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Konservative Anti-Migrations-PläneDann eben noch schärfer

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Egal, wie die Lage ist: Konservative wie Friedrich Merz wollen Migration immer weiter begrenzen. Und wenn der Erfolg ausbleibt, legen sie nach.

Hier soll keiner mehr rein: Beamte der Bundespolizei kontrollieren an der deutsch-französischen Grenze aus Frankreich kommende Reisende Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

M indestens 38 einzelne Verschärfungen allein im Asyl-, Migrations- und Staatsbürgerschaftsrecht forderte die Union in einem Antrag, den sie am Mittwoch in den Bundestag eingebracht hat: Von der Möglichkeit der Ausbürgerung über ein Ende der „Chancenkarte“ bis hin zum „gänzlichen Leistungsausschluss“ für Ausreisepflichtige.

In der Aufregung über den Wortbruch von CDU-Chef Friedrich Merz, nicht mit der AfD kollaborieren zu wollen, ging unter, dass der Antrag abgelehnt wurde. Mit den Stimmen von AfD und FDP angenommen wurde nur ein zweites, deutlich abgespecktes CDU-Papier, in dem viele Element des anderen Katalogs – darunter die Ausbürgerungsmöglichkeit – nicht enthalten sind.

Trotzdem zeigte Merz’ Aktion erneut: Von nichts versprechen Konservative sich mehr als davon, Flüchtlingen und Mi­gran­t:in­nen das Leben schwer zu machen. Ob wenige Asylsuchende kommen oder viele, ob Antragszahlen steigen oder sinken, ob es islamistischen Terror gibt oder nicht, ob sie die AfD im Nacken haben oder schon vor deren Entstehung: Stets heißt es, es kämen zu viele Flüchtlinge, Verschärfungen müssten her. Ohne Unterlass geht das so, seit vielen Jahren schon.

Die Empirie ändert daran nichts: In den Jahren 2000 bis 2012 gab es im Schnitt nur 45.000 Anträge pro Jahr – und nonstop meldeten sich Unions-Innenminister wie Joachim Herrmann (Bayern) oder Uwe Schünemann (Niedersachsen) mit immer neuen, einschlägigen Ideen gegen zu viele Roma, Libanesen, Kurden im Land zu Wort. Obwohl die Bevölkerungszahl in Deutschland seit 2006 wuchs, lag die Zahl der erfassten Gewalttaten im Land 2023 mit rund 214.000 niedriger als 17 Jahre zuvor.

Permanent heißt es, die Sicherheit sei in Gefahr

Das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden, ist also gesunken – auch wenn es 2022 und 2023 einen Anstieg gab. Permanent aber heißt es, die Sicherheit sei in Gefahr und Asylrechtsverschärfungen seien nötig. Seit 2024 sinken auch die Asyl-Antragszahlen erheblich. Doch ständig ist zu hören, Deutschland sei „immer noch zu attraktiv“. Der Arbeitskräftemangel explodiert – die Konservativen wollen endlich mehr abschieben. Ihr Glaube an den politischen Nutzen von Anti-Flüchtlings-Gesetzen scheint unerschütterlich. Sie wollen davon immer mehr, niemals ist es genug. Ein Fass ohne Boden.

Für 2015 bis 2020 sind die Gesetzesänderungen im Asylrecht auf Bundesebene erfasst. Es waren 77, im Schnitt also alle vier Wochen eine. Die meisten waren Verschärfungen. Dazu gehörte etwa das Verbot, Abschiebetermine anzukündigen, oder die Einschränkung des Familiennachzugs.

Darin sind Verschärfungen auf Landes- und EU-Ebene sowie in anderen Bereichen des Migrationsrechts noch nicht enthalten. In den Jahren davor und danach gab es erhebliche weitere Verschärfungen, darunter die Ausweitung der „sicheren Herkunftsländer“, umfassende Internierungsmöglichkeiten durch das EU-Asylsystem Geas, Leistungskürzungen oder neue Möglichkeiten, Seenotretter als Menschenhändler zu verfolgen.

All die Verschärfungen sollen – vor allem über Abschreckung – die Ankunftszahlen drücken. Sie sollen die extreme Rechte kleinhalten und so die Macht der Konservativen rechts der Mitte sichern. Sie sollen allgemeine Unzufriedenheit und Vertrauensverlust in den Staat und seine Institutionen eindämmen, deren „Handlungsfähigkeit“ beweisen. Sie sollen gegen Wohnungsnot, Investitionsstau und Sozialkassenlöcher helfen und die innere Sicherheit erhöhen.

Die extreme Rechte gewinnt an Zulauf

Tatsächlich tritt praktisch keine dieser Wirkungen mittelfristig ein. Menschen kommen trotzdem nach Deutschland, Mieten steigen weiter, die extreme Rechte gewinnt an Zulauf.

Doch die Erwartungen in die Anti-Flüchtlings-Politik bleiben erstaunlich stabil. Die AfD sagt offen, dass sie die Konservativen zerstören will, andere EU-Staaten zeigen, dass dies möglich ist. Trotzdem geben die Konservativen der AfD permanent recht in ihrer zentralen Aussage: dass es keine Tabus im Kampf gegen die Migration geben darf.

Die Konservativen halten dies für ihre beste politische Allzweckwaffe, Merz stößt dafür nun der halben Republik vor den Kopf. Der Raum, der der Frage „Tut die Politik genug gegen die irreguläre Migration?“ öffentlich eingeräumt wird, steht seit Jahren in groteskem Missverhältnis zum Nachdruck, mit dem andere Themen behandelt werden. Und so glauben selbst viele Linke heute, dass sie an Popularität verlieren, weil sie zu wenig dabei mitmachen, laut über noch mehr Verschärfungen nachzudenken.

Der autosuggestive Glaube an die Anti-Flüchtlings-Politik ist in weiten Teilen der Politik und Medien so stark, dass jedes Mal, wenn die erwünschten Folgen ausbleiben, trotzdem alle einig darin sind, dass die Medizin richtig, aber die Dosis falsch war: Es muss eben noch mehr verschärft werden. So zu denken entzieht drängenden anderen Themen den Raum, es zersetzt die Achtung der Menschenrechte und untergräbt Rechtsstaat und Demokratie.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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22 Kommentare

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  • Sehr gute Zusammenfassung.



    Die einen (Parteien) drehen die Schraube immer weiter, die anderen (Wähler) verfallen immer mehr der Migrationshysterie.

  • Der Autor liegt genauso neben der Sache wie Merz. Man muss unterscheiden zwischen unserem Demografie-Problem, für das Einwanderung die einzige kurzfristige, aber keinesfalls nachhaltige Lösung ist, und unseren humanitären Verpflichtungen. Es gibt in Deutschland keine Arbeitsplätze für Analphabeten. Unsere Kapazitäten für Qualifikation und Integration sind nicht ausreichend. Das fängt in derSchule an und endet in der Psychiatrie.

  • Eins haben die Rechten erreicht: Kein einziger hoch qualifizierter Mensch aus einem anderen Land wird jemals hier arbeiten wollen.

  • Ich schließe mich der Wertschätzung unten an. Ich hätte nach eigener Fluchterfahrung und beruflicher Arbeit mit von Kriegsfolgen gezeichneten Menschen nicht die Nerven dazu, so etwas noch ruhig und detailliert zu benennen. Es ist ein eigentümlicher Effekt von repräsentativer Demokratie, dass in schlechten Zeiten die Halunken nach oben gespült werden und das Gesetz des kleinsten gemeinsamen Nenners herrscht, zusammen mit völkischer Regression. Wagenknecht sprach heute im Bundestag von einer "hysterischen" Debatte. Aber der Holocaust-ÜberlebendeWeinberg, der sein Bundesverdienstkreuz zurück gibt, weiß, wovon er spricht.

  • Zu Ihrem Artikel "Dann eben noch schärfer"



    Sehr geehrter Herr Jakob, vielen Dank für Ihren sehr guten Artikel. Sie sprechen mir aus der Seele, toll, wie Sie das Thema bearbeitet haben!



    Es ist doch unglaublich, wie sich Friedrich Merz und seine Kollegen in konservativen Kreisen fürchterlich einschießen auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft, Flüchtlinge und Arme Bedürftige.



    Dabei wäre es seit langem angesagt, dass die Politik sich befasst, Steuern einzugreifen bei allen Reichen und starken in diesem Land! Sehr unpopulär.. Ebenso bekommen wir es nicht hin, den Leerstand von Wohnungen zu erfassen und notfalls mit Zwang zur Verfügung zu stellen. Ebenfalls dem Wahn und Wucher der Wohlhabenden zu verdanken. Die Kommunen ächzen unter chronischer Unterfinanzierung, danach genug Steuern gezahlt werden. Meiner bescheidenen Meinung nach. Und auch das Gesundheitswesen, Krankenkassen werden nur von Arbeitern und Angestellten finanziert. Alle Beamten, Politiker etc zahlen nicht ein, profitieren aber reichlich. Wie kann man einen Wechsel der Themen zu wirklich wichtigem erreichen, frage ich mich. Bitte hören Sie und alle Kolleg_innen nicht auf, diese Themen zu behandeln. DANKESCHÖN

  • Wer dieser Logik folgt, muss dann wenn alle „Ausländer“ weg sind natürlich neue Schuldige finden.

    Dann kommen vermutlich wieder die üblichen Minderheiten an die Reihe. Nicht-heterosexuelle Menschen, Menschen mit nicht-blonden Haaren, Menschen mit Nicht-christlichem Glauben, zu kleine Menschen, zu große Menschen usw.



    Am Ende bleiben ein paar wenige übrig, aber die Probleme sind immer noch da, dafür haben die Bestatter alle Hände voll zu tun.

  • Nicht schärfer, aber konsequenter



    Würden wir all die, welche keinen Aufenthaltstitel haben wieder in ihre Heimat zurück schicken, es würde völlig reichen. Dazu brauchen wir keine noch noch schärferen Gesetze, sondern in erster Linie die konsequente Anwendung der bestehenden. Sicher ein paar Änderungen und Anpassungen werden schon nötig sein, aber die bedürfen keiner "Schärfe", sondern fachlicher Qualifikation.

  • Jeder Satz stimmt, nur die Armen in diesem Lande können in der Disziplin "rechte Hetze auf sich ziehen" noch halbwegs mithalten. Es gibt faktisch zwei AfDs in Deutschland. Die "Höcke-AfD" hinter ihrer Maske Weidel/Chrupalla (obwohl die Maske kaum schöner als das politische Gesicht ist) und die "AfD von vor 5 Jahren", die um der Tradition willen, noch unter Union läuft.

  • Nicht nur bei der Migration läßt sich die CDU von ser AfD inspiriren, auch bei der Forderung "Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger" war die Schweriner AfD mit ihrem Antrag dafür Ideengeber für die CDU - weit vor der gestrigen Bundestagsdebatte. "CDU-Generalsekret Carsten Linnemann hat den Fall aus Schwerin aufgegriffen -als Vorbild für ganz Deutschland. ... Ursprünglich angestoßen hat das Vorhaben in Schwerin die AfD. ... Die CDU hat die Idee in einem Ersetzungsantrag aufgegriffen und erweitert."



    Die Schweriner Verwaltung warnte auch hier vor der Umsetzung:



    "Die Durchführung und vor allem die Besetzung der Arbeitsgelegenheiten mit geeigneten Teilnehmern bindet viele Resourcen für wenig Ergebnis. Es ist das Instrement, welches am wenigsten zur Integration auf dem Arbeitsmarkt beiträgt."



    Aus ser SZ von gestern:



    www.sueddeutsche.d...90532?reduced=true

  • "Die AfD sagt offen, dass sie die Konservativen zerstören will,"



    Das hat sie doch schon geschafft.



    Wo findet man denn heute eine wirklich konservative Partei? Die Union ist nicht konservativ, wenn man die irren Abschiebepläne außen vorlässt, ist die Union liberal.



    Die als progressiv wahrgenommene Jugendbewegung Fridays for Future ist eine konservative Bewegung. Aber sie haben erkannt, dass sich etwas ändern muss, damit möglichst viel gleich bleiben kann, weswegen sie vielen Konservativen suspekt sind.



    Die Nazis haben es geschafft, dass Menschen, die im Herzen konservativ sind, nur noch regressive Parteien zur Auswahl haben.



    Konservativ ist nicht mehr.

  • Was man nicht übersehen darf, bei all dem Merz-bashing, es sind vor allem Leute wie Söder und Spahn, die einen Kulturkampf wollen, einen konservativ-nationalen Block gegen den freien Geist. Die "Brandmauer" existiert nicht mehr und nach der Wahl werden wir eine CDU/CSU- Minderheitsregierung sehen, die sich ebenso hinstellen wird wie jetzt: Wer mit uns stimmen will, wird das tun. Wir leben ja in einer Demokratie. Und die Bevölkerung? Hat mal wieder ihr Feindbild. Alles wie gehabt. Gut, dass Friedmann aus der CDU ausgetreten ist.

  • "Und wenn der Erfolg ausbleibt, legen sie nach. "



    sie müssen sogar nachlegen, weil die scheinbaren Lösungen, lediglich die Rachegefühle nach einer schrecklichen Tat bedienen. Möglichst maximal, möglichst kompromisslos und eben nicht lösungsinteressiert (schon gar nicht lösungsoffen).



    Es sind zutiefst menschliche Reflexe auf eine unverständliche Handlung, die Ohnmachtsgefühle erzeugt,, um mit schnellen Kompensationshandlungen das Gefühl von Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.



    Rational betrachtet verhindert eine Grenzschließung keine Gewalttaten von hier schon anwesenden Migranten.



    Rational betrachtet geht es um behördliche Zuständigkeiten und die Beobachtung und (auch präventive) Ingewahrsamnehmung von Gewalttätern.



    Es ist wie überall ein Durchführungsproblem. Nur bedient diese Erkenntnis nicht die Affekte, die aktuell nun mal virulent geäußert werden.



    Das Ergebnis ist absehbar, es wird eine Scheinlösung präsentiert, schnell und hart. Das geht so lange gut, bis die nächste Gewalttat geschieht.



    Eine Eskalation der politischen Forderungen ist unausweichlich.



    Genauso wie eine afd Regierungsbeteiligung über kurz oder lang, durch diese polit. Handlungsmuster zu verhindern sein wird.

    • @nutzer:

      stimmt, aber die Abschiebung von extrem gefährlichen Menschen in ihre Herkunftsländer verhindert sehr wohl schreckliche Gewalttaten in Deutschland. Und das muss das Ziel der deutschen Politik sein.

  • Das ist genau das Problem: Wenn Maßnahmen "giftig" wirken (also kontraproduktiv), werden sie nicht dadurch "ungiftiger", dass man die Dosis steigert.

  • Ein Fakt ist, dass nicht nur Konservative der Meinung sind, dass sich an der jetzigen Migrationspolitik etwas ändern muss. Daraus abgeleitet gibt es genau zwei Möglichkeiten: Entweder man macht einfach weiter wie bisher und blendet stur alles aus oder man ändert etwas. Ersteres wird zwangsläufig zu einem weiteren Wachstum bei der AfD führen; es ist doch schlicht Wahnsinn zu glauben, dass sich das Problem AfD erledigt in dem man die Probleme ignoriert bzw. für nichtig erklärt. Etwas zu ändern scheint mit da der erfolgreichere Weg und der bedeutet nicht automatisch in den Faschismus abzugleiten wie immer wieder gerne behauptet wird. Ich mag Merz definitiv nicht, aber er ist kein Faschist. Was abgestellt werden muss ist nicht die Migration als solche, das sagt ja auch niemand. Aber die ungesteuerte Migration im Verbund mit der Unfähigkeit Leute die keine Berechtigung haben wieder auszuschaffen. Das is ist nicht vermittelbar und führt dazu, dass die Leute den Glauben an die Institutionen verlieren. Es braucht eine Kontrolle der Migration, auch und grade im Sinne der Akzeptanz der Migranten.

  • Das wird ja nicht bei Migranten halt machen, sondern auch andere gesellschaftliche Gruppen einbeziehen. Beim Bürgergeld hatten wir es doch schon, aber alle die irgendwie links sind kommen dann doch auch in das Schussfeld, das ist doch das Problem.

    • @Surfbosi:

      es ist Sündenbockpolitik, weil über die eigentlichen Probleme nicht gesprochen werden soll. Diese Politik ist disfunktional, weil es Dogmen gibt, die nicht angerührt werden dürfen. Der Markt, die heilige Kuh oder Gottesersatz.... Eine Überhöhung des Marktes als allwissend impliziert, dass es keine Fehlentwicklungen geben kann, da es aber offensichtlich Fehlentwicklungen gibt, die nicht im Interesse der Gesellschaft liegen, müssen Kompensationshandlungen vorgenommen werden, aber immer unter der Prämisse, der Staat darf nicht aktiv handeln, das Wohnungsmarktproblem wird mit Förderprogrammen bepflastert, die genau die pämpert, die Mitverursacher der Krise sind. Eine aktive und direktive Steuerung wird von vornherein ausgeschlossen.



      Diese andauernd produzierte Enttäuschung ist maßgeblicher Grund für den Vertrauensverlust in den Staat und den Aufstieg der Kräfte, die noch härtere Ersatzhandlungen und die Drangsalierung von Minderheiten fordern. Das wird auch dieses Mal nicht bei Harz4-lern und Migranten aufhören....



      Es ist eine sich selbst verstärkende Entwicklung.

  • Genau so isset.

    Es ist nie genug, weil das Gewünschte nicht erreicht werden kann.

    Es profitieren nur die Rechten, durch die Diskursverschiebung und die Normalisierung ihrer Narrative.

  • Die Betrachtungen des Artikels sind teils etwas einseitig, zum Beispiel:

    "Für 2015 bis 2020 sind die Gesetzesänderungen im Asylrecht auf Bundesebene erfasst. [...] Die meisten waren Verschärfungen."

    Ja, das stimmt. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass die fundamentalste aller Änderungen am Asylrecht zwei Jahre zuvor in umgesetzt wurde: die subsidiäre Schutzberechtigung. Diese Änderung hat den Personenkreis, der Aussicht auf ein Bleiberecht (in welcher Form auch immer) bekommt vervielfacht. Ich habe keine konkreten Zahlen, würde aber vermuten, dass sämtliche erwähnten Verschärfungen danach diese eine Änderung in keiner Weise "aufwiegen".

    Die Betrachtung lässt auch außer Acht, dass ein überlastetes System unverhältnismäßig viele Integrationsversager produziert, weil es keinem mehr wirklich gerecht wird. Der Bestand an Integrationsversagern wächst immer weiter und kumuliert in einer immer größer werdenden Basisbelastung, die die Leistungsfähigkeit des Systems wiederum verringert, was zu einem größerem Anteil von Integrationsversagern führt. Sie sehen, wo das hinführt. In diesem Sinne ist der Ansatz verständlich, die Einreisen zu minimieren und die Ausreisen zu maximieren.

  • Danke, schön uffn Punkt.



    Und irgendwie kriegts keiner hin, den Repressionen ggü. Migrant*innen (egal warum) wenigstens Perspektiven entgegenzusetzen, wenn die hier mitspielen wollen. Evtl. möge da die Medienvielfalt auch ma dran denken, die Illussion zu zerstören, daß ALLE Nichtbios wieder gehen (wollen).

  • "Der autosuggestive Glaube an die Anti-Flüchtlings-Politik ist in weiten Teilen der Politik und Medien so stark, dass jedes Mal, wenn die erwünschten Folgen ausbleiben, trotzdem alle einig darin sind, dass die Medizin richtig, aber die Dosis falsch war: Es muss eben noch mehr verschärft werden."

    Perfekt formuliert.

    Es ist auch ein einfaches Thema, wo ein sprunghafter Egomame leicht punkten kann.

    Wohnungsmangel, Vermögensverteilung, Wirtschaftstransformation, gesellschaftlicher Zusammenhalt: Alles dicke Bretter, wo man richtig arbeiten muss.

    Was für einen Politikstil möchten Merz und die ihm weitestgehend gehorsam folgende Union im Kanzleramt pflegen?

    Wirklich tragikomisch finde ich nur: Da muss dieser Mann nur bis zum 23. Februar stillsitzen, um - mit nicht gerade tollem Ergebnis, aber immerhin - gewählt zu werden.

    Noch nicht mal das kriegt er hin.

    Ich hoffe nur, dass sich werteorientierte Unionswählerinnen und Wähler diesem Allem verweigern werden.

    • @Stavros:

      "Ich hoffe nur, dass sich werteorientierte Unionswählerinnen und Wähler diesem Allem verweigern werden."

      Die werden aber trotzdem nicht Grünen oder Linke wählen.



      Und wenn noch einige potentielle CDU-Wähler zuhause bleiben, freut sich die AfD über mehr Prozente bei gleicher Stimmenanzahl...