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Vorstoß zu Bürgergeld-Aus für UkrainerSöder’sche Schrottidee

Frederik Eikmanns
Kommentar von Frederik Eikmanns

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder fordert, dass geflüchtete Ukrai­ne­r*in­nen kein Bürgergeld mehr erhalten. Sein Vorschlag ist völlig substanzlos.

Markus Söder tönt rum: Geflüchtete Ukrai­ne­r*in­nen sollen kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern reduzierte Sozialleistungen Foto: Peter Kneffel/dpa

M arkus Söder hat mal wieder etwas gefordert: Alle geflüchteten Ukrai­ne­r*in­nen sollten hierzulande nur noch Asylbewerberleistungen erhalten statt wie bislang Bürgergeld. Das wären für jede und jeden Erwachsenen 441 statt 563 Euro monatlich. So weit, so gut. Neu ist an der Forderung allerdings nur, dass die Kürzung bei Söder jetzt auch Ukrai­ne­r*in­nen treffen soll, die schon länger hier sind. Diejenigen, die neu ankommen, will die Bundesregierung ohnehin bei den Sozialleistungen schlechter stellen.

Sowohl die Idee der Bundesregierung als auch Markus Söders Vorstoß sind, sorry, Schrott. Das zeigt allein ein schneller Gedanke an eine mögliche Umsetzung. Asyl­be­wer­be­r*in­nen bekommen nur so lange reduzierte Sozialleistungen, bis ihnen ein Schutzstatus zuerkannt wird. Danach gibt es das Bürgergeld. Auch wenn über ihren Asylantrag nach drei Jahren noch nicht entschieden wurde, haben sie Anspruch auf Leistungen in Höhe des Bürgergelds. Die Zeit mit niedrigeren Sozialleistungen ist bei Asyl­be­wer­be­r*in­nen also stets klar begrenzt.

Bei Ukrai­ne­r*in­nen wäre das anders. Sie erhalten Schutz über die Massenzustromrichtlinie der EU und müssen deshalb keinen Asylantrag stellen. Damit fehlt der Ausweg aus den niedrigen Asylbewerberleistungen. Bliebe lediglich die Frist von drei Jahren, die bei Asyl­be­wer­be­r*in­nen greift, deren Asylantrag länger unentschieden bleibt. Auch bei den ukrainischen Geflüchteten auf die Frist zu setzen, hätte allerdings zur Folge, dass Söders Vorstoß komplett ins Leere geht. Denn sehr viele der Ukrai­ne­r*in­nen sind Anfang 2022 gekommen, sind also schon länger hier als drei Jahre.

Und würde man den Ukrai­ne­r*in­nen dauerhaft nur die niedrigeren Leistungen zahlen, würde man sie so nicht nur schlechter behandeln als Leute mit deutschem Pass oder EU-Ausländer, sondern auch als alle anderen Geflüchteten. Das wäre moralisch falsch – und absurd im Angesicht der sonstigen deutschen Ukrainepolitik. Wie wollen deutsche Po­li­ti­ke­r*in­nen in Zukunft noch ihre Unterstützung der Ukraine bezeugen, wenn sie den Opfern des Krieges noch die ohnehin spärlichen Sozialleistungen kürzen?

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Richtig wäre es, Markus Söders Idee auf den Kopf zu stellen. Statt die Leistungen für Ukrai­ne­r*in­nen abzusenken, sollten die Leistungen aller übrigen Asyl­be­wer­be­r*in­nen angehoben werden. Die Logik, Geflüchteten noch weniger zuzugestehen als den ärmsten Deutschen, war immer schon abstoßend. Söder sollte diese Ungleichbehandlung in Frage stellen, statt ihre Ausweitung zu fordern.

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Frederik Eikmanns
Fachredakteur Inland
schreibt über alles, was im weitesten Sinn mit Migration zu tun hat.
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20 Kommentare

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  • taz: *Der CSU-Vorsitzende Markus Söder fordert, dass geflüchtete Ukrai­ne­r*in­nen kein Bürgergeld mehr erhalten. Sein Vorschlag ist völlig substanzlos.*

    'Substanzlosigkeit' - So kennt man doch den Söder.

    Gebt dem Mann ein Bier und ne' Bratwurst, vielleicht hat er dann wieder mehr Substanz.

  • Söder sollte vielleicht mal genügend arbeiten, um nicht auf Essens-Posts, PR-Dauer-Getröte und Bayern-Geld angewiesen zu sein. Einfach nur, um das mal zu erleben, vielleicht noch alleinerziehend mit Kindern und so.



    Arme gegen Arme hetzen, um die Schwerreichen zu decken - christlich is des fei net.

  • Rechter Populismus nutzt nur den Rechten. Hat das noch niemand in der C$U gemerkt? Oder wollte er nur das ARD Interview mit Banaszak stören?

  • Vielleicht hat Herr Söder einen Blick in das Portemonnaie gewagt und festgestellt, daß nur jemand was rausnehmen kann, der auch was reintut?



    Wer nicht arbeitet, obwohl er es könnte, muß wohl zusehen, wie er über die Runden kommt. So geht Sozialstaat.

    • @Mal Nombre:

      Ich habe gelesen, dass Herr Söder nur sehr selten an den Sitzungen des bayr. Landtags teilnimmt, sich lieber auf Bierfesten herumtreibt...

    • @Mal Nombre:

      Sind Sie beim richtigen Thema?

  • Söder in a nutshell: Reden first, denken second. Vielleicht sollte stattdessen mal Söders Social Media Etat gekürzt werden.

  • Weißwurst und Bier, dann kommt man auf diesen Schwachsinn...

  • Haben wir keine anderen Probleme ? Söder und andere Rechte spielen sich immer wieder auf, wenn es darum geht, Menschen gegeneinander aufzuhetzen, sei es, dass Einigen zuviel gegeben wird, was Andere bezahlen müssen und damit immer wieder Neiddebatten anzufachen, statt zu hinterfragen, warum es immer weniger gelingt, eine gesellschaftliche Verteilung so hinzubekommen, dass niemand über steigende Mieten, Inflation und zu hohen Energiekosten klagen muss, während eine radikale Minderheit gar nicht weiss, wie sie mit dem Mammon, den sie den einfachen Leuten abgetrotzt haben, umgehen sollen. Söder ist da schon ein besonderes Exemplar eines Politikers, dem immer wieder einfällt, von sich reden zu machen, zu hetzen (oder mit Wurstreklame von Gesundheitsrisiken abzulenken) und als ein besonders wichtiger Politiker zur Schau zu stellen nach dem Motto: 'Wir schlagen Schaum, wir seifen ein' (manche kennen die Lieder noch aus der Vorkriegszeit...) !

  • Schön unter den Teppich gekehrt sind hier ja auch die Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt, die beim Bürgergeld enthalten sind. Und, zur Erinnerung: da wir bei den Ukraineflüchlingen überproportional viele alleinerziehende Mütter haben, wie war das doch gleich mit der Grundvorraussetzung zur Integration in den Arbeitsmarkt? Kita-Plätze und Ganztagesschulen, anyone?

    Und natürlich, wie immer: Bürgergeld geht praktisch von der Hand in den Einzelhandel, ist also ein Förderprogramm für selbigen.

  • Herr Söder lässt im Sommerloch mal ein paar Versuchsballons steigen und fischt damit wie gewohnt am rechten Rand nach Stimmen. Neid geht immer, das zeigt die Erfahrung. Einfach nur eklig.

  • Es ist eine Schande zu unterscheiden zwischen "politisch genehmen Asylbewerbern, zB. Ukrainern" und Anderen.



    "Asylbewerber mit Goldrand" - fehlte nur noch das die auch noch Imunität wie zB. Bundestagsabgeordnete erhalten.



    Ansonsten - das Gefeilsche um im Grunde völlig unzureichende geldliche Unterstüzung für ein würdiges Leben, losgetreten von Berufspolitikern die im Vergelich dazu geradezu "im Geld schwimmen", erbärmlich!

    • @javali:

      So sehr man es sich wünschen mag: wir in Deutschland werden nicht allen Menschen genügend Geld für ein würdiges Leben geben können.



      Seine Grenzen zu kennen ist Vernunft, aber keine Schwäche.

  • Und abermals stelle ich die Frage, wieviel Geld wird denn verschwendet indem man Superreiche gar nicht oder nur marginal besteuert. Diese Zahlen sind ganz sicher interessant im Vergleich mit der "Ersparnis" die der Polemiker fordert - um Krawall zu machen....

  • Also ich finde die Idee ausgesprochen logisch und sinnvoll.

  • "Statt die Leistungen für Ukrai­ne­r*in­nen abzusenken, sollten die Leistungen aller übrigen Asyl­be­wer­be­r*in­nen angehoben werden."



    Ich finde die Forderung von Markus Söder grundfalsch, aber genauso grundfalsch ist die Forderung des Autors....nicht aus menschlichem Aspekt, sondern aus finanziellem....das Geld ist nicht da und selbst wenn dann wird es der Bevölkerung nicht zu vermitteln sein.....so realistisch sollte der Autor schon bleiben

    • @PartyChampignons:

      Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt, nur dass es im Euroraum eine der schlechtesten Vermögensverteilungen hat.

      • @Thomas Koll:

        Es wird der Bevölkerung trotzdem nicht zu vermitteln sein Gelder für Asylbewerbende zu erhöhen, zumal schon in den Bereichen Bildung, Soziales und Kultur extrem gekürzt wird....die Stimmung in diesem Land ist schon extrem schlecht was das angeht, Anfeindungen nehmen zu, Neiddebatten werden mehr und mehr geführt....meinen sie das wird durch eine solche Maßnahme besser?

  • Ist die Frage, warum ist das nach dem Gebot des Art. 1 GG notwenige Existenzminimum für einen Asylbewerber geringer als für einen Deutschen?



    Es ist die AfD-Agenda, die die Union mit der Brechstange durchzusetzen versucht. Druck auf die Schwachen, Schonung für die Reichen, Asylbewerber und Bürgergeldempfänger als Hauptproblem dieses Landes. Druck, Repression, teilweise willkürliche Schikane, nichts bleibt unversucht, um blaue Politik im Gewand der Schwarzen zu machen.



    Ist ja auch praktisch, Lappalien wie das Klima, Rente, Modernisierung der Infrastruktur, Fachkräftemangel uswusf. interessieren dann deutlich weniger als ob Olga aus Lwiw einen Hunderter mehr oder weniger im Monat hat. Außerdem war der Juli ja verregnet, Klimawandel, was war das nochmal?

    • @FtznFrtz:

      Den Einwand von PARTYCHAMPIONS kam zwar später passt hier gut.