Bauernverband zum Agrarpaket der Ampel: Unverschämte Forderungen
Es lässt sich nicht rechtfertigen, dass die Ampel den Bauern nochmal Millionen Euro an Steuern erlassen will. Sie muss gegen Tierquälerei vorgehen.
D ie Reaktion des Bauernverbands auf die von der Ampelkoalition vereinbarten Entlastungen für die Landwirtschaft ist unverschämt. Der Bund schenkt der Branche wieder einmal Millionen, obwohl er wegen der Schuldenbremse fast überall spart. Diesen Realitäten zum Trotz forderte Verbandschef Joachim Rukwied auf dem Bauerntag noch mehr Privilegien.
Dabei kommen SPD, Grüne und FDP den Landwirten mit ihrem „Agrarpaket“ schon zu weit entgegen. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass Bauern künftig weniger Einkommensteuer zahlen müssen, wenn ihre Gewinne über drei Jahre hinweg schwanken. Die FDP begründet das damit, dass die Landwirtschaft ja besonders dem Wetter ausgesetzt sei. Solche Schwankungen betreffen aber auch andere Branchen wie den Tourismus und große Teile der Gastronomie. Soll der Bund jetzt auch für diese Branchen die Steuern senken?
Die deutsche Landwirtschaft erhält bereits rund 9 Milliarden Euro pro Jahr von EU und Bund in Form von Finanzhilfen und Steuererleichterungen. Dabei beschäftigt diese Branche nur rund 1 Prozent der Erwerbstätigen.
Traktoren vom Wert einer Viertelmillion
Die meisten Bauern haben Vermögen in Form von Grund und Boden, von denen Normalbürger nur träumen können. Zu ihren Einkommen gibt es keine zuverlässigen Zahlen, weil in den Statistiken oft wichtige Einnahmequellen wie Photovoltaikanlagen fehlen. Aber wer mit 250.000 Euro teuren Traktoren in Berlin demonstrieren kann, wird nicht am Hungertuch nagen.
Dass immer wieder Betriebe aufgeben, gehört zum Wettbewerb im Kapitalismus. Die Ernährungssicherheit ist dadurch nicht gefährdet, denn wenn ein Hof schließt, fällt sein Land keinesfalls brach, sondern wird von anderen Betrieben übernommen.
Die Ampel sollte deshalb den Bauern nicht weiter nachgeben und nicht wie von Rukwied gefordert etwa auf ihre Reform des Tierschutzgesetzes verzichten. Damit würde sie in zehn Jahren verbieten, Tiere das ganze Jahr über anzubinden. Diese Qual erleiden immer noch 10 Prozent aller Rinder in Deutschland. Dass Rukwied das nicht verboten sehen will, sagt viel über seinen moralischen Kompass aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist