich Treffen und Rücksprachen mit diesem Oberstaatsanwalt gegeben haben sollte, wäre die Erklärung natürlich eine Lüge, die sich dann hoffentlich beweisen lassen wird. Informelle Einflussnahme lässt sich natürlich kaum beweisen, nur kann man sie deswegen noch lange nicht einfach unterstellen oder suggerieren.

      • @loco15:

        Bitte zitieren Sie vollständig. Es heißt "Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft dementiert gegenüber der taz, dass F. „an diesem Verfahrenskomplex“ in irgendeiner Form beteiligt war."

        Das wichtige Stichwort ist "Verfahrenskomplex".

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Sorry, aber "Nötigung" ist genau der Straftatbestand, der vor vielen Jahren so erweitert wurde - zum Ärgernis für uns ANTIFAschisten - um Blocken von Demonstrationen strafrechtlich zu behindern.

    Das haben in NRW diverse SPD/CDUler seit dem immer wieder angewandt.

    Das sollten Feminist*innen wissen, dafür gibt es Demotrainings, bei denen auch daraufhingewiesen wird, welche Strafen drohen.

    Im Übrigen: Demonstranten, die den "genehmigten" Weg verlassen, verlieren den Status des Schutzes und begehen ggfs. mindetens Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftaten (unangemeldete Demonstration) usw.

    Das wir die Beobachtung der AfD benötigen, damit es Ansprachen von AfD-(furchtbaren)Juristen geben kann, ist sinnvoll, irgendeine linke Tageszeitung hat aber vor kurzem geschrieben, die AfD sollte bis nach der BTW am Besten in Ruhe gelassen werden, Mist, vergessen, welche TAZ das war ;-)

    • @91655 (Profil gelöscht):

      "Um das Blocken von Demonstrationen zu verhindern"

      Ich möchte in keinem Staat leben, in dem das Blockieren von Demonstrationen erlaubt ist. Mit Antifa hat das nichts zu tun. Blockieren von Demonstrationen ist autoritärer Sch.

      • @Rudolf Fissner:

        Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.

  • Zitat: "Die meisten Ab­trei­bungs­geg­ne­r:in­nen laufen nicht am Rand an ihnen vorbei, steigen auch nicht über sie hinweg und nehmen keinen Umweg über eine angrenzende Querstraße zurück zur offiziellen Route. Doch obwohl es all diese Möglichkeiten gegeben hätte, die Sitzblockade zu umgehen, fasst die Berliner Staatsanwaltschaft diese als Straftat auf."



    Die Autorin tut hier so, als ob die Nötigung irgendwie nicht geschehen sei, nur weil man sie hätte umgehen können. Das zum Umgehen gezwungen werden ist aber genau die Nötigung, ist natürlich ebenso deren Wirkung, wie das Gestopptwerden.



    Man kann schon darüber diskutieren, ob im konkreten Fall physische Gewalt im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, die hier völlig verkürzte und verzerrte Darstellung dieses Urteils ist aber nicht hilfreich. Es geht darin natürlich nicht um irgendwelche Fahrzeuge, sondern um die Definition von physischer Gewalt, die das Gericht gegenüber einer zweiten oder dritten Reihe ausgeübt sieht, in Abgrenzung zu einer Art psychischer Gewalt, die das Gericht gegenüber der ersten Reihe ausgeübt sieht. Aber gerade diese sehr komplizierte Rechtsauffassung und schon die Existenz des Urteils an sich zeigen doch auch eben, dass der Vorwurf der Nötigung bei Sitzblockaden immer im Raum steht und nicht etwa besonders selten ist.



    Am Rande: es gibt rechtlich keine Befangenheit von Staatsanwälten und das googelt man in einer Minute.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Die Autorin tut hier so, als ob die Nötigung irgendwie nicht geschehen sei"



      ---------------------------------------



      Richtig.



      Und die Autorin hat damit Recht, dass friedliches Sitzen zum einen keine Gewalt im Sinne des Nötiguns-Paragraphen ist und zum anderen hier sozial-adäquat war.



      Siehe die Entscheidungen des BVerfG.



      Punkt!

      • @Wagenbär:

        Falsch! Selbst die Autorin schreibt ja: "... ob Sitzblockaden einer Demonstration überhaupt als Nötigung gelten können, ist umstritten." Daraus ergibt sich logisch, dass es eben auch Verfechter der Meinung gibt, dass die Sitzblockade Nötigung sein kann. Ebenso logisch ergibt sich dies aus den Urteil des Bundesverfassungsgerichts, denn dieses hat sich ja eben darum bemüht zu definieren, wann noch keine und wann doch eine Nötigung erfolgt.



        Sorry, da hilft auch "Punkt!", es ist einfach falsch was Sie schreiben.

      • @Wagenbär:

        Warum sind immer so viele Menschen von der Idee begeistert, Andere an der Vertretung ihrer Meinung zu hindern?

        Das ist totalitäres Gehabe und sollte nicht auch noch verherrlicht werden. Natürlich ist es "friedliches Sitzen", wenn es IRGENDWO stattfindet. Aber wer sich gezielt da hinsetzt, wo er weiß, dass er jemand Anderen am weitergehen hindert, verhält sich ganz klar nicht mehr friedlich sondern eindeutig aggressiv dem Blockierten gegenüber - egal ob der gegen Abtreibungen, für den Weltfrieden oder auf dem Weg zur Eisdiele ist.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Die Frage ist doch die: Würde eine nichtfeministische, nichtlinke Demostörung (das sollte es ja wohl eindeutig sein) ähnlich konsequent verfolgt - ja oder nein?

      An der Stelle würde ich Frau Hecht (ausnahmsweise mal) zustimmen, dass die Antwort wahrscheinlich "Nein" lautet. Auch wenn ich die einseitige Darstellung des Sachverhalts und das sofortige Umschwenken vom "Was?" auf das "Wer?" genauso wenig hilfreich finde wie Sie.

      • @Normalo:

        Worauf fusst Ihre Vermutung eines Neins?

        • @rero:

          Ich "vermute" eine übewiegende WAHRSCHEINLICHKEIT. Festlegen kann ich mich aufgrund der doch etwas einseitigen Sachverhaltsdarstellung nicht.

          Aber zur Sache: Normalerweise bleibt es in solchen Fällen bei polizeilichen Maßnahmen zur Störungsbeseitigung und/oder OWi-Verfahren, hier aber nicht. Wenn die Informationen von Frau Hecht stimmen, ist das so, weil zumindest Jemand außerhalb seines nach außen eingestandenen Zuständigkeitsbereichs (also "hinter den Kulissen") Einfluss ausübt, der zur Intensivierung der Ermittlungen führt.

          Das kann theoretisch natürlich völlig üblich oder politisch neutral sein. Aber die Szenarien, in denen das der Fall wäre, sind halt nicht so wahrscheinlich.

      • @Normalo:

        Ja, das ist eine Frage. Sie ist hier aber leider nicht zu erkennen und das ist die Schuld der Autorin. Hier werden viele verschiedene Fragestellungen, rechtliche und politische Ebenen, Absichten, Haltungen und Unterstellungen so miteinander vermengt, dass einfach kein Durchkommen mehr ist. Allein schon die Überschrift macht mich rasend. Es kann doch niemand ernsthaft behaupten, dass hier Feminismus an sich kriminalisiert würde. Es sind immer konkrete Taten die vor Gericht stehen, übrigens auch immer unter Berücksichtigung der individuellen Motivation und der möglicherweise dabei wahrgenommenen Grundrechte. Es kann natürlich trotzdem ein falsches oder als falsch wahrgenommenes Urteil dabei herauskommen, aber dafür gibt es ja den Rechtsweg. Ebenso ärgerlich ist, dass schon mit dieser Überschrift Feminismus mit einer bestimmten Position in der Abtreibungsdebatte gleichgesetzt wird. Das ist nicht nur falsch und bevormundend, sondern in der Wirkung auch den Feminusmus schwächend. Tut mir leid, solche Artikel dienen nur der Selbstvergewisserung bestimmter Gruppen. Die Berichterstattung an sich ist natürlich richtig und wichtig, nur muss sie Fragen auch als Fragen stellen.

        • @Benedikt Bräutigam:

          Pro Choice und der Kampf gegen patriarchale Bestimmung über die Körper von gebärfähigen Personen ist Feminismus.



          Und sicher, so Verfahrentricks angewendet werden und Urteile und Begründungen unverhältnismäßig sind, führt das zu einer Kriminalisierung der Aktivist*innen, die zivilen Ungehorsam leisteten. Damit führt das auch zur Kriminalisierung ihres politischen Anliegens.



          Realpolitisch sieht es so aus, dass die medizinische Versorgung schwangerer Personen, die sich für einen Abbruch entschieden haben, in Deutschland schlechter wird, wie auch die TAZ in der Vergangenheit berichtete. Hinzukommt die Kriminalisierung von Ärzt*innen, die über Abbrüche und ihre Praxen informieren (wollen).

          • @Uranus:

            Natürlich können Bewegungen wie "Pro choice" mit Recht als feministisch ansehen. Das ist aber gar nicht die Frage, sondern die, ob sich auch Feministin nennen darf, wer eine ganz andere Sicht auf die Abtreibungsproblematik hat, und damit natürlich auch die Frage, wer eigentlich darüber bestimmt, was Feminismus ist. Das meine ich mit Bevormundung. Es gibt übrigens bestimmt auch Antifeministinnen und Postfeministinnen, die trotzdem gegen die patriarchale Fremdbestimmung und für eine Abschaffung von 218a und 219a sind. Die beiden Themenbereiche sind aber einfach nicht deckungsgleich und beiden ist auch durch ein fast schon sektenhaftes Vermengen und Gleichsetzen nicht geholfen.

        • @Benedikt Bräutigam:

          "Tut mir leid, solche Artikel dienen nur der Selbstvergewisserung bestimmter Gruppen."

          Da fallen mir zwei Antworten zu ein:

          1. Welcher politische Meinungsartikel ist über diesen Vorwurf völlig erhaben, und gibt es diese Gruppen etwa nicht? Konkreter auf das Thema bezogen: Welche(r) selbstverstandene Femist_*In wäre unter einer beliebigen Gruppe von anderen selbstverstandenen Feminist*_Innen auch nur geduldet, wenn sie/er sich für ein generelles Abtreibungsverbot einsetzte (oder auch nur Verständnis für den aktuell gültigen Kompromiss äußerte)? Politisches Engagement ohne Selbstbestätigung ist SEHR ermüdend.

          2. Nein, so ein Artikel hat AUCH die Wirkung, die Aufmerksamkeit auf mögliche Funktionsstörungen im Staatsapparat - in diesem Fall in der Berliner Strafrechtspflege - zu richten. Denn auch wenn - bzw. gerade weil - man einen Staatsanwalt nicht wegen Befangenheit ablehnen kann (obwohl er kein bißchen weniger als ein Richter zur Neutralität verpflichtet ist), ist eine missbräuchliche Amtsführung natürlich auch bei so einem ein Problem, das adressiert werden sollte. Dass eine sachlichere Herangehensweise an diese wesentliche Aufgabe der "vierten Gewalt" einem Juristenhirn dabei deutlich weniger quer im geistigen Rachen stehen würde - geschenkt (ich hätt's wie gesagt auch sehr gerne anders gehabt). Aber die taz ist weder eine juristische Fachzeitschrift noch stellt sie an sich den Anspruch, immer nur eine völlig emotionslos ausgewogene Meinung zu vertreten. Auch muss man wohl sagen, dass die Argument "große Emotion" und "rechte Unterwanderung" im Zweifel in der realen Welt da draußen eutlich stärker zieht als "mögliche Einseitigkeit in der Ermittlung".

          It's not a perfect world...

          • @Normalo:

            Es geht selbstverständlich nicht um völlige Erhabenheit sondern um fruchtbare Diskussionen. Um Austausch. Hier gibt es aber offensichtlich eine Fraktion, die sich selbst genug ist und die eigene Meinung auch gar nicht mehr hinterfragt. Ein Beitrag wie der obige darf ja ruhig engagiert sein, auch parteiisch, nur sollte er eben auch Fragen stellen, statt sie, aus meiner Sicht ist das hier so, zu verwischen. Er sollte auch mit Argumenten zu überzeugen versuchen, statt nur die längst vorhandenen Überzeugungen der eigenen Klientel zu bedienen.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Es mag ja sein, dass das Gesetz keine Befangenheit bei Staatsanwälten vorsieht - aber dass diese nicht vorkommt, können Sie mir nicht erzählen!



      Oder halten sie es mit Seehofer: was nicht sein darf gibt es auch nicht? (z.B. rechtsextreme Probleme bei der Polizei)

      • @Mainzerin:

        Mein letzter Beitrag dazu:



        Eine Frage hat noch niemand gestellt, die warum eigentlich alle Welt glaubt oder glauben möchte, dass Handlungen, die man für legitim hält, auch von Gerichten als legal angesehen werden müssten. Das ist in Wirklichkeit keineswegs selbstverstöndlich. Es wäre vielleicht ganz schön nur halt überhaupt nicht logisch. Es kann ja sein, dass das Recht noch nicht so weit ist wie man selber, es kann aber auch sein, dass sich nie eine gesellschaftliche Mehrheit findet, für das was man als richtig erkannt hat. Dann muss man eben dafür zahlen, das ist dann eben der politische Kampf. Wie lange hat es gedauert, bis Homosexualität nicht mehr strafbar war? Aus heutuger Sicht war das natürlich immer schon ein Unding, es gab ja auch Rehabilitationen, weil das damalige positive Recht eben gegen das allgemeine Menschenrecht verstiess. Man kann aber trotz solcher Beispiele nicht einfach verlangen, dass das eigene Rechtsempfingen von Gerichten bestätigt wird. Bei der eigenmächtigen Ausdehnung von Grundrechten schon mal gar nicht.

      • @Mainzerin:

        Nein, natürlich gibt es Voreingenommenheiten, es gibt natürlich auch bedenkliche rechte Tendenzen in der Polizei. Befangenheit ist aber eben ein Rechtsbegriff und damit ein starker Begriff und ich vermute stark, dass er genau deshalb hier auch benutzt wurde. Und das ist einfach unsauber, eine auf Wirkung angelegte Unschärfe, eine journalustischer Trick. (Mag sein ich irre mich, ich kann es nur nicht glauben.)



        (Kleine Anekdote als Illustration: mein Vater war Amtsrichter in einer sehr konservativer Stadt. Als er als einer der Ersten damit anfing Bußgelder auch malan den BUND und andere Naturschutzorganisationen zu vergeben, da war das geradezu revolutionär und da haben viele auch erst mal rumgemotzt. Natürlich kann man ja darin auch eine Art von Bevorzugung oder Voreingenommenheit sehen, auch wenn es natürlich auch nur eune Abkehr von Gepflogenheiten war, weit weg von jeder rechtswidrigen Willkür. Die persönliche Sichtweise von Richtern oder Staatsanwälten lässt sich aber insgesamt nicht nur nicht eliminieren sondern soll im Rahmen der Gesetze auch gar nicht eliminiert werden. Nur so kann der gesellschaftliche Fortschritt überhaupt erst mal in das angewandte Recht kommen und die Rechtsbildung durch die Rechtsprechung ist auch bei uns ein wichtiger Faktor.)

        • @Benedikt Bräutigam:

          Natürlich ist Befangenheit ein starker Begriff, der in diesem Fall natürlich passt, "Erst im August 2020 wurde F. wegen der stockenden Ermittlungen zu einer rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln mit mehr als 70 Fällen versetzt. Gegen ihn bestand der Verdacht auf Befangenheit und AfD-Nähe, nachdem er diese in einer Vernehmung eines rechtsex­tremen Verdächtigen offenbar selbst angedeutet hatte."



          Die Frage, die man sich stellen sollte, ist, warum so einer nicht längst zum Bleistiftspitzer degradiert wurde!

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Am Rande: es gibt rechtlich keine Befangenheit von Staatsanwälten und das googelt man in einer Minute."

      Immer diese Fakten...

      Ironie aus.

  • taz: "Gegen 116 Ak­ti­vis­t:in­nen wird ermittelt. Sie stoppten den „Marsch fürs Leben“ 2019 vorübergehend. Brisant: die Rolle eines AfD-nahen Staatsanwalts."

    Nun ja, dass die AfD da gleich wieder mit aufs Pferd springt, um sich bei den Christen einige Stimmen zu sichern, war ja klar. Und das obwohl sich die AfD doch sonst auch keine großen Gedanken um das Leben vieler Menschen machen - die in Not geraten sind und z.B. aus Afrika den 'Marsch fürs Leben' nach Europa antreten.

    taz: "... christliche Fundamentalist:innen, die ein vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen fordern."

    Die christlichen Fundamentalisten natürlich mal wieder. "Christen" die also dafür sind, dass noch mehr Menschen geboren werden, die dann in Armut ihr Leben fristen und für die reichen Kapitalisten schuften dürfen. Schon in Matthäus 23 steht ja so treffend über die 'Kapitalisten': "Sie schnüren schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen selber aber keinen Finger rühren, um die Lasten zu tragen".

    „Marsch fürs Leben“? - Die christlichen Fundamentalisten sollten sich lieber mal die Armut in der Welt anschauen. Wir haben jetzt schon weltweit 8 Milliarden Menschen, von denen viele in Armut leben. Im Jahre Null hatten wir gerade mal 200 Millionen Menschen und jetzt sind es 40 Mal so viele Menschen. Sollte man da in Anbetracht von Millionen weltweit hungernder Kinder, die nicht einmal täglich eine warme Mahlzeit haben, als Christ nicht endlich mal den Verstand einschalten und gegen Armut und Überbevölkerung etwas machen, anstatt weiterhin gegen Schwangerschaftsabbrüche zu sein?

    Wie lange wollen Christen eigentlich überhaupt noch Frauen vorschreiben, was sie mit ihrem Körper und ihrem Leben machen dürfen? Religiöse Fanatiker können ihr Leben meinetwegen so führen wie sie wollen, aber dass sie anderen Menschen auch ihr "Weltbild" aufzwingen wollen, das sollte im 21. Jahrhundert in einer aufgeklärten Gesellschaft endlich mal vorbei sein.

    • @Ricky-13:

      Welchen Zusammenhang hat diese Posting mit dem Fall? Ist es aus ihrer Sicht KEINE Nötigung, wenn nur das politische Ziel, dessen Kundgebung gestört werden sollte, verabscheuungswürdig genug ist, oder war das mehr so ein ceterum censeo zum Thema Abtreibung?

      • @Normalo:

        Sogar Ihre geliebte Demokratie wurde nicht durch Streicheleinheiten errichtet. Und hier ist Ihnen sogar ziviler Ungehorsam verabscheuungswürdig? Wie konnte es soweit kommen? Dabei sind sogar Demokrat*innen durchaus gegenteiliger Überzeugung. Hier ein Beitrag vom DLF über XR, was aber wohl übertragbar ist:



        "In demokratischen Gesellschaften gebe es eine lange Tradition des zivilen Ungehorsams, sagte der Philosoph Robin Celikates im Dlf. Typisch daran sei, dass er den Gesetzesbruch mit einschließe. Demokratien seien jedoch auf diese Form des Protestes angewiesen, um sich selbst zu regulieren."



        www.deutschlandfun...:article_id=460639



        Tatsächlich verabscheungswürdig ist es, letzte Strukturen einreißen zu wollen, die schwangeren Menschen medizinische Versorgung bieten. Zur Erinnerung: weltweit sterben jährlich 47.000 Menschen infolge illegalisierten Schwangerschaftsabbruches.

  • Gibt es einen Unterstützer-Fond in den für die Verteidigung etc. der Angeklagten gespendet werden kann? Bitte veröffentlichen - danke.

    • @Alebrijes:

      Über das Bündnis "What The Fuck" kann man Spenden einreichen, wie im Artikel erwähnt...

  • Irreführender Titel.

    • @mBark:

      Nein

      • @Luebke:

        Doch!

      • @Luebke:

        Doch. Hier wird angedeutet, dass sie wegen "Feminismus" vor Gericht stehen, was quatsch ist. Es steht hier die Frage, ob und inwiefern das Verhalten der Sitzblockade strafbar ist, weil auch dies in die Rechte anderer Menschen eingreift.



        Das hat erst einmal mit Feminismus nichts zu tun.



        " § 21 Versammlungsgesetz



        Wer in der Absicht, nichtverbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

        Hier wird ja nicht ein Staat blockiert, der sich mehr Kritik gefallen lassen muss oder ein mächtiger Konzern, sondern andere Bürger in ihrem Demonstrationsrecht eingeschränkt.

        Hätten Sie "nur" eine Gegendemonstration gemacht, wäre das sicher etwas Anderes gewesen.

        Ich selbst halte das zwar nicht für eine grobe Störung, eben weil die Demo darum herum hätte gegen können....aber wenn das Gericht so entscheidet, dann sicher nicht wegen "Feminismus".

        • @Kartöfellchen:

          NEIN.



          Es ist ja nicht wegen "Versammlungsstörung, sondern wegen Nötigung angeklagt.



          Dazu müssten die Ankgeklagten entweder Gewalt ausgeübt, oder "mit einem empfindlichen Übel" gedroht haben.



          Das ist mit friedlichem Sitzen nicht gegeben.

          • @Wagenbär:

            Selbstverständlich kann Sitzen auch Nötigung sein. Wenn in diesem Fall die DemonstrantInnen einfach auf den BürgerInnensteigen an der Sitzblockade hätten vorbeigehen können ohne den genehmigten Demonstrationsweg zu verlassen wäre es in meinen Augen keine Nötigung. Wenn sie den Demonstrationsweg komplett blockiert hätten wäre es Nötigung gewesen. Eigentlich ganz einfach.



            Im übrigen bin ich der Meinung, daß praktisch niemand von dieser Demo Notiz genommen hätte ohne die Gegendemo.

          • 9G
            97287 (Profil gelöscht)
            @Wagenbär:

            Das wird meine Frau freuen, Sie musste vor Jahren einmal 3000 Euro zahlen, weil Sie ihren Privatparkplatz blockierte und die Besetzer damit blockierte. Das Urteil erging wegen Nötigung, der Genötigte war Polizeibeamter und fand auf nichtöffentlichen Grund statt.

  • Feminismus dürfte kaum der Vorwurf sein und ob der Tatbestand der Nötigung vorliegt wird sich zeigen müssen.

    Tatsächlich erfüllt ist mit höchster Wahrscheinlichkeit jedoch § 21VersG. Insoweit ist zumindest der Umstand der von Ermittlungen richtig.

    Mal schauen, wie lange das noch andauert und durch eine entsprechende Weisung der Generalstaatsanwaltschaft unterbunden werden wird.

    • @DiMa:

      So könnte man argumentieren, wenn denn auch bei anderen Themen so streng vorgegangen würde. Was nicht der Fall ist. Siehe Corona-Proteste und rechte Ausschreitungen...

  • Diese Verfahren sind völlig übertrieben - hier sollen Menschen eingeschüchtert werden. Rechte auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung sind in den letzten Jahren vermehrt Angriffen von rechts ausgesetzt - selbst der schlechte Kompromiss mit §218 ist uns nicht sicher. Darum ist es wichtig, dass wir weiter dafür auf die Straße gehen. Meine Unterstützung haben die Aktivist*innen!

     

  • Ich finde es toll, wie die jungen Leute sich engagieren! Rechte müssen immer erkämpft und auch verteidigt werden. Das war bei der Diskussion um §219a ganz deutlich zu sehen. Die Demonstration der "Lebensschützer" spricht Menschen ihr Recht auf Selbstbestimmung ab und diffamiert Ärztinnen als Mörderinnen. Sowas darf nicht unwidersprochen bleiben! Die Anklagen sind völlig überzogen, hier sollen Menschen eingeschüchtert werden.

    Man kann die Aktivistinnen auch mit einer Spende unterstützen: www.betterplace.me...st-kein-verbrechen

    • @Karin Piepenbrink:

      Schließe mich an!

  • Unfassbar, auf diesen Rechtstaat kann man echt scheissen.

    • @Upgrade:

      Entschuldigen Sie bitte, aber in einem Rechtsstaat muss der Staat die Demonstrationsfreiheit verteidigen.



      Dies gilt auch für Meinungen, die anderen Menschen nicht passen und selbst solche, die vielleicht fragwürdig sind.



      Die Feministinnen haben hier in die Demonstrationsfreiheit anderer Bürger eingegriffen. Ob das schon als Nötigung oder noch als kreativer Protest angesehen werden kann, wird sich zeigen.



      Aber sie werden sicherlich nicht verfolgt, weil sie Feministinnen sind.

      • @Kartöfellchen:

        Wie u.a. im Artikel zu lesen ist, ist der Rechtsstaat, wie auch seine Gerichte keinesfalls eine neutrale Institution. Gesetze wie auch Amtsträger sind politisch gefärbt.

  • "Mehr als ein Dutzend Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten gab es bisher, die meisten wurden gegen eine Spende von zwei- bis dreihundert Euro an eine gemeinnützige Organisation eingestellt. "

    Warum die Aufregung? Sofern es keine Nötigung war einfach das Urteil abwarten und in Berufung gehen.

    • @Klaus Meier:

      Ähm, weil hier u.a. außergerichtlich Vorwürfe und vorab Geldstrafen erhoben wurden.

  • Statt sich gegenseitig/ wechselseitig zu blockieren und niederzuschreien, sollte es eine neutrale Koordinierungsstelle geben, die Vertreter*innen beider Lager an einen Tisch bringt und diese mal ausführlich und unter Einhaltung aller Regeln gewaltfreier Kommunikation (!) miteinander diskutieren lässt. Es bringt niemanden weiter, wenn nur mehr ideologisch und moralisch aufgeladen aneinander vorbei und übereinander gewettert und gehetzt wird. Gute Argumente sind nicht nur in der jeweils eigenen Gruppierung vorhanden. Wir brauchen dringend eine neue Form des Miteinanders. Miteinander reden statt gegeneinander, miteinander leben statt gegeneinander.

    Nachtrag zu Kommentar vor mir: Sitzblockaden sind meines Wissens keine Straftat, sondern max. Ordnungswidrigkeit. Allerdings könnte es tatsächlich anders gewertet werden, wenn man versucht, andere an ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit zu hindern, da dieses besonders geschützt ist. Friedlich zu demonstrieren sollte man*frau auch denen zugestehen, die anders denken.

    • @Taz-Kritikerin:

      Reden macht nur in einem gewissen Rahmen Sinn. In diesem Zusammenhang sehe ich Reden als zwecklos an, da grundsätzlich unterschiedliche Positionen vertreten werden. Wobei angemerkt werden sollte, dass die "Pro Life"-Position an dieser Stelle weitgehender ist, da mit dieser allen gebärfähigen Menschen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch abgesprochen wird. Pro Choice heißt hingegen bloß das Recht auf Abbruch, räumt also eine individuelle Wahlmöglichkeit ein. Gäbe es ein umfassendes Recht auf Abbruch, könnten u.a. Fundis sich ja weiterhin für Geburten entscheiden.

  • "„Solange die menschenverachtenden Positionen christlicher Fun­da­men­ta­lis­t:in­nen staatlich gedeckt werden und unser Protest ungerechtfertigt kriminalisiert wird“, sagt sie, „lasse ich mich nicht zum Schweigen bringen.“"



    Gut so! Viel Kraft und Glück bis dahin!



    Bitte nicht vergessen, dass es nicht nur christliche Fundamentalist:innen sind, die gegen Abtreibung sind, sondern auch Gruppen aus dem rechten und rechtsextremen Umfeld! Was die Sache besonders brisant macht in Anbetracht so vieler Ebenen der Judikative, die auf dem rechten Auge blind oder gar unterstützend sind...

    • @Mainzerin:

      Dazu eine Frage: Wenn ein Mensch sagt "Ich sehe ein ungeborenes Kind als schützenswertes Leben". Was ist dann daran menschenverachtend?



      Wissen Sie, wenn Menschen bestimmter christlicher Positionen sich für die Armen stark machen oder im Dritten Reich gegen den Mord an den Behinderten gekämpft haben (ich möchte hier ausdrücklich keine Parallelen ziehen, sondern nur zeigen, dass es auf der anderen Seite durchaus auch sehr humane Aspekte gibt), ist es dann nicht möglich zu sagen: "Okay, diese Meinung halte ich für falsch, dumm und ist gegen meine Werte- aber es ist eine Meinung, die eben auch Werte repräsentiert"?

      Ich halte es für reichlich strange, dass da mitschwinkt, der Staat "Decke" Positionen und solle dies nicht tun. Der Staat hat einfach Menschen seine Meinung sagen zu lassen, Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind nur in sehr strengen Grenzen möglich.



      Und dazu gehört eben auch, wenn Menschen Abtreibungen für falsch halten.



      Und falls ein Verhalten strafrechtlich relevant ist - und im konkreten Falle ist das ein sehr großes "falls"- dann spielt die Frage ob man sich bei den "Guten" wähnt (was ja auch die andere Seite für sich in Anspruch nimmt) keine Rolle.



      Strafrecht gilt für alle!

      • @Kartöfellchen:

        Ja, natuerlich ist der Satz "ein ungeborenes Kind (bzw. Foetus) ist schuetzenswertes Leben", nicht menschenverachtend. Aber die Aussage, die @MAinzerin zitiert, bezog sich ja auf "christliche Fundamentalistinnen" bei denen es angeblich Verbindungen zu Rechtsextremen gibt--und da koennte es ja schon sein, dass es da menschenverachtende Aussagen/Positionen gab, oder?

      • @Kartöfellchen:

        Glauben muss meines Erachtens Privatsache sein und sollte dies auch in einer emanzipatorischen, modernen Gesellschaft sein. Das eine ist für sich bspw. an die "Schöpfung" zu glauben und sich für sich gegen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden, dass andere, auch Menschen, die diesen Glauben nicht teilen, dennoch die gleichen Konsequenzen aufzwingen und massiv in ihre Rechte eingreifen, ja über ihre Körper bestimmen zu wollen. Fundamentalismus ist ein No-go!

  • "Zutiefst undemokratisches Handeln", zu einer Demokratie gehört eben auch das Demonstrationsrecht, was die "Aktivistinnen" den leuten auf dem Marsch verwehren wollten. Und Sitzblockaden sind nunmal eine Straftat. Das war schon immer so.



    Gegen demos sind ja gestattet und meinerseits auch erwünscht, aber im rahmen der gesetze, und wer dagegen verstößt wird sanktioniert, egal welche politische Motivation dahinter steckt

    • @KeinGott KeinStaat:

      Sitzblockaden gegen christliche Fundamentalisten , die dazu leicht zu umgehen sind, sind für sie eine Straftat weil der Staat bzw. ein rechter Staatsanwalt es so sagt? Und sie nennen sich "KEINGOTT KEINSTAAT"?

    • @KeinGott KeinStaat:

      Wo wollten die Aktivistinnen denn den anderen etwas "verwehren"? Wie bereits im Artikel beschrieben hätten die Demonstrierenden einfach in eine Nebenstraße ausweichen oder drumherum gehen können , also niemand hat hier irgendjemandem etwas verwehrt.....so und nochwas: friedliche (!) Sitzblockaden fallen erstmal grundsätzlich unter die Versammmlungsfreiheit und sind keineswegs zwingend Strafbar also vorsicht mit solchen Falschbehauptungen

      • @PartyChampignons:

        Doch, ihn wurde verwehr ihre Route zu gehen, genau das ist Nötigung. Ich nötige jemand anderen die route zu wechsel, nicht aus der Notwendigkeit sondern nur weil ICH das möchte

      • @PartyChampignons:

        Fragen Sie sich einfach, wer Ihnen vorschreiben darf, welche Straße sie auf dem Weg durch Ihre Stadt zu nehmen haben. Wann immer jemand, der das nicht darf, sie daran hindert, genau IHREN Weg zu nehmen, ist das Nötigung. Mit der Demo ist das Konzept dasselbe, nur in größeren Zahlen.

    • @KeinGott KeinStaat:

      wie lautet die argumentation, wenn es christlich-religiöse fundamentalisten schaffen, das abtreibungsrecht weiter zu verschärfen. würden sie den frauen* in Polen auch raten ihre Proteste einzustellen, weil sie sich damit gegen geltende Gesetze richten? wo recht zu unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

      • @Tim Kalmbach:

        "wo recht zu unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."



        Japp deswegen ist demokratisch-diverser Widerstand auch so wichtig. Rechte versuchen grundsätzlich Unrecht zu Recht zu machen und dabei die Freiheit anderer zu beschneiden.



        Niemand hat etwas dagegen, wenn jem. für sich selbst entscheidet: Abtreibung ist für mich nicht ok und dabei die Konsequenzen zieht. Aber niemand darf die eigene verkorkste Moral als Zwang für andere fordern. Hier wird Unrecht vor-gesprochen und dem muss sich jede anständige Person widersetzen.

      • @Tim Kalmbach:

        Ach wusste garnicht, dass Demonstrantionen in Polen verboten sind, habe dazu auch nichts gefunden.

      • @Tim Kalmbach:

        Man muß dabei aber stets bedenken, daß dann auch andere Gruppierungen für sich dieser Recht auf Widerstand in Anspruch nehmen. Sollte in einer funktionierenden Demokratie nicht mehr nötig sein.

      • @Tim Kalmbach:

        Ich denke, dass man hier einmal differenzieren sollte.



        Einmal ist da die Frage, ob und wann eine Sitzblockade Nötigung ist und ob und wann dies eine Frage der Meinungsfreiheit ist, die man beiden Seiten zugestehen muss.



        Hier tendiere ich dazu, zu sagen, "Ist vielleicht nicht wahnsinnig toll, weil man andere in ihrer Meinungsfreiheit einschränkt, aber noch im Rahmen einer kämpferischen Meinungsfreiheit". Ob das strafbar sein sollte, würde ich im Einzelfall abwägen, aber hier eher mit Fragezeichen versehen, eben weil hier die Leute dies einfach umgehen oder übergehen konnten. Auf der anderen Seite richtet sich der Protest nicht gegen einen übermächtigen Konzern oder den demokratischen Staat, der sich besonders kritisieren lassen muss, sondern gegen andere Bürger, so dass man weniger nachsichtig sein sollte.

        Was ich kritisch sehe ist an dem Artikel (unabhängig, wie man dazu steht) die Argumentation: Wir haben Recht, weil wir die "Guten", d.h. Feministinnen sind und die anderen sind die "Bösen", weil sie gegen Abtreibung sind (und sich dabei auch mit ziemlich widerlichen Gruppen zusammen tun). Dies zieht sich durch die Kommentarspalten.

        Die Justiz aber sollte (und muss) hier neutral sein nach beiden Seiten. So lange keine Straftaten begangen werden, kann jeder auch als idiotisch empfundene Meinungen vertreten. Genauso wie es schlimm ist, wenn hier mutmaßlich dezidiert gegen Linke Positionen vorgegangen werden sollte ist es schlimm, den "Guten" Boni einzuräumen. Dies könnte nur bei absolut verfassungsfeindlichen Demonstranten (reine Nazidemo) eventuell noch gerechtfertigt werden.

        • @Kartöfellchen:

          WENN die Justiz hier neutral wäre, hätte sie keine Strafverfahren wg Nötigung eingeleitet weil friedliches Sitzen weder Gewalt noch Drohung mit einem empfindlichen Übel ist.

          • @Wagenbär:

            Also wenn besagte Abtreibungsgegner*innen sich friedlich vor eine abtreibungsklinik setzen, und so den Eingang blockiert, wäre das für sie eine vernünftige vorgehensweise, weil sind ja friedlich??

            Oder finden sie solche mittel nur in Ordnung wenn es als Unterstützung ihrer Ideologie gemacht wird?

            • @KeinGott KeinStaat:

              Solange es niemanden von medizinischer Versorgung abhält. Auch wenn es frei zugängliche Nebeneingänge gibt. Dann wäre es praktisch ok.



              Das Problem ist aber: sie dürfen ihre Meinung nicht als (Zwangs) Recht für andere fordern. Jeder Mensch ist in seiner Meinung und Handeln frei, solange er dabei nicht anderen auf die Füsse tritt. Und nein ein gefühltes auf die Füsse treten zählt dabei nicht, als Grundlage dieses Recht zu beschneiden.