Gericht stoppt Langstreckenblitzer: Freiheit für Raser
Das Verwaltungsgericht in Hannover erklärt Section Control für rechtswidrig. Niedersachsens Innenminister muss die Anlage sofort abschalten.
Das niedersächsische Innenministerium testet seit Mitte Januar zwischen Gleidingen und Laatzen auf 2,2 Kilometern die Alternative zu herkömmlichen Blitzern und ermittelt dort die durchschnittliche Geschwindigkeit von Autos auf der Strecke. Nach dem Urteil muss das Ministerium die Anlage, in die es bisher rund 450.000 Euro gesteckt hat, jedoch sofort abschalten.
Richter Michael Rainer Ufer gab dem Kläger Recht. Es gebe derzeit keine Rechtsgrundlage für Section Control. Diese ist im geplanten, niedersächsischen Polizeigesetz zwar vorgesehen, es wird aber ohnehin wegen umfassender Kritik seit Monaten überarbeitet.
FDP fordert Entschuldigung
Dass sich das Innenministerium für den Pilotbetrieb auf die polizeiliche Generalklausel beruft, die besagt, dass die Polizei notwendige Maßnahmen treffen kann, um eine Gefahr abzuwehren, hält Ufer nicht für zulässig. Es stehe der Polizei frei, an der Strecke herkömmliche Blitzer aufzustellen.
Auch die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel (CDU) hatte die Abschaltung der Anlage gefordert: „Ich halte das für einen guten Tag für die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger.“ Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode forderte, dass sich Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei den Bürger*innen entschuldigt, „in deren Grundrechte er zu Unrecht zehntausendfach am Tag eingegriffen hat“.
Ministeriumssprecherin Svenja Mischel kündigte an, dass die Anlage umgehend abgeschaltet werde. Das Ministerium prüfe weitere rechtliche Schritte. Eine Berufung ist möglich.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt