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Junglandwirtin über die Bauernproteste„Das Fass war voll!“

Statt rechtsextremer Parolen seien konstruktive Lösungen gefragt, so Inka Baumgart von der Jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft.

Mit einem Traktor-Konvoi demonstrieren Bauern in Kassel gegen Subventionskürzungen
Tobias Bachmann
Interview von Tobias Bachmann

taz: Inka Baumgart, als Junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (Junge AbL) haben Sie vor einigen Tagen ein Video veröffentlicht, das viral ging. Darin sagen junge Landwirt*innen, welche Forderungen der bäuerlichen Proteste legitim sind und welche nicht. Wie kam es zu dem Video?

Bild: Anselm Mende
Im Interview: Inka Baumgart

22, hat eine Ausbildung zur Landwirtin gemacht. Dieses Jahr will sie den Bachelor in ökologischer Landwirtschaft abschließen und dann eine landwirtschaftliche Existenz aufbauen. Sie ist in der Jungen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft aktiv.

Inka Baumgart: In der letzten Woche wurde die öffent­liche Diskussion um die Streichung der Agrardiesel­subventionen sehr von rechtsextremer Hetze dominiert. Wir hatten das ­Gefühl, dass wir konstruktive Inhalte produzieren müssen, die Leute als Antwort auf rechts­extreme Posi­tio­nen in eine Chatgruppe stellen oder in den sozialen Medien teilen ­können. Außerdem war es uns ­wichtig, ­klarzumachen, dass auch ­progressive Land­wirt*innen die ­Beschlüsse kritisieren.

Welche Forderungen der Protestbewegung sind problematisch?

Alle rechtsextremen Um­sturz­fantasien und Gewalt­aufrufe sind abzulehnen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Auch Forderungen gegen Klimaschutz im Ganzen bringen uns nicht weiter. Wenn wir in der Landwirtschaft ­arbeiten, sind wir eigentlich eh schon Klimaschützer*innen, oder wir werden es, weil Klimaschutz, also der Erhalt unserer Lebensgrundlagen, so existen­ziell notwendig ist, dass wir daran nicht vorbeikommen werden.

Machen Ihnen die rechten Eskalationen Angst?

Wenn wir sehen, wie die extreme Rechte versucht, uns zu vereinnahmen, bereitet uns das massiv Ängste und Sorgen. Ich bin aber sehr froh und positiv überrascht, dass auch der Deutsche Bauernverband und die einzelnen Landesverbände immer wieder versuchen, sich ganz klar davon abzugrenzen. Das macht mir auch ein Stück weit Mut, dass mein Berufsstand zu den Rechtsextremen sagt: „Ey, hört auf, das sind unsere Probleme, nicht eure. Mit eurem Murks da haben wir nichts zu tun!“

Insgesamt versuche ich mich aber darauf zu konzentrieren, in den konstruktiven Dialog zu gehen, damit wir am Ende aus diesen Wochen rausgehen können und etwas gewonnen haben – nämlich einen gesellschaftlichen Diskurs über die Landwirtschaft, wie wir sie haben wollen und was dazu notwendig ist.

Was ist an den Forderungen oder auch dem allgemeinen Unmut berechtigt?

Die ganze Wut, die wir gerade sehen, ist jahrelange Enttäuschung, die jetzt umgeschlagen ist. Die Streichung der Agrarsubventionen war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Weshalb sind die Land­wir­t*in­nen enttäuscht?

Die Situation in der Landwirtschaft ist immer prekär. Die finanzielle Situation ist quasi immer schwierig. Und dazu kommt die Arbeitsbelastung. Ich habe in der Ausbildung über 60 Stunden die Woche gearbeitet. Das ist ganz normal in der Landwirtschaft. Das gilt für die Angestellten genauso wie für die Betriebsleiter*innen. Deshalb fühlt sich so eine Kürzung scheiße an, auch wenn sie vielleicht vom Umfang nicht so groß erscheint.

Sie sagen es. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen haben errechnet, dass die Kürzungen im Schnitt nur etwa 1.700 Euro pro Jahr pro Betrieb betragen.

Wir müssen die Probleme, die historisch gewachsen sind, angucken und können uns nicht damit begnügen zu sagen: „Das kann ja gar nicht so schlimm sein, wenn das nur 1.700 Euro pro Jahr und Betrieb sind.“ Das geht an unserer Realität vorbei und es bringt die gesellschaftliche Diskussion nicht weiter. Im Gegenteil treiben solche Aus­sagen die Spaltung zwischen Umwelt- und Klimaschutz und der Landwirtschaft voran. Und genau das müssen wir vermeiden.

Aber halten Sie die Streichung der Agrardieselsubventionen aus ökologischer Sicht nicht für sinnvoll?

Ich bezweifle, dass die Streichung dieser Beihilfen dazu führt, dass Emissionen in der Landwirtschaft eingespart werden. Uns fehlen im Moment die Alternativen. Wie sollen wir ohne Trecker unsere Felder bewirtschaften? Wieder mit Hacke und Spaten? Die Streichung der Beihilfen wird nur dazu führen, dass die Regierung weniger Geld ausgibt. Es gibt viel größere Töpfe wie Dienstwagenprivilegien oder Kerosinsteuern, bei denen wir klimaschädliche Subventionen streichen können. Wenn wir unsere Landwirtschaft zukunftsfähig und klimafreundlicher machen wollen, müssen wir in ihren Umbau investieren.

Was fordern Sie von der Bundesregierung?

In der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission haben sich Umwelt- und Bauernverbände auf Beschlüsse und Empfehlungen geeinigt. Die Vorschläge liegen seit Jahren auf dem Tisch. Sie müssen umgesetzt und finanziert werden. Wenn dafür gerade vermeintlich kein Geld da ist, können mindestens die Vorschläge aus dem 6-Punkte-Plan der AbL umgesetzt werden, die kosten nichts. Ein anderer wichtiger Punkt ist, die Verhandlungsposition von Land­wir­t*in­nen gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel zu stärken, sodass die Pro­du­zen­t*in­nen faire Preise für ihre Produkte kriegen.

Was steht der Umsetzung Ihrer Forderungen im Weg?

Seit Jahren und aktuell ganz besonders ist die Politik nicht bereit, in den Umbau der Landwirtschaft zu investieren. Aber wie jede Landwirtin und jeder Unternehmer weiß, brauchen wir Investitionen, um unsere Arbeit gut zu machen. Wir müssen also über die Schuldenbremse oder eine einmalige Vermögensabgabe reden.

Die Ökobauern protestieren ja seit Jahren mit der „Wir haben es satt“-Demo – warum, glauben Sie, ist es nicht gelungen, damit ähnliche Wucht auf die Straßen zu bringen?

Bei der „Wir haben es satt“-Demonstration demonstrieren nicht nur Bio-Bauern. Das ist ein großes Missverständnis, das wir jedes Jahr zu begradigen versuchen. Auch dort treten wir für eine bäuerliche Landwirtschaft ein. „Bäuerlich“ ist für uns ein Wertbegriff, der regional unterschiedlich auslegbar ist. Vor allem geht es dabei um den Umgang miteinander und mit dem Land, was einem anvertraut ist. Und zu Ihrer Frage: Manchmal braucht es für eine große Mobilisierung einen Kipppunkt. Den haben wir jetzt gerade erreicht, das wird sich auch bei der diesjährigen „Wir haben es satt“-Demo zeigen.

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42 Kommentare

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  • Danke für das Interview! Diese Perspektive habe ich zuletzt zu wenig vernommen.

  • "Bei der „Wir haben es satt“-Demonstration demonstrieren nicht nur Bio-Bauern. "

    Das fand ich auch interessant, wo ach die Klimabewegung bereits überall Bündnisse mit Organisationen der Landwirtschaft eingegangen ist und zusammen arbeitet, auch mit Organisationen, die eher der konventionellen Landwirtschaft zuzuordnen sind.

    Es wird meines Erachtens Zeit, sich vom Feindbild Landwirtschaft zu verabschieden.

    MIT den Landwirten kann meines Erachtens eine Menge erreicht werden in Punkto Ernährung, Natur-, Umwelt- und Klimaschutz.

  • Supermarktketten und Discounter bilden praktsich ein Einkaufskartell das die Bauern abzockt, das kann Politik ändern. Wahr ist aber auch, dass Landwirte sehr viel Geld von der EU bekommen, was großen Betrieben am meisten nützt. Eine solidarische Umverteilung an kleinere Betriebe kommt für den Bauernverband aber nicht in Frage.



    Die Aldi-Stiftung, die viel Land in Deutschland aufkaufte, erhält so jährlich Millionen Euro an EU-Subventionen. Auch hier könnte die Politik eingreifen, um das Spekulationsgeschäft mit Land zu beenden.



    In Ostdeutschland, wo es historisch bedingt sehr viele Großbetriebe gibt, erhalten die Betriebe EU-Subventionen in sehr großer Höhe. Hier müsste zugunsten der kleineren Höfe umverteilt werden, die schon immer als erste über die Klinge sprangen. Den Bauernverband hat es das nie interessiert.

    • @Lindenberg:

      " Eine solidarische Umverteilung an kleinere Betriebe kommt für den Bauernverband aber nicht in Frage."

      ---------

      Das ist auch nicht die Aufgabe des Bauernverbandes, das ist die Aufgabe der EU. Je kleiner der landwirtschaftliche Betrieb, desto mehr Unterstützung. Je Größer, desto weniger. Dann hätte auch die unsägliche Gießkannen-Subventionspolitik ein Ende.

      • @SeppW:

        Der DBV ist bisher nicht durch die Forderung aufgefallen, Subventionen von den Großen zu den Kleinen umzuschichten.

        Stets wird der Status Quo beklagt - und gleichzeitig jede Änderung vehement abgelehnt. Und so geht das Höfesterben fröhlich weiter.

        Statt eine Stärkung der Marktposition durch höhere Standards für Lebensmittel- und Futterimporte(!) zu fordern, werden, soll möglichst billig für den Weltmarkt produziert werden.



        Der kann dann eben auch hierzulande billig anbieten - es interessiert ja leider nicht, wie die Sau in China gehalten wurde oder ob's an belarussischen Weizenfeldern Blühstreifen gibt.

    • @Lindenberg:

      Rukwied hat 300 ha, und das ist zumindest für einen nicht genossenschaftlichen Betrieb recht groß...

      ...und es ist ja nach Marx „nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“

      Die Masse der Betriebe in Deutschland liegt, wenn auch abnehmend, bei unter 100 ha bewirtschafteter Fläche. Aber grade die sollten nach der Vorstellung der meisten Menschen ja erhalten und wieder gestärkt werden.







      Eine Kappungsgrenze bei den Direktbeihilfen bzw. eine lineare Abschmelzung auf Null für jeden weiteren ha analog zu einer definierten Betriebsgröße wäre daher schon sinnvoll.



      Der Umverteilungsanteil zugunsten kleinerer Betriebe könnte erhöht werden. Bis zu einem gewissen Grade...

      ...das verflixte sind nur die Nebenwirkungen:



      man muss aufpassen, dass man dann keine "Museumslandwirtschaft" erhält, die dann faktisch noch strukturkonservativer und unbeweglicher ist als die heutige.

      Das mit dem Einkaufskartell Discounter hat für die VerbraucherInnen nebenbei den Vorteil, dass Deutschland international die niedrigsten Lebensmittelpreise hat.

      Im Prinzip wird mit Aldi und Co. in D Sozialpolitik gemacht. Höhere Lebensmittelpreise bedingen höheres Lohniveau in der Arbeitnehmerschaft und somit schlechtere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Oder der Warenkorb wird teurer mit Einfluss auf die künftige Höhe des Mindestlohnes und die Höhe und die Kosten Kosten für das Bürgergeld.

      Das muss man alles mit bedenken.



      Im Prinzip ist es in der Landwirtschaft ähnlich wie im ebenfalls halb staatlichen/halb privatwirtschaftlichen Gesundheitssektor. Alles häng mit allem zusammen.



      Oder wie meine Oma gerne sagte: "Drehste dich hier- stößte dich da".

      Bedeutet aber auch nicht, dass man nun gar nichts tun sollte.

      Ich finde daher die von Frau Baumgart vorgeschlagenen 6 Punkte der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) einen sinnvollen kurzfristigen Ansatz mit wenig Kosten und überschaubaren Nebenwirkungen.

  • Die konventionelle, industriell aufgezogene Landwirtschaft zerstört sich selbst indem sie ihre Böden zerstört. Da helfen weder deutsche noch europäische Gelder. Der Boden wird kommende Generationen nicht mehr ernähren, weil er versalzt sein wird durch die Unmengen an Düngemittel, die dem ausgelaugten Boden zugesetzt werden. Es wird eine Wüste sein, ohne jedes Leben, weil die Pestizide alles vernichtet haben. Alles Kassandrarufe? Oh nein. Wer sich informieren will braucht sich nur die Bodensituation in den USA und Australien anschauen. Die demonstrierenden Bauern gehen für ihren Untergang auf die Straße, weil sie weitermachen wollen wie bisher. Und - es wird auch unser Untergang sein. "Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr"(Dr. Felix Prinz zu Löwenstein).

    • @shitstormcowboy:

      Wir könne natürlich die konventionelle Landwirtschaft abschaffen und nur noch nach Bio-Normen anbauen. Das nützt der Umwelt. Dann rufen Sie allerdings die Klimaschützer auf den Plan, weil die Streichung von Pestiziden aller Art mit einem erhöhtem mechanischem Aufwand des Landwirtes ausgeglichen werden muss. Sprich der Verbrauch von Treibstoffen wird steigen und ist auch jetzt schon, je nach Größe und Anbaumethode, in der biologischen Landwirtschaft bis zu viermal höher als im konventionellen Anbau.

      Entscheiden Sie sich also jetzt: Klima oder Umwelt ? Welches Schweinderl hätten´s denn gern `?

      • @SeppW:

        Und zur Bödensituation hast du nichts mehr zu sagen? Lieber auslaugen lassen? Lieber in 40-50 Jahren sagen: "Tja! Dann ist es halt so!"? Und dann werden Umwelt oder Klima gegeneinander aufgespielt?

        • @Troll Eulenspiegel:

          Ist alles schön und gut, allerdings wird eine rein ökologische Landwirtschaft die Menschheit nicht ernähren können, weil sie je nachdem was angebaut wird bis zu 50% weniger Erträge bei gleich großen Anbauflächen abliefert. Was bedeutet das man viel mehr Flächen landwirtschaftlich nutzen müsste. Auch Flächen, die bisher noch nie dafür genutzt wurden. Was wiederum massive Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt hätte.

          Oder wir machen es uns ganz einfach und werden deutlich mehr landwirtschaftliche Güter importieren müssen. Dann liegt der Schwarze Peter halt im Ausland. Dann werden dort mehr Anbauflächen konventionell bewirtschaftet werden müssen. Irgendwer muss es ja machen, nicht wahr ?

          • @SeppW:

            "... weil sie je nachdem was angebaut wird bis zu 50% weniger Erträge bei gleich großen Anbauflächen abliefert"



            Abgesehen von dieser sehr pauschalen Ausaage liefern Sie damit einen wesentlichen Punkt. Es wäre angebracht, den Anbau von Futtermitteln und die Tierbestände massiv zu verringern. Am besten wäre es, wenn sich die Menschen grundlegend gegenüber den Tieren respektvoll verhalten würden und vegan lebten.

            • @Uranus:

              Da ich die Überzeugung vertrete das ohnehin zu viel Fleisch verzehrt wird und viel zu billig ist : Ja, eine deutlich verringerte Tierhaltung wäre sinnig und würde neue Flächen erschließen. Allerdings ist Fleisch in einer Wohlstandsgesellschaft ein Statussymbol. Weltweit. Schauen Sie mal nach China. Man kann den Fleischkonsum verringern, ihn massiv unterbinden oder ganz ausschalten wird man ihn aber nicht können. Man kann den Preis allerdings so hoch schrauben das Fleisch erst ab Mittelschicht aufwärts erschwinglich wird. Die restliche Bevölkerung hat halt Pech gehabt und darf sich vegan ernähren. Muss man halt nur werbetechnisch gut verkaufen.

              Ob damit allerdings bei biologischer Produktion eine ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln sichergestellt werden kann ist eine andere Sache.

              • @SeppW:

                Aktuell wird ein großer Teil von landwirtschaftlichen Flächen, auch Ackerflächen, für den Anbau von Futtermitteln genutzt. Vegane Ernährung bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem die Direktverwertung von Nährstoffen, die pflanzliche Nahrungsmittel bereitstellen, statt der Verschwendung durch die Verfütterung an "Nutztiere" (sogenannte Verdedelung). Für vegane Nahrungsmittel braucht es wesentlich weniger Anbaufläche.

      • @SeppW:

        "Entscheiden Sie sich also jetzt: Klima oder Umwelt?"

        Beides! Klima und Umwelt und hinzu kommt noch die Biodiversität. In allen drei Bereichen macht die konventionelle Landwirtschaft kein gutes Bild. Durch den Nahrungsmittelanbau erzeugt diese Landwirtschaftform gewichtige Probleme.

        Der Fehler in Ihrer Betrachtung ist der, dass sie nur auf die CO2-Emissionen des Traktors blicken.

        Größter Verbrauchsbereich im konventionellen Landbau sind die chemisch-synthetischen Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmittel, deren Synthese sehr energieaufwändig ist. Über 1% der weltweit genutzten Primärenergie gehen allein in die Synthese von Ammoniak, dem Ausgangsstoff für die Synthese von Stickstoffdünger. Weil damit auch die Futtermittel, z. B. Futtergetreide, energieaufwändig erzeugt werden, verbraucht auch die konventionelle Tierproduktion mehr Energie. Da Futtermittel in großen Mengen aus dem Ausland importiert werden, verschlechtert sich die Energie- und Treibhausgas-Bilanz konventioneller Landwirtschaft zusätzlich.

        Im allgemeinen weisen Bio-Betriebe um 2/3 geringere Stickstoffüberschüsse auf. Damit ist der Treibhauseffekt wie beim CO2 auch beim N2O deutlich gemindert. Gerade beim sehr stark treibhauswirksamen N2O, welches zu über 80% durch die Landwirtschaft freigesetzt wird, ist der Vorteil des Bio-Landbaus offensichtlich. Im weltweiten Vergleich der N2O-Emissionsmenge liegt die Landwirtschaft Deutschlands bereits an vierter Stelle nach den großen Flächenstaaten USA und Russland sowie Frankreich.

        Hinzu kommt, dass die Böden aus der ökologischen Landwirtschaft im Mittel deutlich mehr CO2 speichern.

        • @Manzdi:

          Eindeutig aus dem Bioblickwinkel heraus kenntnisreiches und gehobenes Argumentationsniveau! :-)

  • 114,00 Euro !



    114 Euro bezahlt jeder Bürger in der EU im Schnitt Ausgleichzahlungen pro Jahr an die Landwirtschaft, das sind am Tag 31 Cent, 31 Cent für Lebensmittel die noch nie so hochwertig und billig waren wie heute. Nur erhalten Deutsche Landwirte im Internationalen Vergleich mit die wenigsten Ausgleichszahlungen !!



    In Deutschland erhalten die Bauern vergleichsweise wenig Steuergeld



    Prozentualer Anteil der staatlichen Unterstützung an den Einnahmen der Landwirtschaftsbetriebe in der EU und ausgewählten OECD-Ländern



    Subventionen



    Marktpreisstützung



    0



    20



    40



    60



    Norwegen



    Schweiz



    Japan



    Lettland



    Griechenland



    Estland



    Litauen



    Bulgarien



    Slowakei



    Rumänien



    Tschechien



    Finnland



    Slowenien



    Portugal



    Kroatien



    Österreich



    Ungarn



    Polen



    Irland



    Frankreich



    EU-Schnitt



    Grossbritannien



    Spanien



    Schweden



    Italien



    Zypern



    Deutschland



    Luxemburg



    Malta



    Belgien



    Dänemark



    Niederlande



    USA



    Brasilien



    Land



    Stand: 2017



    Quellen: Mitchell/Baker, OECD, eigene Berechnungen



    www.nzz.ch/wirtsch...atistik-ld.1773367

    • @Günter Witte:

      "In Deutschland erhalten die Bauern vergleichsweise wenig Steuergeld."

      Richtig, und die deutschen Bauern gehen im Schulterschluss mit ihrem Bauernverband auf die Straße, damit sich daran auch nicht so viel ändert.

      Da verweise ich auf den Beitrag vom Foristen Lindenberg von 14:18 Uhr (12.01.24)

      • @Manzdi:

        Wenn man auf die größten Subventionsempfänger schimpft, sollte man sich mal die Liste der Top Empfänger anschauen : www.proplanta.de/a...cle1684854435.html



        Und eine NGO wie der NABU mit über 5 Millionen € gesamt Summe steht da nur nicht drauf weil er seine Ortsverbände einzeln abkassieren lässt. Aber halt weit und breit kein Landwirt !!

        • @Günter Witte:

          Ich weiß nicht, was Sie wollen.

          Ihrer verlinkten Quelle entnehmen Sie:



          "Die Hauptprofiteure waren auch in 2022 wieder nicht einzelne Bäuerinnen und Bauern, sondern die Öffentliche Hand, ehemalige Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und auch Agrarholdings."

          Dann schauen Sie mal beim Landkreis Rheda-Wiedenbrück. Da ersehen Sie aus der Liste den gigantischen Fleischkonzern Tönnies mit über 1 Mio Euro Subventionen.

          Und ja, die Veränderungen des Klimas erfordern überall kostspielige Deicherhöhungen, damit die landwirtschaftlichen Flächen nicht absaufen. Das wird dann aus der 2. Säule gezahlt. Das sind hohe Beiträge.

          Schauen Sie aber mal in die Liste, die großen Landwirte, insbesondere die Agrarkonzerne erhalten die meisten Subventionen.

          Und genau das ist ja der Kritikpunkt!

  • Zitat:......"Wis­sen­schaft­le­r*in­nen haben errechnet, dass die Kürzungen im Schnitt nur etwa 1.700 Euro pro Jahr pro Betrieb betragen."

    Zunächst einmal sind das amtliche Zahlen und keine Forschungsergebnisse.



    Die Verwendung von Durchschnittszahlen ohne Einordnung wurden bereits in den Kommentaren anderer Artikel kritisiert.



    Verwendbar sind Durchschnitte gut um Entwicklungen im Zeitverlauf zu betrachten. Für konkrete wirtschaftliche Analysen ist der Agrarbereich jedoch zu heterogen um Durchschnitte zu verwenden.



    Es wird der Winzer im Nebenerwerb an der Mosel mit 1ha Fläche am Steilhang (=Handarbeit) mit dem Ackerbauern mit 150ha in einen Topf geworfen. Während Ersterer wohl gar keinen Anspruch auf Dieselsubventionen hat, erhält Letzterer mehrere Tausend Euro an Rückerstattungen, die 1:1 sein Bruttoeinkommen reduzieren.



    Man kann noch nicht einmal die Winzer aus der Mosel mit denen der Pfalz in einen Topf werden, da Betriebsgrößen, Mechanisierungsgrad, Kostenstrukturen und Vertriebswege erheblich unterscheiden.

    Forderungen nach Lohnerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich für verschiedene Berufsgruppen werden bei der taz als gerechtfertigt angesehen. Vom Landwirt dem es wirtschaftlich sicherlich nicht besser geht als einen Lokführer, wird hingegen erwartet, dass er Einkommenseinbußen hinzunehmen hat, weil es in das politische Narrativ (Abbau klimaschädlicher Subventionen) passt.

  • Ich bin jetzt auch etwas ratlos: Was für eine Alternative zum Diesel haben denn die Betriebe? Wenn es keine gäbe wäre es ziemlich zynisch.

    • @da Customer:

      Meistens führen künstlich niedrig gehaltene Energiepreise dazu, dass nicht die energieeffizientesten Geräte und Arbeitsmethoden eingesetzt werden und dass der Faktor Energie bei der Bepreisung der Endprodukte eine zu geringe Rolle spielt. Ich bin kein Experte für Landwirtschaft, aber es ist gut möglich, dass es unterschiedlich energieeffiziente Geräte gibt, dass zum Teil unnötig große Geräte eingesetzt werden, dass auch hier Arbeitsabläufe bezüglich des Energiebedarfs optimiert werden können, dass unterschiedliche Produkte einen unterschiedlich hohen Bedarf an Kraftstoff in der Produktion erfordern und so bei einem höheren Kraftstoffpreis die Produktion anderer Produkte wirtschaftlicher ist als jetzt. Vielleicht mag die taz dazu ja mal Informationen recherchieren.

      • @Ruediger:

        Es gibt kein Produkt, dass vom Staat derart künstlich VERTEUERT wird wie Treibstoff. Der reine Marktpreise für einen Liter Diesel liegt derzeit bei 70 Cent, der für Benzin bei ca. 60 Cent.

      • @Ruediger:

        Die gibt es tatsächlich: Nach der Ernte Glyphosat spritzen und anschließend grubbern. Dies spart erheblich Diesel im Vergleich zum Pflug.

        • @Schildbürger:

          Mit dieser Alternative erzeugen Sie aber das nächste Problem: Den Verlust an Biodiversität.

    • 4G
      48798 (Profil gelöscht)
      @da Customer:

      Gegenfrage: Welche Alternative hätte den ein Arbeitnehmer aus einer Gegend ohne ÖPNV mit einem deshalb notwendigen Diesel-PKW.



      Sagen wir mal: ein systemrelevanter Intensivpfleger, der sich keinen Tesla leisten kann.



      Anwort: keine.

      Trotzdem müssen wir weg von den fossilen Brennstoffen und können Dieselkraftstoff nicht länger subventionieren.

      Da gibt es dann vielleicht an anderer Stelle Entlastung.



      Genauso wie bei den Landwirten: 20 Milliarden Euro!

      • @48798 (Profil gelöscht):

        WELCHE 20 Milliarden ??



        Bitte hinterlegen Sie ihre (falschen) Zahlen mit Fakten !!

      • @48798 (Profil gelöscht):

        Dann ist der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in der Mobilität halt einfach nicht drin. Wenn es nicht geht, dann geht es halt nicht.

        Genau deshalb ist die Ampel unbeliebt, weil sie Sachen machen will, die so nicht gehen aus Ideologischen Gründen...

    • @da Customer:

      E-Traktor der 4x so viel wie ein Diesel-Traktor mit vergleichbarer Leistung kostet und maximal 8 Stunden am Stück Saft hat, bevor er wieder an die Ladesäule muss...oder das gute alte Ochsengespann. Da hat der Landwirt gnädigerweise die Wahl.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Die Landwirte haben ja selbst den ganz großen Topf aufgemacht, um ihre Ablehnung einer Subventionskürzung zu untermauern.

    Deshalb sollte bei einer überfälligen Gesamtschau endlich berücksichtigt werden, das die heutige Landwirtschaft in Deutschland mit der andauernden Gewässer- und Grundwasserverschmutzung, ihrem hohen Anteil am CO2 Ausstoß und der meist unwiederbringlichen Ausrottung ganzer Ökosysteme mittlerweile eine ernste Bedrohung für unser Überleben darstellt.

    Es gibt viel zu wenig umweltschonende, nachhaltige Landwirtschaft in Deutschland.

    Daher sollten die Subventionen hier vom Gießkannenprinzip auf die gezielte Förderung einer nachhaltigen, ökologischen und klimafreundlichen Produktion umgestellt werden.

    Diejenigen, die hier Solidarität der Gesellschaft einfordern, müssen sich auch selbst diesem Maßstab unterwerfen.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Bei den Protesten wird eine nachhaltigere Bewirtschaftung von den Landwirten ja nicht abgelehnt. Man möchte auch nicht grundsätzlich von Subventionen abhängig sein.

      Damit die Transformation gelingen kann, bedarf es allerdings zunächst eines verlässlichen Gesamtkonzepts und einen Pfad, damit die Landwirte Planungssicherheit haben und investieren können.



      Im gegenwärtigen System werden die Regeln ja ständig geändert, was zu hoher Unsicherheit führt.

      Beispielsweise dürften selbst Ökowinzer ihre Pflanzenschutzmittel wie Backpulver gegen Mehltau in bestimmten Schutzzonen nicht mehr ausbringen, sollte eine EU-Verordnung wie geplant in Kraft treten. Die Weinberge könnten dann nicht mehr bewirtschaftet werden. Dort schießt die EU wieder über das Ziel hinaus.



      Wie soll in solch einem Umfeld das mit Unsicherheit behaftet ist, denn eine Transformation gelingen?

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Die Gesellschaft unterstützt aber doch die Forderungen der Bauern? Etwa 70% der Gesellschaft unterstützen die Proteste. Die Politik läuft eher einen gegenteiligen Weg und deshalb gehen die Bauern auf die Straße.



      Und eben weil die Politik nicht die Befindlichkeiten der Gesellschaft vorne ran stellt ist die Ampel auch so unbeliebt und verhasst...

  • Man bekommt mehr und mehr den Eindruck, dass die Forderungen egal aus welcher Ecke dahin gehen, doch bitte an anderer Stelle zu spare. Nur nicht bei mir.

    Wenn dann alle Dienstwagenbesitzer die Landstraßen blockieren, was dann?

    Und noch ein Punkt, der immer wieder genannt wird, die hohe Wochenarbeitszeit. Als ob andere Menschen nicht auch viel und schwer arbeiten. Auch andere Berufe sind hart und enorm wichtig für die Gesellschaft. Dieses „mein Job ist der härteste“ und „ohne uns stirbt das Land“ Gerede bringt nur die Menschen gegeneinander auf.

    Seit Jahrzehnten wählen die Menschen die gleichen Politiker (vorrangig CDU/CSU) und beklagen sich, dass sich nichts ändert.

    Wenn dann mal jemand was ändern will passt es wieder nicht. So kommen wir nicht weiter.

    Ich will auch weniger Abgaben zahlen müssen, ich will auch hektarweise Land besitzen und ein großes Haus. Meine Arbeit ist auch hart und anstrengend.

    Solange das System, das dafür verantwortlich ist (Kapitalismus) nicht geändert wird, bessert sich nichts. Aber leider wird ja jetzt erstmal wieder rechts gewählt, das hat ja schonmal super geklappt in Deutschland…

    • @Gnutellabrot Merz:

      Na ja, wenn viele Bauern überleben, weil die ganze Familie 7 Tage die Woche wesentlich mehr als 8 Stunden täglich ackert, wobei nicht jeder jedes Jahr überhaupt Urlaub macht - da besteht schon ein Unterschied zu den Forderungen von weniger als 40 Stunden/Woche und mehr Urlaub.



      Ein bedeutender Punkt: Viele Bauern stehen voll hinter ihrer Arbeit und wollen lediglich vernünftig davon leben können.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Einsparungen beim Dienstwagenprivileg hat die FDP - wie man vermuten konnte - kategorisch abgelehnt.

      • @Kaboom:

        Ich bin selbst "Betroffener". Also fahre einen Dienstwagen, den ich auch privat nutze. Nicht aufgrund meines Jobs (Bin also kein Außendienstler), sondern aufgrund meiner Position. Ich nutze es ca. 90% privat.



        Das Auto das ich fahre, würde ich mir privat nie im Leben anschaffen, da zu teuer. Falls es abgeschafft würde, hätten einige deutsche Automobilhersteller echte Probleme. Ich weiß nicht, wie hoch genau der Anteil "Dienstwagen im Luxussegment" ist.



        Ich würde mir in diesem Fall wahrscheinlich einen koreanischen Wagen kaufen

    • @Gnutellabrot Merz:

      "Und noch ein Punkt, der immer wieder genannt wird, die hohe Wochenarbeitszeit. Als ob andere Menschen nicht auch viel und schwer arbeiten. Auch andere Berufe sind hart und enorm wichtig für die Gesellschaft. Dieses „mein Job ist der härteste“ und „ohne uns stirbt das Land“ Gerede bringt nur die Menschen gegeneinander auf."

      -------------

      Ich beobachte das Gegenteil. Den Bauern schließen sich auch andere Berufsfelder an, u.a. Speditionen, Handwerker etc. Und die Menschen, die von den Protesten betroffen sind reagieren überwiegend mit Gelassenheit und damit stillschweigender Solidarität. Der Protest bringt die Menschen zusammen, er spaltet sie im Gegensatz zu den Protesten von FFF und der LG nicht.

  • Die Dame war sagt sehr wenig Konkretes. Als Grund für Wut und Enttäuschung führt sie an, dass Arbeitgeber in dieser Branche sich offensichtlich nicht an Vorgaben des Arbeitsrechts gebunden fühlen. Das hat aber nichtd mit Agrardiesel und Subventionen zu tun. Und der einzige Lösungsansatz ist, noch mehr Geld vom Staat zu fordern.

    • @Ruediger:

      Ihr Kommentar ist gleichbedeutend damit, dass es nur noch Landwirtschaft industriellen Maßstabs geben soll. Bäuerliche Betriebe, wie sie diese Frau vertritt, sind oft Familienbetriebe, wo es Selbständige und nicht nur Arbeitnehmer*innen sind, die 80 Wochenstunden arbeiten. Sie müssen aber mit den profitableren Agrarindustrieunternehmen konkurrieren und werden durch den Großhandel unter Druck gesetzt. Überleben können sie nur durch so viel Arbeit.



      Da aber bäuerliche Betriebe weit mehr Interesse an Ökologie und guten Lebensmitteln haben, müssen m.M.n. diese Betriebe erhalten bleiben.



      Darüber hinaus gelten übrigens für die Landwirtschaft besondere Vorschriften, die andere Arbeitszeiten ermöglichen.

      • @stadtplanschen:

        Wie in vielen anderen Bereichen auch, setzt sich ein die Industrie durch. Oder kaufen Sie Ihre Möbel noch beim Tischler von nebenan, oder doch eher im großen Möbelhaus?



        Die 80 Wochenarbeitsstunden sind aber nicht die Regel über das gesamte Jahr betrachtet, die fallen vornehmlich in der Erntezeit in den Sommermonaten und tlw noch im Herbst an.



        Natürlich gibt es Ausnahmeregelungen in Sachen Arbeitszeit, aber diese gibt es auch in anderen Branchen.

      • @stadtplanschen:

        Die Agrarindustrieunternehmen sind u.a deshalb profitabler, weil sie über die 1. Säule der GAP mehr Geld erhalten, denn sie haben mehr Fläche.

        Die bäuerliche Landwirtschaft zu fördern, ist sehr sinnvoll, da hier regionale Wertschöpfung und auch Wertschätzung durch die Familienbetriebe vorliegen.

        Die Hauptzielrichtung des Bauernverbands ist allerdings die Förderung der großen Agrarbetriebe und Agrokonzerne.



        Das haben viele der kleineren Landwirtschaftbetriebe nur noch nicht bemerkt oder sie wollen es nicht wahrhaben.