Hype um Mini-Atomkraftwerke: Die Nuklearlobby freut sich

„Small Modular Reactors“ sind noch lange nicht marktreif und kommen für die Klimakrise zu spät. Doch sie sind eine perfekte Projektionsfläche für die Nuklearlobby.

Chinesen mit gelben Bauhelmen, ein Betondekcel an einem Kran

Erster Small Modular Reaktor in China. Baustelle im Februar Foto: imago

Zufall oder auch nicht: Während in Brüssel am Donnerstag rund 30 Staats- und Regierungschefs zusammenkamen, um über einen Ausbau der Atomkraft in Europa auch mittels neuer Reaktortypen zu palavern, stellte das deutsche Atommüll-Bundesamt BASE in Berlin eine Studie mit ganz anderem Tenor vor. Anders als die Atomlobby Glauben machen will, retten die heiß diskutierten „Small Modular Reactors“ (SMR) demnach weder das Klima, noch schaffen sie uns das Atommüllproblem vom Hals.

Zum einen kämen sie zur Lösung der Klimakrise viel zu spät. Zwar sind viele der diskutierten Konzepte nicht neu, sondern werden bereits seit Jahrzehnten geplant und unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel entwickelt. Bis heute existieren jedoch keine marktreifen oder gar kommerziell konkurrenzfähigen Lösungen. Eine nennenswerte Zahl von SMR könnte kaum vor Mitte des Jahrhunderts in Betrieb sein. Einen Beitrag zur jetzt notwendigen Reduzierung von CO2 können sie also nicht leisten.

Zudem produzieren auch alternative Reaktoren neben Strom viel Atommüll. Zum Teil sogar neuartige Abfallarten, für die es bislang noch keine Möglichkeiten zur Beseitigung oder Verwahrung gibt.

Eine Umwandlung hochradioaktiven Mülls zu Stoffen mit vermeintlich geringerem Gefahrenpotenzial – die sogenannte Partitionierung oder Transmutation – wäre, wenn überhaupt machbar, mit gewaltigem Forschungs- und Geldaufwand verbunden. Schließlich wären bei den propagierten AKWs der Zukunft auch schwere Unfälle mit der Freisetzung von Radioaktivität nicht ausgeschlossen.

Dem auch durch die Brüsseler Verhandlungsluft wabernden Hype um SMR tut die Realität offenbar keinen Abbruch. Die kleinen AKWs, die es real noch nicht gibt, sind eine ideale Projektionsfläche, um den Glauben an Atomkraft als angeblich saubere, billige, harmlose und innovative Technologie am Leben zu halten. Sie sind eine Illusionsblase, die bald an der Wirklichkeit zerplatzen dürfte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1955, Journalist und Buchautor. Schwerpunkte: Umwelt, Atomkraft, Verkehr, Flucht & Asyl, Fußball. Schreibt u.a. für taz, nd, Tagesspiegel, Weser-Kurier und die Nachrichtenagentur epd. Leitet taz-Radreisen ins Wendland.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.