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Filmemacher über Homöopathie„Eine Pseudowissenschaft“

In seiner Doku „Homöopathie unwiderlegt?“ stellt Filmemacher Erik Lemke nur Fragen. Das Ergebnis ist für die Homöopathie-Anhänger*innen verheerend.

Der Promi unter den homöopathischen Mitteln: kleine weiße Kügelchen namens Globuli Foto: Ralf Hirschberger/Zentralbild/dpa
Interview von Wilfried Hippen

taz: Herr Lemke, Sie haben einen Film über Homöopathie gemacht, in dem nur Menschen zu Wort kommen, die daran glauben, es praktizieren. Was mich überrascht hat: Im Ergebnis wirkt der Film verheerender für diese Befürworter*innen, als wenn Sie schön ausgewogen auch Kri­ti­ke­r*in­nen befragt hätten. Wie ist Ihnen dieses Kunststück gelungen?

Erik Lemke: Homöopathie ist ein klassisches Beispiel für eine Pseudowissenschaft. Kratzt man nur an der Oberfläche, wirkt alles irgendwie logisch. Es mangelt nicht an beeindruckenden theoretischen Überlegungen, die sehr wissenschaftlich daherkommen.

Zum Beispiel?

Da ist von Lebenskraft die Rede, von Konstitutionstypen, Miasmen, Energie, Information und Quantendenken. Doch je umfangreicher solche Begriffe werden, desto inhaltsleerer werden sie auch. Hier setzt mein Film an und geht in die Tiefe. Es ist natürlich legitim, Homöopathiekritiker erklären zu lassen, dass das alles keinen Sinn ergibt. Aber besser ist es, die Homöopathen erledigen diesen Job selbst.

Nun sind Ihre Prot­ago­nis­t*in­nen allesamt Akademiker*innen, einige haben wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Wie kommt es, dass sie Behauptungen aufstellen, die gar nicht haltbar sind?

Cordia Schlegelmilch
Im Interview: Erik Lemke

39, hat in St. Petersburg und Toulouse Filmregie studiert. Sein erster dokumentarischer Langfilm war „Berlin Excelsior“ (2017).

Das tun nicht alle. Den Medizinhistoriker Martin Dinges habe ich im März 2019 drei Tage vor seiner Pensionierung im Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung interviewt. Diese Institution mit Schwerpunkt Homöopathiegeschichte ist tief verwoben mit Homöopathie-Institutionen und der ganzen Szene. Fragen nach Sinn und Unsinn einzelner Therapievarianten umschifft Dinges elegant mit Antworten wie: „Das müssen die Praktiker entscheiden.“ Die problematischsten Aussagen in meinem Film stammen von homöopathischen Ärzten.

Sie selbst stellen ja nur Fragen und verzichten auf jeden expliziten Kommentar. Ist das nicht die klassische Methode des Sokrates?

Ja, das stimmt. Zwar habe ich mich mit einer gesunden kritischen Grundhaltung meinem Thema genähert. Dennoch stehen am Beginn einer Auseinandersetzung immer Fragen und der Wunsch, das Gegenüber zu verstehen. Kommentare oder Kritik von mir hätten meine Protagonisten in die Defensive gedrängt – und unsere Gespräche in ein sich gegenseitiges Bewerfen mit Argumenten verwandelt.

„Homöopathie unwiderlegt?“: Mi, 9. 2., 19 Uhr, Hamburg, Lichtmeß

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, diesen Film zu machen?

Die Existenz einer Parallelwelt innerhalb unseres Gesundheitswesens, in der promovierte Ärzte von sich behaupten, überwissenschaftliche Erkenntnis zu besitzen, macht mir Sorgen. Auch wenn die meisten Homöopathen keinen großen Schaden anrichten, decken sie mit ihrer wissenschaftsfeindlichen Einstellung jene, die das tun. Ich habe die Diskussionen über die Homöopathie immer mit Interesse verfolgt, hatte jedoch nie vor, eine weitere Doku darüber zu machen. Es gibt bereits genug.

Aber?

Erst die Beschäftigung mit der sokratischen Methode hat die Neugier bei mir geweckt, was wohl dabei herauskäme, wenn man sie auf die Homöopathie anwendet.

Einige Ihrer Prot­ago­nis­t*in­nen sprechen davon, dass es Scharlatanerie in ihren eigenen Reihen gibt. Sie widersprechen einander teils so grundlegend, dass dies geradezu komisch wirkt. Hatten Sie das so erwartet?

Ich hatte es geahnt. Hat ein Homöopath einen Kollegen als Scharlatan identifiziert, ergründet man mit ihm gemeinsam, worauf dieser Kollege seinen Glauben stützt. In der Regel berufen sich alle auf ihre „ärztliche Erfahrung“.

Wie das?

Was sie an ihren Patienten beobachten, entspricht dann immer genau den Dogmen, die ihnen ihre spezielle Variante der Homöopathie diktiert, die sie vertreten.

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53 Kommentare

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  • Mir ist egal warum etwas mir oder meinen Kindern hilft, egal ob Schulmedizin, Homäopathie oder traditionelle Europäische Medizin, der Erfolg zählt für mich, bewirkt durch Placebo oder nicht schei.. egal. Ich nutze "standard" Medikamente, genauso wie Rettungsalbe (Bach) oder selbst gemachten Hustensaft.



    Deswegen würde ich einen gebrochenen Arm nicht mit Globoli behandeln aber genauso wenig halte ich es für "sinnvoll" jedes 2. Leiden gleich mal mit Antibiothika zu erschlagen oder Kindern "ständig" Nuroflex zu geben.



    Ich kann auch nicht wirklich nachvollziehen warum es so schlimm sein soll Krankheit ganzheitlich zu betrachten... und ja es gibt auch "extreme Meinungen" die ich auch nicht teilen / probieren wollte.



    Und bezüglich des Filmes denke ich, dass man einen solchen auch mit Schulmedizinern machen könnte, die "natürlich" immer das für die richtige Krankheit, die Patientengeschichte beachtende und preiswerteste Medikament nutzen. Sich auf den neusten Behandlungsstand halten, etc. etc.



    Und wie so oft in diesen Tagen, warum soll ein Mensch nicht selbst darüber entscheiden was er seinem Körper zuführt ???

  • Sicher eine Pseudowissenschaft. Aber das ist ja nur ein Aspeckt. Wie sieht es wissenschaftlich aus mit der Gesundheit derjenigen die homöopathische Mittelchen schlucken? Welche Seiteneffekte gibt es da noch.

    Warum hilft Homöopathie - wirkt aber nicht ? ( www.fr.de/wissen/g...irkt-13269544.html )



    Und warum wird der Aspekt des Helfens so unterbewertet gegenüber des Wirkens?

  • 8G
    87203 (Profil gelöscht)

    Der gute Ruf, den die Homöopathie in Teilen der Bevölkerung immer noch genießt, kommt meiner Meinung nach daher, daß Hahnemann (Erfinder der Homöopathie) mit seinen wirren Ideen bessere Erfolge erzielte als die anerkannte Medizin seiner Zeit.

    Nicht weil die 'Zuckerkügelchen' besser gewirkt hätten, sondern weil sie weniger Schaden angerichtet haben.

    Die anerkannte Medizin hat DAMALS das Leben der Patienten eher oft verkürzt. Da wurde zB mit Arsen und Schröpfen der Kranke noch zusätzlich geschwächt.

    Die Homöopathie benutzt den selben 'Dreck' wie die Medizin ihrer Zeit, aber soweit verdünnt, dass sie nichts kaputt machen kann. Da hat(te) dann wenigstens der Placebo-Effekt eine Chance.

    Der gute Ruf hat überdauert und hält sich immer noch, weil der Placeboeffekt immer noch zu Heilungserfolgen führt.

    Heute müssen anerkannte Medikamente aber besser als der Placeboeffekt wirken und das kann die Homöopathie nicht leisten.

    • @87203 (Profil gelöscht):

      Sie sprechen hier einen wichtigen Punkt an, den ich genauso sehe. Als die Homöopathie entstand, waren "Therapien" wie Aderlassen an der Tagesordnung.

      Da war ein Arzt, der dem Patienten defacto einfach ein Placebo gab und ihm Bettruhe verordnete in den meisten Fällen erfolgreicher.

      Es ist ein Unding, dass jeder über die Krankenversicherung Zuckerkügelchen finanziert, deren Kilopreis jenseits der 1000€ (!) liegt und deren Wirkung in keiner Studie bewiesen ist.

      Im Gegensatz zu richtigen Medikamenten, die aufwändigen Labor- und Patientenstudien sowie Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. Diese Verfahren dauern Jahre und viele Medikamente kommen gar nicht erst bis zur letzten Phase der Zulassung.

    • @87203 (Profil gelöscht):

      Das ist eine interessante These!

      Ich habe neulich noch in Dostojewskis "Schuld und Sühne" eine Stelle gelesen, in der der Arzt einen Menschen, der durch einen Droschkenunfall schwerstverletzt wurde gleich noch mal zur Ader gelassen hatte. Der starb dann - war halt sonst nix zu machen, und die Hinterbliebenen mussten sich noch für die Arztrechnung krumm machen... das war noch in den 1860ern, also lang nach Hahnemann.

      Ich denke, viele positiven Effekte lagen damals auch in diesem ganzen elitären Lebensreform- Anthroposophischen Umfeld der Homöopathie-Begeisterten begründet:

      gutbürgerlicher Hintergrund, Licht, Luft und Platz, auch mal eine Kur an der Nordsee und in den Bergen, keine körperliche Arbeit (waren ja schon Ende 19., Anfang 20. Jhd. alles Bücherwürmer...) dafür Gymnastik und vegetarische Lebensweise. Die Klientel war einfach gesünder als das allgemeine Prekariat damals.

      Das wurde dann als naheliegender Kausalschluss der Homöopathischen Medizin zugeschrieben. Die Kunst der Konkurrenz war eben oft erschütternd klein.

      Heute ist das aber definitiv anders: Lebensreform, Gymnastik und Vegetarismus bitte immer noch gerne aber die Globuli kann man sich getrost schenken.

  • Richtig bekloppt wird es, wenn Homöopathen Impfgegner sind.

    Hahnemann betrachtete Impfungen als Bestätigung der Homöopathie, bewiesen sie doch seiner Ansicht nach, dass sein Prinzip "Ähnliches mit ähnlichem heilen" richtig sei.

    Tatsächlich beweisen Impfungen natürlich nicht, dass Homöopathie wirkt - in Impfstoffen ist nun mal ein echter Wirkstoff in wirkungsvoller Konzentration enthalten - aber dennoch müssten Homöopathen eigentlich die glühendster Verfechter von Impfungen sein.

  • Nur mal so gefragt: Wie verhindert der Homöopath eigentlich, dass andere Atome / Moleküle zufällig in das Produkt geraten? Ein einziges sollte doch - Sagen wir mal bei einer Potentierung von D29 nach D30 zu einem völlig anderen Produkt führen? Und - schließlich "vergessen" die Wassermoleküle nichts - wie wird verhindert, dass solche Moleküle später wiederum "verschüttelt" werden? Und könnte man nicht - zur Verhinderung von Erkältungen und / oder Grippe einfach eine einzige Tollkirsche im Wasserwerk einer großen Stadt ... ehm ... applizieren?



    Fragen über Fragen

    • @Kaboom:

      Spannende Fragen. :-)

      Ich wüsste gerne die Antwort eines Homöopathen.

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    1. Homöopathie ist Humbug und selbst Katholizismus kann ich mehr Nützliches abringen.

    2. Wenn Leute das unbedingt wollen, ist es deren Problem. Insofern bin ich gar nicht unglücklich darüber, dass reguläre Ärzte das anbieten. Da gibt es immerhin sie Chance, dass die die Notbremse ziehen, wenn sie erkennen, dass Selbstheilung nicht mehr der Weg ist.

    3. Und wenn Homöopathie-Patienten faktisch unbehandelt versterben, ist mir das eigentlich auch egal. Vielleicht sterben nicht genug unbehandelt oder immer noch zu spät, um Darwin eine Chance zu lassen.

    4. Gefährlich wird es allerdings dann, wenn Homöopathen - Patienten wie Heilpraktiker - die Gesellschaft mit ihren Glaubenssätzen zu torpedieren.

    Selbst Nazis wollen ja nur das Beste - Methoden und Auswahl der Heilsempfänger sind eben fragwürdig. Das kann man so auch über die Homöopathen sagen...

    In der Verantwortung von Ärzten - und natürlich gibt es auch da immer Idioten - finde ich das vertretbar, wenn's die Leute glücklich macht. Kindern Zuckerkugeln zu geben, wenn sie sich das Knie aufgeschüft haben ist super! Kann ich jedem empfehlen. Aber es ist nicht die adäquate Behandlung, wenn das schon Bein ab ist...

    Das Heilpraktikerunwesen muss unbedingt beendet werden! Diese lächerlichen Unschädlichkeitsprüfungen sind vollkommen unzureichend. Und wenn wir die Heilpraktiker mal los sind, dann beruhigt sich die Szene auch, weil dann die Ideologen auf der Heilerseite in ihrer Aktivität ziemlich behindert sind.

    Man muss Homöpathie nicht verbieten - man muss die Prediger entfernen!

  • RS
    Ria Sauter

    Es amusiert mich immer wieder, wenn es solche Artikel gibt mit den dazugehörigen Kommentaren.

    Wer heilt hat recht. Die Homöopathie hat dchon vielen sehr geholfen.



    Also soll doch jede/r Mensch nach seiner Einschätzung gesund werden.



    Ich nutze beides und habe von beiden Methoden schon sehr profitiert.



    Bleibt gesund egal wie!

    • @Ria Sauter:

      Ich wundere mich immer, dass engagierte Gegner und lautstarke Ablehner der Homoöpathie fast immer Männer sind. Ich bin auch dagegen und auch keine Frau, aber trotzdem.

  • Naja, ist es nicht irgendwie langweilig, ständig die Homöopathie und eigentlich jede Form von „alternativer“ Heilweise zu dissen. In der Regel gehen die meisten Menschen, die nicht der Schulmedizin folgen, verantwortungsbewußt mit ihrem Körper um und verursachen den Krankenkassen dadurch weniger Kosten. Aber klar, ist halt en Vogue und letztendlich ist das „linke“ Narrativ eben auch eines vom Sieg der Technik und des Fortschritts über alle Übel. Ich finds blöd und ziemlich einseitig.

    • @Dr. Doom:

      Er hat sie doch gar nicht gedisst.

      "Es ist natürlich legitim, Homöopathiekritiker erklären zu lassen, dass das alles keinen Sinn ergibt. Aber besser ist es, die Homöopathen erledigen diesen Job selbst."

      Das haben die ganz alleine erledigt.

      • @Jim Hawkins:

        Alt ist gut!



        ...Fleisch, Gemüse, Suppe, Butter, Brot, Obst, Kompott und Nachspeise sind während der Grippe tunlichst zu vermeiden – Homöopathen lecken am besten täglich je dreimal eine Fünf-Pfennig-Marke, bei hohem Fieber eine Zehn-Pfennig-Marke.....



        Lachhomöopathie:



        Rezepte gegen Grippe



        www.textlog.de/tuc...ezepte-grippe.html

        • @Ringelnatz1:

          Danke für den Link. :-)

        • @Ringelnatz1:

          Kannste mal sehen. Der Mann wusste schon vor 90 Jahren, dass das ein Humbug ist.

          Oder anders gesagt, wem lecken an Briefmarken hilft, dem sei das als Therapie natürlich gegönnt.

    • @Dr. Doom:

      Na,ja. Es geht ja nicht einfach darum, dass jemand Zuckerkugel mag.



      Das Eigentliche dahinter sind die Verzerrungen, die Ablehnung von Wirksamkeitsnachweisen, und ein Weltbild, dass auf Geschichten beruht, aber sich einer kritischen Überprüfbarkeit entzieht. Die Kriterien verschimmen, was Fakten sind und was einfach Glauben ist.



      Die Impfskeptisch ist unter Homöopathienanhänger besonders weit verbreitet.



      Pharmaunternehmen wird ihre Gewinnorientierung vorgeworfen. wer Zucker zu völlig überzogenen Preisen als Medizin verkauft, dem kann man kaum Seriösität bescheinigen. Verantwortlichkeit auch nicht.



      Und ironischweise haben die Nazis, denen viel ander Homöopathie lag (gegen die "verjudete" Schulmedizin) nicht umhin gekonnt, zu erkennen, dass sie nicht funktioniert.

    • @Dr. Doom:

      "Schulmedizin" ist evidenzbasierte Medizin. Gäbe es Evidenz für die Wirksamkeit der diversen traditionellen/alternativen/spirituellen/... Methoden wären diese von der "Schulmedizin" längst anerkannt selbst dann wenn deren Wirkmechanismus weiterhin ungeklärt wäre. Es geht also mitnichten um ein Narrativ "vom Sieg der Technik und des Fortschritts" sondern schlicht um fehlende Evidenz der Wirksamkeit.

      • @Ingo Bernable:

        ist es nicht absolut evident, dass Homöopathische Mittel keine Nebenwirkungen haben können!? Und als Bestandteil einer Lebensführung, der nicht jeden Dreck wahllos in sich hinein schüttet, wäre er, wenn der konkrete Mensch meint es zu brauchen sehr effektiv.

        Lange Rede kurzer Sinn, man kann Musik nicht auf Schallwellen reduzieren und Homöopathie nicht auf reduzierte Wirksamkeittketten.

      • @Ingo Bernable:

        Deutlich weniger als die Hälfte aller Interventionen der konventionellen Medizin erfüllen die Anforderungen der Evidenz der ersten Säule der EBM (Studienevidenz nach neuestem wissenschaftlichen Standard). Nach den EBM-Regeln gehört die Einzelmittel-Homöopathie zusammen mit 40% sämtlicher medizinischer Interventionen in den Bereich: wahrscheinlich wirksam, weitere Studien erforderlich. Auch wenn es weiterhin in der Debatte hartnäckig geleugnet wird gibt es sowohl in der Versorgungsforschung, bei den randomisierten kontrollieren klinischen Studien, Grundlagenforschung und in den Metaanalysen mehrheitlich eine Evidenz für Wirksamkeit von potenzierten Arzneien und die Homöopathie als Therapiemethode. Das diese Tatsache nicht anerkannt wird liegt eher an einem mißverstandenen naturwissenschaftlichen Weltbild vieler medizinischer Akteure als an fehlender Evidenz.

        • @Holger Passfeld:

          "Das diese Tatsache nicht anerkannt wird liegt eher an einem mißverstandenen naturwissenschaftlichen Weltbild vieler medizinischer Akteure als an fehlender Evidenz."

          Wie kann man denn ein naturwissenschaftliches Weltbild missverstehen?

          Kann man beispielsweise die Schwerkraft missverstehen?

          • @Jim Hawkins:

            Dass man etwas nicht durch und durch bis ins Letzte versteht, ist nicht das ausschlaggebende Argument, ob etwas wissenschaftlich ist oder nicht.

            Niemand versteht wirklich, wie Schwerkraft funktioniert, nicht einmal Einstein. Aber man kann Schwerkraft jederzeit im Labor experimentell und wiederholbar erforschen. Genau das geht mit Homöopathie aber nicht. Den damit "behandelten" Patienten geht es nicht besser oder schlechter als unbehandelten, mit gutem Zureden oder mit Placebos versorgten Patienten. Das ist die einzige nachweisbare Erkenntnis zu dem Thema.

          • @Jim Hawkins:

            Zum Beispiel indem man/frau es als einen geschlossenen Raum versteht in dem kein Platz ist für Dinge, die sich mit dem bisher bekannten Wissen nicht ohne weiteres erklären lassen. Und die Bereitschaft zuzulassen, dass auch als Fundament verstandene Grundannahmen der Naturwissenschaft immer nur das heutige Wissen widerspiegeln.

            • @Holger Passfeld:

              Das stimmt natürlich, sie bildet den state of the art ab.

              Mir fehlt allerdings die Fantasie dafür mir vorzustellen, dass es mal eine Zeit geben wird, in der man das Besprühen von Zuckerperlen mit Wasser, das nichts enthält, als anerkannte Methode zur Herstellung eines Medikaments wahrnimmt.

              So wie ich mir nicht vorstellen kann, dass jemand den Beweis der Existenz einer Gottheit liefert.

        • @Holger Passfeld:

          "Auch wenn es weiterhin in der Debatte hartnäckig geleugnet wird gibt [...] mehrheitlich eine Evidenz für Wirksamkeit von potenzierten Arzneien und die Homöopathie"



          Diese Behauptung ist falsch. Es gibt inzwischen etliche groß angelegte Meta-Studien die eine Evidenz eben nicht feststellen konnten.



          de.wikipedia.org/w...pathie#Wirksamkeit (Primärquellen dort verlinkt.)

        • @Holger Passfeld:

          "wahrscheinlich wirksam, weitere Studien erforderlich"

          Homöopathie?

          Wo haben Sie das denn her? Es gibt zahlreiche Studien, die nur eines beweisen: Homöopathie wirkt nicht über den Placebo-Effekt hinaus.

          Und der mag ja nett sein, er ist aber weder verlässlich, noch kann er allein Grund für zB eine Kostenübernahme durch die Kasse sein. Denn der Placebo-Effekt wirkt zB mit Sicherheit auch, wenn Tiere zwecks Austreibung von Krankheitsdämonen geopfert werden. Auch da würde niemand auf die Idee kommen, dass man künftig Tieropfer als alternative Heilmethode betrachten ("wahrscheinlich wirksam, weitere Studien erforderlich") und gar die Kosten für den Erwerb des Tieres von den Kassen erstatten könnte.

    • @Dr. Doom:

      Es gibt keine alternative Heilweise. Alternativmedizin, die funktionieren würde, würde man Medizin nennen.

      Schon der Begriff "Schulmedizin" ist ja nichts weiter als entlarvend. Man hat einen neuen, abwertenden Begriff erfunden, weil man sich mangels Wissenschaftlichkeit mit den eigenen Verfahren nicht in der echten Medizin durchsetzen konnte.

      Und mit seinem Körper kann man auch verantwortungsbewusst umgehen, ohne dass man Scharlatanerie hinterherläuft.

      • @sart:

        Es hat sich deshalb auch schon länger der Begriff der konventionellen Medizin durchgesetzt als ein Teil der integrativen Medizin.

        • @Holger Passfeld:

          Auch dieser Begriff unterstellt ja, dass Dinge getan werden weil sie Konvention sind und nicht deshalb weil ihre Wirksamkeit erwiesen ist.

    • @Dr. Doom:

      Also, die eine Esoterikerin in meiner Verwandtschaft ist auch Impfgegnerin und verweigert Masken, wo es nur geht.

      Hat natürlich gleich zweimal Covid-19 bekommen. War beide mal absolut nicht schön. Sehr pfleglicher Umgang mit dem Körper.

      • @Suryo:

        Also mein linker Nachbar von der MLDP, der schwört auf die kleinen Kügelchen!

  • ..... In der Homöopathie stellen sich viele gern als Opfer dar.

    Aber diese Frau ist Ärztin. Sie übernimmt Verantwortung für ihre oftmals auch schwer kranken Patienten. Sie muss aufklären, sie muss Rede und Antwort stehen zu der Therapie, die sie anbietet. Und wenn da irgendwelche Zweifel bestehen, sollte sie dankbar sein, mit diesen Zweifeln konfrontiert zu werden. Da würde ich von ihr erwarten, dass sie nicht ruht, bis diese Zweifel aus dem Weg geschafft sind. Das ist ihr Job....



    Hoch-Potenzen bei chronischen Krankheiten, Niedrig-Potenzen bei akuten Beschwerden



    www.rbb24.de/kultu...e-unwiderlegt.html

  • Homöopathie kann in Bereichen funktionieren in denen die Schulmedizin nichts zu bieten hat. Da geht es um eine Mischung aus subtilen funktionalen Störungen und die begleitenden psychischen Belastungen. Oft kann die H. hier was erreichen was Schulmedizin nicht mal benennen kann. Ich war immer ein Freund auch des Placebo das manchmal mit unglaublichen Wirkungen aufweisen kann. Der Fakt, das die H. so beliebt ist, müsste doch stutzig machen. Welche Alternative wird den Menschen nach der Zerschlagung der H. angeboten? Am Ende sind es billige Zuckerkügelchen. Und wer kennt schon die ganze Wahrheit über die komplexen Wirkmechanismen eines Fein-Stoffs.

    • @llorenzo:

      Wenn die "Schulmedizin" es nicht benennen kann, ist es erstmal wissenschaftlich nicht nachweisbar.

      Darüber hinaus gibt es selbstverständlich den Placeboeffekt etc., aber sobald ich behaupte, dass Homöopathie darüber hinaus wirkt, bin ich etwa Betrüger oder Betrogener.

    • @llorenzo:

      Die Frage ist doch bereits: Gibt es denn hier überhaupt eine "ganze Wahrheit"?

    • @llorenzo:

      Mechanismen von Strukturen, die sich mit keiner Methode nachweisen lassen, die dann in Magen von konzentrierter HCl aufgelöst werden? Im Darm resorbiert dann ihre Wirkung entfalten? Das ist weit entfernt von jeder Logik.



      Was wirkt ist bestenfalls die Aufmerksamkeit eines Mitmenschen, auch der Gedanke daran wenn man den Globuli lutscht. Das sei unbenommen.

    • @llorenzo:

      Was ist ein Fein-Stoff?

      Wir wissen sehr genau, dass es so etwas wie Potenzierung einfach nicht gibt. Warum sollte irgendein Wirkstoff aufgrund von Schütteln stärker werden? Wenn das funktionierte, dann wäre ja jedes Bad im Meer ein Bad in einer Mischung von Hunderttausenden extrem stark wirkender Fein-Stoffe.

      • 0G
        05989 (Profil gelöscht)
        @Suryo:

        Was soll man sagen - also ein regelmäßiges Bad im Meer gehört zu den gesündesten Dingen, die man so machen kann... als wenn man nicht gerade im Hafenbecken eines Industriehafens badet... ;)

    • @llorenzo:

      Man könnte versuchen, die Menschen leibhaftig und ernsthaft über die Schulmedizin aufzuklären.

      Es gab mal eine interessante Frage (Quelle nicht parat) bezüglich dem Misstrauen gegen der klassischen Schulmedizin. Meisthäufigste Antwort: fehlende Zeit bei der Beratung. Folgefrage wieso sich diese Personen bei einem Homöopathen so gut verstanden fühlen. Antwort: mehr Zeit für die Beratung.

      Es sind im Grunde nicht die Zuckerkügelchen und energetischen Steine. Diese Gesundheitsberater nehmen sich einfach mehr Zeit. Und da sie keine Pillen verschreiben können und dürfen, sind Globuli und Akupunkturnadeln willkommene "Medizin".

      • @Mopsfidel:

        Und bei Homöopathie erhalten sie die Beratung bezahlt.

        Würden die Homöopathiefeinde erstmal dafür sorgen, dass Ärzte für reguläre Behandlung auch so viel Zeit für Beratung bezahlt bekommen, hätte ich viel weniger Bauchschmerzen mit ihren Argumenten.

      • @Mopsfidel:

        So ist es. Häufig, bei einem neuen Arzt, ist alles top für die Patienten. Dann spricht sich dies rum, er bekommt viele Kunden, und vorbei ist’s mit der Zeit.

  • Für Apotheken sind homöopathische Mittel ein Millionengeschäft. Ach.

    Die Krankenkassen haben sich zu Vasallen dieser Pseudowissenschaft gemacht. Kritisch.

  • Es ist kein Zufall, dass in den Gebieten Bayerns und Ba-Wü, in denen sich besonders viele Esoteriker, also auch Homöopathen, tummeln, die Impfquoten so niedrig sind - und damit auch die Todesarten so hoch.

    Es ist ein absolutes Unding, dass Homöopathie in Deutschland als legitime, "alternative" Medizin betrachtet wird. Das ist sie genausowenig wie die Opferung von Tieren zwecks Austreibung der Krankheitsdämonen. Die dürfte auch bei vielen Menschen einen Placebo-Effekt haben - und trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, das Tieropfer von Krankenkassen bezuschussen zu lassen.

    • @Suryo:

      "in den Gebieten Bayerns und Ba-Wü, in denen sich besonders viele Esoteriker, also auch Homöopathen, tummeln, die Impfquoten so niedrig sind - und damit auch die Todesarten so hoch."

      Woher haben Sie denn diese Information?

  • Der Filmemacher sollte mit dem selben Konzept mal das Thema Religionen thematisieren. Da wäre ich mal gespannt, ob das so viel andere ausgeht.

    • @Herbert Zahn:

      Religion ist eine andere Kategorie. Die kommen ja nicht unter dem Deckmantel einer Pseudowissenschaft daher, sondern sagen offen und ehrlich, dass um Glauben geht, nicht um naturwissenschaftliche Evidenz. Ich spreche als Christ nur fürs Christentum: Mir ist klar, dass ich die Existenz des Schöpfers von Raum und Zeit nicht mit räumlich und zeitlich begrenzten Beobachtungsmethoden beweisen kann. Wenn es so wäre, dann wäre Gott nicht Gott, sondern selbst nur ein begrenztes Wesen und meiner Anbetung nicht würdig.

    • @Herbert Zahn:

      Der Unterschied ist, dass Theologen (oder wen auch immer Sie mit Religionen meinen) Religion nicht als Naturwissenschaft darzustellen versuchen. Es mag eine Young-Earth-Creatonists in den USA geben, die den Versuch unternehmen, die Bibel als Art naturwissenschaftliches Lehrbuch darzustellen, aber die meisten Kirchen sind deutlich weiter.

      Homöopathen dagegen tun so, als sei Homöopathie KEINE Glaubenssache, als sei sie KEIN Magisches Denken, sondern Wissenschaft. Und genau diesen Irrglauben entlarvt der Film, wie ich das Interview verstehe.

      • @Suryo:

        So ist es. Der Homöopath an sich soll tun was er will. Dadurch, dass er sich als Wissenschaftler aufspielt, muss er sich der wissenschaftlichen Kritik stellen. Und beantwort die Kritik völlig unwissenschaftlich, mit Geschwurbel, mit Theorien, die in kaum einem Ansatz irgendwo anders zu finden sind, und die sich einer einfach auf dem Klo mal ohne Basis ausgedacht hat. Völlig kindisch ist der Sektor.

        • @sachmah:

          Richtig. Ich hätte nicht das geringste Problem mit Homöopathie, wenn Homöopathen sagen würden, dass Homöopathie Magie ist. Ich habe absolut kein grundsätzliches Problem damit, wenn Menschen an Astrologie glauben, Voodoopuppen benutzen oder den Mond anbeten. Weil dabei klar ist, dass es eben Glaubenssachen sind, die keine Wissenschaftlichkeit beanspruchen. Homöopathen in Deutschland (überhaupt in den deutschsprachigen Ländern) haben es über hundert Jahre geschafft, sich das Mäntelchen einer ernstzunehmenden Medizin umzuhängen. Dabei und deswegen kam ihnen auch immer wieder politische Unterstützung zu. Aber wenn es um Medizin, um die Gesundheit von echten Menschen geht, soll und kann der Staat nur auf naturwissenschaftliche Evidenz bestehen. Kirchen und andere religiöse Organisationen behaupten im Allgemeinen nicht, ein alternatives Gesundheitssystem anbieten zu können. Im Gegenteil - die ganzen kirchlichen Krankenhäuser in Deutschland arbeiten mit Sicherheit nicht mit Gesundbeten.

  • Den Film würde ich mir gerne mal anschauen, der wird aber leider zur Zeit nur in wenigen Kinos gezeigt.

    youtube.com/watch?...nguI&feature=share



    Trailer auf youtube

    • @Flachköpper:

      Also heißt es warten, bis die Doku gestreamt oder gesendet wird. Schade.



      Wischmeyer erklärt das aber auch Recht nett:



      youtu.be/TXnieMKJWeY