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Kritik an royalem StaatsbesuchKeith statt Charles

König Charles III. besucht Deutschland. Für Donnerstag ist auch ein Auftritt im Bundestag geplant. Die Linkspartei macht einen Alternativvorschlag.

König Charles und seine Frau Camilla werden in Berlin erwartet und nicht alle sind amused Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | Es ist ein Staatsbesuch mit allem Zinnober, den die deutsche Demokratie einem Monarchen zu bieten hat. Zum Auftakt ihres dreitägigen Deutschlandbesuchs lässt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sogar extra für King Charles III. und seine Gemahlin Camilla am Mittwochnachmittag die Bundeswehr vor dem Brandenburger Tor aufmarschieren, um die beiden mit militärischen Ehren zu begrüßen. Es folgt ein Empfang im Schloss Bellevue. Anschließend gibt es noch ein Staatsbankett mit 130 geladenen Gästen, einem Vier-Gänge-Menü sowie Tischreden des royalen Paars.

Für die Klatschpresse der Republik dürfte die erste Auslandsreise von Charles Mountbatten-Windsor in seiner neuen Funktion als britischer König das Ereignis des Jahres sein. Doch dass zu der Stippvisite auch ein Parlamentsauftritt gehört, sorgt jetzt zumindest bei einer Bundestagsfraktion für Unmut. „Das fortschrittliche Großbritannien möchte die Monarchie abschaffen, aber das Parlament der Bundesrepublik hofiert sie“, empört sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte.

Tatsächlich verzeichnet die Tagesordnung des Bundestags für High Noon am Donnerstag eine „Ansprache Seiner Majestät König Charles III.“ – womit der 74-jährige Blaublüter das erste von niemandem gewählte Staatsoberhaupt wäre, das vor den Abgeordneten reden darf. Wenn es nach Korte ginge, der sich als einziger im Ältestenrat gegen die Einladung ausgesprochen hatte, könnten ARD, ZDF, Phoenix und RTL allerdings ihre geplanten Liveübertragungen wieder abblasen.

„Der Auftritt von König Charles im Bundestag sollte abgesagt, der rote Teppich wieder aufgerollt und die schicken Kostüme bis zu den Wagner-Festspielen wieder in den Schrank gehängt werden“, sagte er der taz. Schließlich sei Charles weder gewählt noch habe er etwas Außergewöhnliches geleistet. Ihn zeichne vielmehr nur aus, in die „richtige“ Familie geboren worden zu sein, „die von vielen ehemaligen Kolonien und Commonwealth Realms mit Entschädigungsforderungen aufgrund der Sklaverei konfrontiert ist“, so Korte. Daher sei es „falsch und anachronistisch“, Charles Rederecht einzuräumen.

Der Linken-Abgeordnete will aber nicht nur meckern, sondern hat auch einen Gegenvorschlag parat. Er schlägt vor, statt Charles einen anderen Briten als Ehrengast einzuladen: die 79-jährige Rolling-Stones-Legende Keith Richards. „Selbst wenn Keith Richards sich entschließen sollte, im Plenum nur Gitarre zu spielen, wäre das ein größeres Zeichen der Verbundenheit zwischen der Bevölkerung Großbritanniens und der Bundesrepublik, als es jeder Auftritt eines Königs mit geerbtem Rederecht jemals sein könnte“, ist Korte überzeugt.

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37 Kommentare

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  • Charles sei "das erste von niemandem gewählte Staatsoberhaupt", das vor dem Bundestag spricht. Das ist geschickt formuliert. Abgesehen von Putin (der immerhin von Jelzin gewählt wurde) hat ja auch Papst Benedikt XVI. 2011 vor dem Bundestag reden dürfen, ausweislich der Gesetze der Vatikanstadt ein deutlich undemokratischer regierendes Staatsoberhaupt als Charles. Aber gewählt wurde er natürlich schon (von den Kardinälen), insofern ist an der Aussage nichts falsch.



    www.youtube.com/watch?v=wFHUWts3GU8

  • Keith Richards? Sleaford Mods!!!!!!!!

  • Wer soll denn "das fortschrittliche Großbritannien" sein?

    Großbritannien insgesamt kann nicht gemeint sein, denn das möchte - satt mehrheitlich - nichts von einer Abschaffung der Monarchie wissen. Also redet Korte wohl von jener eher unbedeutenden Minderheit, die lieber eine "Vereinigte Republik" will und lästigerweise an der Tatsache scheitert, dass Großbritannien - bei aller dynastischen Vergabe des Staatsoberhauptspostens - eben doch effektiv eine Demokratie ist.

    Aber was ist schon Demokratie wert, wenn sie nicht progressiv genug entscheidet, nicht wahr?

  • „Das fortschrittliche Großbritannien möchte die Monarchie abschaffen, aber das Parlament der Bundesrepublik hofiert sie“

    Ähm ja. "Zuletzt ermittelte YouGov in einer Umfrage, dass 67 Prozent der Briten für die Weiterführung der Monarchie sind, 21 Prozent für ihre Abschaffung, und dass 12 Prozent ganz ohne Meinung sind" (9/22)

    Abgesehen davon...Ist Keith Richards (bei allem Respekt) nicht auch ein Anachronismus? Den muss doch jeder Zweite ohne Gehhilfe erstmal googeln.



    Aber vielleicht ist der Vorschlag auch eine grundehrliche Einschätzung der aktuellen politischen Relevanz seiner Partei und der Alterstruktur der verbliebenen Wählerschaft aus.

  • Ich weiß jetzt wieder warum man die Linken nicht ernst nehmen muss.

  • Charles ist halt nunmal König. Und die Mehrheit der Briten und Britinnen sind zufrieden mit der Monarchie. Frage mich, was ein solcher Nebenschauplatz soll. Ich bin jedenfalls froh, dass wir noch einigermaßen gute Beziehungen zu GB haben.

  • Was für ein lahmarschiger Vorschlag.

    • @Jim Hawkins:

      Lahmarschig ist gar kein Ausdruck.

  • Charles hat übrigens schon einmal im Plenum gesprochen, damals als Prinz von Wales.

  • Mit dem Herrn König



    ist's so ne Sache,



    macht immer auf bio,



    dass ich nicht lache.

    Sein Co2 Fussabdruck



    ist Größe hundert,



    duch Heli und Flugzeug



    was keinen jetzt wundert.

    Die Royls allgemein,



    sind alt wie ein Zopf,



    und genauso unnötig,



    wie jeder Kropf.

  • Wo liegen doch gleich die Umfragewerte der Linken?



    Wenn eine Parte an echten Problemen nicht mitarbeiten kann, muss sie sich offenbar anders profilieren.



    Mein Tip: mehr am eigenen Image arbeiten statt mit symbolischen Attacken abzulenken versuchen.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Encantado:

      "Wenn eine Parte[i] an echten Problemen nicht mitarbeiten kann, muss sie sich offenbar anders profilieren."



      OK. Sie kann an den Lösungen (der Probleme) arbeiten. (scnr)

    • @Encantado:

      👍👍

  • Adorno meinte dazu mal: "Denkt man daran, wie Besuche irgendwelcher Potentaten, die politisch gar keine reale Funktion mehr haben, zu ekstatischen Ausbrüchen ganzer Bevölkerungen führen, so ist der Verdacht wohlbegründet, dass das autoritäre Potential nach wie vor weit stärker ist, als man denken sollte."

    • @Piratenpunk:

      anschließe mich! But.

      Schon mein Urgroßvater befand:



      “Nur weil ein Herr in London - der sich auch noch v. Windsor zu nennen beliebt - sich einen Kniff in seine Beinkleider bügeln läßt und dazu sich noch einen bunten Strick um den Hals würgt!



      Müssen wir das ja noch lange nicht machen!“



      & Däh - massenhaft -



      “Streichen Sie die Hose jetzt mit der Hand so gut es geht glatt und bügeln Sie dann erst Innenseite und dann die Außenseite. Wiederholen Sie den Vorgang mit dem anderen Hosenbein. Nachdem die Hose abgekühlt ist, sollte sie auch möglichst genau gefaltet werden, damit die Bügelfalte auch lange hält.“



      & dito



      “Krawatte; ein schmaler Streifen aus Stoff, der um den Hals gebunden und typischerweise zu Hemd und Anzug getragen wird. Herkunft: ab Mitte des 19. Jahrhunderts in niederdeutschen und dann auch in mitteldeutschen Texten belegt; ursprünglich Plural zu niederdeutsch Slip(p) „Zipfel““



      (Letzteres trifft es!)

      • @Lowandorder:

        ...." Zipfel " ist ja fast Jugendfrei...

        • @Alex_der_Wunderer:

          Ja - ich konnt’s nicht lassen - wunderbar zum Wundern. Newahr.



          Normal Schonn.

  • Wenn Putin vor dem Plenum sprechen durfte, darf Charles es erst recht.

  • Alter Macho. Besser wäre es Kate Bush einzuladen. Im Ernst, was soll der Quatsch?

  • Warum hat man Charlie nicht gefragt, ob ihm Keith Richards als Begleitmusikanten zur Seite gestellt werden darf?



    Lieben Gästen liest man die Wünsche schließlich von den Augen ab. Ich denke, das Schlitzohr hätte nicht Nein gesagt.

  • Schöner Vorschlag der Linken. Sollen dann die Briten statt Steinmeier Peter Maffay zum nächsten Staatsbesuch einladen?

    • @Pfennig:

      Nö, Roland Kaiser!

    • @Pfennig:

      Sie nehmen offenbar alles ernst. Herzliches Beileid!

  • Sehr gut dieser Korte! Vielleicht bringt er Keith auch noch dazu „God Save the Queen“ von den Sex Pistols zu spielen.

    • @K2BBQ:

      ...oder von den Queen.

  • Tja, Recht hat der Mann. Was hat ein König einer Republik zu sagen?



    Dann kann man gleich noch einen Lottogewinner einladen - beide haben eben mal Glück gehabt...

    • @Oliver Korn-Choodee:

      ...also bitte etwas mehr Respekt den Lottogewinnern gegeüber...

  • Lachhaft!



    Der König ist oberster Repräsentant einer parlamentarischen Monarchie.



    Ein Land wie Großbritannien mit freundlichen Entgegenkommen zu ehren ist völlig angemessen.



    Bzgl. der kolonialen Vergangenheit könnten viele Länder der Welt auch Deutschland wegen des dritten Reiches und deren Verbrechen diplomatische Zusammenarbeit verwehren.



    Zu unserem Glück haben die Staaten das Gegenteil getan und in Deutschland eine stabile Demokratie aufgebaut.



    Das haben wir auch Großbritannien zu verdanken.



    Im Bezug auf Vergangenheit könnte der Ein oder Andere auf die Idee kommen, die Geschichte der Partei "die Linke " nochmal zu beleuchten.



    Verfehlungen der Vorgängerpartei und des damaligen Unrechtsstaates sind noch nicht so lange her.



    Manchmal ist es vielleicht geschickter einfach den Mund zu halten.

    • @Philippo1000:

      Also zunächst mal haben ja einige Länder die Zusammenarbeit mit Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg abgelehnt. Erst nachdem sich die Bundesrepublik dauerhaft und glaubwürdig von den Verbrechen des Kaiserreichs und den Nazis distanziert hat, seine Schuld anerkannt und als Teil der bundesdeutschen Identität alzeptiert hat, war eine echte Zusammenarbeit mit anderen Demokratien erst möglich.

      Jetzt ist die Shoah natürlich singulär. Aber ein intensiverer Umgang mit den eigenen Verbrechen in der Kolonialzeit stünde allen europäischen Nationen gut zu Gesicht. GB hat das meiner Kenntnis nach nicht ausreichend getan.

      Dass die geerbte Landesführung völlig undemokratisch ist, keinerlei Garantien für Qualifikation und Anstand bietet, weiß jeder. Es ist eine für das 21. Jahrhundert völlig unangemessene Staatsform und deshalb ja auch in GB schon von demokratischen Reformen eingefasst.

      Wieso einem Monarchen also dieser Raum gegeben wird, ist mir völlig unklar.

      • @anachronist:

        "Dass die geerbte Landesführung völlig undemokratisch ist, keinerlei Garantien für Qualifikation und Anstand bietet, weiß jeder. Es ist eine für das 21. Jahrhundert völlig unangemessene Staatsform und deshalb ja auch in GB schon von demokratischen Reformen eingefasst."

        Immer wenn jemand mit dem Datum argumentiert, argwöhne ich, ist der Inhalt dünn. Die konstitutionelle Monarchie ist eine demokratische Staatsform. Der letzte Monarch, der versucht hat, auf die Politik Einfluss zu nehmen, war Queen Victoria 1841, und damals sorgte das britische Parlament dafür, dass so etwas nicht wieder passieren kann. Die Macht der Monarchen wurde also schon im 19. Jahrhundert abgeschafft.

        Das mit den Garantien für Qualifikation und Anstand sollte man in Zeiten von Identitätspolitik vorsichtig sehen. Wenn Sie Posten nicht nach angeborenen Eigenschaften besetzen wollen, ehrt Sie das. Aber ob Familienzugehörigkeit, Ethnie oder Geschlecht, das muss dann für alles gelten. Die aktuelle deutsche Regierung jedenfalls ist mit Quoten bisher nicht gut gefahren.

      • @anachronist:

        Bei der Parlamentarischen Monarchie von



        " Landesführung" durch den Monarchen zu sprechen ist falsch.



        Der König von England hat keine Entscheidungsgewalt und rein repräsentative Aufgaben.



        Im Gegensatz zu Deutschland haben sich die Briten schon deutlich früher zur Demokratie bekannt,



        und wurde sie von Außen verordnet.



        Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von Deutschland ausgingen, sind, in der Tat, beispiellos.



        Das wird (hoffentlich) auch so bleiben.



        Wir dürfen froh sein, über die Unterstützung und Akzeptanz durch andere Staaten, trotz unserer Vergangenheit.



        Hieraus einen moralischen Anspruch an Andere zu konstruieren, könnte man/frau als Frechheit ausdrücken.

        • @Philippo1000:

          Die Engländer haben keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen?



          Steile These angesichts der Kolonien und des Sklavenhandels

          • @Frau Flieder:

            Hat niemand behauptet. Es geht eher um die Frage, ob man sich als Deutscher gegenüber anderen Nationen mit - auch, aber nicht so außerweltlich - dunkler Vergangenheit moralische Hochnäsigkeit leisten sollte.

          • @Frau Flieder:

            Sehr geehrte Frau Flieder,



            an welcher Stelle bestreite ich die Kolonialgeschichte Großbritanniens?



            Dennoch sind die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die im dritten Reich passiert sind, beispiellos. Da sind wir doch hoffentlich einer Meinung, ansonsten müsste ich Sie politisch ganz woanders einsortieren.

      • @anachronist:

        "Es ist eine für das 21. Jahrhundert völlig unangemessene Staatsform und deshalb ja auch in GB schon von demokratischen Reformen eingefasst."

        Na, da werden sich Länder wie Norwegen und Dänemark ja freuen, dass Ihnen Deutsche etwas über das 21. Jahrhundert beibringen können. Wir wissen es eben immer wieder am besten, nicht wahr?

        Übrigens: Putin durfte auch schon vor dem Plenum reden. Wo blieb da eigentlich der Aufschrei der ach so progressiv-republikanisch-demokratischen Linken?

    • @Philippo1000:

      [...]

      Unabhängig von diesem Brei ist es absolut irre, Charles etwas einzuräumen, was selbst seiner jahrelang amtierenden Mutter nicht geboten wurde. Es ist absolute Show. Völlig egal, welche Monarchie hier aus dem Ausland anreist: Sie hat absolut keine Legitimation derart hofiert zu werden.

      [...] Beitrag gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

      • @Simsi:

        Im Gegensatz zu seiner Mutter führt Charles seine allererste Auslandsreise als König nach Deutschland. Das ist eine besondere Geste des Respekts, die man wohlwollend zur Kenntnis nimmt und mit der Rede im Plenum prompt erwidert.

        Diplomatischer Vorteil: Dass umgekehrt ein deutsches Staatsoberhaupt die Ehre 1:1 zurückgibt und nach Amtsantritt zuerst nach Großbritannien fliegt, ist vorerst unwahrscheinlich. Da haben Polen, Frankreich oder die USA bessere Chancen. Man spart sich also auch einen möglichen kleinen Verstimmer ob der Asymmetrie, indem man sofort positiv reagiert und dem neuen König stattdessen eine Bühne gibt, sich international zu präsentieren.