Berichterstattung zu getöteter Radlerin: Ein Tempolimit für News
Während Klimaaktivist*innen demonstrieren, wird eine Radfahrerin von einem Lkw überrollt. Die bundesweite Aufregung zeigt, wie wichtig Hinterfragen ist.
D ie Nachricht war krass. Nicht die, dass ein Lkw am Montag vor einer Woche in Berlin eine Radfahrerin überrollte. Das war, so zynisch das auch wirkt, im Nachrichtengeschäft fast noch Alltag. Leider. Krass wurde das Thema erst, als gut zwei Stunden später ein Sprecher der Feuerwehr beklagte, dass Einsatzfahrzeuge im Stau stecken blieben, weil Klimaschützer:innen eine Stadtautobahn blockiert hätten. Da war es plötzlich eine Geschichte, zu der man was machen muss.
Dass sie zum bundesweiten Aufreger wurde, lag auch an der Medienberichterstattung. „Wegen Klima-Klebern! Retter verspätet bei Betonmischer-Unfall“, titelte das Boulevardblatt BZ in seiner Online-Ausgabe. Seriösere Medien waren kaum besser. „Feuerwehr steht wegen Klima-Blockaden im Stau fest“, hieß es beim Tagesspiegel. Und die taz titelte: „Blockade hält Feuerwehr auf.“
All das entsprach der Nachrichtenlage. Auch dass sich die üblichen Verdächtigen aus CDU und FDP, die Gewerkschaft der Polizei, die Regierende Bürgermeisterin und selbst der Bundeskanzler meldeten, um auf diese Klimademonstrant:innen einzudreschen, wurde selbstverständlich schnell gemeldet. Dennoch wünscht man sich manchmal ein Tempolimit – gerade im Nachrichtengeschäft. Und etwas mehr Distanz.
Natürlich darf die Feuerwehr sich darüber echauffieren, wenn sie mal wieder im Stau stecken bleibt. Das Problem ist, dass Aussagen von Feuerwehrsprechern genau wie Meldungen der Polizei von vielen Journalist:innen unhinterfragt als Fakt übernommen werden. Die sind doch schließlich seriös, oder?
Dass sich Hinterfragen gerade hier lohnt, zeigte zwei Tage nach dem Unfall der Tagesspiegel. Er rekonstruierte jede Minute der Fahrt der Feuerwehr und zeigte, dass die Klimablockade keine Auswirkung auf die Rettungsaktion hatte. Dann schrieb die Süddeutsche, dass das die den Einsatz leitende Rettungsärztin bestätige.
Für die längst bundesweit erregte Debatte spielt das kaum noch eine Rolle. Die Klimaaktivist:innen gelten im besten Fall als Störenfriede, im schlimmsten als Terrorist:innen. Der Fall zeigt, dass die Medienlandschaft bei politischem Framing nur bedingt abwehrbereit ist. Für eine demokratische Gesellschaft, die verstärkt von rechts attackiert wird, heißt das nichts Gutes.
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