Jahrestreffen der OSZE: Ein kleiner Schritt hin zum Staat Palästina
In ihrer Abschlussdeklaration fordert die OSZE ihre Mitgliedsstaaten auf, Palästina als Staat anzuerkennen. Nicht alle waren dafür.

Damit eine Resolution Eingang in die Abschlussdeklaration findet, müssten ihr nicht alle Mitglieder der parlamentarischen Versammlung der OSZE zustimmen. Die drei stehenden Komitees der Versammlung – zu Sicherheit, Wirtschaft und Umwelt, wie Menschenrechten – diskutieren eine vorgeschlagene Resolution. Wird sie angenommen, geht sie im Normalfall in die Abschlussdeklaration ein.
Ulrich Thoden, verteidigungspolitischer Sprecher der Linken, hat als ordentliches Mitglied an der OSZE-Tagung teilgenommen. Nach Thodens Angaben habe er als Einziger der deutschen Versammlungsmitglieder im Komitee für „Politische Affären und Sicherheit“ für die Palästina-Resolution gestimmt. Ingesamt, so Thoden, hätten sich 28 Mitglieder für und 23 Mitglieder gegen die Resolution ausgesprochen. Damit wurde sie angenommen und Teil der Abschlussdeklaration.
Die Linke unterstützte die diplomatische Anerkennung Palästinas „als Teil der Zwei-Staaten-Lösung für einen gerechten Frieden im Nahen Osten“, sagt Thoden. Der Beschluss der OSZE sei mehr als symbolisch: „Damit wird durch eine weitere multilaterale Organisation auf internationaler Ebene zusätzlicher Druck auf Israel erzeugt, die Völkerrechtsverbrechen des israelischen Militärs in den palästinensischen Gebieten zu stoppen, da die palästinensische Bevölkerung eine eigenständige Nation repräsentiert, die vom Grund und Boden ihres Staates nicht vertrieben werden darf“.
Vor allem symbolische Wirkung
Tatsächlich bleibt die Unterstützung der Anerkennung eines palästinensischen Staates durch die OSZE wohl vor allem symbolisch. Im Allgemeinen wird der OSZE oft der Vorwurf gemacht, sie sei ein „zahnloser Tiger“, der sich zwar mit Sicherheitsfragen befasse, aber über kaum Instrumente verfüge, sie umzusetzen.
Die Palästinensische Autonomiebehörde – die de-facto Vertretung des palästinensischen Volkes – steht schon heute in Kontakt mit parlamentarischen Abgesandten der OSZE. So hatte etwa im März eine Delegation das besetzte palästinensische Westjordanland besucht. Eine permanente Mission der Palästinenser bei der OSZE – wie sie etwa Israel hat – gibt es bislang nicht. Israel ist kein OSZE-Mitgliedstaat, steht aber in besonderer Beziehung zu der Organisation: Es ist eines von sechs Mittelmeer-Anrainerstaaten, welche die OSZE als „Partnerstaaten“ betrachtet.
Die OSZE-Resolution ist ein weiterer symbolischer Schritt für die Palästinenserinnen und Palästinenser hin zur Anerkennung eines palästinensischen Staates. Derzeit erkennen 147 von 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen Palästina als Staat an; jüngst gesellten sich etwa Spanien, Slowenien, Irland und Armenien hinzu. Zuletzt erwog etwa Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Anerkennung. Andere wichtige westliche Staaten – etwa Deutschland – zögern oder lehnen eine Anerkennung völlig ab.
Derweil schreitet die illegale Besiedlung des Westjordanlandes durch religiös-nationalistische Siedler unter dem Schutz der Armee ständig weiter voran. Auch gewalttätige Angriffe gegen Palästinenser häufen sich.
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