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Koalitionsstreit über EnergiepolitikKlimapolitisch handlungsunfähig

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Mit der Blockade-Partei FDP kann man nicht mehr rational argumentieren. Sie spielt Fachpolitik zu einem Kulturkampf hoch.

Nicht nur für Robert Habeck traurig: Die FDP blockiert sämtliche Vorhaben für mehr Klimaschutz Foto: Reuhl/Fotostand/imago

S o wird das garantiert nichts mit dem im Koalitionsvertrag angekündigten „Mehr Fortschritt wagen“ der Bundesregierung. Ob beim Austausch von Gas- und Ölheizungen, der Abkehr von Autos mit Verbrennermotor oder einem ehrgeizigen Energiespargesetz – die FDP blockiert zentrale, für die Zukunft wichtige Vorhaben der Bundesregierung und verhindert so eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik. Die Liberalen schlagen mit großer Lust öffentlich Krawall – im Fall der auszutauschenden Gas- und Ölheizungen vorbeugend, denn ein Gesetzentwurf ist noch gar nicht fertig. Sie suchen nicht die Verständigung in der Koalition. Sie machen Stimmung, keine Politik.

Die Liberalen können kein einziges konstruktives Vorhaben vorweisen, mit dem sie ihre An­hän­ge­r:in­nen ernsthaft binden könnten. Neue Autobahnen schneller bauen zu wollen und neue Verbrennerautos mit angeblich klimaneutralen Kraftstoffen auch über 2035 hinaus zulassen zu wollen ist nicht in die Zukunft gerichtet. Das sind stellvertretende Abwehrkämpfe, mit denen sich die FDP gegen den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft stemmt.

FDP-Chef Christian Lindner setzt auf eine Klientel, von der er glaubt, dass sie ein leidenschaftliches Verhältnis zu Verbrennerautos pflegt, Naturschutz für Firlefanz und alle Probleme mit Technik für lösbar hält – erst recht die Klima­krise. Erfolgreich ist das nicht. Mit ihrer Opposition-in-der-Regierung-Strategie verlieren die Liberalen Landtagswahl um Landtagswahl – unwillig oder unfähig, diesen Kamikaze-Kurs zu ändern.

Unsinniger Hype um E-Fuels

Für SPD und Grüne ist das fatal. Sie müssen damit rechnen, dass die FDP jeden noch so kleinen Schritt beim klimagerechten Umbau von ­Gesellschaft und Wirtschaft zu einem Kulturkampf hochspielt. Das macht die Ampelregierung auf Dauer klimapolitisch handlungsunfähig. Der Konflikt um die synthetischen Kraftstoffe, die E-­Fuels, ist bezeichnend. Die Koalitionspartner und die EU-Kommission sind dem Wunsch der FDP nachgekommen, über Ausnahmen für die Zulassung von Verbrennerautos nachzudenken, die nur mit E-Fuels fahren. Obwohl das Unsinn ist.

Mit Strom gespeiste Autos fahren mit der ­gleichen Menge fünfmal so lange wie Pkws, die E-Fuels getankt haben. Einer derartigen Verschwendung den Weg bahnen zu wollen ist nicht egal. Denn auch in Zukunft wird saubere Energie knapp sein. Doch die FDP gibt sich mit dem gefundenen Kompromiss nicht zufrieden und droht das ganze Verbot platzen zu lassen. Das ist unangemessen. Dabei wäre viel gewonnen, wenn die SPD bei diesen Konflikten nach außen nicht so tun würde, als gingen sie solche Streitigkeiten nichts an.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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27 Kommentare

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  • WER LEGT IN DER BRD DEN BEDARF FÜR NEUE AUTOBAHNEN FEST?

    Früher war ja laut Rudi Carell die SPD für das Klima schuld ( www.google.de/url?...LXAiEij3PNcYKi1xEP ). Heute hat wohl die FDP den Part übernommen.

    Aber schauen wir doch mal genauer hin. Denn so einfach kann man sich das nicht mit der Verantwortung machen.



    Wie kommen Verkehrsprojekte auf Bundesebene zustande?

    Der Bund setzt lediglich den angemeldeten Bedarf der Bundesländer um.



    "Grundlage dieser Bedarfsplanung [des Bundesverkehrswegeplans] ist aber keine selbstständige Verkehrsnetzkonzeption des Bundes, sondern Grundlage sind im Wesentlichen die Bedarfsanmeldungen der Bundesländer." (Umweltbundesamt, Seite 8: www.umweltbundesam...arfsplanung_v2.pdf )

    Und die Bundesländer werden und wurden so gut wie nie von der FDP regiert. Dort sind i.d.R. SPD und CDU die Verantwortlichen und meist sitzen auch die Grünen noch mit im Boot.

    Solange da die wirklich Verantwortlichen für die Bedarfsplanung nicht benannt werden wird das FDP Bashing von den Verantwortlichen in den Ländern mit Kußhand für die nächsten Wahlkämpfe angenommen. Denn ihnen wird ja nicht auf die Füße getreten.

  • @PELE

    Weniger fliegen. Weniger Autos muss ech schon.

    Wie @HUGO auch schon schreibt.

    @PFENNIG

    Das dumme ist nur: wir entscheiden *jetzt* für die Zukunft. Kernkraft ist bei uns gelaufen und ja, Kohle wird viel zu viel verbrannt (dass Kernkraft auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist hat übrigens Frankreich letzten Sommer sehr anschaulich vorgeführt bekommen).

  • "Sie müssen damit rechnen, dass die FDP jeden noch so kleinen Schritt beim klimagerechten Umbau von ­Gesellschaft und Wirtschaft zu einem Kulturkampf hochspielt."



    Dann müssen "Sie" der Industrie mal ne Redezeit im BT einräumen; bei den fossil betriebenen Karren ist das Ding eh mittelfristig durch (also schon vor 2035) und ansonsten hat auch der Kapitalismus erkannt, daß die Zukunft ned mit (fossilem) Öl und Gas weitergeschmiert wird.



    Und wenn "Sie" einmal dabei sind, die suggerierte Heilige Kuh, daß jeder Verbrenner-PKW durch ne E-Karre ersetzt wird, kammer gleich mitschlachten.

  • Lassen Sie doch die Zukunft entscheiden, was in die Zukunft gerichtet die richtigen Lösungen sein werden. Vielleicht ist es ja das Elektroauto für den Normalbürger, der dann fährt, wenn genügend Strom da ist, und das mit E-Fuel betriebene Auto für die wichtigen (Rettungsdienste, Polizei, Politiker, etc.), die auch fahren müssen wenn die Sonne nicht scheint und kein Wind weht.



    Die Diskussion scheint Ideologie getrieben. Elektro, Wind, Sonne sind gut, alles andere ist böse.



    Wenn wir Kernkraft abschalten und Kohle am Netz halten, kann offensichtlich nicht CO2-Ersparnis das Kriterium sein.

  • Grüne und SPD sollten sich nicht länger erpressen lassen. Die FDP würde Neuwahlen haushoch verlieren.

    • @Nina Janovich:

      Und Rot-Grün wäre absolut chancenlos eine Regierung zu stellen, die aktuellen Umfragen sehen die SPD bei 20% und die Grünen bei 17%, die Union hingegen bei 30%.

      dawum.de/Bundestag/

  • Grüne und SPD sollten sich nicht länger erpressen lassen. Die FDP würde Neuwahlen haushoch verlieren.

  • Ich stimme als Liberaler ausdrücklich nicht zu.



    Ja, mit der Brechstange wird das nix. Bei den Grünen ist das der Unterschied zwischen Fundis und Realos.

    Mit Realos kann man durchaus richtige Klimaschutzmaßnahmen machen.



    Mit Fundis nicht.

    In der Schweiz gibt es übrigens eine spannende Neugründung: die Grün-Liberalen (sic est!)

    • @GregTheCrack:

      Wir haben die letzten 150 Jahre Klimapolitik ohne "Brechstange" gemacht. Den "Erfolg" kann jeder regelmäßig besichtigen. Beispielsweise im Ahrtal.

    • @GregTheCrack:

      Die Grünliberalen gibt es schon länger, seit 2007. Die sind aus den Grünen in Züri entstanden.

      • @Sven Günther:

        Danke für die Korrektur. Bestätigt meinen Kommentar!

  • 1G
    14397 (Profil gelöscht)

    Die FDP weiß nicht mal mehr wofür sie stehen könnte (außer Lobbyinteressen) und agiert panisch ob der bevorstehenden Versenkung in die Bedeutungslosigkeit. Die Genscherwende geht nicht, also haben sie sich auf die Trump'sche Realitätsverdrehung und Faktenverweigerung verlegt.



    Vielleicht auf den eigenen Justizminister hören: „Es gehört mehr Größe dazu, eigene Fehler zu korrigieren, als immer alles richtig zu machen“, twitterte Buschmann vor einiger Zeit...

    Fehlt Das Programm



    Finanziert Durch Porsche



    Fortgeschritten Destruktive Provokation



    Fick Dich Parlament

    P.S. Fakten: www.3sat.de/wissen...offe-nano-100.html



    Minute 3:28 bis 8:34

  • Aber die Taz weiß schon, dass es ohne die FDP keine Ampel und damit auch keine grüne Regierungsbeteiligung gäbe?



    Also besser das nehmen, was machbar ist, als gar nichts von den Idealen umsetzen. Oder ?

    • @Dirk Osygus:

      Soweit ich mich erinnere hat doch die FDP einen Bruchteil der Wählerstimmen erhalten gegenüber denen der SPD und Grünen!

      Ich Versuche mir gerade vorzustellen, wie Herr Merz und Herr Lindner zusammen mit der AFD und den " Sonstigen" ( oder alternativ mit den Linken) die anstehenden Zeitenwenden hinbekommen würden ; )

  • Das erste E-Auto hatte eine Reichweite von 24 km. Warum sollte der Wirkungsgrad von E-fuels nicht auch besser werden? Davon ab: dreht man die Aussagen der FDP um, befürwortet die FDP trotz Krieg und Klimawandel den Einbau von Öl- und Gasheizungen. Verrückt!

    • @Ludowig:

      Pragmatismus ist angezeigt. 70 % der Haushalte heizen mit Erdgas und Heizöl. Wie soll der Umbau gelingen und in welcher Zeit ? Es ist wie mit dem Recht auf einen Kita Platz. Erst Gesetze machen und dann feststellen dass der Ausbau der Kindertagesstätten Jahre dauert und viel Geld kostet. Kapazitäten der Hersteller, Handwerker, Milliarden Subventionen - alles Fehlanzeige.

  • C.L. hätte mal besser auf sich selbst gehört, sinngemäß:



    Besser keine Regierungsbeteiligung als eine schlechte...



    Ihre "Opposition-in-der-Regierung-Strategie ist jedenfalls nur reine, destruktive Provokation!

  • Die Wähler der FDP wollen halt einfach keine rot-grüne Politik. Die FDP hätte nie in diese Koalition gehen dürfen. Herrn Lindner wird ja immer vorgeworfen er habe sich bei der Absage der vorherigen Koalition feige verhalten. Für die FDP wäre es besser gewesen auch dieses Mal Nein zu RG zu sagen. Alle Zeichnen stehen jetzt auf Neuwahlen noch in diesem Jahr.

  • Dieses Jahr kommen Natrium-Ionen Akkus auf den Markt. VW hat sein erstes E-Auto damit letzte Woche rausgebracht. Insofern schießt sich die FDP damit selbst ab, wenn man es etwas intelligent öffentlich kommuniziert.



    Allerdings Flugzeuge und Schiffe brauchen auch eine Antriebsenergie. Dafür müssen schleunigst Ideen auf den Tisch.

    • @Paule :

      Die FDP rennt für ein paar erhoffte Stimmen einem toten Pferd hinterher 😁.



      Diese "Taktik" scheint aber mehr Leute abzustoßen, als zu ködern.

  • Ich halte Klimaschutz nicht für Firlefanz, plege kein leidenschaftliches Verhältnis zu Verbrennerautos, und wünsche mir vom Wirtschaftsminister dennoch, doch bitte auch zu erklären, wo der ökologische Strom für Wärmepumpen und E-Autos herkommt, wie er das Problem der hochgiftigen Kühlmittel in Wärmepumpen in den Griff bekommen will, und wo all die Handwerker herkommen, die diese Umstellung bewältigen.



    Was ich sehe ist ein weiter Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium, wie man durch Fernabschaltung Wärmepumpen und Ladesäulen vom Netz nehmen kann, um den Energiebedarf auf Kosten der Verbraucher so steuern kann, dass die Industrie Vorrang hat.



    Egal wie die Motive der FDP sind, inhaltlich halte ich die Frage der Sicherstellung der Energie für sinnvoll, anstatt sich auf das Managen von Mangellagen zu fokusieren.



    Und vielleicht sollte man auch nicht ganz vergessen, dass auch das Wirtschaftsminsterium mithelfen sollte, Wohnraum endlich wieder in ausreichendem Umfang und finanzierbar zu Verfügung zu stellen, anstatt die Kosten immer weiter in die Höhe zu treiben. Und das gilt auch für existierenden Wohnraum, nicht nur für Neubauten, die sich ja leider einerseits kaum einer leisten kann, und andererseits bei der Herstellung ja unnötig Resourcen und Energie verbrauchen, um dann ggf. in vielen Jahren energetische Vorteile zu bringen. Wohnraum ist auch dringend nötig, wenn man weiterhin in der Lage sein will, um aus humanitären Gründen Flüchtlinge und Migranten menschenwürdig aufzunehmen.

  • Die F.D.P. ist so überflüssig wie ein kleiner spitzer Stein im Schuh, der ständig nervt. Warum haben sie die Koalition noch nicht verlassen, wo es doch manchmal besser ist, nicht zu regieren als falsch zu regieren? Oder sind die Märzens U-Boot in der Regierung??

  • Die FDP hat in dieser Koalition längst die Chance verpasst, sich breiter bzw. anders aufzustellen.



    So wie sie sich aktuell darstellt, erfüllt sie die erste Voraussetzung für eine Regierungspartei nicht. Die Fähigkeit nämlich, für die aktuell relevanten Probleme Lösungen anbieten zu können. Da die FDP ständig stärker in Richtung Absurdistan navigiert, ist zu erwarten, dass die Ampel vor Ablauf der Legislatur zerbricht.



    Was nicht schade wäre, die Sache mit der Zukunftskoalition hat sich eh längst erledigt.

  • So, dafür hab ich mir extra einen Account gemacht!

    Es wird sehr gerne von linker Seite behauptet, dass das schlechte Abschneiden der FDP in Landtagswahlen daran läge, dass sie sich den wundervollen Ideen der (vor allem) Grünen versperren würden.

    NEIN!!! Absolut niemand wählt die FDP dafür, dass sie auf grüne Forderungen eingeht.



    Die FDP ist abgestraft worden, weil sie ZUVIEL durchgehen hat lassen.



    Deshalb geht sie jetzt auf Konfrontation, was ihre Wähler auch erwarten.

    Die FDP macht alles richtig, wenn sie grüne Lieblingsprojekte torpediert.



    DAS wollen potentielle FDP-Wähler sehen.

    So, das musste ich mal loswerden.

    • @Kevin Merkel:

      Sehe ich auch so. Praktisch niemand wählt FDP, damit die Politik der Grünen umgesetzt wird.

    • @Kevin Merkel:

      "Die FDP ist abgestraft worden, weil sie ZUVIEL durchgehen hat lassen."

      Und das wäre jetzt genau was?

  • "Klimapolitisch handlungsunfähig" ?



    Ich würde eher sagen: Handlungsunfähig auf breiter Front.