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Empfehlung des WWF für DeutschlandPrepare for the bear!

Bärenbesuche hierzulande nehmen zu, warnt der Umweltverband WWF. Die Leute müssten lernen, stehen zu bleiben, wenn man einem der Tiere begegnet.

Ursus arctos auf Nahrungssuche: Junger Braunbär im Nationalpark Mala Fatra in der Slowakei Foto: S. Gerth/blickwinkel/imago

Berlin taz | Nach dem tödlichen Bärenangriff in Italien fordert die Umweltorganisation WWF, sich auf die Rückkehr der Tierart nach Deutschland einzustellen. „In Zukunft werden wir bestimmt – das ist wahrscheinlich noch eine Weile entfernt – mehr regelmäßige Bärenbesuche in Deutschland haben. Und darauf können wir uns jetzt vorbereiten“, sagte WWF-Bärenexpertin Sybille Klenzendorf am Mittwoch bei einer Videokonferenz des Verbands. Außer zum Schutz von Weidetieren, etwa durch Zäune, riet sie bereits jetzt zur „Vorbereitung der Öffentlichkeit, dass man eben nicht panisch reagiert, wenn man wirklich einen Bären trifft“. Vielmehr solle man zunächst ruhig stehen bleiben und wenn das Tier stoppt, sich langsam zurückziehen. Bei einem Angriff müsse man sich tot stellen.

Der 26 Jahre alte Jogger in der norditalienischen Region Trentino habe das nicht beherzigt. „Der hat sich richtig gewehrt, wie man an den Verletzungen erkennen kann“, so Felix Knauer, Wildbiologe an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der mit Bären in Italien gearbeitet hat. Es sei aber sinnlos, gegen solche Tiere zu kämpfen: „Die sind stärker als jeder starke Mann.“ Knauer ergänzte, dass im Trentino „nicht wirklich propagiert“ werde, sich bei einem Bärenangriff tot zu stellen. Sich flach auf den Bauch zu legen, soll dem Tier zeigen, dass man keine Gefahr darstellt. Die Braunbärin, die den Jogger Anfang April getötet hat, wollte Knauer zufolge ihre Jungen verteidigen. So wie vor zwei Jahren, als sie bereits einen Menschen angegriffen habe. Der Wildbiologe kritisierte, im Trentino seien zu wenig auffällige Bären „entnommen“ – also zum Beispiel geschossen – worden, obwohl die Population mit rund 100 Tieren dafür groß genug sei. Das müsse aber mit Bären geschehen, die angreifen, wenn man sie aus kurzer Distanz überrascht: „Das ist der Preis, den man in einer Kulturlandschaft zahlen muss.“

Als Vorbild nannte Knauer Slowenien, wo mehr als 1.000 Braunbären lebten und die Zahl der Tiere pro Fläche sechsmal höher sei. Die Menschen dort wüssten, dass man sich bei einem Angriff nicht wehren dürfe. Sie hätten, anders als im Trentino, schon lange Erfahrung mit einer stabilen Bärenpopulation. „Das andere ist: Die Slowenen schießen halt jedes Jahr ziemlich viele Bären, über 100 Bären, was bei 1.000 Bären überhaupt kein Problem ist, die Population wächst trotzdem“, so Knauer. Alle Bären, die „Probleme mit Menschen machen“ oder Haustiere angreifen, würden getötet. Doch auch einige unauffällige Tiere würden geschossen, um die Population zu begrenzen. Allerdings seien auch in Slowenien schwere Unfälle möglich. Der letzte tödliche Zwischenfall sei 1980 gewesen. Von 2017 bis 2021 wurden laut Slovenia Times 10 Bärenangriffe auf Menschen gemeldet.

In Deutschland gilt der Braunbär als ausgestorben. In den vergangenen 5 Jahren wurden laut WWF nur ab und zu einzelne Tiere in Bayern nachgewiesen, die nicht dauerhaft dort lebten. Vergangene Woche riss ein Bär nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Umwelt drei Schafe im Landkreis Rosenheim an der Grenze zu Österreich. Knauer schätzte, dass in Zukunft ein „paar Dutzend Tiere“ im deutschen Alpenraum denkbar seien, die sich dann aber mangels Platz zusätzlich in Österreich aufhalten würden. Sie würden „sehr sicher“ nicht etwa in den Bayerischen Wald oder den Schwarzwald weiterziehen, da es dorthin keine bewaldeten Verbindungskorridore gebe, auf die die Art hierzulande angewiesen sei.

Auffällige Bären müssten entnommen werden, sagt Wildbiologe Knauer

Viele Bauern sehen die vergleichsweise tier- und naturfreundliche, aber oft nicht sehr lukrative Viehhaltung auf der Weide durch Bären zusätzlich gefährdet. Die Schafe in Bayern seien aber schlecht geschützt gewesen vor Angriffen durch Raubtiere, sagte Moritz Klose, WWF-Wildtierexperte für Deutschland. Elektrozäune und Herdenschutzhunde, die Wölfe abhielten, eigneten sich „grundsätzlich“ auch gegen Bären. „Jetzt zeigt sich aber auch, dass Bayern da vielleicht von staatlicher Seite das Thema ein bisschen versäumt hat in den letzten Jahren.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) solle – statt Wolfsabschüsse zu fordern – dafür sorgen, dass der Staat die Tierhalter beim Herdenschutz ausreichend berät und auch finanziell unterstützt.

Angesichts des Artensterbens sei es „unsere Verantwortung“, das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren zu ermöglichen, so Klose. „Das macht unsere Natur ein Stück weit reicher.“ Bären seien wichtig als Verbreiter von Pflanzensamen und zur Regulierung der Populationen ihrer Beutetiere, ergänzte Klenzendorf. Weltweit gebe es 200.000 bis 250.000 Braunbären. In Europa lebten sie vor allem in Rumänien, der Slowakei, Slowenien und Skandinavien. Auf den Roten Listen für die ganze Welt und Europa ist der Braunbär als nicht gefährdet eingestuft.

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18 Kommentare

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  • Und warum klappt das mit den Knallern? Weil die Bären eben auch geschossen werden und Knall mit Problemen verbinden...

  • Ich finde die vielen Klugscheißereien über das angebliche Fehlverhalten des getöteten Joggers unerträglich.

  • Er liebt Honig, Beeren und sicher auch leckeres Gemüse. Das reicht um hier in vielen Regionen Ärger und Zusammenstösse zu bewirken. Ausserdem bezweifel ich dass in den Regionen Transsilvaniens so viel Spaziergänger, Jogger und Biker unterwegs sind wie bei uns.

    Am meisten aber ärgert es mich, dass diese Artenschützer auch anfangen sich auf die "big five" zu konzentrieren, auf die wir mittels Jagd und Jagdrecht gut verzichten könnten. Es sind die kleinen tausend Arten die wir dringend zum Erhalt unserer Umwelt und unserer Lebensgrundlagen brauchen. Die gleichen Artenschützer fordern nämlich auch, dass Nutztiere im freien gehalten werden müssen, wo sie bei Nahrungsmangel immer wieder Opfer für Wolf, Luchs, ausnahmsweise auch Bär werden. Der Aufwand der den Landwirten (ja, mit aus Steuermitteln geförderter Unterstützung) zugemutet wird, ist heftig. Von der emotionalen Belastung ehrenwerter Tierhalter mal ganz abgesehen.

    • @Heiner Petersen:

      Moinsen. Wer sind denn die „big five“ bei uns?



      Bär, Wolf, Luchs,……

      • @pesetenpaule:

        okay, dann sind es big three, habe mich verzählt.....

    • @Heiner Petersen:

      Die großen Raubtiere sind aber wichtig für das ökologische Gleichgewicht. So viele Jäger finden Sie in D nicht, um das zu ersetzen. Die Auflagen, wo und wie geschossen werden darf, sind für viele Leute so hoch, dass immer weniger Interesse an der Pflege eines eigenen Jagdreviers besteht.



      Und ohne die Entnahme von Rehen, Wildschweinen und auch Kleinräubern, funktioniert ein Wald nicht.

      • @Herma Huhn:

        Richtig die stärkere Entnahme, so sagten mir Revierförster, sei absolut wichtig. Nur wenn der Wolf das flächendeckend übernehmen soll, dann hätten wir ein Dichte mit ganz anderen Problemen.

        Ich habe als Landwirt absolut gut mit den Jägern kooperiert und wir konnten einen Wildschaden fast immer verhindern. Ohne Wolf! Und unsere Tiere konnten mit einfachen e-Zäunen draussen laufen!

  • Die Kritik, der Jogger "hat sich richtig gewehrt",ist angesichts des konkreten "Tathergangs" bei Laufgeschwindigkeit völlig absurd. Danach sollte am besten im Bären-Wald nicht mehr gejoggt werden. Das ist dann wohl selbst für den WWF eine absurde Forderung.

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    Jede/r Deutsche ist (oder sollte es sein) durch die Lektüre von Karl May bestens auf die Begegnung mit Bären vorbereitet. Man darf halt das Bowiemesser nicht vergessen.

    • @659554 (Profil gelöscht):

      Deutsche, die Karl May als übliche Lektüre betrachten, dürfen Ü60 sein.

      Der ist schon lange nicht mehr im Kanon.

  • In Deutschland wird jeder Bär erst einmal zum Problembär erklärt, rein präventiv, auch wenn er noch gar nicht hier ist und irgendetwas angestellt haben mag. Dann bekommt er noch einen Namen und die Ballerei darf losgehen. So ein Bärenfell vor dem Kamin will schließlich erjagd und nicht gekauft sein.

  • www.welt.de/print-...osystem-dient.html

    Warum die Rückkehr der Bären dem Ökosystem dient.

  • Den Rat zu befolgen, „sich totstellen und flach auf den Boden legen", wenn ein Bär angreift, halte ich für weltfremd. Das kann niemand. Man würde weglaufen und sich im letzten Moment vermutlich wehren und verzweifelt kämpfen, ob das nun klug ist oder nicht. Aber hinlegen in Angesicht der Gefahr? Widerspricht jedem menschlichen Instinkt auf das Verhalten bei Gefahr: Flucht oder Angriff.

    • @Svendura:

      Ah ja ........

    • @Svendura:

      Es gibt auf YouTube ein ziemlich beeindruckendes Video, wo der Filmer zwei Minuten langsam Und ruhig von einem Bären wegläuft. Der Bär kommt eher neugierig hinterher. Schließlich kommt er immer näher, dem Filmer zu nahe. Der sprüht einmal mit einem Abwehrspray Richtung Bärengesicht. Bär rennt sofort weg. Das scheint mir realistisch. Totstellen und dann von 600 kg Kampfgewicht beschnuppern lassen ohne zu zappeln, schafft doch fast niemand. Griffbereites Spray in Gebieten mit Bären und/oder Wölfen und wissen, wie man Kontakte möglichst vermeidet oder beendet, wäre für mich ein fairer Deal.

    • @Svendura:

      Und weil der Mensch ein Mensch ist, kann er lernen, gegen die Instinkte zu handeln, wenn sie keinen Erfolg versprechen. Das ist nicht weltfremd, sondern "nur" eine Frage der Übung.

      • @PezzeyRaus:

        UND eine Frage des Überlebens - des Bären & des Menschen!

        • @Rufus:

          Ich habe mal einen rumänischen Bären vor meinem Zelt, der sich Walderdbeeren einverleibte, mit einem "Radio-Podcast" über orthodoxe religiöse Gesänge vertrieben. Auch das ist eine Lösung. :-)



          Rumänische Forstbeamte nutzen übrigens SEHR laute Knaller, um Bären zu verscheuchen.