Homöopathie als Kassenleistung: Wahlfreiheit muss bleiben
Homöopathische Medikamente sollten nicht nur für Gutverdienende zugänglich sein. Auch Placebo hilft.
A b 2021 werden in Frankreich die Krankenkassen die Kosten für homöopathische Medikamente nicht einmal mehr teilweise erstatten dürfen. Das fordern die Kassenärzte auch für Deutschland. Dabei sind homöopathische Arzneimittel gar kein Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen, die Kosten werden also nicht automatisch übernommen. Es gibt nur einzelne Kassen, die diese Medikamente freiwillig bezahlen. Sie wollen damit gezielt Menschen gewinnen, die an einer alternativmedizinischen Behandlung interessiert sind. Und das sollte auch so bleiben. Denn wer nicht nur auf die Schulmedizin setzen will, sollte die Möglichkeit haben, die Kosten dafür erstattet zu bekommen.
KritikerInnen der kassenfinanzierten Homöopathie wenden ein, dass die Wirksamkeit dieser Methode naturwissenschaftlich nicht bewiesen ist. Mag sein, dass die Kügelchen als Placebo wirken. Das ist bei vielen konventionellen Medikamenten aber mitunter auch nicht anders. Es ist ja nicht so, dass jede Pille zu 100 Prozent bei allen PatientInnen gleich oder überhaupt wirkt – auch wenn die Marketingmaschinen der Pharmaindustrie anderes glauben machen wollen. Dass der Fortschritt von heute der Irrtum von morgen ist, ist unter WissenschaftlerInnen unstrittig.
Nicht selten müssen ÄrztInnen verschiedene Medikamente ausprobieren, bis eines dem oder der PatientIn hilft. Warum sollen darunter nicht auch homöopathische Mittel sein, vorausgesetzt, dass PatientInnen und ÄrztInnen das richtig finden? Etliche MedizinerInnen verfahren so, allerdings nur, wenn PatientInnen bereit sind, die Kosten für das Alternativpräparat selbst zu tragen, oder sie entsprechend versichert sind.
Skepsis gegenüber den Versprechungen der konventionellen Pharmaindustrie ist mehr als berechtigt. Von den herben Nebenwirkungen etlicher Medikamente ganz zu schweigen. Und die zumindest haben homöopathische Mittel nicht. Es kann nicht richtig sein, dass nur Menschen Wahlfreiheit zwischen chemischer Keule und Kügelchen haben, die nicht mit jedem Euro rechnen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt