Deutsche Bahn: Schamlose Drückermethoden
Bahncard und Deutschlandticket sind nicht sehr kundenfreundlich. Es wäre ein Leichtes für die Bahn, ihr angeschlagenes Image ein wenig aufzupolieren.
U nzählige Kund:innen mit 49-Euro-Ticket der Deutschen Bahn erleben, wie mühselig und zeitraubend es ist, einen Vertrag mit dem Staatskonzern zu kündigen – obwohl gesetzlich geregelt ist, dass das monatlich geht. Und nicht nur da läuft einiges schief. Bahncard-Inhaber:innen bekommen einige Wochen vor Ablauf ihrer Rabattkarte Post von der Deutschen Bahn – nicht etwa mit der Erinnerung, sie zu verlängern oder zu kündigen, sondern mit einer saftigen Rechnung.
Zum Kündigen ist es dann zu spät, der Vertrag läuft ein Jahr weiter. Auch Probebahncards werden ohne Kündigung in kurzer Zeit von alleine zu einem regulären Vertrag. Eine Bahncard 50, mit der es einen Nachlass von 50 Prozent auf den Standardpreis gibt, kostet immerhin stolze 244 Euro. Wer glaubt, mit solchen Drückermethoden Kund:innen zu gewinnen, irrt gewaltig. Dass Verbraucherschützer:innen jetzt gegen Kündigungsregeln vor Gericht ziehen, ist überfällig.
Solche Regeln sind bezeichnend für die notorische Kundenunfreundlichkeit der Deutschen Bahn. Baustellenchaos und Personalmangel sorgen für unzählige Verspätungen und Zugausfälle. Der schlechte Service von fehlenden Informationen über kaputte Klos in den Zügen bis zum Digitalzwang bei Ticketkauf verstärkt bei Fahrgästen angesichts der hohen Preise das Gefühl, übervorteilt zu werden. Anders als bei der maroden Infrastruktur könnten die Bahnmanager:innen hier schnell etwas ändern.
Und das sollten sie schleunigst tun. Ihre Kund:innen sind auch Steuerzahlende und Wählende. Die Ampelregierung hat einen großen Teil der angekündigten Milliarden für die Modernisierung der Bahn einkassiert, viele wichtige Ausbauprojekte werden auf Eis gelegt. Verkehrspolitisch ist das ein Fiasko. Die Regierung kann das wagen, weil sie um das schlechte Image der Deutschen Bahn weiß.
Viele Bürger:innen sehen in dem Konzern ein schwarzes Loch, in dem Milliarden verschwinden, etwa für unsinnige Projekte wie Stuttgart 21. Deshalb ist die öffentliche Empörung über die Kürzungen leider nicht so groß, wie sie sein sollte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“