Entgegnung auf Vorwürfe an SPD-Politik: Sozialdemokratisches Klima
Die SPD blockiert eben nicht den Klimaschutz. Sie will aber die Akzeptanz dafür nicht gefährden und denkt deshalb Soziales und Energiewende zusammen.
D ie SPD tut sich schwer mit der Energiewende, ja blockiert gar den Klimaschutz? Das zumindest hat ein Beitrag in der taz an dieser Stelle kürzlich behauptet. Die Gründe lägen einerseits in der Tradition als Partei der Kohlekumpel, ihrer engen Verwobenheit mit der Gewerkschaft IG BCE und vor allem in Verflechtungen von Sozialdemokraten mit der Fossilwirtschaft.
Dem möchten wir heute hier klar widersprechen. Nachdem wir lange nur über abstrakte Klimaschutzziele gesprochen haben, geht es jetzt daran, diese zu erreichen. Damit kommt Klimaschutz immer spürbarer im Alltag aller an. Erfolgreich wird das Unterfangen jedoch erst durch seine Umsetzung und – das ist wichtig – der Beantwortung der sozialen Frage.
Klimaschutz ist ganz klar in unseren sozialdemokratischen Grundwerten angelegt: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verlangen garantierte Lebensgrundlagen. Wir begreifen Klimaschutz auch als große Chance für mehr Wohlstand, gute Arbeitsplätze und eine lebenswerte Umwelt.
Das Bild ist oft bemüht – aber schon Willy Brandt erhob 1961 Umweltschutz zu einem vorrangigen politischen Ziel der SPD mit den Worten: „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden!“ Das aber war nur der Anfang. Der Atomausstieg und das Erneuerbare-Energien-Gesetz sind Meilensteine der Klimapolitik, die Sozialdemokraten wie Hermann Scheer und Erhard Eppler entschieden vorangebracht haben. Die sozialdemokratische Umweltministerin Barbara Hendricks gestaltete das Klimaabkommen in Paris 2015 maßgeblich mit.
ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag
ist Sprecherin für Klimaschutz und Energiepolitik der SPD-Fraktion
Alleinstellungsmerkmal der SPD
Klima und Soziales, Arbeit und Umwelt stets zusammenzudenken ist ein Alleinstellungsmerkmal der SPD. Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist nicht verhandelbar. Und dennoch übersehen wir das gesellschaftliche Konfliktpotenzial von schlecht gemachter Klimapolitik nicht. Wir wissen, es drohen gesellschaftliche Verwerfungen, wenn wir nicht alle Menschen mitnehmen.
Dazu müssen wir die Mehrheit der Bürger:innen von der sozial-ökologischen Transformation begeistern und dürfen keine Gruppe entstehen lassen, die sich so abgehängt fühlt, dass sie im schlimmsten Fall die Mehrheit gegen den Klimaschutz aufbringt.
Wir haben deswegen 2018 die Einsetzung der Kohlekommission durchgesetzt. Das Ziel der SPD ist aufgegangen: Wir haben Betroffene zu Beteiligten gemacht.
Zeit vor den Fridays for Future
Seit 2010 forderte die SPD das Klimaschutzgesetz – 2019 haben wir es gegen den Widerstand der Union durchgesetzt. Das war, bevor es die großen Demonstrationen von Fridays for Future gab. UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete in seiner Rede im Deutschen Bundestag das Klimaschutzgesetz als „international vorbildlich“. Das unter Rot-Grün im Jahr 2000 eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz rief weltweit zur Nachahmung auf und hat den internationalen Aufschwung der erneuerbaren Energien in Gang gesetzt.
Wir sind überzeugt: Der Markt allein ist nicht nachhaltig. Wer Klimaschutz ausschließlich über den Preis erreichen will, sorgt dafür, dass vor allem Menschen mit wenig Geld Verzicht üben müssen, solange sie keine klimaneutralen und bezahlbaren Alternativen haben. Wohlhabende können sich hingegen jede Klimasünde leisten.
Für die SPD ist der Kampf gegen den Klimawandel deshalb immer auch eine Gerechtigkeitsfrage. Die Folgen des Klimawandels treffen nicht alle Menschen gleich. Benachteiligte Bevölkerungsgruppen sind überproportional betroffen, gesundheitlich und ökonomisch. Die Klimakrise verschärft somit soziale Ungleichheiten. Ökologische Nachhaltigkeit wird es nicht ohne soziale Nachhaltigkeit geben. Sonst verspielen wir die inzwischen hohe Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen. Und wenn das passiert, sind auch die Grundfesten der Demokratie in Gefahr.
Es war schließlich auch die SPD, die die Energiepreisbremsen erkämpft hat. Energie muss für Wirtschaft und Bevölkerung bezahlbar bleiben. Die sozialökologische Transformation sehen wir dabei nicht als Gefahr, sondern als riesige Chance. Sie ist der große Treiber für Arbeit mit Zukunft. Dafür brauchen wir klare, verlässliche, konkrete Ziele und auch Druck, damit jedes Ministerium seinen Beitrag leistet. Darauf achten wir auch bei der Novelle des Klimaschutzgesetzes.
Genehmigungszeiten reduziert
Bundeskanzler Olaf Scholz weiß genau: In Deutschland müssen wir jeden Tag mindestens vier bis fünf Windräder, mehr als 40 Fußballfelder Photovoltaik-Anlagen, 1.600 erneuerbare Heizungen und vier Kilometer Übertragungsnetze bauen. Und auch die Verteilnetze müssen gestärkt werden. Da darf es kein Verzögern geben. Das neue Deutschland-Tempo, das wir bei beim Füllen der Gasspeicher und den LNG-Terminals an den Tag gelegt haben, brauchen auch die erneuerbaren Energien.
Aber die schnellstmögliche Unabhängigkeit von fossiler Energie – und deren Importen – verlangt, die Genehmigungs- und Planungsverfahren zu vereinfachen. Tatsächlich haben wir im ersten Jahr der Regierungszeit der Ampel bereits die Planungs- und Genehmigungszeiten für Netze und Windräder erheblich reduziert. Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat nun gesetzlichen Vorrang vor anderen Rechtsgütern. Wir gehen damit auch den seit Jahren bestehenden Dauerkonflikt zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren und dem Naturschutz an.
Schwerpunkt unserer Politik ist der maximale Ausbau erneuerbarer Energien. Nur sie garantieren künftigen Wohlstand und Teilhabe. Und wir haben in dieser Legislatur schon viele Hindernisse für den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien beseitigt, müssen aber noch viele weitere ausräumen. Nur das ist eine sozialdemokratische Klimapolitik.
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