Kopftuchverbot bei Olympia: Freiheit zur Verhüllung
Jede Frau sollte das Recht haben, frei darüber zu entscheiden, was sie tragen möchte und was nicht. Wieder einmal bevormundet Paris muslimische Frauen.
![Eine Ruderin aus dem Iran mit Kopftuch in ihrem Boot Eine Ruderin aus dem Iran mit Kopftuch in ihrem Boot](/picture/7136830/624/35866664-1.jpeg)
Gelegentlich wird vergessen, dass zur Freiheit neben einer Enthüllung auch die Verhüllung gehört Foto: imago
Ene, mene, mu und raus bist du. Bereits vor dem Startschuss der Olympiade am 26. Juli wird die kopftuchtragende Muslima disqualifiziert. Dieses Jahr feiert doch das Internationale Olympische Komitee (IOC) die ersten geschlechtergerechten Olympischen Spiele? Liberté, Egalité, Fraternité gilt offenbar nicht für alle Teilnehmer*innen gleichermaßen. Eine klare Form der Diskriminierung, über die kaum jemand ein Wort verliert.
Nachdem das Tragen von Kopftüchern an Frankreichs Schulen verboten worden war, folgte letztes Jahr eine strikte Untersagung des Tragens der bis zu den Knöcheln reichenden Abayas an schulischen Einrichtungen. Nun trifft es die Sportwettkämpfe. Begründet wird das Verbot für französische Athletinnen mit dem Grundsatz des Laizismus. Wieder einmal möchte Paris muslimische Frauen bevormunden.
Sollte nicht jede Frau das Recht haben, frei darüber zu entscheiden, was sie tragen möchte und was nicht? Wäre es nicht ein vernünftiger Weg, Frauen in ihrer freien Entfaltung und ihren sportlichen Aktivitäten zu unterstützen, anstatt ihnen das Recht dazu zu nehmen? Liberté – die Freiheit, die den französischen Sportlerinnen mit Hijab genommen wird. Gelegentlich wird vergessen, dass zur Freiheit neben einer Enthüllung auch die Verhüllung gehört.
Bekleidungsverbote sind eben genau das, ein Gegenteil von Freiheit. Bei den Kopftuchdebatten geht es stets um die Unterdrückung der muslimischen Frauen. Warum melden sich kaum Stimmen gegen diese Form der Unterdrückung? Katharina Masoud, Expertin für Geschlechtergerechtigkeit von Amnesty International, hat sich klar dazu geäußert: „Weder ein Kopftuchzwang noch ein allgemeines Kopftuchverbot ist mit den Menschenrechten vereinbar.“
Frankreich verfolgt eine Diskriminierungskampagne gegen muslimische Frauen. Eine rückschrittliche Entscheidung, die klar zu verurteilen ist. In einer Zeit, in der muslimische positive Rollenmodelle mit Kopftuch mehr als gebraucht werden, wird ihnen der Weg versperrt.
Leser*innenkommentare
Jim Hawkins
Ich werde nie verstehen, wie jemand darauf bestehen kann, ein Kleidungsstück zu tragen, für dessen Fehlen oder auch nur falschen Tragens Frauen im Iran verfolgt, verprügelt, gefoltert und ermordet werden.
gyakusou
Ist die Frage, wie frei Frauen tatsächlich sind in der Entscheidung, ein Kopftuch zu tragen. Bei iranischen Athletinnen gilt das wohl kaum, dass sie frei und selbstbestimmt darüber zu entscheiden können.
Und wenn es nicht Druck von Seiten der Regierung/staatlichen Stellen ist, dann oft sozialer Druck der Gesellschaft oder der Familie.
Finde ich schwierig, dass der Artikel das gar nicht anspricht und nur die vermeintlich freie Entscheidung anspricht.
Reisehank
Es ist völlig in Ordnung wenn ein Land die Religion ins Privatleben delegiert. Kopftücher, Kippas und Nonnenschleier haben bei einem sportlichen Wettkampf nichts verloren. Das als "Bevormundung von Frauen" zu bezeichnen ist grotesk.
testen
>Eine rückschrittliche Entscheidung, die klar zu verurteilen ist.<
Fortschritt = mehr Religion in der Gesellschaft?
Paul Meier
Wenn die Leute an diesen Orten auch keinen Davidstern und kein Kreuz tragen dürfen, sehe ich das Problem nicht.
Wenn Frankreich will, das Sportler*innen, die das Land vertreten auch dem Laizismus unterworfen sind, ist das nachvollziehbar.
Ich persönlich finde den Laizismus eine begrüßenswert Sache. Er macht Menschen im staatsbürgerlichen Raum nämlich vor dem Staat gleich.