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WasserstoffHoffnungsträger der Energiewende

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Aber wo sollen die gigantischen Mengen herkommen, die Deutschland nutzen will? Und in welcher Form?

Möglich ist die grüne Wasserstoffproduktion durchaus auch heute schon: Ingenieurin vor Elektrolyseur im Chemiepark OQ Chemicals Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Freiburg taz | Nicht nur energieintensive Betriebe setzen für die Zukunft auf Wasserstoff. Auch politisch ist der Energieträger mit vielen Hoffnungen verknüpft. Denn er ist vielfältig einsetzbar, und vor allem ist er je nach Herstellungsart klimaneutral und könnte über eine bereits bestehende Infrastruktur – die Gasnetze – verteilt werden. Allerdings gibt es auch Haken: So wird der meiste Wasserstoff künftig aus dem Ausland kommen – jedenfalls dann, wenn die kommende Bundesregierung die Pläne der noch regierenden weiter umsetzt.

Nach diesen Plänen sollen im Jahr 2030 in Deutschland zwischen 95 und 130 Terawattstunden (TWh) Energie aus Wasserstoff und Wasserstoffderivaten wie Ammoniak oder Methanol genutzt werden. 50 bis 70 Prozent dieser Menge würde Deutschland importieren müssen – die Bundesregierung hat deshalb eine „Importstrategie“ erarbeitet.

Die genannten Mengen sollen aber nur der Anfang sein. Bis 2045 soll der nationale Bedarf an Wasserstoff auf 360 bis 500 TWh, der zusätzliche Bedarf an Derivaten auf 200 TWh steigen. Die heimische Erzeugung wird dabei kaum mithalten können, wie ein einfacher Vergleich zeigt: In Deutschland wurden im Jahr 2024 rund 500 TWh Strom erzeugt. Würde man diese Menge komplett zur Erzeugung von Wasserstoff nutzen, hätte man – aufgrund der Energieverluste – etwa 300 TWh Wasserstoff verfügbar. Selbst damit wären die angepeilten Verbräuche nicht zu decken.

Somit stellen sich Fragen. Wo soll der Wasserstoff für Deutschland herkommen? Wie, und in welcher Form wird er nach Deutschland kommen? Und natürlich: Was wird er kosten?

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Sehnsuchtspartner Kanada und Namibia

In Europa gebe es „gute Bedingungen für die Produktion von Wasserstoff in Nord- und Ostsee, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer“ heißt es in der Importstrategie. Zugleich will die Bundesregierung „die Lieferquellen möglichst breit diversifizieren“, weshalb sie „mit einer Vielzahl an Partnerländern“ zusammenarbeitet, wozu zum Beispiel Kanada und Namibia gehörten. Deutschland kooperiere „im Rahmen von mehr als 30 Klima- und Energiepartnerschaften und Energiedialogen mit verschiedenen Ländern“.

Etwas konkreter wird der soeben fertiggestellte Abschlussbericht eines Forschungsprojekts mit dem Namen Hypat (H2-Potenzialatlas), an dem mehrere Fraunhofer-Institute beteiligt waren. Auftraggeber war das Bundesforschungsministerium. Potenzielle Exporteure, so schreiben die Wissenschaftler, seien „sonnige Regionen, möglicherweise in Kombination mit einem guten Windpotenzial“. Aus dieser Sicht böten sich „Regionen wie der Süden Chiles, die Mena-Region, der Mittlere Westen der USA und Australien“ an. Unter „techno-ökonomischen Aspekten“ seien besonders Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kanada, Brasilien und Chile interessant.

Aber auch geopolitische Interessen, die Menschenrechte und demokratische Aspekte seien „relevante Themen“. Daher seien einige Länder, etwa aus dem Nahen Osten, „als kritisch einzustufen“. Hier gebe es „einen Zielkonflikt zu einem möglichst kostengünstigen Bezug von Importen“, heißt es. So relativieren sich einige Optionen schnell.

Europa ist hintendran

Am einfachsten wäre der Bezug von Wasserstoff aus dem europäischen Ausland. Aber auch dort geht es eher zäh voran, wie das Wuppertal Institut im Sommer in einer Studie resümierte. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass die „Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff in Deutschland und Europa ungewiss“ sei, denn trotz ehrgeiziger Ankündigungen verfüge „kein europäisches Land bereits heute über substanzielle Projekte zur Wasserstofferzeugung“.

Aktuell seien, was den Bau von Wasserstofferzeugern betrifft, „mit 2,5 Gigawatt nur rund sechs Prozent des EU-Zielwerts für das Jahr 2030 installiert, im Bau befindlich oder mit einer finalen Investitionsentscheidung hinterlegt“. Zwar gebe es in Spanien „europaweit die größte Dynamik bei Wasserstoffprojekten“, doch diese dienten zunächst der Deckung der lokalen Nachfrage und könnten daher „nicht für Importe nach Deutschland bis zum Jahr 2030 eingeplant werden“.

Hinzu kommt, dass auch die Importwege und -möglichkeiten erst einmal aufgebaut werden müssen – denn auch hier hapert es noch. Eine Option könnte der Transport als Flüssigwasserstoff sein, doch wie das Forschungsprojekt Hypat resümiert, gibt es „derzeit keine nennenswerten Produktions- und Transportinfrastrukturen“ für Flüssigwasserstoff. Damit werde diese Option wohl „erst nach 2030 relevant“. Entsprechend räumt auch die Bundesregierung in ihrer Importstrategie ein, dass es „in der Hochlaufphase auch anderswo noch nicht genügend grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen“ gebe.

Alternativ diskutieren Wissenschaftler den Import per Pipeline, der sich aber nur für einige Lieferregionen anbietet und zudem wieder Abhängigkeiten schafft. Auch kann Wasserstoff als Ammoniak gebunden transportiert werden, was „ein kosteneffizienter und technologisch weit entwickelter Energieträger“ sei, so die Autoren des Hypat-Berichts.

Eine weitere Möglichkeit sind ferner ölartige organische Substanzen, die Wasserstoff chemisch binden, sogenannte Liquid Organic Hydrogen Carrier. Mit diesen lassen sich bestehende Erdölpipelines ohne Umbau zum Wasserstofftransport nutzen. Der Nachteil: Jeder Prozessschritt, jede stoffliche Umwandlung bringt Aufwand und Energieverluste mit sich.

Billig wird der Wasserstoff kaum, wenn Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen

Billig kann der Wasserstoff damit kaum werden. Zumal selbst dann, wenn einige Länder in der Lage sein sollten, eine gewisse Menge an Wasserstoff kostengünstig zu erzeugen, dieser nicht zwangsläufig auch zu niedrigen Preisen zu kaufen sein wird – denn der Preis wird am Ende nicht durch punktuelle Erzeugungskosten, sondern durch Angebot und Nachfrage gemacht. Die politisch erwünschte große Nachfrage nach dem „grünen“ Gas dürfte dabei allzu günstige Preise kaum zulassen.

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4 Kommentare

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  • Erst denken, dann handeln, Herr Habeck



    Danke dass auch sie Habecks träumerische Energiepolitik aufgedeckt haben. In Dunkelzeiten explodieren die Strompreise auf der Strombörse. Die Nachbarländer müssen diese Preisexplosion mitbezahlen, denn es ist ein europäischer Strommarkt. Sie sind jetzt schon stinksauer auf unsere Energiepolitik. Im Sommer sorgen Überschüsse dafür, dass der Strom gar nichts mehr kostet oder man sogar Geld für die Abnahme bekommt, was zu Lasten der Kraftwerke im Ausland geht. Auch hierfür erntet Deutschland laufend Kritik.



    Mit dem Wasserstofftraum wird es noch extremer, weil es, wie sie gut beschreiben, zeitlich so gar nicht machbar ist. Also sind noch größere Engpässe im Winter in den nächsten Jahren zu erwarten. Was habe ich davon, wenn ein Habeck in 10 Jahren zum zweiten mal zugibt, dass seine Energiegesetze ein Fehler waren?



    Prinzipiell kann Wasserstoff und das Power2Gas Konzept schon gut sein, doch bitte realistischer planen und nicht "grün träumen".

    • @Hans Dampf:

      Moin,



      könnten Sie mir die Stelle im Artikel heraussuchen, in der es um Herrn Habeck geht? Wäre sehr hilfreich.



      Vielen Dank!

      • @Fratercula:

        Die gesamte Wasserstoffstrategie wurde von der Ampel und namentlich Grüne/Herr Habeck so eingeleitet.

  • Mir fehlt hier ein kleiner Hinweis auf die Existenz natürlicher Wasserstoff-Vorkommen.



    www.derstandard.at...eisser-wasserstoff



    Besonders interessant ist die Vermutung, dass in den Tiefen der Erdkruste immer wieder neuer Wasserstoff erzeugt wird. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, handelt es sich um eine Form erneuerbarer Energie.