Ein Austauschjahr in der US-Provinz: Glaubst du etwa an die Evolution?
Mit 17 will unsere Autorin, ein linksliberales Berliner Großstadtgirl, nach New York – und landet unter lauter Trump-Fans in Minnesota. Was jetzt?
„Du verstehst es einfach nicht!“, schreit sie.
„Vielleicht verstehst du auch einfach mich nicht“, schreie ich zurück.
Mr Johnson, unser Politiklehrer, schaut leicht verzweifelt durch die Gegend. Noch nie ist in einer seiner Klassen so eine Kontroverse entstanden. Schon gar nicht über dieses Thema. „Vielleicht hörst du uns einfach nicht zu, Paulina“, sagt Mr Johnson schließlich, nachdem er seine Fassung wiedergewonnen hat.
Ich protestiere. Aber in Wirklichkeit haben sie beide recht. Nicht in der Sache, aber im Grundsatz: Es ist mein erster Tag an der Highschool, ich bin Senior, also im Abschlussjahr. Und ich verstehe überhaupt nichts. Das liegt nicht an der Sprachbarriere.
Ich habe die ersten 17 Jahre meines Lebens in Berlin verbracht. Tagsüber ökosozial engagierte progressive Privatschule, abends Party im Monbijou-Park oder an der Admiralsbrücke, Kreuzberg. Überzeugte Vegetarierin. Als sich die Frage stellte, ob ich ein Jahr an einer Highschool im Ausland verbringen will, dachte ich: New York City, Los Angeles, San Francisco? Ich komme!
Diner, Tankstelle, 99 Prozent Weiße
Es wurde dann die Mitte eines Kornfelds, wie wir hier sagen. Minnesota. 55 Autominuten von einer richtigen Metropole entfernt. Zumindest denkt man hier, dass Minneapolis eine richtige Metropole ist.
Meine Stadt hat 1.500 Einwohner. 99 Prozent davon weiße Hautfarbe. Eine lange Geschichte skandinavischer Zuwanderer. Eine Hauptstraße, wie man sie aus Filmen kennt. Tankstelle, Feuerwehrhaus, Diner, Pizzeria, Bar, dann ist man wieder draußen.
Als die Benachrichtigung gekommen war, wo ich landen würde, hatten meine Eltern gesagt: „Hey, Wahnsinn, ein Jahr im echten Amerika verbringen.“ Was sie damit meinten, war mir nicht klar. Aber ich weiß noch, dass ich mich unbesiegbar fühlte.
Und jetzt sitze ich in Mr Johnsons Klasse und habe das Gefühl, die Welt gehöre mir weniger als je zuvor. Wieso protestiert hier keiner außer mir, wenn Homosexuelle diskriminiert werden? Warum schweigt Mr Johnson? Als ich an diesem ersten Tag von der Schule nach Hause gehe, kann ich es nicht fassen. Das sollen die USA sein?
Es gibt eine Reihe sogenannter sensitive topics, sensibler Themen, bei denen die Lehrer angehalten sind, Konflikte nur einzugehen, wenn sie der schulischen und persönlichen Entwicklung der Schüler nicht schaden. Die Lehrer sollen auf keinen Fall Position beziehen. Das ist aber im Klassenzimmer sehr schwer umzusetzen, sodass der arme Mr Johnson häufig versucht, sensible Themen ganz zu vermeiden. Aber manchmal nehmen die Dinge dann einfach ihren Lauf.
„Hillary kills babies“
Ich werde in der Politik-Klasse neben Ashlie gesetzt. Das ist das Mädchen, mit dem ich am ersten Tag die Auseinandersetzung hatte. Ashlie ist sehr hübsch, sehr sozial engagiert, sehr religiös und hat, wie viele hier, sehr viele Geschwister. In ihrem Fall sind es zehn.
Als wir über die Vor- und Nachteile der Präsidentschaftskandidaten diskutieren, krächzt sie nur: „Hillary kills babies.“ Hillary tötet kleine Kinder.
Ich beschließe, nicht mehr mit ihr zu sprechen.
Hillary ist „pro-choice“, das gilt hier als gar nicht gut. Trump ist „pro-life“, das finden alle super. Um es weniger US-amerikanisch auszudrücken: Hillary ist für legale Abtreibungen, Trump ist dagegen.
Hillary mag auch sonst keiner. Präsident Obama auch nicht. Im Lauf des Schuljahrs reden wir vor allem darüber, was an Donald Trump alles gut ist.
Die Vorteile Trumps
Einmal bittet mich Mr Johnson, die Vor- und Nachteile Trumps vor der Klasse zu benennen. Ich informiere mich vor allem über die Website der New York Times, die ihn jeden Tag aufs Neue als verlogen, rassistisch und inkompetent beschreibt. Daher fallen mir auf Anhieb keine positiven Aspekte von Trump ein.
„Na ja, schwierige Frage“, stottere ich. „Er ist reich, vielleicht kann er etwas an die Bevölkerung abgeben.“
Neben mir fängt Ashlie an zu schnauben. Und zwar so laut, dass Mr Johnson nicht umhinkann, sie zum Sprechen aufzufordern. „Das Tolle an Trump ist nicht, dass er seine Kampagne selbst finanziert oder uns etwas von seinem Geld abgeben könnte. Wozu wollte ich Geld, das ich mir gar nicht verdient habe? Geld und Materielles sind für mich nur wirklich befriedigend, wenn ich es mit meinen eigenen Händen verdient habe.“
Beim Reden wird Ashlie immer lauter, und als ich mich schon freue, dass sie fertig ist, fängt sie wieder an. „Trump zeigt uns, dass der amerikanische Traum Wirklichkeit ist. Er lebt uns vor, dass wir alles erreichen können und uns nicht für unsere eigene Meinung schämen müssen. Mit Trump versucht endlich mal jemand, uns nicht vorzuheucheln, was für ein Gutmensch er ist.“ Das sagt sie wirklich. Genau so. Ich schwöre es.
Viele meiner Klassenkameraden nicken.
Ich fühle mich wie in einem Paralleluniversum. Ich bin nicht mehr in Berlin, auf meiner Schule, an der Lehrer ihre politische Meinung offen darlegen und Schüler das ebenfalls tun. Ob die Lehrer das in Deutschland dürfen, weiß ich nicht, unsere tun es jedenfalls. Hier in meinem winzigen Dorf in Minnesota ist nicht mein ganzes Umfeld grün, links, gegen die AfD und auch sonst mit mir einer Meinung, was gut und was böse ist. Was geht und was gar nicht geht.
Glaubst du an die Evolution?
In Berlin sage ich: Die Homo-Ehe ist selbstverständlich, die Evolutionstheorie ist wahr, die Frauenquote ist wichtig, das Arbeitslosengeld ist super, Gott gibt es nicht, aber global warming ist eine reale und große Menschheitsbedrohung.
In Minnesota kann ich nichts davon sagen. Überhaupt reden wir nie wieder so direkt wie in jener ersten Stunde, sondern nur noch drumherum.
Im Biounterricht schreiben wir eine Arbeit über den Urknall. Als Ashlie alle Fragen durchstreicht und dafür die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel hinschreibt, bekommt sie die volle Punktzahl.
Ein anderes Mädchen an unserem Tisch fragt: „Glaubst du etwa an die Evolutionstheorie?“ „Na klar, zumindest ist sie realistischer als die Schöpfungstheorie“, antworte ich. Das Mädchen grüßt mich nie wieder auf dem Flur und scheint mich nicht einmal mehr zu sehen.
Minnesota ist ein Bundesstaat im Norden der USA an der Grenze zu Kanada. Die Hauptstadt ist Saint Paul, die größte Stadt mit etwa 380.000 Einwohnern Minneapolis.
Bei Präsidentschaftswahlen gewannen dort seit 1976 stets die demokratischen Kandidaten. Der letzte Republikaner, der hier siegte, war 1972 Richard Nixon.
Im Electoral College, das die US-Präsidentin oder den Präsidenten wählt, hat Minnesota 10 Wahlmänner von insgesamt 538.
Barack Obama bekam in Minneapolis und Saint Paul 2008 und 2012 je mehr als 60 Prozent der Stimmen. In umliegenden Countys erhielten jedoch seine Gegenkandidaten Mitt Romney und John McCain mehr Stimmen.
Umfragen zur Präsidentschaftswahl im November sehen Hillary Clinton im Bundestaat derzeit insgesamt vorn.
Als Ashlie das mitkriegt, grinst sie. „Die Menschen hier sind es nicht gewohnt, so etwas offen zu hören, Paulina.“ Sagt sie. „Und glaub jetzt bloß nicht, dass ich es hören will. Aber ich finde, du bist interessant.“
Das mit Ashlie hat sich unerwartet entwickelt. Ich tue mich die ersten Monate richtig schwer, Anschluss zu finden, geschweige denn Freunde. Überall sind unsichtbare Mauern. Es wird mir klar: Wenn ich auf meinen abweichenden Positionen bestehe, dann werde ich auch außerhalb der Gemeinschaft bleiben. Also allein. Weil, sonst ist da keiner. Irgendwann ist es so weit, ich habe meine Energie verbraucht und höre nur noch schweigend zu, wenn mal wieder jemand sagt: „Hillary for prison 2k16.“
Ein Football Game als Neubeginn
Aber dann, an einem Freitagabend, ruft mich Ashlie völlig unerwartet an und fragt, ob ich mit zum Football käme. Ich hatte ihr mal meine Nummer wegen eines gemeinsamen Referats gegeben.
Football? Mit Ashlie? Da ich aber sonst immer nur Dates mit Netflix habe, sage ich zu.
Es ist mein erstes Football Game, unsere Highschool gegen die Schule des nächstgelegenen Kaffs. Der ultimative Wochenhöhepunkt für den ganzen Ort. Die Schulband spielt, ist wirklich nicht schlecht. Die Football-Jungs gelten in der ganzen Schule als heiß. Die Zuschauer schreien so Zeug wie: „Let them bleed“, lasst die Gegner bluten.
Nach 20 Minuten bin auch ich angefixt. „Wir machen euch fertig, ihr Arschlöcher.“
Ups. Das ist mir wohl rausgerutscht, auf Deutsch, aber um mich herum auf der Tribüne sind alle total begeistert. „Arse-Loch“ ist eines der beiden deutschen Wörter, die alle kennen. Das andere ist „Gesundheit“. Spontan entsteht ein kleiner Chor, der „ihr Arschlöcher“ brüllt.
Und so finde ich also Anschluss. Von nun an nennt man mich „The German“. Aber ich bin drin. Und auch wenn Ashlie nicht im „Arschloch“-Chor ist, weil ihre Religion ihr das Fluchen verbietet – von diesem Tag an beginnen wir, uns immer besser zu verstehen.
Man kann hier nicht wählerisch sein
„Paulina, wenn du meine Meinung nicht teilst, dann versuche trotzdem, sie ernst zu nehmen und zu verstehen, warum ich dieser Meinung bin“, sagt sie. Klingt mir ein bisschen zu pastoral, aber ich kann hier wirklich nicht so wählerisch sein wie in Berlin.
Außerdem mag ich Ashlie.
Zum ersten Mal habe ich eine Freundin, mit der ich überhaupt nicht übereinstimme, was unsere Sicht der Welt betrifft, darüber, wie sie ist und wie sie sein sollte. Wir machen es amerikanisch und reden einfach nicht mehr drüber. Da der Politikkurs zu Ende ist, klappt das top.
Ich sehe jetzt die ganzen positiven Dinge an Ashlie. Sie denkt viel nach. Sie kümmert sich nicht ständig um ihr Aussehen wie die anderen. Sie fühlt sich am wohlsten, wenn sie unauffällig ist. Ihre Mutter ist supernett; wenn ich bei ihnen bin, kocht sie mir mit der größten Experimentierfreude vegetarisches Essen. Die elf Kinder händelt sie anscheinend nebenbei.
Beten für Brüssel
Am Wochenende gehe ich jetzt manchmal in die Kirche, sonst kommt man ja nirgendwohin. Nach dem Terroranschlag in Brüssel erwische ich mich bei dem Gedanken, für die Opfer und ihre Angehörigen zu beten. Ich rufe sofort meine Mutter an und heule los: „Hilfe, was ist, wenn ich zurückkomme und total anders bin?“ Eine homophobe Betschwester oder so.
Sie hält das für ausgeschlossen, aber ich bin mir da nicht mehr so sicher.
Mir wird klar, dass ich Ashlie am Anfang wirklich nicht verstanden habe, genauso, wie sie und Mr Johnson es gesagt hatten. Es gibt in unserem Dorf nur ein einziges homosexuelles Pärchen. Als ich die beiden das erste Mal sehe, wechsele auch ich die Straßenseite. Das liegt nicht daran, dass sie homosexuell sind, sondern an ihrem sehr, sehr ungepflegten Äußeren.
Aber für viele hier sind sie das einzige homosexuelle Pärchen, das sie in ihrem Leben gesehen haben. Sie denken, alle kämen so daher wie das eine Paar.
Mit der Zeit nehme ich zur Kenntnis, dass die meisten meiner Freunde die USA noch nie verlassen haben. Manche nicht mal Minnesota.
„Habt ihr in Deutschland überall Elektrizität?“
„Seid ihr Deutschen wirklich immer betrunken?“
„Was für eine Sprache spricht man in Deutschland?“
Das sind alles keine Fragen, die mir nur einmal gestellt werden.
Es stimmt, dass die USA sehr auf sich selbst konzentriert sind, aber es ist auch ziemlich schwer rauszukommen, geografisch. Großes Land. Berge, Meer, alles da. Viele sind noch nie mit einer anderen Sprache konfrontiert worden und haben daher eine unterschwellige Angst entwickelt. Die Angst, im Ausland nicht verstanden zu werden oder sich nicht zurechtzufinden, ist groß und wird von den Medien befördert.
Fox News läuft rauf und runter
Als ich immer mehr Zeit mit meinen US-amerikanischen Freunden verbringe, wird mir auch klar, woher sie ihre politischen Einschätzungen haben. In den meisten Haushalten läuft Fox News rauf und runter. Dort werden ständig Vergleiche zwischen Obama und Hitler gezogen. So wie ich das erlebe, ist Trump praktisch diesem Fernsehnachrichtensender entsprungen.
Beispiel: Eines schönen Montags sitzen wir in unserer Psychologie-Klasse bei Mrs Bellter. Das Bildungsversprechen lautet: College-Niveau. Aber es ist die erste Stunde, und ich bin somit dem Schlaf noch nah.
„Welcher Mann in der amerikanischen Geschichte wäre von der Mentalität mit Adolf Hitler zu vergleichen?“, fragt Mrs Bellter. Die Antwort kommt sofort: „Obama!“
Ich schrecke hoch, aber Mrs Bellter lacht bloß. Es ist eine rhetorische Frage, die sie nur zu ihrer eigenen und der Belustigung der Klasse stellt.
„Was ist eigentlich das Problem mit Obama?“, frage ich.
Alle lachen mich aus. Als ob das wirklich eine Frage wäre.
Aber, na gut, stupid: „Er will allen eine Krankenversicherung geben.“
Und: „Er will uns die Waffen wegnehmen.“
Mehr braucht man ja wohl nicht zu sagen.
Jagen ist hier das Hobby Nummer eins, die Angst vor dem Entzug der geliebten Waffen groß. Meine Gasteltern hatten mir auch sofort nach meiner Ankunft ein Gewehr in die Hand gedrückt.
Krankenversicherungen sind unfair
Als ich ihnen erzähle, dass in Deutschland alle krankenversichert sind, weil es eine Krankenversicherungspflicht gibt, sind sie gar nicht begeistert.
„Das ist doch total unfair, dass Menschen, die gar nicht arbeiten, trotzdem die gleiche Versicherung bekommen wie jemand, der Tag und Nacht schuftet. Wenn ich mir meinen Reichtum hart erarbeitet habe, dann wäre es doch unfair, wenn ich nicht auch eine bessere Krankenversicherung habe“, sagt mein Gastvater.
In meinem Politikunterricht in Berlin würden wir ihn darüber belehren, dass er auf eine Ideologie hereinfällt, die darauf aus ist, die Klassenunterschiede zu erhalten. In Minnesota akzeptiere ich, dass meine Gasteltern eine andere Vorstellung von Gerechtigkeit haben. Und auch von Freiheit. „Es sollte meine Entscheidung sein, ob ich eine Krankenkassenversicherung abschließe“, sagt meine Gastmutter. „Da ist der Mensch doch nicht mehr frei, wenn der Staat alles macht.“
Ich antworte: „Für mich ist Gerechtigkeit, wenn alle die gleichen Chancen haben.“
Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin in einem Land gelandet, in dem ein Hundeleben mehr zählt als das eines Muslims. Beim Mittagessen wird jetzt oft über die Angst vor dem IS und vor Flüchtlingen geredet. „Ich kann nicht glauben, dass Obama jetzt auch noch will, dass wir Flüchtlinge aufnehmen. Ich verstehe nicht, warum andere Länder die nicht nehmen können“, sagt mein Freund Paul.
Genau, sagen alle.
Als ich in moderatem Ton darauf hinweise, dass Deutschland nahezu eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat und fast alle anderen Länder die Verantwortung abschieben, wird es leise. „Vielleicht sollten wir ja ein paar nehmen aus Deutschland“, sagt Paul dann. In der nächsten Zeit traut sich keiner mehr, vor mir über die Flüchtlingskrise zu sprechen.
„Seid vorsichtig, in Minneapolis gibt es Lesben“
Wenn wir zum Shoppen in die Stadt fahren, werden wir vorher von den Erwachsenen gebrieft. „Seid vorsichtig, in Minneapolis gibt es Lesben“, heißt es einmal. Ein anderes Mal sagt die Mutter von Ashlie: „Wenn ihr muslimisch aussehende Menschen im Kaufhaus seht, rennt sofort raus.“
Erst mal weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Aber die Wahrheit ist, dass den Leuten seit 9/11 eine riesige Angst vor Terrorismus eingejagt wurde. Und die Angst verbinden sie mit Muslimen und somit auch mit muslimischen Flüchtlingen.
Sogar an meiner Dorfschule gibt es wöchentliche Terrorismusschutzübungen. Dann hallt es plötzlich aus den Lautsprechern: „This school is on a lockdown. Teachers, please secure your areas.“ Dann wird das Licht ausgemacht und die Tür abgeschlossen. Alle Schüler müssen sich unter ihre Tische setzen und dort eine Zeit lang ausharren. Terrorismus ist wahrscheinlich die größte Angst der Menschen hier. „Wir müssen die Lehrer bewaffnen“, sagt Mr Johnson bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit. Er vergisst oft, dass er keine politische Stellung beziehen soll.
Mit meiner Gastfamilie besuche ich auch amerikanische Großstädte. Nach meinen Maßstäben ist in New York, Chicago und Washington D.C. alles „normal“. Also in der Tendenz ähnlich wie in unseren Großstädten. Wie die Leute dort denken und reden, das erinnert mich an mein Berliner Leben.
Mir wird aber irgendwann klar, was alle mit dem echten Amerika gemeint hatten. Zu einem großen Teil ist die USA nicht New York, sondern das, was ich erlebt habe. Menschen, die in Dörfern zwischen Maisfeldern leben.
Was bitte wirklich niemand wissen darf
Und jetzt ist noch etwas Seltsames passiert. Meine amerikanischen Schulfreunde gehen aufs College, die meisten in Minnesota. Und ich bin wieder in Berlin, und meine Freunde hier sagen: „Zum Glück bist du nicht so amerikanisch geworden.“
Aber da bin ich mir nicht sicher.
Wenn einer meiner deutschen Freunde jetzt über „die Amerikaner“ spricht und darüber, wie bescheuert diese Idioten seien, Trump zu wählen, dann sage ich: „Du verstehst das nicht.“ Ich erkläre ihnen, dass sie vielleicht auch Trump wählen würden, wenn sie irgendwo zwischen Maisfeldern mit komplett anderen Werten aufgewachsen wären.
Ich hoffe sehr, dass Hillary Clinton Präsidentin wird. Ich hoffe es auch für die, die Trump wollen. Aber wenn ich an die Leute dort denke, sehe ich keine bescheuerten Idioten vor mir, sondern Menschen, die Trump gut finden und mir beigebracht haben, dass man respektvoll miteinander umgehen kann, auch wenn man fundamental anders denkt.
Das darf an meiner Schule keiner wissen, aber ich kann mir jetzt sogar vorstellen, mit jemandem in einer Beziehung zu sein, der CDU wählt.
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