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Demos gegen rechts am WochenendeMehr als eine halbe Million auf der Straße

Seit Freitag haben mehr als 550.000 Menschen für die Demokratie demonstriert. Die aktuellen Proteste richten sich vor allem gegen CDU-Chef Merz.

Ein gefährlicher Ritt: Friedrich Merz auf dem AfD-Logo Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin taz | Es war ein Wochenende der großen Demos. Am Sonntag ganz besonders: Berlin, wo laut Polizei mehr als 160.000 und laut Ver­an­stal­te­r*in­nen eine Viertelmillion Menschen gegen rechts auf die Straße gingen. Und auch die anderen Städte lassen sich sehen: 65.000 in Hamburg, 44.000 in Stuttgart, 40.000 in Köln und 20.000 in Regensburg.

Seit Freitag waren zwischen 550.000 und 700.000 Menschen auf der Straße. Das zeigt eine Auswertung der taz von mehr als 100 Demonstrationen – für Dutzende Demonstrationen am Sonntag lagen noch keine Zahlen vor. Die Proteste finden bereits seit Anfang Januar bundesweit statt. Bis zu 1,1 Millionen De­mons­tran­t:in­nen standen seither auf der Straße. Während sich die Demos zunächst gegen die AfD und andere Neonazis wandten, ist inzwischen auch die Union das Ziel der Demonstrationen.

Die gemeinsame Abstimmung der Christ­de­mo­kra­t*in­nen mit der AfD gab der Bewegung in den vergangenen Tagen einen kräftigen Schub. Die Union hatten unter Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit FDP und AfD einen Antrag für verschärfte Asylpolitik eingebracht – womit sie erfolgreich war. Am Freitag versuchten die Parteien einen Gesetzesentwurf mit ähnlichen Inhalten durchzudrücken – womit sie scheiterten.

Diese Zusammenarbeit mit den extrem Rechten war ein Tabubruch, auf den Bürger und Bürgerinnen bundesweit mit Demonstrationen geantwortet haben. An zahlreichen Orten fanden Spontandemonstratio­nen statt, wie die taz berichtete. In Paderborn kletterten Ak­ti­vis­t:in­nen auf einen Balkon der dortigen CDU-Zentrale und rollten Transparente aus. In Dresden machten 1.000 Menschen während einer Wahlkampfveranstaltung der CDU Lärm.

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Auf einer Kölner Demo hielt eine Frau ein selbst gebasteltes Schild hoch: „Fritz, hör auf Mutti“. Eine Anspielung auf die deutlichen Worte Angela Merkels zu dem Politikstil der CDU unter Friedrich Merz. Seit dem ersten Antrag der Union am Mittwoch gingen insgesamt über 450.000 Menschen auf die Straße.

In Neu-Isenburg versammelten sich am Samstag etwa 9.000 Menschen, um gegen eine Veranstaltung der Partei vor Ort zu demonstrieren. Dabei blockierten die Protestierenden Straßen, und einzelne De­mons­tran­t:in­nen versuchten laut Polizei auf das abgesperrte Veranstaltungsgelände zu gelangen. In Göttingen zeigten etwa 5.000 Menschen klare Kante gegen eine Veranstaltung von 150 Querdenker:innen.

Beeindruckend sind auch die Großdemonstrationen mit mehreren Zehntausend Teilnehmenden. In Hamburg bildeten am Freitag 20.000 Menschen eine Kette um das Rathaus, um der AfD symbolisch den Weg zu versperren, wie die Omas gegen rechts verkündeten. Am Tag darauf zückten bis zu 100.000 ihre Handys und erleuchteten den Jungfernstieg, während sie im Kanon das bekannte antifaschistische Lied: „Wehrt euch, leistet Widerstand“ sangen.

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Ob die Proteste an so vielen Orten weitergehen, wird sicher auch von den Entscheidungen am Montag beeinflusst werden: Auf dem Parteitag der CDU sollen die Delegierten in Berlin ein Sofortprogramm beschließen. Das umfasst weitreichende Verschärfungen in der Asylpolitik. Außerdem will die CDU Beschlüsse der Ampel wieder rückgängig machen, unter anderem die Cannabislegalisierung.

Bis zur Bundestagswahl sind allerdings schon jetzt mehr als 200 Demonstrationen gegen Rechts angekündigt.

Wir sammeln Termine für die aktuellen Demonstrationen gegen rechts über die Mail-Adresse demohinweise@taz.de. Wir freuen uns über Hinweise auf Demonstrationen – am liebsten mit einer Quelle zu Berichterstattung durch Lokalmedien – und auf Demotermine in der Zukunft. Fehler und veraltete Informationen nehmen wir auch gerne an und korrigieren diese. Vielen Dank für die zahlreichen Zuschriften bisher!

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4 Kommentare

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  • Es ist doch ein erleichterndes Gefühl das es jetzt mehr wurden/werden die auf die Straße gehen.



    Offenbar ist es dann ja doch noch einigen Leuten wichtig, nicht irgendwann mal in einem Land zu leben, wie wir es (hauptsächlich) aus Schwarz/Weiß Filmen/Dokus mit sehr bösen Darstellern kennen.

    Ich mag allerdings nicht darüber nachdenken was in 4 Jahren, also nach 4 Jahren Merz als Kanzler, in den Köpfen der Wähler vorgehen mag. Der wird vielleicht anders reden als wir es die letzten Jahre politisch gewohnt waren, aber ändern wird (und kann er) auch nicht sehr viel.



    Ich hab das schon hier und da mal erwähnt, aber direkt nach der Wahl ist sicher der beste Zeitpunkt für ein (langwieriges) AfD Verbotsverfahren. Ist möglicherweise dann auch die letzte Chance...

  • Es ist beeindruckend, das so viele Menschen zur Verteidigung unserer offenen, freiheitlichen Gesellschaft auf die Strasse gehen.



    Und leider auch notwendig.

    Gerade wird diese Freiheit nicht, wie so oft behauptet, allein durch Diktatoren in Ost und West bedroht.



    Sondern durch reaktionäre & populistische deutsche Parteien und ihre „Spitzen“kandidatInnen.

    Dort auf der Strasse waren nicht etwa nur die üblich-verdächtigen „Linksradikalen Gewalttäter“, wie CDU und rechte Medien behaupten.

    Sondern Menschen jeden Alters, Geschlecht, Hautfarbe, Religion und politischer Präferenz. Auch treue CDU-Anhänger werden dabei gewesen sein.

    Sie alle eint der Widerstand gegen eine gefährliche Politik, die uns wieder dort haben will, wo wir aus gutem Grund nie wieder hinwollen.

    Auch das sicherlich besorgte Ausland wird erleichtert gesehen haben, das Weidel, Merz und Lindner nicht für die Mehrheit im Lande stehen.

    Ich glaube, so viel Widerstand gegen einen Kanzlerkandidaten gab es im Land der „Mitte“ noch nie.

    Fr Merkel und Hr Friedmann haben es ganz gut auf den Punkt gebracht.

    Und damit auch gezeigt, wem in dieser Krise zu vertrauen ist.



    Und wem nicht.

  • bin 76 +z.z. mal wieder zu krank, um an 1er demo teilzunehmen.



    tränenüberströmt (tatsächlich!) lese + seh ich die menschen in deutschland auf die straßen gehen + gegen rechts demonstrieren: gegen den sog. "tabubruch" - das ist eine verkleinerung der katastrophe.



    mit rechtsaußen + neo-nazis paktiert man/frau einfach nicht. punkt.



    danke an campact, omas gegen rechts, FFF + LINKE - bsw macht gemeinsame sache mit den rechten.



    vor denen und sw warne ich seit wochen, monaten:



    gestalt nr. 2 der faschisierung, sarah wagenknecht. in der reihe gestalten der faschisierung des argument-verlags. 2022.



    dort wird wissenschaftlich nachgewiesen, wie rechts sw tickt.



    gut, daß dieses rechte geschwür aus der LINKEN raus ist.



    loide,



    gebt euch 1 ruck: wählt die LINKE, auch wenn sie weiter mängel aufweist.



    spd+grüne buhlen immer noch um die union - wie blöde kann man/frau noch sein? die sind lost - + würden mit jeder regierungsbeteiligung immer loster werden.



    hat man/frau ja schon bei der ampel gesehen - wie die fdp gute absichten von sozis +grünen durchkreuzt hat.



    hoffentlich schnallen spd + grüne, die union als minderheitsregierung walten zu lassen, ohne selbst schaden zu nehmen.

  • Es werden immer mehr, die Merz sagen



    N E I N



    Danke. Rechtsextremer Müll, Panik machen und Ängste schüren, wer will einen Kanzler Friedrich Merz wirklich haben?