Lauterbachs Cannabis-Pläne im Kabinett: 25 Gramm pro Tag werden legal
Die Bundeskabinett beschließt die Teillegalisierung von Cannabis für Erwachsene. Polizei und Union ätzen vorab noch einmal gegen das Vorhaben.
In neu zu gründenden Vereinen von bis zu 500 Personen soll zudem für den privaten Konsum Cannabis angebaut werden dürfen. Die Abgabe soll für Mitglieder auf 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat beschränkt werden. Die Bundesländer entscheiden aber selbst, ob sie solche Anbaugruppen zulassen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Obergrenzen für den Konsum des Rauschmittels beim Autofahren vorlegen.
Kurz vorher gab es harsche Kritik an der Cannabis-Legalisierung in Deutschland. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht massiven Nachbesserungsbedarf bei den Plänen. Auch mehrere CDU-Politiker bekräftigten ihre Vorbehalte.
Warnungen vor mehr Arbeit für Polizei und Justiz
Der GdP-Bundesvorsitzende, Jochen Kopelke, sagte der Deutschen Presse-Agentur, trotz breiter Kritik habe Lauterbach nur kleine Änderungen vorgenommen. Das Beste sei, wenn die Bundesregierung den Entwurf jetzt stoppe und Lauterbach die Aufgabe erteile, massiv nachzubessern. Es fehle eine ausreichend lange Übergangsphase, was „zwangsläufig zu massiven Unsicherheiten, wenn nicht Konflikten zwischen Behörden und Bevölkerung“ führen werde, bemängelte Kopelke.
Der Polizei werde der Entwurf große Probleme bereiten. Polizei und Justiz würden nicht ent-, sondern vielmehr belastet. In einer früheren Stellungnahme hatte die GdP auch Befürchtungen geäußert, dass der Schwarzmarkt wachsen und die Verkehrssicherheit leiden würden.
Auch die Innenminister von Nordrhein-Westfalen und Sachsen, Herbert Reul und Armin Schuster, sowie Hessens Justizminister Roman Poseck (alle CDU) sehen den Gesetzentwurf der rot-grün-gelben Koalition kritisch. „Mit diesem Gesetz wird ein kompletter Kontrollverlust verbunden sein“, sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Reul warnte, die Ampelkoalition werde damit Polizei und Justiz nicht etwa weniger, sondern stärker belasten. Poseck warf der Ampelkoalition vor, einen „faulen Kompromiss“ geschlossen zu haben, „der Nachteile auf allen Seiten mit sich bringt“.
Viele Regeln müssen kontrolliert werden
Der Deutsche Richterbund hatte bereits erklärt, die vielen speziellen Regeln zu Cannabis-Clubs und zum Anbau und zur Abgabe der Droge, die mit der Legalisierung kommen sollen, müssten kontrolliert und Verstöße geahndet werden. Der Berufsverband befürchtet daher mehr Arbeit für die Justiz.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte hingegen den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch): „Ich bin sehr zuversichtlich, dass eine pragmatischere Drogenpolitik zu einer Entlastung der Gerichte führen wird.“ Es werde beobachtet, wie sich das Gesetz in der Praxis bewähre. „Generell gilt: Wenn Menschen auf legale Weise Cannabis kaufen und konsumieren können, werden die Fälle weniger, die vor Gericht landen“, so Buschmann.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) strebt für Autofahrer Grenzwerte an. „Wir prüfen, wie die Grundlage für einen Grenzwert für Cannabis im Rahmen der Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 24a Straßenverkehrsgesetz auf wissenschaftlicher Basis ermittelt und geschaffen werden kann“, sagte eine Ministeriumssprecherin der „Bild“ (Mittwoch). Der Paragraf legt die Promille-Grenze beim Alkohol fest, ab der Autofahrer ordnungswidrig handeln.
Die rechtspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Carmen Wegge, sprach sich für eine Legalisierung der Droge aus. „Der Vorteil der Cannabis-Legalisierung ist, dass wir zum einen den Kinder- und Jugendschutz stärken werden, dass wir den Gesundheitsschutz in den Vordergrund stellen und den Schwarzmarkt bekämpfen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Wir stellen fest, dass das Cannabis-Verbot dazu geführt hat, dass eigentlich gar keine Aufklärungsarbeit an Schulen stattfindet.“
Jugendliche unter 18 Jahren, die mit Cannabis aufgegriffen werden, sollen nach den Gesetzesplänen zu Präventionskursen verpflichtet werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren