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Comeback der K-GruppenEin Heilsversprechen für junge Kader

In Berlin hat sich eine Revolutionäre Kommunistische Partei gegründet. Das Energielevel der rund 200 jungen Menschen beim Parteitag sackte schnell ab.

Sehen so „revolutionäre Kommunisten“ aus? Ein Delegierter auf der Gründungsversammlung der RKP hat das Wort ergriffen Foto: Revolutionäre Kommunistische Partei

Berlin taz | Am Stadtrand von Berlin, in einem eher Misstrauen erweckenden Hinterhof eines Spandauer Gewerbegebiets, zeigt ein verblasstes Schild den Weg zur „Nostalgie“. Dies ausgerechnet ist der Name des Saals, wo sich an diesem Samstagmorgen die Revolutionäre Kommunistische Partei (RKP) gründet.

In Grüppchen strömen die sehr jungen Kom­mu­nis­t:in­nen herbei, über 200 sind laut Parteiangaben erschienen. Im Schnitt dürften sie kaum älter als 20 Jahre sein. Einige haben sich Kufijas um ihren Kopf gebunden, andere tragen Hammer-und-Sichel-Jutebeutel.

Die Stimmung ist euphorisch. „Willkommen zu diesem historischen Moment, auf den ihr schon das ganze Jahr gewartet habt“, ruft eine Rednerin vom Podium unter Applaus. Doch dieses Energielevel sackt schnell ab.

Auf die Begrüßung folgt eine über zweistündige Rede eines Referenten, dem gefühlt einzigen Mann über 40 im Raum, über die weltpolitischen Perspektiven des Kommunismus. Nach jedem Satz der englischen Rede folgt eine Liveübersetzung – da können sich einige der Revolutionäre ein Gähnen nicht unterdrücken.

Die „verdiente Führung“ der „Arbeiterklasse“

Die RKP ist ein Phänomen. Die zahllosen Videos auf ihren Social-Media-Kanälen sind ein Ausflug in eine abstruse Parallelwelt. Ein junger Mann sagt da zum Beispiel in die Kamera, er sei in der RKP, „um der Arbeiterklasse ihre verdiente Führung zurückzugeben“. Lukas Kutschera, Sprecher der RKP, sagte der taz, man definiere sich in der Partei als „revolutionäre Kommunisten“ und „orthodoxe Marxisten“.

Ansonsten steht die RKP in der Tradition des Trotzkismus. Sie ist Teil der Revolutionary Communist International (RCI), einer internationalen trotzkistischen Vereinigung, die bis zum Juni dieses Jahres noch International Marxist Tendency (IMT) hieß.

Seit Jahren versucht die IMT recht erfolglos, die sozialdemokratischen Parteien insbesondere in Europa von innen revolutionär zu drehen. Doch seit Kurzem verfolgt sie eine neue Strategie: den Aufbau von revolutionärer Kaderparteien. Über 40 nationale Sektionen soll es weltweit geben, viele davon gründen sich derzeit als Partei neu.

Dabei ist die Revolutionäre Kommunistische Partei Teil eines größeren Trends. Autoritäre kommunistische Gruppen haben in den letzten Jahren in der radikalen Linken Berlins Aufwind erfahren. Auf dem 1. Mai, lange fest in der Hand der autonomen und antiautoritären Linken, prägen die roten Schlauchschals inzwischen das Demobild.

In der Palästina-Bewegung sind orthodox ausgerichtete antiimperialistische Gruppen ebenfalls zentraler Akteur. Auf vielen Demos werden inzwischen Zeitungen wie Der Kommunist, das Hausblatt der RKP, verteilt. Zuletzt hatte auch die stalinistische Kommunistische Organisation (KO) einen Parteigründungsprozess eingeleitet.

Was treibt junge Linksradikale in eine Partei, deren Theorie und Optik in der Weimarer Republik stecken geblieben scheint? Bei einer Zigarette vor dem Parteitag erzählt ein junger Kommunist, wie er sich von der antiautoritären Linken entfremdet hat. „Die waren mir zu chaotisch“, sagt er.

Die Rede sei immer vom Kampf gegen den Kapitalismus gewesen – aber es habe kein Konzept existiert, wie dieser auch wirklich zu überwinden ist. „Die RKP ist die einzige Partei, die wirklich die Revolution erkämpfen will“, sagt er. Zum ersten Mal in seinem Leben spüre er: „Sozialismus in unseren Lebzeiten ist möglich.“

Ausdruck autoritärer Zeiten

Tobias Helfst vom antiautoritär-kommunistischen “… ums Ganze!“-Bündnis warnt davor, die RKP als Skurrilität abzutun. „Wir als radikale Linke haben diese Entwicklung viel zu lange nicht ernst genug genommen“, sagt er. Helfst sieht in der RKP einen Ausdruck autoritärer Zeiten, die sich auch in der radikalen Linken niederschlagen.

Viele junge Linke, die zwischen Krieg, Krise und Unsicherheit aufwachsen, seien auf der Suche nach Halt. „Ich kann verstehen, dass man das findet in so einer Partei, die mit einer Art Heilsversprechen daherkommt und bei der man dann auch noch selbst die Avantgarde sein und den Führungsanspruch übernehmen kann“, sagt Helfst.

Und tatsächlich ist auch die Erzählung, die der Referent auf dem Parteitag kompliziert entfaltet, eigentlich eine einzige Selbstvergewisserung: Ja, manchmal wirkt es, als würde alles immer schlimmer – in Wirklichkeit sind hier aber Kräfte der Geschichte am Werk, die bereits die neue Revolution vorbereiten.

„Die organische Krise des Kapitalismus schlägt sich auf das Bewusstsein nieder, insbesondere in der Jugend, die nichts anderes kennt als dieses System im Niedergang“, sagt Parteisprecher Kutschera. Auch dass viele Jugendliche AfD wählen, sei eigentlich nur ein Symptom, dass die Leute „radikale Antworten außerhalb des Systems suchen“.

Wenn man es recht bedenkt, könnten die Zeiten für Kutschera deshalb eigentlich kaum besser sein. „Wenn wir jetzt die radikalisierte Jugend organisieren, haben wir eine Chance, was zu reißen“, sagt er.

Derzeit seien in der Partei etwa 300 Kom­mu­nis­t:in­nen aktiv. Doch in fünf Jahren, ist er sich sicher, werden es schon Tausende sein. „Stell dir mal vor, welche Wirkmacht wir da hätten“, sagt Kutschera. Und sieht dabei für einen Moment wie ein junger Mensch aus, der sich auf die Zukunft freut. Es ist ein selten gewordener Anblick.

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11 Kommentare

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  • "In Berlin hat sich eine Revolutionäre Kommunistische Partei gegründet."



    Der real existierende Kommunismus ist ein faszinierendes Märchen, das immer wieder Freunde findet. Faszinierend eigentlich.

  • Man sieht jeden Tag noch größere Spinner in den Nachrichten, und die Leute wählen sie.

  • Wenn man noch Ereignisse und Verhaltensweisen für die persönliche Retrospektive braucht, weswegen man auch als naiv/blöde Angesehen werden kann, und welche später auf „peinliche“ Makel in der Biographie herauslaufen, kann man bei sowas Mitwirken.

  • Wenn die Jugend für die Herausforderungen im 21.Jahrhundert , in gescheiterten Ansätzen aus den letzten Jahrhundert sucht.

    Wohlbekomms

  • Okay, hier haben wir Radikale, die das System ganz offen bekämpfen wollen. Die gründen eine Partei.

    Verfassungsschutz? Faeser? Wie sieht's aus?

    • @Wonneproppen:

      Revolution meint an der dieser Stelle nicht Gewalt, so wie ich das sehe. Sollte es doch so sein, dann haben Sie auf jeden Fall Recht.



      Und auch wenn viele immer meinen, das sei so: im Grundgesetz steht nichts davon, dass Deutschland ausdrücklich kapitalistisch zu sein habe. Gegen Kapitalismus zu sein - oder wie der Club of Rome es nennt: Ego-nomics - ist keinesfalls antidemokratisch. Kapitalismus hingegen schon, wie die Studien zum Thema Ungleichheit vs Demokratie zeigen (hier findet sich einiges: www.clubofrome.org...er=reports-to-cor).

      Ich sehe Verfassungsprobleme bei ganz anderen Parteien. Die, bei denen Eigentum nicht mehr gesellschaftlich verpflichtet (Mietwucher, Erbschaften, Demokratiezerstörung durch extreme Ungleicheit) oder bei denen das Menschenrecht auf Asyl mit Füßen getreten wird. Und das sind nach letzter Zählung alle außer den Linken.

    • @Wonneproppen:

      Die Kinder (auch die großen) sollen schon ein wenig spielen dürfen. Das BVerfG hat auf den zweiten NPD-Verbotsantrag hin klargestellt, dass es wegen unbedeutender Klein-Ansammlungen von Spinnern selbst dann nicht belästigt werden will, wenn diese Spinner an sich alles andere als harmlos sind. Also wird die RKP wahrscheinlich vorerst eine Fußnote im Extremismusbericht bleiben - WENN sie dafür lange genug durchhält und sich nicht vorher schon in ihre Einzelvetreter der einzig richtigen Parteilinie zerlegt...

  • Ein weiteres Zeichen dafür, dass wir üblen Zeiten entgegen gehen. Vielleicht ist der Mensch einfach zu dumm und er kommt nicht damit klar, wenn es ihm zu lange zu geht wie es in unseren Breitengraden der Fall war. So wie die AfD und die ganzen noch schlimmeren Rechten Auswüchse mit Rezepten von gestern das Heil versprechen, so tut es nun auch eine radikalisierte Linke. Mein Gott, was ist nur falsch mit so vielen Leuten?

    • @Fran Zose:

      Es darf einfach nie vergessen werden, wie attraktiv autoritäre Ideologien für viele Menschen sind.

      Es würde mich auch nicht verwundern, wenn wir ein Teil der Teilnehmer von diesen Parteitag in ein paar Jahren bei irgendwelchen rechten Gruppen finden. MakssDamage als Inspiration für den Lebensweg der Jugend.

  • Eine "revolutionäre" kommunistische Partei wird sicher schneller verboten als die AfD.

  • Ich gebe Trotzkis zwei Wochen bis zur ersten Spaltung und zwei bisher bis zur zweiten. In zwei Jahren wird es eine große geben und das Problem, dass Führungskader schlecht mit Macht umgehen und sexistisch sind. Gegenwind wird ausgegrenzt werden