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EU-Regel für Plastikflaschen in KraftBefestigte Deckel sind nun Pflicht

Ab dem 3. Juli müssen Deckel fest mit Flaschen verbunden sein. Die EU will so Plastikmüll etwa an Stränden vermeiden. Verbraucherverbände üben Kritik.

Der Dreh mit der EU-Regel: Der Deckel bleibt an der Flasche Foto: Frank Hoermann

Berlin taz/dpa | Ob beim Schluck aus der Colaflasche oder beim Einschenken der Milch: Kaum eine EU-Richtlinie hat in der jüngeren Vergangenheit derart in den Alltag der Menschen eingegriffen. Und die Gemüter derart erregt. Ab dem heutigen Dienstag müssen die Deckel in Deutschland fest an Plastikflaschen befestigt sein, so will es die Richtlinie zu Einwegkunststoff der Europäischen Union. Betroffen davon sind Saftkartons oder Einweg-PET-Flaschen mit einem Volumen bis zu drei Litern.

Vielen Ver­brau­che­r:in­nen sind die befestigten Deckel (oder „Tethered Caps“) schon untergekommen, denn die Verordnung ist in Deutschland bereits vor drei Jahren in Kraft getreten – allerdings mit einer dreijährigen Übergangsfrist, die nun abläuft. „Seitdem haben viele Unternehmen nach und nach ihre Getränkeverpackungen umgerüstet, um ab dem 3. Juli 2024 die neuen Anforderungen zu erfüllen“, teilte das Umweltbundesamt mit.

Die EU-Kommission will durch die Fixierpflicht Plastikmüll bekämpfen. Laut einer Studie gehören Deckel zu den Kunststoffteilen, die am häufigsten an den Stränden der europäischen Meere anschwemmen. Sie sollen künftig samt den Flaschen recycelt werden.

Verbraucherschützer üben Kritik

Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ist dagegen nicht überzeugt von den neuen Schraubverschlüssen: „Ich empfinde die Änderung der Verschlussart als wenig zielführend.“ Das Gesetz gehe am Kernproblem vorbei. „Wir verbrauchen viel zu viele Einwegprodukte“, sagte Heldt. „Deckel zu ändern, nützt der Umwelt erst mal nichts.“ Heldt zufolge verbrauchen die neuen Verschlüsse in vielen Fällen gar etwas mehr Material als die früheren Deckel.

Die Kritik von Verbänden und einfachen Nut­ze­r:in­nen ist auch im Bundesumweltministerium (BMUV) angekommen. „Dem BMUV ist bekannt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die fest verbundenen Deckel nicht nur positiv sehen“, teilte eine Sprecherin mit.

Das Ziel der Richtlinie sei es jedoch, die Umwelt durch geringfügige Maßnahmen zu schützen. Deswegen seien die befestigten Deckel bei bestimmten Getränkebehältern erforderlich. Wie stark die neue Vorgabe den Plastikmüll verringern könnte, weiß das Ministerium noch nicht, eine Bewertung soll 2027 folgen.

Verbraucherschützer Heldt fordert stattdessen klar einzuhaltende Vorgaben – etwa eine Regelung, um verpflichtend die Hohlräume bei Produkten zu reduzieren und dadurch den Verpackungsmüll zu verringern. Auch Verbote von unnötigen Umverpackungen wie Kartons bei Zahnpasta würden demnach zu einer Materialersparnis und Umweltentlastung führen.

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27 Kommentare

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  • Die Debatte läuft ab nach dem Motto, dass wir nicht weniger Spritverbrauch bei Autos brauchen, weil Autos ja sowieso doof sind. 🫠

  • Verstehe ich nicht warum das ein Problem sein soll, wer nen Nagelklipser hat kann das easy regeln.



    Bzw wer nicht in der Lage ist das zu regeln, den traue ich zu den Deckel getrennt zu entsorgen (wer macht sowas...) - passt also.



    Der Aufreger grad beim Milchkarton (beim Anderen Artikel) ist doch abartig, wer trinkt Milch aus dem Karton?! Ich trinke eh nur aus Glasflaschen wenn überhaupt.



    Niemanden bricht dadurch ein Zacken aus der Krone den er nicht selber richten könnte indem er seine Getränke selber herstellt.



    Ein winziger (und viel zu kleiner) Aufwand der im Plastikzeitalter angemessen erscheint.

  • Ein kleiner Faden, der zu weniger weggeworfene Deckel führt und dann ein massenhaftes Laberrabarber warum dass nicht sein darf und wir doch viel wichtigeres zu tun haben (als Deckel wegzuwerfen)

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Es kommt sicherlich bald ein Update, dass die Verbindung zwischen Flasche und Deckel unzerstörbar sein muss. Vorzugsweise aus Panzerstahl.



    (Ach, die EU. Wieder mal.)

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Ist nicht unzerstörbar. Sowas gibt's nicht.



      Wenn die Menschen nicht so dumm wären bräuchte man nicht achso dumme Regeln.



      Was das angeht kann die EU nicht schlimmer sein.



      (Ach, die Menschheit. Wieder mal.)

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Ich höre es schon raus. Sie gehören zu den Wenigen, die fünf Minuten den Schraubverschluss verdrehen bis er ab ist 🤓

      Gegen soviel Eigensinn hilft natürlich nur der echte Samurei-Pamzer-Draht.



      Ich denke auf die paar Eigensinndreher kann die supereinfache effektive EU-Regelung ganz gut verkraften.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        effektiv... (Winfried Kretschmann hat Recht. )

  • Die EU macht sich und den Umweltschutz mal wieder lächerlich. Statt ein europaweit einheitliches, standardisiertes Mehrwegsystem, etwa mit Bügelverschlüssen, zu installieren, wird mit sog. „Nudging“ erzwungen, dass Verpackungen in ihrer einfachsten Hinsicht unbrauchbar werden: Man gießt gegen den Deckel und am Glas vorbei!



    Ich reiße oder schneide die Deckel konsequent ab, wenn ich mal welchen begegne, die befestigt sind.

    • @Zangler:

      "Man gießt gegen den Deckel und am Glas vorbei!"

      Das passiert nur bei fortgeschrittener Stunde 🥳 und auch ohne Nudging. 🫠

  • Ich finde das eine super Idee. Endlich hat man etwas, das wirklich der Aufregung wert ist, und können die leidigen Diskussionen über Klimakatastrophen und Ukraine Kriege ad acta gelegt werden. Ausserdem liegt in der neuen Regel auch eine Chance bzw. Herausforderung für's Lernvermögen. Hatte es doch schon Jahrzehnte gedauert, bis die Menschen den Dreh raus hatten, dass man beim Kaffeetrinken den Löffel rausnimmt, bevor man die Tasse zum Gesicht führt, und sich dadurch millionenfache schwere Gesichtsverletzungen vermeiden liessen, gibt es nun eine ähnliche Challenge: wie rum muss ich den Deckel drehen, damit er mir nicht die Nase plattdrückt beim Trinken. Werden die Deutschen imstande sein, das zu lernen? Ich habe Zweifel, liegt doch der Schwerpunkt ihrer mentalen Aktivitäten derzeit beim Verfluchen und Verteufeln der Massnahme.

  • Ich muss ja schmunzeln, wenn da Beschwerden eingehen.

  • "Befestigte Deckel sind nun Pflicht."

    "die Verordnung ist in Deutschland bereits vor DREI Jahren in Kraft getreten – allerdings mit einer DREIJÄHRIGER Übergangsfrist"

    "Ziel der Richtlinie sei es jedoch, die Umwelt durch GERINGFÜGIGE Maßnahmen zu schützen"

    "eine Bewertung soll 2027 folgen"

    Für wie blöde hält uns Politik und Wirtschaft überhaupt???

    Oder sind wir bereits derart degeneriert?

    Kreuzfahrtschiff gebucht, mit dem Flieger in der Urlaub, neuer SUV (ist ja elektrisch) und mit dem neuen Schraubverschluss die Welt retten. Oje...

    • @Arnold Barenbrock:

      *Für wie blöde hält uns Politik und Wirtschaft überhaupt???*

      Eine rhetorische Frage ist ja eine Scheinfrage, auf die keine Antwort erwartet wird, weil die Antwort schon bekannt ist.

      Es werden weiterhin von unseren "Volksvertretern" die Tickets der Billigflieger mit Steuergeldern subventioniert. Ein Tempolimit scheitert seit Jahren an der "Porsche"-Partei, und das obwohl der Pkw-Verkehr in Deutschland rund 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr erzeugt. Das 49-Euro-Deutschlandticket ist angeblich nicht mehr finanzierbar und der Ausbau des ÖPNV schon gar nicht; für unnötige neue Autobahnen sind aber Milliarden Euro locker vorrätig. Und so weiter und so fort …

      Aber jetzt wird ja alles durch den nicht-abnehmbaren Plastikdeckeln besser. Die Natur erholt sich wieder und der Klimawandel wird sich bestimmt vor Schreck für die nächsten 1000 Jahre in eine Höhle zurückziehen.

  • Als jemand der massiv ungeschickt ist freu ich mich dass mir keine Plastikdeckel mehr auf den Boden fallen - könnten - denn ich kaufe fast kaum mehr Getränke in Plastikflaschen.

  • Der typische EU-Blödsinn.

    Etwa so sinnvoll wie Strohhalmverbote.

    Gehe ich in einen Supermarkt sehe ich ganze Wände voll von Einwegflaschen, auf die man jeweils mindestens einen Euro Umweltstrafgebühr erheben könnte oder ganz einfach 50 Cent Pfand.

    Lächerliche Nummer der EU. Ein Sieg der Plastik-Lobby.

  • Es ist natürlich gut, dass die Deckel nicht mehr im Meer schwimmen oder in der Gegend herumliegen ('wer wirft eigentlich Deckel weg, anstatt sie wieder auf die Flasche zu schrauben?'). Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz, spricht aber das wirkliche Problem an: „Wir verbrauchen viel zu viele Einwegprodukte“.

    Wem der befestigte Deckel an der Flasche stört, der wird ihn ohnehin "abdrehen", denn das schafft sogar ein 10-jähriges Kind. Dass die Deckel 'fest' mit den Flaschen verbunden werden müssen, haben sich wahrscheinlich wieder ein paar "intelligente" Politiker ausgedacht, die sich jetzt gegenseitig auf die Schulter klopfen und sich dafür loben. Vielleicht sollten Politiker lieber mal richtigen Umwelt- und Klimaschutz machen und den wahren Umwelt- und Klimaverbrechern auf ihre geldgierigen Finger hauen.

    Ich trenne auch schon seit Jahren meinen Müll und werfe besonders Plastik in die dafür vorgesehene Tonne. Ich frage mich allerdings schon des Öfteren, ob das ganze Plastikzeug tatsächlich 'aufgearbeitet' und 'recycelt' wird, oder doch irgendwann im Meer oder auf Müllhalden im Ausland landet, wo arme Menschen nach etwas suchen, was sie vielleicht noch gebrauchen könnten.

    • @Ricky-13:

      "Ich frage mich allerdings schon des Öfteren ..."

      Dass ihr "schon seit Jahren" abgetrennter Plastikmüll früher und aktuell immer noch im Ausland landet, wo ihr Müll von Kinderhänden sortiert wird, sollte ihnen bestens bekannt sein.

      www.nabu.de/umwelt...cycling/26205.html

      Da ist es natürlich willkommen einfach, wenn man die Verantwortung für Plastikmüllberge wie Sie bei Politikern abladen kann und sich selbst über einfachste effektive Lösungen mokieren kann.

      • @Rudolf Fissner:

        'Danke' für Ihren Kommentar, der wieder einmal sehr ausgewogen ist. Übrigens ist es immer sehr nett von Ihnen, dass Sie meine Kommentare mit 'Marilyn Monroe' als Wegweiser auch für andere Leser "beleuchten".

  • Also ich knubbel die Verschlüsse immer ab, weil sie beim "aus-der-Flasche-trinken" extrem stören.

  • Ja, das ist der richtige Weg! Den Plastikkram unbequem machen und auch ein spürbares Pfand fordern. Dann stellen die Leute ihr Konsumverhalten auch um.



    Man muss Cola und Co. Ja nicht in Plastikflaschen kaufen und wenn das viele nicht mehr machen, verschwindet das vom Markt. In manchen Bereichen funktioniert der Markt ganz gut.

  • Es ist doch immer die gleiche Soße. Im Kleinen irgendeine Aktivität entfalten und ein bisserl greenwashing seitens der Politik (Trinkhalm sag ich nur), im Großen, da wo Dinge verändert gehören, da passiert gar nix.

  • Gut gemeint ist manchmal das Gegenteil von gut. Ich reiss den Deckel ab. Er stört! Ich bin sogar weiterhin fähig ihn wieder fest zu schrauben, und schmeisse ihn nicht ins Meer. Auch die Flasche nicht und auch keinen Trinkhalm.

  • Das mit dem Deckel war mal ne gute Entscheidung der EU finde ich. Wer das blöd findet hat nicht mehr alle Deckel auf der Flasche. Und außerdem ist auf jedes Fläschchen Pfand drauf und nicht zu wenig.

  • Für mich ist das barrierefreier mit dem fest verbundenen Deckel, ich kann nicht so gut greifen und Gegenstände wie kleine Deckel fallen mir oft aus der Hand.

  • Wenn ich eine neue Kunststoffflasche öffne, reiße ich als erstes den Deckel von der Befestigung ab. Das ist beim Einschütten der Flüssigkeit mehr als hinderlich.

    • @Dirk Osygus:

      Ich bin auch grundsätzlich gegen all das - Deutschland allein kann die Welt nicht retten, sollen doch erst mal die Chinesen.....

  • Ja, ganz großes Kino - wann führen wir dieselbe Regelung für Kronkorken, Kork und Schraubverschlüsse ein?