Ausbau des Nachtzugnetzes: Schlaflos im Zug
Neue Nachtzugverbindungen könnten das Klima deutlich entlasten – aber nur, wenn die Reisenden während der Fahrt wirklich ausreichend Schlaf bekommen.
F ür die Umwelt und die Fahrgäste ist es grundsätzlich eine gute Nachricht: Ab Dezember bieten die Deutsche Bahn und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) von Berlin und Wien aus Nachtzugverbindungen nach Paris und Brüssel an. Das lange vernachlässigte Nachtzugnetz in Europa wird wieder ausgebaut.
Züge mit Schlaf- und Liegewagen sind auf mittleren und langen Strecken eine der wenigen komfortablen Alternativen zum Klimakiller Flugzeug. Welcher Geschäftsreisende kann es sich schon leisten, tagsüber zehneinhalb Stunden im Zug von Köln nach Warschau zu sitzen? So lange Reisezeiten sind meist nur machbar, wenn sie eine Übernachtung sparen. Genau das bietet der mit Betten ausgestattete Nachtzug.
Damit noch mehr Nachtzugfahrten Flüge ersetzen, müssen die Bahnunternehmen aber auch effizienter an der Qualität arbeiten. Zu oft können die Fahrgäste auch im Schlafwagen kaum ein Auge zudrücken. Häufig werden die Waggons mitten in der Nacht abgekoppelt und mit anderen Waggons zusammengefügt. Das ist laut, und es kann so stark ruckeln, dass man davon aufwacht.
Auf internationalen Verbindungen können im Sitzabteil gut und gerne insgesamt vier Mal von in jedem Land wechselndem Personal die Tickets kontrolliert werden, ganz egal zu welcher Uhrzeit. Oft sind die Abfahrts- und Ankunftszeiten zu früh oder zu spät, als dass man genügend Zeit hat, um einigermaßen auszuschlafen. All das haben ReporterInnen berichtet, die für die taz-Serie „Nachtzugkritik“ Verbindungen in Europa getestet haben.
Zudem sind gerade „Nightjets“ der ÖBB überlastet. Das Unternehmen hat nun sogar eingeräumt, dass viele Verbindungen schon nach dem ersten Verkaufstag ausgebucht seien. Gut, dass die ÖBB und andere Unternehmen mittlerweile neue Nachtzugwaggons bestellt haben. Ob die ausreichen werden, ist jedoch fraglich. Fest steht: Die neuen Wagen werden zu spät kommen. Zu viele Reisende mussten dann doch fliegen, weil sie einfach keinen Platz im Nachtzug abbekommen hatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken