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Fingierte Metoo-Vorwürfe gegen GrünenUrteil über Gelbhaar fällt aus

Die Grünen beenden die Aufarbeitung ihrer MeToo-Affäre, ohne die Vorwürfe gegen den Ex-Abgeordneten aufzuklären. Für die Zukunft haben sie Vorsätze.

Am Ende der Karriere: Für die Grünen geriet der Fall Stefan Gelbhaar zum Debakel Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Sie haben sich Zeit gelassen: Fast ein halbes Jahr ist es her, dass MeToo-Vorwürfe in den Wahlkampf der Grünen platzten und die Karriere des Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar beendeten. Nachdem sich die heftigsten Vorwürfe schon kurz darauf als fingiert herausgestellt hatten, setzte die Partei eine Untersuchungskommission ein. Am Donnerstag veröffentlichte der Bundesvorstand schließlich eine Kurzform des Untersuchungsberichts – und einen eigenen Beschluss, der Konsequenzen daraus benennt.

Befrieden werden die Papiere aber wohl weder die parteiinterne Debatte um den Fall Gelbhaar noch die um den allgemeinen Umgang mit Belästigungsvorwürfen. Denn erstens liefert der Bericht keine endgültige Aufklärung im konkreten Fall. Zweitens bleibt zunächst offen, welche strukturellen Konsequenzen die Grünen für die Zukunft ziehen. Die Kommission macht dazu zwar umfangreiche Anregungen. Der Vorstand will als Konsequenz daraus aber zunächst eine weitere Arbeitsgruppe einrichten, die „konkrete Umsetzungsvorschläge“ erarbeitet.

Im Dezember 2024 waren parteiintern erstmals Belästigungsvorwürfe gegen den Berliner Bundestagsabgeordneten Gelbhaar aufgekommen. Mutmaßliche Betroffene wurden an die Ombudsstelle der Bundespartei verwiesen, die vor einigen Jahren für solche Fälle eingerichtet wurde. Deren Mitglieder informierten wiederum unverzüglich Teile des Bundesvorstands. Auf Basis von nicht verifizierten Vorwürfen wurde ein Gespräch mit Gelbhaar geführt, der darauf hin seine Kandidatur für die Landesliste zur Bundestagswahl zurückzog.

Sein Pankower Kreisverband, der ihn eigentlich schon als Direktkandidat nominiert hatte, ließ ihn ebenfalls fallen. Zwischenzeitlich berichtete der RBB detailliert über einzelne, strafrechtlich relevante Vorwürfe. Sie stellten sich später als falsch heraus, Gelbhaars Bundestagskarriere war dennoch beendet.

Kommission widerspricht Nietzard

Die Kommission, die der Bundesvorstand mit der Aufarbeitung beauftragte, bestand aus nur zwei Personen: Jerzy Montag und Anne Lütkes, beide JuristInnen und ehemalige Grünen-PolitkerInnen. In ihrem Bericht schreiben sie, dass es zumindest einzelnen Personen, die hinter Meldungen an die Ombudsstelle steckten, um eine „Instrumentalisierung für parteipolitische Zwecke“ gegangen sei. Eine Aussage über „den Wahrheitsgehalt der einzelnen“ Meldungen solle damit aber nicht getroffen werden.

Eindeutiger urteilt das Duo über den internen Umgang mit den Vorwürfen. Dass die Ombudsstelle sofort und auf dünner Faktenbasis den Bundesvorstand eingeschaltet hat, nennt die Kommission „verfrüht und somit einen Fehler“.

Dahinter sieht die Kommission strukturelle Schwächen: Die Ombudsstelle der Grünen sei nicht in der Parteisatzung verankert, „legitimierte Verfahrensregelungen“ oder Regeln zur „Auswahl und Amtsdauer der Ombudspersonen“ fehlten. Es sei problematisch, dass die Ombudsstelle aus Angestellten der Parteizentrale bestehe – und somit aus Personen, die beruflich und finanziell von der Partei abhängig sind.

Unschuldsvermutung gilt auch für Ombudsverfahren

Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, hatte im Januar noch mit der Bemerkung für Aufsehen gesorgt, für parteiinterne Fälle gelte keine Unschuldsvermutung. Dem widerspricht die Kommission jetzt implizit: Für die Zukunft fordern sie eine „beschlusslegitimierte rechtsstaatlich normierte Verfahrensordnung“. Die Unschuldsvermutung sei dabei ein „tragendes Element“ und in Zukunft müsse sich das im Regelwerk wiederfinden.

Die neue Arbeitsgruppe, die der Bundesvorstand jetzt ankündigt, soll sich bei der Erarbeitung neuer Strukturen an den Vorschlägen der Kommission orientieren. Explizit betont der Vorstand aber auch, dass neue Regeln nicht nur der Rechtsstaatlichkeit, sondern auch feministischen Ansprüchen gerechten werden soll: „Einseitig“ wolle man Widersprüche zwischen beidem nicht auflösen.

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40 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Der Schluss des Artikels ist spannend.

    "Explizit betont der Vorstand aber auch, dass neue Regeln nicht nur der Rechtsstaatlichkeit, sondern auch feministischen Ansprüchen gerechten werden soll: „Einseitig“ wolle man Widersprüche zwischen beidem nicht auflösen."

    Es impliziert, dass - zumindest in Teilen - ein Widerspruch zwischen Feminismus und dem Rechtsstaat besteht.

    Dieser Widerspruch soll nicht immer zugunsten des Rechtsstaates aufgelöst werden.

    Manchmal solle der Rechtsstaat offenbar hinter dem Feminismus zurückstehen.

    Der Rechtsstaat wird aber damit verhandelbar.

    Er ist nur noch eine der möglichen Optionen.

    Diese Aussage kommt nicht von Feminismus- Lobbyistinnen, sondern von einer politischen Partei, die in Landesregierungen vertreten ist.

    Durch ein relatives Verhältnis zum Rechtsstaat zeichnen sich bereits Rechte aus.

    Trump ist ein Paradebeispiel, in der AfD findet sich auch diese Position.

    Erschreckt mich total.

    Ich freue mich, wenn ich irgendwas falsch verstanden habe.

  • Was für ein Eiertanz. Er wäre zum lachen, wenn sogenannte "Männerrechtler" daran nicht ihr Süppchen wärmen würden.

    Die Grünen haben uns wird mal einen Bärendienst erwiesen...

  • Bankrotterklärung der Grünen 🤷‍♂️



    Wenn man auf die Aufarbeitung verzichtet, weil am Ende mutmaßlich ein kritisches Ergebnis für den intern überhöhten Feminismus steht, dann sagt das sehr viel über die real gelebte Gleichstellung von Geschlechtern in dieser Partei aus...

  • Wenn sich zwischen Feminismus und Rechtsstaatlichkeit Widersprüche auftun, spricht das gegen den Feminismus.

  • Offensichtlich bestehen bei den Grünen massive Missstände.



    Wer weiß, was man da so findet, wenn man tiefer graben würde.



    Wahrscheinlich nicht mehr viel weniger, als man bei den anderen Parteien so findet.



    Was ich mich aber wirklich frage: Was treibt eine Frau Nietzard eigentlich an? Irgendwie kommt sie mir wie ein U-Boot einer bestimmten Partei vor. Das, was sie so von sich gibt, kann man doch nicht wirklich ernst meinen, oder?

  • Wie wird Hr. Gelbhaar den jetzt rehabilitiert? Wie geht die Partei mit den Denunzianten um? Bin gespannt. Jette Nietzards Kommentar hatte ich schon wieder vergessen, passt aber lückenlos ins Bild. Da haben die Grünen wohl den falschen Baum gefällt.

  • Aua. Das tut schon fast körperlich weh. Wenn ich das jetzt alles richtig verstehe: nachweislich erfundene Vorwürfe haben erfolgreich einen Mann abgeschossen, und das hat keine Folgen, ausser das der RBB sich für die Berichterstattung darüber entschuldigen muss.

    Vielleicht werden die Grünen jetzt eine fundamental-feministische Partei, die der Rape-Culture in den eigenen Reihen ein Ende setzt.

  • Der Bericht weist ausdrücklich darauf hin, dass eine Orchestrierung einer Intrige aus dem Bereich der Grünen Jugend stattgefunden hat - und der Bundesvorstand legt die Sache ad acta.

    Auch bezüglich Frau Schedlich will man sich offensichtlich nicht festlegen.

  • "Übersicht mit KI

    Die Unschuldsvermutung ist ein fundamentales Prinzip des Rechtsstaats, das besagt, dass jeder Beschuldigte solange als unschuldig gilt, bis seine Schuld rechtskräftig nachgewiesen ist. Im Kontext des Faschismus war die Unschuldsvermutung jedoch weitgehend ignoriert oder sogar aktiv untergraben."

    Das spuckt die KI aus, wenn man die Begriffe Unschuldsvermutung und Faschismus eingibt.

  • Die "Konsequenz" ist vor allem, dass Audretsch, der von den erlogenen Vorwürfen gegen Gelbhaar profitiert hat, sein Bundestagsmandat behält.

    • @Budzylein:

      Und der seither seinen Ball auffällig flach spielt. Sogar so flach, dass es den Anschein hat, er wartet, bis das Gras, zumindest das Berliner Gras, über seine, Audretschs, Flachpässe hinausgewachsen ist.

      Das wird ihm nicht gelingen, jedenfalls nicht auf Dauer.

  • Und wir lernen: Erfundene Vorwürfe erfüllen bei den Grünen den erwünschten Zweck, Konsequenzen oder auch nur die Benennung von Ross und Reiter erfolgen nicht.

  • Haben die Grünen Top hinbekommen! hätte man das noch schlechter bearbeiten können? Warum bekommt Herr Gelbhaar als Entschädigung keinen Posten über eine Liste . Warum sind die die von ihm profitieren noch im Amt?

    • @Thomas Zwarkat:

      Posten als Entschädigung? Was ist denn das für eine Auffassung von Demokratie?

      • @Francesco:

        Na denkbar wäre doch, dass sie ihn zum Vorsitzenden der neuen Kommission zur Reorganisation des parteiinternen Ombudsverfahrens ernennen und ihm hierfür ein Honorar in Höhe der Bundestagsdieäten plus Zulagen einer gesamten Legislaturperiode zahlen. Über die notwendigen Erfahrungen verfügt er ja bereits und Strafrechtler ist er auch.

  • Abgabe einer falschen EV ist strafbar.



    Vortäuschung einer Staftat ebenso.



    Wie ist es mit der Beihilfe dazu ?

    Grün: Never Ever !!!!

  • Ich wähle seit langem die Grünen. Als Mann und Humanist bin ich aber gerade wirklich am Überlegen, ob ich das in Zukunft nicht nur mit gutem Gewissen, sondern überhaupt noch tun kann. So ein Gebaren hat Züge der jakobinischen Vorgänge nach der französischen Revolution... Ein eigentlich guter Gedanke und Anliegen führt zu revanchistischen Entgleisungen. Das war ein Weckruf und wer nun immer noch Beweislastumkehr je nach Geschlecht und ebenso Bewertung der Glaubwürdigkeit propagiert und fordert, steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes, denn dort sind alle Menschen gleich und nicht wegen Ihres Geschlechts schlechter gestellt, auch nicht wenn man der Meinung ist damit irgendwas historisch ausgleichen zu müssen. Als Mann, Opfer von physischer und sexueller Gewalt und Mensch bin ich erschüttert und ungläubig über diese Geschehnisse und vor allem die Haltungen, die dadurch offenbart werden.

  • "dass neue Regeln nicht nur der Rechtsstaatlichkeit, sondern auch feministischen Ansprüchen gerechten werden soll: „Einseitig“ wolle man Widersprüche zwischen beidem nicht auflösen."

    Man identifiziert Widersprüche zwischen Rechtsstaatlichkeit und Parteiideologie. Und findet, dass die Rechtsstaatlichkeit keinen Vorrang haben soll.



    Was werfen diese Leute noch mal Herrn Dobrindt vor?

  • Wenn du nicht mehr weiter weisst, gründe einen Arbeitskreis.



    Und dann fang nochmal von vorne an.

  • Der Fall wäre ncht so verheerend, wenn die Grünen nicht so hohe moralische Standarts vor sich hertragen würden. Vor allem: keine Ehrenerklärung des Vostands für Gelbhaar? Waren da nicht noch weitere Fälle, die Gelbhaar belasteten? Scheinen die Grünen nicht klären zu wollen. Kommen diejenigen, die bei den Grünen Gelbhaar fälschlicherweise beschuldigten, jetzt ohne Federn zu lassen davon? Scheint so, Keiner oder keine hat den Mut, sich öffentlich hinzustellen und bei Gelbhaar zu entschuldigen. Politik ein schmutziges Geschäft.

  • Es ist nicht das Urteil über Gelbhaar, das ausfällt, sondern jedwede angebrachte Reaktion seiner Partei,- eine offizielle Rehabilitierung, eine Entschuldigung/Entschädigung oder die Bestrafung derjenigen, die dies alles verursacht haben..

  • Aus bleibt vor allen Dingen eine Entschuldigung bei Herrn Gelbhaar. Der wird zwar als Opfer dieser strukturellen Überlastung benannt, eine entsprechende Entschuldigung oder auch nur ansatzweise Wiedergutmachung ist nicht in Sicht.

    Die Instrumentalisierung war damit auf ganzer Linie erfolgreich.

  • Es ist sehr unbefriedigend, dass hier die Wahrheit nicht ermittelt wurde. Jemand muss lügen, entweder die Anklägerinnen (es war nicht nur die Parteifreundin mit den erfundenen Anschuldigungen beim RBB) oder Herr Gelbhaar. Die Wahrheit unter den Tisch kehren, wäre bei SPD oder CDU früher der Normalzustand gewesen, vielleicht sind diese Parteien jetzt weiter. Die Grünen kehren jetzt alles unter den großen Teppich.

    • @Offebacher:

      Ist natürlich ein Dilemma. "Die Wahrheit" zu ermitteln ist, wie so oft in solchen Fällen, schwierig. Beweise für Fehlverhalten werden sich niemals finden lassen ohne Bild- und Tonaufzeichnung oder Zeugen.

      Die Fragen, die ich mir stelle:







      Wenn man eine der vermeintlich belästigten Personen seit langem kennen würde und sie absolut für glaubhaft und ehrlich halten würde, welche Möglichkeiten hätte man dann?







      Warum hat Gelbhaar nach einem Gespräch über die Vorwürfe auf seinen Listenplatz verzichtet, wenn er sich doch als unschuldig bezeichnet?







      Vielleicht ist dieses "unter den Teppich kehren" nur die hilflose Reaktion darauf, dass trotz rechtlicher Unschuldsvermutung den vermeintlichen Opfern (immerhin 8 junge Frauen) geglaubt wird.







      Die RBB-Aktion ist nicht nur höchstpeinlich, sondern hat auch die Glaubwürdigkeit der anderen vermeintlich betroffenen massiv untergraben. Ohne diese Aktion würde wahrscheinlich ganz anders über den Fall berichtet werden (... der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar ist nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung von seiner Kandidatur zurückgetreten...). Vielleicht würde die Öffentlichkeit den Rücktritt dann eher als Schuldeingeständnis werten.

  • Leider leben wir einer polarisierten und sich radikalisierenden Gesellschaft wo vielfach ohne Augenmaß vorgegangen wird. Laute und radikale Positionen sorgen dafür, dass moderate Positionen kaum Gehör finden. Gute Beispiele sind dafür die Corona Pandemie und auch der jetzige Krieg in der Ukraine mit unterschiedlichen Radikalposition (AFD und Grünen).



    In diesem Fall ist das natürlich tragisch für Gelbhaar dessen politische Karriere vermutlich beendet ist.

    • @Alexander Schulz:

      Die Grünen haben eine "Radikalposition" zum Ukrainekrieg?

      • @BrendanB:

        Ich nehme an, dass warum die AFD die extreme Position der anderen Seite vertritt ist selbsterklärend.



        Sie möchten z.B. als einzige deutsche Partei noch sofort Taurus liefern. Selbst die Union unter Merz hat seitdem sie in Regierungsverantwortung ist eine moderatere Position.

      • @BrendanB:

        Ja sie sind gegen Russland und das gefällt manchen hier nicht.

  • Verheerend sowohl für die Grünen als auch der MeToo-Bewegung.

    • @Minelle:

      Und vor allem und unwiederbringlich für das eigentliche Opfer Stefan Gelbhaar.

  • Man hatte jetzt ein halbes Jahr Zeit.

    Um daraus mal ein Fazit zu ziehen:



    Sie können es schlicht nicht.

    Dem Opfer zu Glauben und gleichzeitig die Unschuldsvermutung hoch halten zu wollen funktioniert halt schlicht nicht. Das eine schließt das andere schlicht aus. Denn ich glaube dem Opfer ja, dass dieses Schuldhafte Verhalten stattgefunden hat.

    Erschreckend allerdings das nach einem halben Jahr immer noch kein Zeichen von Wiedergutmachung für Gelbhaar geleistet wurde. Das hätte nach einem halben Jahr mindestens ausgearbeitet sein müssen.

  • So schnell kann man ein Politiker-Leben zerstören. Die Antwort der Grüne: armselig.

    Die Grünen sind für mich die widersprüchlichste Partei Deutschlands. Ideologisch total verpeilt. Wenn es ihnen dient werfen sie ihre angeblichen Werte direkt wieder über den Haufen. Sie geben vor gegen Sexismus zu sein, was sie machen ist dagegen purer Sexismus.

    • @Black & White:

      "Sie geben vor gegen Sexismus zu sein, was sie machen ist dagegen purer Sexismus."

      Sowohl Sie als auch Tesla_42 übersehen in Ihrer Argumentation einen Punkt: Sie definieren Sexismus anders als die Grünen (und viele andere Kreise). Diese würden Ihnen vermutlich etwas in der Art entgegenhalten: wenn in einer seit Jahrtausenden von Benachteiligung von Frauen geprägten Gesellschaft mal ein Mann wegen seines Geschlechts diskriminiert wird, dann mag das zwar eben Diskriminierung sein. Aber Sexismus beschreibt dieser Lesart zufolge gerade nicht die individuelle Diskriminierung wegen des Geschlechts, sondern ein gesellschaftliches Verhältnis. Strukturen, die die Benachteiligung von Frauen festschreiben, fördern und legitimieren.



      Muss man nicht teilen, diese Ansicht. Der Unterscheid zur Feld-, Wald- und Wiesen-Definition von Sexismus (beim Rassismus ist es genau das gleiche) ist aber wichtig zu Kennen, sonst versteht man Dinge nicht.

      • @Kawabunga:

        Klingt wie: jetzt wurden die Frauen so lange benachteiligt, jetzt ist auch mal der Mann dran. Ist das die Lehre aus der Geschichte? Aus meiner Sicht ist das genau das, was die Grünen denken. Tesla_42 nennt einige Beispiele von struktureller Diskriminierung, von Sexismus der Grünen.

        Das Ergebnis dieses Denkens ist ein Ping-Pong-Spiel. Die Benachteiligten werden zu Bevorzugten, was wieder den dann Benachteiligten sauer aufstößt. Diese lösen wieder eine Gegenbewegung aus usw. usw. Schauen Sie mal in die USA, dann sehen Sie genau diesen Prozess. Und ich bin mir sicher, dass die Grünen ihr politisches Abschneiden auch diesem ideologischen Verhalten (wie z.B. ihrem Sexismus) zu verdanken haben.

        Wieviel einfacher wäre es, wenn es wirkliche Gleichberechtigung geben würde - auch bei den Grünen...

      • @Kawabunga:

        Dazu konkret: ich bin ein Mann, weiß, heterosexuell, um die 40. Wenn Leute wie die Grünen mich deswegen als privilegiert ansehen und schlechter behandeln oder mehr von mir erwarten und fordern, dann geschieht das ohne Berücksichtigung des Umstands, dass ich auch chronisch krank, schwerbehindert und dadurch mittlerweile arm und sozial marginalisiert bin. Wie absurd und verfehlt wäre es, eine gesunde Frau in meinem Alter mit Migrationshintergrund, die von mir aus Abteilungsleiterin in einem Großunternehmen ist, gut verdient und gut sozial integriert ist, im Vergleich zu mir bevorzugt zu behandeln, vorrangig auf gute Listenpositionen zu setzen oder ihr mehr zu glauben als mir, um eine insgesamt vorhandene gesellschaftliche Benachteiligung auszugleichen, die in konkreten Fall aber genau umgekehrt ist? Klar, wenn ich als Mann privilegiert, erfolgreich und mit Einfluss gesegnet bin, kann ich natürlich locker sagen lasst doch die Frauen vor und mich als weißer Ritter aufspielen, weil ich schon genug habe und kriege. Das kritisiere ich, und wenn man da sagt ja Einzelschicksal, trotzdem richtig, finde ich das dumm und übergriffig und menschenverachtend.

      • @Kawabunga:

        Wir kritisieren doch zu Recht alternative Fakten und die Neudefinition von Begriffen, wie es gerade zur eigenen Argumentation passt, bei Trump, AfD und anderen Populisten. Finden Sie es wirklich ein Argument, dass die Grünen mutmaßlich Sexismus anders definieren als die allgemein anerkannte Definition und deswegen diese Art von Sexismus dort OK ist? Das erinnert mich an Neusprech und Doppeldenk, würde in die heutige Zeit passen, wo Faschismus wieder in Mode kommt.



        Strukturen, die die Benachteiligung von Frauen fördern, sind meines Wissens nach unter dem Begriff Patriarchat bekannt. Sexismus kann strukturell, gesellschaftlich, aber auch eben individuell sein, und ebenso wie Rassismus nicht nur gegen Menschen dunkler Hautfarbe gerichtet sein kann (bei uns wird das natürlich schon so verstanden, weil die Mehrheitsgesellschaft "weiß" ist, aber als weißer Deutscher können Sie natürlich woanders auch von Rassismus betroffen sein), setzt Sexismus zu erfahren nicht zwangsläufig voraus, dass man weiblichen Geschlechts ist.



        Menschen mit Vorurteilen zu belegen und die konkrete Person anhand dieser zu behandeln,ist falsch,selbst wenn man meint damit strukturelle Ungerechtigkeit auszugleichen

    • @Black & White:

      Ja, auch die Vorgehensweise bei der Besetzung von Listenpositionen und politischen Ämtern (als Vorgabe, nicht Empfehlung), die nicht Gleichberechtigung und Gleichstellung anstrebt, sondern Frauen bevorzugt. Auch gut gemeinter oder in der eigenen Weltanschauung guter oder richtiger Sexismus ist doch Sexismus. In solchen Punkten sind die Grünen, die ich seit Jahrzehnten wähle weil sie in wichtigen Bereichen glaubhaft Werte vertreten, zu ideologischen Blindgängern geworden, anstatt konsequent ihre eigentlich für mich anschlussfähigen Werte zu vertreten. Wenn ihr doch das Richtige tun wollt, nicht weil es Stimmen bringt, sondern weil es richtig ist (nach Menschenrechten und solchen Grundsätzen), dann werft das doch nicht immer wieder bei solchen Themen über Bord und macht euch damit unglaubwürdig! Oh man.

  • Hm. Schön, dass da in Zukunft anders agiert werden soll. Ließt sich trotzdem eher wie Rumgeeier am Thema vorbei, ohne echte Konsequenz. Man kann noch soviel über Awareness, Feminismus und Persönlichkeitsrechte daherlabern. Wenn man in so einem Fall nicht einfach mal klipp und klar sagen, kann, dass das großer Mist verzapft wurde und man Menschen -egal welchen Geschlechts- grundsätzlich nicht einfach öffentlich verleumdet, diskreditiert oder mobbt, dann klingt das alles wenig glaubwürdig.



    Und nochwas. Strafrechtliche relevante Vorwürfe von einer internen Ombudsstelle, bstehend aus Mitgliedern der Parteizentrale, klären zu lassen klingt eher nach dunkelstem CSU Filz als nach einer progressiven Partei.

  • Was bedeutet das, dass die Omudsstelle feministischen Ansprüchen zu genügen habe? Kann mir nicht darunter vorstellen. Wie bei feministischer Außenpolitik befürchte ich eine leere Worthülse...