Kommentar Merkel und ihr Innenminister: Problempersonalie Horst Seehofer
Merkels Kalkül, den Innenminister durch ganz viel Arbeit politisch einzuhegen, geht gerade voll nach hinten los. Ihr bleibt nur ein – jedoch riskanter – Move.
I ch kann mit der Frau nicht mehr arbeiten“ – dieser hasserfüllte Satz wird dem amtierenden Bundesinnenminister zugeschrieben. Auch wenn Horst Seehofer mehrfach bestritten hat, das so gesagt zu haben; dass ihm eine solche Bemerkung über seine Regierungschefin problemlos zugetraut wird, umreißt recht anschaulich den politischen Schlamassel, dem dieses Land seit Monaten beizuwohnen gezwungen ist.
Aus Horst Seehofer, dem einstmals heftig kritisierten wie durchaus respektierten bayerischen Politiker, ist ein nicht mehr zu kalkulierendes Risiko für dieses Land, für dessen inneren Zusammenhalt geworden. Ein Problem, das die Kanzlerin lösen müsste, indem sie ihren Innenminister entlässt. Dass sie es nicht tut, liegt einzig an der Parteiräson, am Willen zum Machterhalt der eng verbandelten Unionsparteien in politisch kritischen Zeiten.
Seit drei Jahren bekämpft Horst Seehofer Angela Merkel von München aus als CSU-Vorsitzender. Und seit einem knappen halben Jahr aus Berlin als ihr Minister. Er lässt zu, dass der ihm unterstellte Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz die Kanzlerin bloßstellt und ihr eine wortklauberische Debatte über Formen von Gewalt aufzuzwingen versucht. Er schweigt anhaltend, wenn Rechtsradikale den öffentlichen Raum mit ihrer Menschenverachtung kontaminieren. Und sagt er doch mal was, blitzt ihm seine Eitelkeit, letztlich sein Desinteresse an seinem Amt, aus allen Knopflöchern.
Im politischen Berlin erzählt man sich, weit über einschlägig interessierte Kreise hinaus, dass Seehofers Führungsstil dem eines wankenden Potentaten gleicht, dessen Beamte vor allem damit befasst sind, dem Minister hinterherzuräumen. Und das alles, während sein Etat und die ihm anvertrauten Kompetenzen gewachsen sind. Inneres, Bau, Heimat – um all dies sollte Seehofer sich kümmern. Doch Merkels Kalkül, den Ingolstädter durch ganz viel Arbeit politisch einzuhegen, geht gerade voll nach hinten los. Auf diesen Innenminister ist kein Verlass, das hat mittlerweile selbst der hoffnungsvollste Demokrat verstanden.
Man weiß gar nicht, was schlimmer ist: Seehofers unwürdiges Gewurschtel in brennenden, die Demokratie gefährdenden Fragen. Oder die Aussicht auf weitere Monate und Jahre mit diesem Innenminister. Nicht mal die Aussicht auf die Zeit nach der Bayernwahl gibt Anlass zur Hoffnung. Mag sein, Seehofers Leute jagen ihren greisen König nach dem 14. Oktober vom Hof. Sein Ende als Innenminister bedeutete dies nicht. Dafür sorgen kann nur eine: die Kanzlerin. Sie sollte es endlich tun.
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