Gastkommentar BDS und Antisemitismus: Ohne Wenn und Aber
Es stimmt, nicht jeder BDS-Unterstützer ist antisemitisch. Die Ausrichtung von BDS ist es aber. Sie spricht Juden das Recht auf Selbstbestimmung ab.
D er Bundestag hat ein dringend notwendiges innenpolitisches Zeichen gegen den von „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) verbreiteten Antisemitismus gesetzt. Wirtschaftlich ist der Boykott ohne Wirkung, er trifft vor allem Künstler und Wissenschaftler, darunter viele Linke. An US-amerikanischen Universitäten gehen BDS-Aktivitäten häufig mit Übergriffen auf Juden einher. So weit darf es bei uns nicht kommen. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat noch am Vorabend des Beschlusses im Hinblick auf die Debatte zu Israel drastisch formuliert: „… die Solidarität mit toten Juden [ist] sehr groß. Bei lebenden Juden hört sie auf.“
Richtig: Nicht jeder BDS-Unterstützer ist antisemitisch. Die einseitige Ausrichtung gegen Israel und die Wirkung von BDS ist es schon: Der Aufruf von 2005 erwähnt die Zweistaatenlösung mit keinem Wort und fordert stattdessen „Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes [zu] beenden“, kombiniert mit der 'Rückkehrforderung für fünf bis sieben Millionen Flüchtlingen inklusive ihrer Kindeskinder.
ist Lehrbeauftragter am Centrum für religionswissenschaftliche Studien (Ceres) an der Ruhr-Universität Bochum.
Die Unschärfe ist gewollt. Israel wird als Kolonisationsprojekt aufgefasst, „From the river to the sea, Palestine will be free“, ist der Schlachtruf. Dies zielt auf Auslöschung des jüdischen Staats. Dem jüdischen Volk sein Recht auf nationale Selbstbestimmung abzusprechen, ist antiisraelischer Antisemitismus. Am Samstag fand der ESC in Tel Aviv statt. Zu seinem Boykott verbreitete die BDS-Kampagne ein Logo, das im offiziellen Logo den Davidstern durch ein Herz mit SS-Runen ersetzte. Ein klassisches Motiv des sekundären Antisemitismus.
Der Beschluss verlangt, „keine Veranstaltungen der BDS-Bewegung … aktiv zu unterstützen“, Organisationen, „die das Existenzrecht Israels infrage stellen“, und Projekte, „die zum Boykott Israels aufrufen“, finanziell nicht zu fördern, eigentlich auch die bisherige rote Linie der Stiftungen.
Befürchtungen der Kritiker, wie die der 15 Abgeordneten um Trittin, sind unbegründet, Stiftungen würden in Ramallah, wo die meisten NGOs – auch aufgrund von Druck – den BDS-Aufruf unterzeichnet haben, in ihrer Arbeit behindert: Unterstützung eines Frauenprojekts, das die Erklärung unterschrieben hat, aber die Zweistaatenlösung unterstützt, wäre weiterhin möglich.
Man kann den Beschluss ohne Wenn und Aber unterstützen, auch wenn man Netanjahu und seine rechte Koalition nicht mag, die Siedlungspolitik kritisiert und die Zweitstaatenlösung aktiv unterstützt. Es geht bei BDS weder um Nahostpolitik noch um Meinungsfreiheit, es geht um Antisemitismus.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!