Debatte um Marschflugkörper für Ukraine: Die Illusion Wunderwaffe

Viele hoffen, dass die Ukraine den Verteidigungskrieg gegen Russland mit immer mehr Waffen aus dem Westen gewinnen wird. Doch so ist es nicht.

Das Porträt eines getöteten Soldaten hängt an seinem Grabstein in Lemberg

In diesem Abnutzungskrieg werden weiterhin viele Soldaten sterben Foto: Alexander Clegg/imago

Pünklich zum parlamentarischen Sommerloch gibt es die nächste Diskussion über eine Ausweitung der Waffenlieferungen an die Ukraine. Nachdem ein paar Monate Ruhe an der Heimatfront war, versuchen mehr oder weniger kompetente Abgeordnete der Union und auch – mal wieder – der beiden kleineren Ampelparteien, sich über die Forderung nach Lieferung deutscher Marschflugkörper in Szene zu setzen.

Es ist das altbekannte Spielchen. Der Bundesregierung zum wiederholten Male zu große Zögerlichkeit vorzuwerfen mag der eigenen Profilierung dienen, hilft den Menschen in der Ukraine jedoch nicht.

Dabei wissen alle Beteiligten: Nachdem Großbritannien bereits seit Mai liefert und Frankreich im Juli nachgezogen ist, wird sich auch Deutschland in absehbarer Zeit dafür entscheiden, Marschflugkörper in die Ukraine zu schicken. Und zwar, wie es der Linie von Kanzler Olaf Scholz entspricht, in enger Absprache mit den USA. Die zeigen sich zwar derzeit noch zurückhaltend, angesichts der schwierigen Kriegssituation für die Ukraine zeichnet sich ein Richtungswechsel ab.

Nur: Auch Marschflugkörper sind keine Wunderwaffen – sonst hätte übrigens Putin längst gewonnen, der sie von Anfang an in diesem Krieg einsetzt. Die Vorstellung, sie seien der „Gamechanger“, der der mehr als schleppenden Gegenoffensive der Ukraine zum finalen Erfolg verhelfen könnte, ist illusionär.

Das zeigt jedoch das generelle Problem. Wer nur noch in militärischer Logik denken kann, mag daran glauben, die Ukraine könne diesen Krieg mit einem Sieg auf dem Schlachtfeld beenden. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Auch mit der Lieferung von mehr und immer stärkeren Offensivwaffen bleibt es ein Stellungs- und Abnutzungskrieg, dessen Blutzoll hoch ist und der noch sehr lange dauern kann.

Der Ukraine muss alle militärische Unterstützung gegeben werden, um ihre Bevölkerung bestmöglich zu schützen und der russischen Aggression standzuhalten. Der Rückzug von Putins Truppen wird sich jedoch letztlich nur am Verhandlungstisch erreichen lassen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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