Teillegalisierung von Cannabis: Kabinett berät über Gesetzentwurf
Die Cannabis-Legalisierung könnte noch in diesem Jahr Realität werden. Doch kurz vor der Abstimmung im Kabinett gibt es an dem Vorhaben auch Kritik.
Der Entwurf sieht vor, dass der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenbedarf straffrei werden soll. Der Eigenanbau von Cannabis soll in Zukunft begrenzt erlaubt sein. Privatpersonen dürften zu diesem Zweck maximal drei Cannabis-Pflanzen besitzen.
Ein freier Verkauf von Cannabis soll nicht erlaubt sein. In einigen Landkreisen sollen aber Modellregionen entstehen. Dort wären Verkaufsstellen erlaubt, die kommerziell Cannabis anbieten dürften. Einkaufen könnten dort allerdings nur Bewohner*innen aus dem Einzugsgebiet der Verkaufsstellen.
In ganz Deutschland sollen Konsument*innen ab 18 Jahren aber gemeinnützigen Cannabis-Anbauvereinen beitreten dürfen. Bis zu 500 Menschen pro Verein könnten dann gemeinschaftlich Cannabis anbauen. Mitglieder, die mindestens 21 Jahre alt sind, dürften monatlich 50 Gramm Cannabis abnehmen, in täglichen Maximalmengen von 25 Gramm. Für unter 21-Jährige wäre die monatliche Maximalmenge auf 30 Gramm beschränkt.
Die Anbauvereine sollen strengen Regeln unterliegen. Ihr Gelände soll eingezäunt werden, die Anbauflächen müssten gesichert werden. Die Vereine müssten mindestens 250 Meter von Schulen, Kindergärten oder Kitas entfernt sein. In den Clubräumen soll der Konsum verboten sein. Das Cannabis soll regelmäßigen Qualitätskontrollen unterliegen. Die Vereine müssten Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürften keine Werbung machen.
Kritik von unterschiedlichen Seiten
Lauterbach betonte immer wieder, dass Legalisierung gleichzeitig mit mehr Gesundheitsschutz umgesetzt werden müsse. Besonders junge Menschen unter 25 Jahren könnten durch regelmäßigen Cannabis-Konsum Schaden nehmen, da die psychoaktiven Substanzen der Pflanze die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen könnten. Der Minister kündigte eine Informationskampagne zu den Risiken von Cannabis-Konsum an.
Es gibt auch deutliche Kritik am Vorhaben. Der Geschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, bezweifelte, dass das geplante Gesetz den Schwarzmarkt austrocknen könnte. In der jetzigen Fassung sei das Gesetz zu „kleinteilig“ und damit keine Entlastung von Justiz und Polizei, da die vielen Regeln zu Cannabis-Clubs wieder kontrolliert und geahndet werden müssten.
Auf der anderen Seite lehnte auch der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs, der die Interessen von Cannabis-Anbauvereinen vertritt, den Entwurf „als verfassungswidrig, überstreng und vermeidbar kompliziert“ ab.
Die Vorlage aus dem Gesundheitsministerium könnte sich im Kabinett noch ändern. Sollten sich die Minister*innen am Mittwoch einig werden, müsste der Bundestag dem Gesetz noch zustimmen. Ende 2023 könnte es in Kraft treten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“