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Debatte um Sterbehilfe15 Gramm Gift, nur für den Fall

Hans-Jürgen Brennecke kämpft für sein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Ein Betäubungsmittel steht ihm zu, das Gesundheitsministerium blockiert.

Hans-Jürgen Brennecke 2018 in seinem Haus in Reppensted Foto: Joanna Nottebrock/laif

Berlin taz | Es wäre nur ein kleines Fläschchen, das ungeöffnet und lichtgeschützt in Hans-Jürgen Brenneckes Medizinschrank stehen würde. Die Gewissheit, dieses kleine Fläschchen jederzeit nutzen zu können, würde Brenneckes Lebensqualität extrem verbessern, das weiß er. Der 76-Jährige hat Krebs und in dem Fläschchen befände sich Natrium-Pentobarbital. 15 Gramm des weißen Pulvers bräuchte er, um sein Leben zu beenden. Es gilt als sicherstes Arzneimittel für diesen Zweck.

„Eine Riesenberuhigung wäre es, zu wissen, dass ich im Notfall Zugriff darauf habe“, sagt er. „Keiner weiß, wie sein Ende aussieht, ob er es am Schluss braucht, oder nicht. Aber die Möglichkeit, es zu gebrauchen, gäbe mir die Option eines selbstbestimmten Todes.“ Das Fläschchen könnte schon seit Jahren in seinem Besitz sein und ihm das Leben erleichtern. Ist es aber nicht.

Im März 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht Leip­zig, dass Schwerstkranke ein Recht auf die Herausgabe von Natrium-Pentobarbital haben können. Menschen in „extremen Ausnahmesituationen“ müsse der Zugang zu einer tödlichen Dosis des Betäubungsmittels ermöglicht werden, hieß es in dem Urteil damals.

Brennecke stellte daraufhin einen Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Behörde forderte ihn auf, Gutachten einzureichen: über den prognostizierten Verlauf seiner Krankheit, über seine geistige Zurechnungsfähigkeit. Bren­necke ist damals optimistisch, kann nachvollziehen, dass jeder Fall geprüft werden muss. 65 Seiten schickt er ein. Einige Monate später lehnt das BfArM seinen Antrag ab.

Zugriff auf das Betäubungsmittel, für den Notfall

Im August 2018, anderthalb Jahre nach dem Urteil, findet der Tagesspiegel heraus, dass sich das Bundesministerium für Gesundheit von Anfang an geweigert hat, dem Richterspruch Folge zu leisten. Denn er „würde die bisherige ethisch-politische Linie von Herrn Minister konterkarieren“. So steht es in einem Vermerk, der vier Tage nach dem Urteil verfasst wurde und sich noch auf den ehemaligen Minister Hermann Gröhe (CDU) bezieht.

Der Tagesspiegel hatte sich die Akteneinsicht vor dem Verwaltungsgericht Köln erklagt. Ende Juni 2018 bittet ein Staatssekretär im Gesundheitsministerium das BfArM, alle Anträge abzulehnen. „Die Bitte eines vorgesetzten Ministeriums ist natürlich eine Dienstanweisung“, sagt Brennecke und lacht.

Bis zu diesem Zeitpunkt war es 109 Menschen so ergangen wie ihm. Sie hatten Anträge gestellt, unwissend, dass das von Anfang an völlig aussichtslos war. Sie hatten Hoffnung gehabt, denn es wurde sich ja vermeintlich mit ihren Einzelfällen befasst.

„Gutachten anzuleiern ist anstrengend, langwierig und verursacht erhebliche Kosten“, sagt Brennecke. Schon Menschen, die völlig gesund sind, kann der Umgang mit Bürokratie viel Energie abverlangen. „Nur handelte es sich bei diesen Antragstellern um Menschen, die sterbenskrank sind.“

Die Bürokratie als Hürde

Hans-Jürgen Brennecke wuchs in Hamburg auf und lebt heute in der Nähe von Lüneburg. Er ist Diplompädagoge und arbeitete 40 Jahre lang als Sozialarbeiter für Jugendliche. 2015 erhielt er die Diagnose Burkitt-Lymphom, eine besonders schnell wachsende Tumorart. Seitdem kämpft Brennecke für sein Recht auf selbstbestimmtes Sterben.

Am 26. Februar 2020 sitzt er in seinem Wohnzimmer und fixiert Andreas Voßkuhle auf dem Fernsehbildschirm, als der sagt: „Die Entscheidung des Einzelnen, nach seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit seinem eigenen Leben ein Ende zu setzen, ist als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren.“

Damit kippen die RichterInnen den Paragrafen 217, das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe, und ermöglichen in Deutschland den assistierten Suizid. Menschen haben die Freiheit, sich das Leben zu nehmen und dabei Angebote von Dritten in Anspruch zu nehmen.

Für Brennecke, der bei den zweitägigen Verhandlungen in Karlsruhe anwesend war, ist die Entscheidung des Gerichts eine „Sensation“, ein „Jahrhunderturteil“. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm das Statement eines seiner Mitstreiter, Harald Mayer, 47 Jahre alt, ehemaliger Feuerwehrmann, der seit Jahren unter Multipler Sklerose leidet. „Der hat damals in die Fernsehkamera gesagt, er wäre am liebsten aus seinem Rollstuhl aufgesprungen. Das fand ich ein sehr schönes Bild.“

„Akt autonomer Selbstbestimmung“

Für die Bundesregierung bedeutet das Urteil, dass sie nun Regeln schaffen muss, um die Beihilfe zum Suizid zu ermöglichen. Doch wie schon Hermann Gröhe weigert sich der aktuelle Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dieser Pflicht nachzukommen. Anträge auf Natrium-Pentobarbital werden nach wie vor abgelehnt.

Lediglich ein einziges Mal, am Tag des Urteils, äußerte Spahn sich öffentlich über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Bei Sandra Maischberger sagt er, es gebe keinen Anspruch darauf, dass jemand beim Suizid helfen müsse. Das gelte allerdings nicht für den Staat, der die Grundrechte seiner BürgerInnen umzusetzen habe, entgegnet Verfassungsrechtler Hubertus Gersdorf im NDR-Magazin „Panorama“.

Mittlerweile sind über neun Monate vergangen, die Brennecke mit Natrium-Pentobarbital im Medizinschrank deutlich entspannter verlebt hätte. „Es ist wirklich erschütternd mit anzusehen, dass ein Minister den Rechtsstaat mit Füßen tritt“, sagt er. Jens Spahn tut dies auch mit der Begründung, dass er fürchtet, eine neue Regelung könne dazu führen, dass aus einem Recht Gewöhnung oder sogar eine Pflicht für Alte und Kranke werde, die ihrer Familie nicht zur Last fallen wollen.

Dass das sehr unwahrscheinlich ist, zeigen Zahlen aus dem US-Bundesstaat Oregon. Dort gilt seit 1998 ein Gesetz, das unheilbar Erkrankten das Recht auf ein tödliches Medikament einräumt, vorausgesetzt zwei ÄrztInnen haben die Urteilsfähigkeit des Patienten oder der Patientin sowie die Aussichtslosigkeit auf Heilung überprüft. Von 1.000 Todesfällen sterben im Durchschnitt zwei Menschen durch ärztliche Suizidhilfe.

Hohe gesellschaftliche Befürwortung

Mitte April betonte Spahn in einem Schreiben an Rechts- und GesundheitsexpertInnen, dass ein neues Sterbehilfegesetz auf breite Zustimmung in der Gesellschaft stoßen müsse. Eine Mehrheit in der Bevölkerung für selbstbestimmtes Sterben gibt es allerdings längst.

Laut einer Studie von Infratest dimap, die kurz vor dem Urteil im Februar veröffentlicht wurde, sprachen sich 67 Prozent gegen den damals noch geltenden Paragrafen 217 aus, 81 Prozent befürworteten ausdrücklich, dass es ÄrztInnen gestattet sein sollte, Menschen beim Suizid zu unterstützen.

Auch Brennecke weiß, dass es keinen Klärungsbedarf mehr gibt, wenn es um die Zustimmung in der Bevölkerung geht. „Es ist eine bodenlose Frechheit zu behaupten, man bräuchte in dieser Frage noch Zeit.“

Hans-Jürgen Brennecke ist froh, dass er dabei sein konnte, als das „fantastische Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts fiel. Auch seine Umsetzung würde er gerne noch erleben.

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54 Kommentare

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  • Danke für den Bericht.

    Bleiben sie und der Tagesspiegel dran.

    Es kann nciht sein, dass ein Staatssekretär eine Anweisung gibt ein Verfassungsgerichtsurteil zu unterlaufen.

    Dank an die freie Presse.

    TAZ Zahl ich.

  • Die meisten Krebskranken stellen Essen und Trinken ein, bekommen dann nur noch Betäubungsmittel und sterben. Nur wer weiter isst will eben leben. Kein (vernünftiges) Pflegeheim ruft dann den Notarzt wenn das in der Patientenverfügung verboten wird.

    Nur für die Angehörigen ist das furchtbar

    Aber man sollte denen die es wollen das Mittel geben. Damit Sie wenigsten möglichst schmerzlos Selbstmord begehen können und nicht irgendwas nehmen und sich vor Schmerzen krümmen. Die meisten werden es nie nutzen weil Sie den Zeitpunkt verpassen

    • @SUSANNE FRIEDLICH:

      Mord impliziert, jemanden gegen seinen Willen zu töten. Wenn jemand die bewusste Lebensentscheidung wählt, den Freitod zu suchen, wäre das Wort SelbstMORD ein Paradoxum. Diese religiösen "Triebtäter" im Gesundheitsministerium sollen sich andlich and das Gesetz und den Spuch des BVfG halten oder abtreten. Christen sind das nicht, denn Jesus wollte nicht, dass Menschen leiden.

  • Traurig genug ist es selbstbestimmt aus dem Leben zu gehen. Bei Krebskranken die im Endstatium die mit Tilidin und Morphium behandelt werden. Soweit die Frage wielange man sie künstlich am Leben erhalten will verdient das Krankenhaus. Und das Mittelechen im Schrank griffbereit zu haben, ja warum nicht eine Überdosis Heroin. Zwei Pakungen Valium und eine Flasche hochprozentigen Alkohol.



    Wäre vl. noch ein Problem zu klären:



    die Beihilfe zum Mord. (Deswg. nur ein Gedankengang und keine Anleitung)

  • In der Sache selbst kann man unterschiedlicher Meinung sein, auch ich bin nicht 100%iger Sterbehilfeanhänger. Aber jetzt hat nun einmal ein Gericht (und sogar das Verfassungsgericht) ein Urteil gesprochen, und daran hat sich ein Minister zu halten, egal ob es seiner persönlichen oder politische Position entspricht. Sonst kommt der Rechtsstaat in Schieflage.



    Allerdings wundere ich mich über einige Kommentatoren hier, die dies zurecht hier kritisieren, wenn aber in einer anderen Sache - Dannröder Forst - Minister respektive Landesregierung auch die Rechtlage einschließlich Gerichtsurteile umsetzen, groß aufschreien und die politische Position über das Recht stellen.

  • Selbstbestimmtes Sterben, bei dem einem geholfen wird, gibt es, wenn man sich den Umgang von Sterbehilfeorganisationen im Ausland damit anschaut nur bei einem geringen Bruchteil der Suizide.



    Der größte Teil der Suizidalen muss sich weiterhin "vor den Zug werfen".



    Denn die Sterbehilfeorganisationen (sie heißen nicht Selbstmordhilfeorganisation!) leisten Hilfe beim bevorstehenden Sterben (z.B. info,ge Krankheiten) nicht beim Beenden von Leben (z.B. weil die Freundin einen verlassen hat).

    Ist die neue Gesetzeslage in DE nun so zu verstehen, dass absolut jeder ein Recht auf ein Rezept für ein Todesfläschchen hat und der Staat diese Verteilung sicher stellen muss?

    • @Rudolf Fissner:

      Sach mal so - Gelle.

      Da ne Vorlage Karlsruhe - selbst für gestandene nich so leicht von der Hand geht!



      (“Vorlage KA plus? = Beförderung!“ - mindestens eine unser derzeitigen Primadonnen wird schmunzeln!;)

      Schlag ich ehna EuGH-Vorlage vor!



      “Haben sie denn schon mal eine Vorlage abgelehnt?“ Schmunzelndes Nicken auf der Back!!



      “Ja Schonn. Fast! Da ließ sich die Vorlage so gar nicht mit der Streitsache in Einklang bringen! Wir haben den Richter dann darauf hingewiesen - ob er nicht vielmehr einen Streit mit seiner Freundin - ebenfalls Richterin - klären lassen wolle. Er zog sodann die Vorlage zu unserer Erleichterung zurück!“



      Wir dankten für Besuch & Aufklärung!

      kurz - Nur Mut. Sie schrecken doch vor nichts zurück - normalerwiesen. Gelle¡!

      So geht das

      • @Lowandorder:

        Nachklapp -

        Hätte natürlich auch drauf aufmerksam machen können wg Vorlage Karlsruhe!



        Daß das Gericht sodann nur lapidar auf den in Gesetzeskraft erwachsenen Tenor seiner einschlägigen Entscheidung hinweisen würde. Gelle!

        Aber das & gar mehr - könnte die Erfahrungsjuristen - Bankkaufleute & Träger eines Bachelor of Arts & Master of Arts - einen Spahn weit verunsichern!



        &



        Das - kann ja nun wirklich niemand wollen! Wollnichwoll - 👹 - & damit!



        Zurück nach Berlin. Newahr.



        Normal •

  • Ich bezweifle, dass man das Ergebnis der Willensbildung, (angeblich) selbstbestimmt in den Tod gehen zu dürfen und zu können, wenn man nur genug Gründe dafür hätte, widerspruchslos hinnehmen muss, zB weil es sich um eine höchstpersönliche Sache handeln würde, welche sich der Einmischung entzöge. Nichts erscheint falscher.

  • Zahlreiche Prominente werben für das Menschenrecht auf ein selbstbestimmtes Ende: letzte-hilfe.de/



    Auch die knapp 71 Prozent Zustimmung zur Freitod-Option im gestrigen Schirach-Fernsehspiel machen Mut.

  • Herr Spahn erkennt als zuständiger Minister Verfassungsrecht nicht an, weil es ihm nicht passt. Das ist genau so, als wenn z.B. ein Justizminister die körperliche Unversehrtheit als Verfassungsrecht nicht anerkennt und Beschuldigte foltern lässt.



    Wir würden in diesem Fall von Bananenrepublik sprechen.



    Dass sich Spahn nicht strafbar macht liegt offensichtlich daran, dass es keine öffentliche Instanzgibt, die Verfassungsbruch qua Ministerweisung verhindern kann.



    Viel schlimmer noch empfinde ich die Absage an ein Menschenrecht, nämlich an ein selbst bestimmtes Leben und damit auch an ein selbst bestimmtes Sterben.



    Demokratie ist in Deutschland noch sehr, sehr erweiterungsfähig.

    • @Rolf B.:

      Liggers. Das wird sicherlich viel Gesprächsstoff für die nächste Kaffeerunde Regierung plus Karlsruhe liefern. Gellewelle. 😷😷😷😷😷😷😷

      unterm—— btw but not only—



      Auch insoweit ist in dieser Republik Schland noch viel grundgesetzliche Luft nach oben.



      & nicht nur dort - Newahr



      m.youtube.com/watch?v=ifwtWF485HU



      Normal

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Ich halte es für nicht nur unanständig, sondern auch für gefährlich im Sinne des politischen Umgangs eine Entscheidung unseres HÖCHSTEN Gerichtes nicht anzuerkennen.

    Gewaltenteilung besagt doch, dass die Legislative sich an die Entscheidungen der Judikativen halten muss. Ist das nicht mehr der Fall? Darf die Regierung bzw. die Minister jetzt machen was sie wollen ?

    Und ist das eigentlich Strafbar im Sinne eines Bruchs unserer Verfassung ?

    Genau wegen solchen Entscheidungen verlieren Menschen den Glauben an die etablierten Parteien.

  • Manche tun hier so, als ginge es darum zu fordern, in der Apotheke eben mal Ex und Hopp Forte rezeptfrei zu kaufen und der Oma in den Tee zu rühren.

    Das glaube ich eigentlich nicht.

    Wer genug Empathie in sich hat, um das Dilemma von Herrn Brennecke und anderen Betroffenen zu verstehen, der könnte ja auch mal still sein. Oder nochmal nachdenken und dann was Vernünftiges sagen.

    Wäre es denn besser, er würde auf eine private, womöglich unmenschlichere Art aus dem Leben scheiden?

    • @Jim Hawkins:

      Ich glaube, dass der Wert des selbst bestimmten Lebens und damit auch des selbst bestimmten Sterbens als elementares Menschenrecht von vielen Menschen kaum verstanden wird.



      Die kath. Kirche hat z.B. Selbstmörder stets als Mörder behandelt und ihnen die Sakramente entzogen. Sie durften nicht kirchlich beerdigt werden. Ob das heute noch so ist, weiß ich nicht genau. Offensichtlich spielen kirchliche Glaubensregeln immer noch eine Rolle. Da ist Gott die höchste Instanz und nicht das Verfassungsgericht. Genau das werfen wir den Islamisten vor, wenn sie den Koran über das GG stellen.

    • @Jim Hawkins:

      "mal Ex und Hopp Forte rezeptfrei zu kaufen"

      Es geht darum, dass man das hochgiftige Zeugs im heimischen Küchenschrank rumstehen hat und bei Bedarf benutzt.

      Ob sich "Bedarf" dann über Omas Erbe oder sonst was definiert, kann man doch gar nicht ausschließen.

      Ich bin jedenfalls der Meinung, dass solche Gifte in Privathänden ("Das Fläschchen könnte schon seit Jahren in seinem Besitz sein") nichts zu suchen haben.

      • @Rudolf Fissner:

        Ich glaube kaum, dass das Zeug, stünde es denn zur Verfügung, Hans und Franz ohne Prüfung eben mal so ausgehändigt würde.

        Außerdem steht im Artikel, dass der Mann das Recht hat, dieses Mittel zu bekommen.

        Wer handelt hier also falsch?

        • @Jim Hawkins:

          Welche Prüfung muss man da ablegen? Es gibt keine "Suizidtests", die man bestehen muss.



          Es reicht allein der geäußerte Wille zum Suizid (= "selbstbestimmtes Sterben"), das Recht auf hochtoxische Gifte zu haben.

    • @Jim Hawkins:

      Liggers - kl. Handreichung -

      Hand an sich legen: Diskurs über den Freitod - von Jean Améry -



      “ Worum es geht



      Ein Buch für niemanden – oder jeden



      Ein „Untrostbuch“ nannte Günter Kunert das Buch seines Schriftstellerkollegen Jean Améry. Hand an sich legen geht eigentlich niemanden an – bloß seinen Autor. Wer sich als Leser selbst „vor dem Absprung“ befindet, ist gewöhnlich über alle Philosophie hinaus, und wer am Leben hängt, wird sich kaum in jene paradoxale Düsternis fallen lassen, in die Amérys Gedankenketten führen. Der Autor fasst Wittgensteins „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“ als willkürliche Anweisung auf, die durch mutigen Ungehorsam auch hintergangen werden könne. Und so sucht er nach Worten für das Unsagbare, ja, er zeigt sich als Meister des Wortes und führt diese Stärke angesichts des Themas mit befremdlicher Vitalität vor. Améry will über den Freitod sprechen, besser noch: über den Freitod aus der Sicht des Betroffenen, um jeden Preis. Es schmerzt, ihm dabei zuzuhören. Dennoch ist das Buch, auch wenn es scheinbar niemanden betrifft außer seinen Autor, lesenswert: Es lotet eine spezifisch menschliche Möglichkeit aus, die letztlich doch jeden betrifft.“



      www.getabstract.co...n-sich-legen/18005



      de.wikipedia.org/wiki/Jean_Am%C3%A9ry

      • RS
        Ria Sauter
        @Lowandorder:

        DANKE für den Hinweis zu dem Buch. Das kenne ich noch nicht.



        DANKE ebenfalls für den jetzt für mich verständlichen Text von Ihnen.😊



        Da ist leider viel an interessanter Info an.mir vorbeigegangen.

        • @Ria Sauter:

          Liggers. But.

          “Allen zu gefallen ist unmöglich“



          Schon als Schüler via Weg zur Penne regelmäßig internalisierte Weisheit auf zwei Stelen vor der Lübecker Schiffergesellschaft - olle Geibel quer ab.



          images.app.goo.gl/k8dZawR5AgC7YRMX9 - servíce - 🤫 -

      • @Lowandorder:

        Danke. Ich habe von dem Buch gehört, gelesen habe ich allerdings nicht.

        Ich erinnere mich allerdings an eine Debatte über ein Buch, das dasselbe Feld beackert, aber nicht auf philosophische Art und Weise, sondern mehr historisch und dann auch praktisch.

        Es war eine Weile auf dem Index.

        de.wikipedia.org/wiki/Claude_Guillon

        • @Jim Hawkins:

          Danke & klar dich - daß sonem Älpler sojet 🐸 näher is. Newahr. Normal - 🤫 -

          unterm—— Les Anarchistes —de.wikipedia.org/wiki/Claude_Guillon



          (& León Ferré darf nicht fehlen e.nous;)



          www.youtube.com/watch?v=_1PcOsbJbLI

          • @Lowandorder:

            Klasse.

            "Qu'y'en a pas un sur cent et pourtant ils existent

            Et qu'ils se tiennent bien le bras dessus bras dessous

            Joyeux, et c'est pour ça qu'ils sont toujours debout



            Les anarchistes"

            Das wäre doch was für unseren anarchistischen Genossen @URANUS-

  • RS
    Ria Sauter

    Gestern Abend lief der Film "Gott" von dem Autor von Schirrach. Sehr interessant und sehr sehenswert, dieEinwände für und gegen.



    Nach dem Film gab es eine Abstimmung zu für und wider.



    70,8 % waren dafür dem 78jährigen Mann, der nach dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben wollte, das tödliche Serum zu überlassen.

    Selbstbestimmter Tod hat für mich auch etwas mit Würde zu tun. Mein leben und mein Tod gehören nur mir allein und sonst niemandem.

    • @Ria Sauter:

      Danke für den Tipp, muss mir den Film noch in der Mediathek ansehen.



      Bin schockiert, dass Gröhe und Spahn sich über ein Gesetzesurteil hinwegsetzen können. Sind wir jetzt ein Gottesstaat oder was?

      Es ist ähnlich wie beim Thema Abtreibung: sie ist unter bestimmten Bedingungen straffrei, aber wenn immer weniger Ärzte sie anbieten, hat eine ungewollt Schwangere auch nix von ihrem "Recht" auf Abbruch. Oder muss es selbst versuchen - was nicht gutausgehen wird.

  • Mein zustimmendes Mitgefühl zunächst.

    Als Richter der ersten Stunde - BfArM von Berlin nach Bonn = VG Köln alleinzuständig bundesweit.



    Erstaunt mich das Berichtete nicht.



    Selbiges konnten wir damals erleben - als nach einigem Hin&Her - Berlin heute Leipzig entschied - Schmerztherapie mit Cannabis muß möglich gemacht werden. Der Ablauf danach ähnlich.

    Eh ich hier näher einsteige - spät aber denn doch gern.



    Was ich im Artikel aber vermisse:



    Hat Herr Hans-Jürgen Brenneke gegen den Bescheid des BfArM rechtzeitig Klage beim VG Köln erhoben?*



    (btw nur entre nous - wenn ja - wer vertritt ihn?)

    unterm——*



    Das auch als Hinweis auf ein ahnungslos-zynisches Gefasel im around



    ala “ Es scheint so als springe man hier von einem Extrem zum Anderen.“



    Geht’s noch? Vom Rechtsstaat keine Ahnung haben. Ist ja das eine.



    Unfähig sein - das auszusprechen aber -



    Das bessere andere •

    Soweit mal

  • Im Kern geht es doch darum Menschenleben in Lebenswert und nicht Lebenswert zu unterscheiden.

    Ein Suizidwilliger empfindet sein Leben offenbar als nicht lebenswert. Er kann dieses Empfinden zum Ausdruck bringen, sofern er dazu seinen Willen frei äußern kann, oder zumindest seine Umgebung den Anschein hat dass er das kann.

    Bei sehr vielen Menschen die aufgrund geistiger Beeinträchtigung, krankheit, etc. ihren Willen nicht frei äußern können, und das dürfte in diesem Kontext die Mehrheit sein, werden wohl andere Menschen dem Betroffenen einen bestimmen Willen unterstellen und ihn letzendlich "klassifizieren" als lebenswert oder nicht lebenswert.

    Wenn man weiter bedenkt dass ein alter, Pflegebedürftiger Mensch auch eine Belastung ist und hohe Kosten für die Sozialversicherungungen verursacht, dann kann schon rasch eine gesellschaftliche Erwartunghaltung entstehen eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

    Und Außenstehende werden dann natürlich mit salbungsvollen Textbausteinen beruhigt:



    "Glauben Sie mir, es ist eine Erlösung für Ihre Mutter und Sie hätte es sicher so gewollt. Sie wollen doch auch nicht dass sie noch länger leidet..."

    In der heutigen Gesellschaft ist es nicht mehr vermittelbar dass das Leben als Ganzes nicht nur Freuden bereitet sondern auch immer wieder mit Leiden verbunden ist.



    Die Menschen suchen daraus einen Ausweg den sie "aktive Sterbehilfe" nennen, und wollen nicht sehen, dass sie dabei auch ihr eigenes "Menschsein" zu Grabe tragen.

    • @Argonaut:

      @Kid Loco Ich habe es so satt!



      Beständig von irgendwelchen Moralaposteln diese scheinheiligen "Whataboutism" Argumente zu lesen und zu hören .



      Jeder Mensch hat das Recht sein Leben zu leben und es auch zu beenden !



      Und ja, das Leben ist eine Herausforderung und "der Mensch ist zur Freiheit verurteilt" (J.P. Sartre).



      Aber irgendwann ist Schluss und meine Freiheit und das Anrecht auf ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Ableben, Selbstmord lasse ich mir nicht von irgendwelchen Popanzen mit Pseudomoral (Spahn, Gröhe, Bahr, Rösler, ... ) beschneiden!

      • 7G
        75787 (Profil gelöscht)
        @Waldo:

        Bitte diffamieren Sie bestimmte Moralvorstellungen nicht pauschal als naiv, dumm oder weltfremd. Denke, ein Austausch von Sachargumenten sollte immer möglich sein.

        • @75787 (Profil gelöscht):

          Immer wieder die gleichen längst widerlegten "Bedenken" vorzutragen gilt Ihnen als Sachargument?

    • 7G
      75787 (Profil gelöscht)
      @Argonaut:

      Teile Ihren Bedenken. Beispiele in den Niederlanden und vor allem Belgien belegen, dass inzwischen selbst Kinder und Sexualstraftäter getötet werden dürfen. Auch bei der Sterbehilfe schafft Angebot Nachfrage und wir sollten uns darüber bewusst sein, wer die Tür auch nur einen Spalt breit öffnet, wird sie nicht mehr schließen können.

    • @Argonaut:

      Was sind Sie (Nein nicht Sie persönlich, die Gruppe ihrer Argumentation folgt) für widerliche Rechtsbeuger?! Ihr moralisches Argument ist seit Jahrzenten wissenschaftlicher Praxis (Schweiz/Oregon) widerlegt und das Bundesverfassungsgericht hat in der Sache geurteilt. Fucking Deal with It!



      Manchmal gewinne ich den Eindruck, das solche Leute anscheinend gerne irgendwelche älteren Verwandten entsorgen wollen und sich nur von der Rechtslage an Ihren moralischen Wert, niemanden in den Selbstmord drängen zu dürfen, gebunden fühlen. (Nein nicht Sie persönlich!)



      Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist, ist Selbstmord nämlich auch so jederzeit möglich. Und jede(r), der/die das möchte, kann auch so jederzeit Leute, die den Willen zu leben verloren haben, da hin treiben.



      Die Option der Sterbehilfe würde das ganze in geschützte Räume verlagern und Institutionalisieren. Die Emotionale Komponente, die von der Verwandschaft ausgehen kann, wird dabei also mindestens gedämpft.



      Die Angst das Ärzte anfangen an sich gesunde ältere Menschen, bzw. Solche mit Heilungschancen oder auch Pflegebedürftige Menschen, die aus Ihrer Sicht die Geselschaft belasten, letztlich in den Tod zu drängen halte ich doch für sehr unwahrscheinlich. Das entspricht weder dem Menschenbild der überwältigenden Mehrheit, Noch lässt sich das mit dem Berufsethos (hypokrathischer Eid) von Ärzten vereinbaren.

    • @Argonaut:

      Und was hat das alles mit dem geschilderten Fall zu tun?

  • EINMAL MEHR...



    wird sichtbar, dass sich der auf christlichen mainstream verstockte und cdu/-csu-ideologisierte staat sich weigert, seiner eigenen verfassung treu zu sein. selbst ein gewitter an klagen kann in steuerrechtlichen oder - wie hier - lebenswichtigen fragen beenden die minsiter mit der weisung "nur auf den einzefall anwendbar" - gottseimituns.

  • Ist da die CDU etwa eine Verbotspartei - Verbieten selbstbestimmter Selbsttötung? Eine Rechtsbeugungspartei? Und die SPD(die CSU wohl sowieso) macht da mit?

  • Nun, ich habe mitbekommen wie mein Vater im Krankenhaus starb. Bis zuletzt an einer Beatmungsmaschine, die diesen eigentlich längst leblosen Körper immer wieder aufpumpte.

    Es tat mir leid um meinen Vater. Der Vorgang war zutiefst würdelos. Man hätte ihn besser in Ruhe sterben lassen sollen.

    Meine Mutter hatte dieses Glück. Mein Onkel auch. So viel Frieden im Raum!

    Selbst stehe ich dem Buddhismus nahe, der ja eine ganz andere Einstellung zu "Tod" hat als die glaubensorientierten Religionen.

    Buddhisten sehen, dass ihr Körper stirbt, eine Art von Seele, Geist, Mind oder Essenz geht jedoch nach einer Art von Komaphase weiter. Bardo genannt. Bis zur nächsten Geburt.

    In dieses Bardo möchte ich friedlich gleiten und in keinem Krankenhaus landen.

    Ich habe Angst, dass Übergriffe passieren, bevor ich sterbe. Ich habe Angst vor Schmerzen, vor einer nicht vorhandenen Symptom-Kontrolle oder vor dem Ausgeliefertsein an die moderne Medizin oder an irgendwelche Behandlungen.

    Es wäre ein gutes Gefühl dieses Natrium-Pentobarbital zu Hause zu haben.

    Richtern, Ministern, Ethik-Kommissionen, Klerikern & Co. spreche ich in meinem Fall jegliche Qualifikation ab zu sagen was gut für mich sei.

    Sorry, Leute, das weiß ich ganz sicher besser als ihr!

  • "... dass er fürchtet, eine neue Regelung könne dazu führen, dass aus einem Recht Gewöhnung oder sogar eine Pflicht für Alte und Kranke werde, die ihrer Familie nicht zur Last fallen wollen."

    Wieso fürchten? Sie haben schon seit ewig das Recht sich dann zu ermorden.



    Selbst dann, wenn die lieben Anverwandten es diesem eingeredet haben. Das Gefühl doch endlich abzunippeln wird Alten wohl auch oft genug gegeben. Suizide haben oft genug auch ein unmenschliches Umfeld

    The Differenz is: Nun muss nur noch der Staat den Anverwandten dabei nachhelfen.

  • Es scheint so als springe man hier von einem Extrem zum Anderen.



    Die Erklärung des BVG „Die Entscheidung des Einzelnen, nach seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit seinem eigenen Leben ein Ende zu setzen, ist als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren.“ ist völlig berechtigt argumentierbar, aber warum leitet sich daraus die Verpflichtung für Staat und Gesellschaft ab die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen bzw. für Ärzte diese dann zur Anwendung zu bringen. Zumal die hier formulierten Kriterien von subjektiver "Lebensqualität und Sinnhaftigkeit" ja bei weitem nicht nur auf unheilbar Schwerstkranke zutreffen sondern auch auf völlig Gesunde. Und ob die Vermischung der Debatte um Sterbehilfe und assistierten Suizid der Diskussion tatsächlich zuträglich ist scheint fraglich. Und es gibt ja durchaus auch Alternativen zu Natrium-Pentobarbital. Warum also ist es, wenn es doch um "autonome Selbstbestimmung" geht, offenbar unzumutbar, dass die Leute ihren Tod in die eigene Hand nehmen?

    • @Ingo Bernable:

      richtig gesagt!

    • @Ingo Bernable:

      „Warum also ist es, wenn es doch um "autonome Selbstbestimmung" geht, offenbar unzumutbar, dass die Leute ihren Tod in die eigene Hand nehmen?“

      Sie möchten es so in die eigene Hand nehmen, wie es am friedlichsten geht, nicht gewaltvoll (ohne einen Zugführer in die Katastrophe zu stürzen o.ä. Drastisches - mal abgesehen davon, dass dies kräftemäßig nicht mehr geht), vielleicht mit der Lieblingsmusik oder Vogelgezwitscher im Hintergrund. Dieses Recht hat das Bundesverfassungsgericht den Menschen endlich zugesprochen und die Ausführung wird gesetzeswidrig behindert, indem man das Mittel selbstherrlich nicht rausrückt. Das ist ein Skandal.



      Ich sehe noch meine 83jährige Mutter (die nie Angst vor dem Tod hatte, nur vor dem Ausgeliefertsein) vor mir, als sie (nach einem Fehler im Krankenhaus vom Hals abwärts gelähmt) uns anblickte und sagte:“Ich weiß, ich kann ja nicht von euch verlangen, mir ein Kissen auf das Gesicht zu drücken oder mich noch irgendwie in die Schweiz zu bringen.“ Oder ein andermal: „Immer wenn ich gerade schön sterben will, kommt jemand und weckt mich wieder auf.“ Wenn das Schicksal nicht nach eineinhalb Jahren des sehnsüchtigen Wartens ihrerseits (trotz intensiven Kümmerns 3er Kinder unsererseits) ein Einsehen gehabt hätte, sie mit Wald- und Vogelgeräuschen gehen zu lassen ...



      Gerade in heutigen Zeiten reklamieren die Menschen die läppischsten Dinge als Grundrecht (auch auf Kosten anderer), aber dieses ureigene, sogar höchstrichterlich gestützte wird boykottiert! Ich fasse es nicht.

      • @snowgoose:

        Sie scheinen mir da einer Verwechslung zu unterliegen. Ein Recht zu etwas zu haben, bedeutet längst noch nicht den Anspruch darauf, dass einem die Ausübung dieses Rechts durch die Gesellschaft ermöglicht werden muss.



        Das Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit, bedeutet längst noch nicht dass mir auch jemand zuhören oder mir eine Platform bieten muss. Das Recht auf Bewegungsfreiheit ist noch kein Anspruch auf gratis ÖPNV, das auf freie Berufswahl keine Garantie auch einen Job zu bekommen und das Recht auf einen selbstbestimmten Tod noch kein Anspruch gegenüber der Gesellschaft diesen auf Verlangen auch herbeizuführen. Ein Dilemma das ihre Mutter eigentlich sehr treffend auf den Punkt gebracht hat ("Ich weiß, ich kann ja nicht von euch verlangen [...]"). Demgegenüber wirkt ihr Beharren darauf, dass die Gesellschaft Mittel und Unterstützung bereitstellen müsste, während sie selbst ja offensichtlich nicht mit dem Kissen zur Tat schritten zumindest inkonsequent.

        • @Ingo Bernable:

          zynisch!

    • @Ingo Bernable:

      Und wie sieht dieses "den Tod in die eigene Hand nehmen" ohne Natrium-Pentobarbital nach Ihrer Vorstellung aus? Die "Alternativen" sind im Regelfall doch genauso unerreichbar wie das genannte Medikament.

      In meinem Bekanntenkreis hat sich jemand nach einer Krebsdiagnose vor einen Zug geworfen. Ich bin ziemlich überzeugt, dass der zumindest einen Therapieversuch unternommen hätte, wenn es einen leichter erreichbaren “Notausgang" gegeben hätte.

      Es gibt Erfahrungen in anderen Ländern. Ich sehe nicht, dass die Alten- und Pflegeheime in z.B. der Schweiz, Belgien und den Niederlanden entvölkert wären. Warum immer wieder die gleiche längst widerlegte Leier? Warum nicht von den Erfahrungen anderer lernen?

      Und wie kommen Sie auf die Idee, die Ermöglichung des Zugangs mit einer Bereitstellungs- und Verabreichungsverpflichtung gleichzusetzen? Das ist doch alleine Entscheidung der Beteiligten. Dazu wird niemand gezwungen – ich sehe jedenfalls keine Gefahr einer Sterbehilfeverpflichtung.

      • @Helmut Fuchs:

        "Und wie sieht dieses "den Tod in die eigene Hand nehmen" ohne Natrium-Pentobarbital nach Ihrer Vorstellung aus?"



        Bin relativ skeptisch ob es mit der Netiquette konform wäre hier konkrete Anleitungen zu posten, aber wenn ich in der Lage von Herrn Brennecke wäre, wüsste ich wie ich meinen Tod auf legale, sichere, schmerzfreie und nicht-entwürdigende Weise herbeiführen könnte ohne dabei das BfArM, Ärzte (oder gar Lokführer) involvieren zu müssen.



        "Warum immer wieder die gleiche längst widerlegte Leier?" Davon habe ich nichts geschrieben, das sind allein ihre Assoziationen und Schubladen.



        Die "Gefahr einer Sterbehilfeverpflichtung" sehe ich ebenfalls nicht. Was mich viel mehr stört ist diese Art von Servicementalität. Die Erwartung an die Gesellschaft aber auch an Einzelpersonen einem beim eigenen Ableben zu unterstützen ist eben schon heftig viel verlangt. Deshalb halte ich den Abbau gesetzlicher Hürden grundsätzlich für richtig, würde die Umsetzung des eigenen Todes, von extremen Grenzfällen einmal abgesehen, aber prinzipiell bei der sterbewilligen Person sehen.



        Und was ihren Verweis auf das EU-Ausland angeht, muss ich sagen, dass mir, obwohl ich in der Sache eine, wie ich meine, relativ liberale Position vertrete, etwa aus den Niederlanden auch Berichte bekannt sind, die mir vorsichtig ausgedrückt ethisch doch recht ambivalent erscheinen.

        • @Ingo Bernable:

          Der Staat muss das Mittel doch gar nicht zugänglich machen. Er muss lediglich aufhören, den Zugang zu verhindern. Ich darf sichere und zuverlässige Substanzen nicht einmal für den Eigengebrauch importieren!

          Sie verstecken ihr generelles "Nein zum selbstbestimmten Ableben" (zumindest für andere, sie wissen ja wie's geht) hinter vielen salbungsvollen Worten, die das eine sagen aber das andere meinen.

          Irgendwie erinnert mich Ihre Argumentation an Kafkas Text "Vor dem Gesetz".

          • @Helmut Fuchs:

            "ihr generelles "Nein"



            Wie schon geschrieben teile ich grundsätzlich die Perspektive des BVG, nur sehe ich die Umsetzung beim Einzelnen und nicht bei der Gesellschaft. Aber mir eine Position zu unterstellen die ich überhaupt nicht vertrete ist natürlich bequemer als sich mit meinen Argumenten zu befasssen.

        • @Ingo Bernable:

          "Servicementalität"?



          Uff. Es geht doch nur um die Bereitstellung des Mittels.

          Wenn Väterchen Staat auf den Drogen sitzt, muss Väterchen Staat halt ein Formular gestalten, dass man für die Herausgabe der Droge ausfüllen muss, damit Väterchen Staat seinen Stempel darauf machen kann. Dabei ist Väterchen Staat der Umstandskrämer und nicht der, der nach dem Mittel fragt. Das hat mit Service nix zu tun, das ist ein Verwaltungsvorgang.

        • @Ingo Bernable:

          Da verlangen andere gesellschaftliche Gruppen, die viel weniger benachteiligt sind, aber heftig viel mehr von der Gesellschaft! Millionäre fordern, dass man sie in Ruhe lässt mit steuerforderungen, Autofahrer, dass sie auf Kosten der anderen weiter rasen dürfen.....mir würde noch viel mehr einfallen.

        • @Ingo Bernable:

          "Die Erwartung an die Gesellschaft aber auch an Einzelpersonen einem beim eigenen Ableben zu unterstützen ist eben schon heftig viel verlangt."



          Hier geht es ja nicht mal um aktive Sterbehilfe sondern um die Beschaffung/Zur-Verfügungstellens eines Mittels. Einnehmen wollte dies Hans-Jürgen Brennecke selbst.

        • @Ingo Bernable:

          Ähnlich freche „Servicementalitäten“ (was für eine Wortwahl und Denke in Bezug auf das Thema) haben Behinderte und Pflegebedürftige ja auch. Ich mein, weshalb einen Rollstuhl organisieren, wenn jemand nicht aus eigenem Antrieb laufen kann, weshalb Bettlägerige umwenden, weshalb Assistenz für Leute mit ALS usw. usf. Denn aus deren Recht auf ihre Menschenwürde leitet sich ja nämlich nicht die Verpflichtung der Gesellschaft auf Hilfe ab.



          Ich glaube du hast dich da irgendwo verrannt.

          • @Hampelstielz:

            "Behinderte und Pflegebedürftige"



            Nur geht es hier gerade eben nicht um jene die selbst nicht mehr handlungsfähig sind. Jemand wie der im Text geschilderte Hr. Brennecke wäre das sehr wohl und eine allgemeine Regelung anhand von Rand- und Extremfällen zu verhandeln ist selten klug, aber oft Taktik (etwa dann wenn wieder mal erweiterte Polizeibefugnisse mit Kinderschändern und Terroristen begründet werden).

            • @Ingo Bernable:

              Wo liegt eigentlich dein Problem genau? Findest du es anmaßender diese Art des Freitods anzustreben, als die Klassiker, die irgendjemandem recht ordentlich ans Gemüt fahren werden (Stichworte sind Auffindesituation und unfreiwillige Mittäterschaft) oder bist du generell dagegen? Ist dir die Art des Entschlafens nicht archaisch und urtümlich genug, muss der Sterbende und Lebensmüde leiden?



              Zu guter Letzt, was stört dich daran, wenn jemandem zur leichten Art verholfen wird, z.B. durch einen Sterbebegleiter. Du musst dich ja genausowenig darum, wie um andere soziale Belange und die 0,000000001 Cent, welche du dafür im Jahr mitverpflichtet bist, wirst du auch noch irgendwie verschmerzen.

              Bedenken bezüglich Mißbrauchsvorwürfen verstehe ich, aber der Rest ist doch sehr merkwürdig.

  • ...... Bundesministerium für Gesundheit von Anfang an geweigert hat, dem Richterspruch Folge zu leisten. Denn er „würde die bisherige ethisch-politische Linie von Herrn Minister(Hermann Gröhe) konterkarieren“. ....

    Genau hier pfeift der BD wieder in die Höhe.

    Was bitte ist eine ethisch-politische Linie d. M.?

    Ich habe das Gefühl, das wir hier noch Rechtsbeistand bekommen.

    Es wird nicht besser!

    , dass er fürchtet, eine neue Regelung könne dazu führen, dass aus einem Recht Gewöhnung oder sogar eine Pflicht für Alte und Kranke werde, die ihrer Familie nicht zur Last fallen wollen...(Jens Spahn)

    ...Es ist eine bodenlose Frechheit zu behaupten, man bräuchte in dieser Frage noch Zeit.“...

    Gibt es vielleicht eine Petition von Hans-Jürgen Brennecke zum Unterschreiben!!