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Kritik am NobelpreisForscherinnen bleiben die Ausnahme

Acht Männer haben diesmal für ihre herausragende Forschung den Nobelpreis erhalten. Noch immer steht der Preis vor strukturellen Problemen.

Viele No­bel­preis­trä­ge­r*in­nen sind wie Alfred Nobel selbst: Weiß, männlich, europäisch Foto: Matt Dunham/ap

Statistisch gesehen passen die Gewinner der diesjährigen Nobelpreise in Biologie, Physik und Chemie gut zu ihren vielen Vorgängern. Sie sind meist weiße, über 50-jährige Männer, geboren in den USA oder Großbritannien.

Die Themen der Preise geben aber auch einen Blick auf die Fortschritte, die künstliche Intelligenz (KI) in der Forschung ermöglicht haben und welchen Stellenwert sie dort mittlerweile und wohl auch zukünftig haben wird. Für den Umgang mit KI brauche „verantwortliche Wissenschaft die Aufsicht des Menschen“, sagte der Vorsitzende des Chemie-Nobelkomitees, Heiner Linke.

Sowohl der Preis in Physik als auch der in Chemie honorieren die Fortschritte, die KI ermöglicht. Für ihre Grundlagenforschung zu neuronalen Netzwerken, auf denen KI basiert, gewannen der 92-jährige John Hopfield und der 76-jährige Geoffrey Hinton. Ihre Entwicklung ermöglicht heute die Gedächtnisfunktion von KI.

Es waren auch Fortschritte in der KI, die die Vorhersage von Proteinstrukturen allein auf Grundlage ihrer Aminosäuresequenz ermöglicht haben. Mehr als 50 Jahre war das in der Forschung unmöglich. Für ihren Durchbruch haben Demis Hassabis und John Jumper die Hälfte des diesjährigen Preises gewonnen. Die andere ging an David Baker, für seine Pionierarbeit im Protein Design. Wie bei den Physik-Nobelpreisträgern liegen die Forschungserfolge oft über 20 Jahre zurück.

Durchbruch und Preis liegen immer weiter auseinander

Die Abstände sind seit dem ersten Nobelpreis 1901 immer größer geworden. Erst wenn die großen Linien der Arbeit sichtbar werden, wurden sie ausgezeichnet. Den Preis in Biologie haben die zwei Forschenden Victor Ambros und Gary Ruvkun, 70 und 72, für ihre Arbeit an der microRNA erhalten. Diese kleinen RNA-Moleküle spielen eine bedeutende Rolle in der Genregulation.

Aber genauso wie seit Jahrzehnten ist der höchste Preis der Wissenschaft auch heute noch ein männerdominierter westlicher Preis, wie Daten zeigen. Am Montag, dem 14. Oktober, wird noch der letzte Forschungspreis vergeben, in Wirtschaft. Dieser Preis wird erst seit 1969 verliehen.

Forschung ist männlich

Frauen, die an den Entdeckungen der Nobelpreise maßgeblich beteiligt waren, wurde in der Vergangenheit bei der Preisvergabe immer wieder übergangen. Etwa die Biochemikerin Rosalind Franklin oder die Kernphysikerin Lise Meitner. Die Quote der Frauen unter den Nobelpreis-Sieger*innen ist miserabel. Nur 59 Frauen erhielten seit 1901 den Preis.

Am schlechtesten schneiden sie in der Physik ab. Gerade mal zwei Prozent der Ausgezeichneten in dieser Kategorie sind weiblich. In den anderen Forschungsfeldern sieht es ähnlich aus. Höher liegt der Anteil nur außerhalb der Forschung in der Literatur und beim Friedensnobelpreis, dort sind es um die 14 Prozent.

Für die schlechte Quote ist nicht allein das Gremium um den Preis verantwortlich. Forscherinnen in Spitzenpositionen sind bis heute unterrepräsentiert. In Deutschland waren 2020 etwa ein Drittel der Professuren von Frauen besetzt, obwohl unter Studierenden der Anteil wesentlich höher ist. Zudem geht ein Großteil der aktuellen Nobelpreise an Forschungserfolge aus den 90ern und 2000er hervor, in denen die Verteilung global noch ungleicher war.

Bis heute bleiben Frauen wie Marie Curie die Ausnahme. Sie hat 1903 nicht nur als erste Frau den Preis gewonnen, sondern auch als eine von nur fünf Preis­trä­ge­r*in­nen hat sie zwei Auszeichnungen erhalten, in den Kategorien Physik und Chemie. Seit Anfang der 2000er wurden wesentlich mehr Frauen ausgezeichnet. Bis zur Jahrtausendwende erhielten in den Naturwissenschaften über die knapp hundert Jahre insgesamt elf Frauen den Preis. Seitdem waren es bereits 15.

Eine große Forschungsfamilie

Fast alle No­bel­preis­trä­ge­r*in­nen kennen sich. Also nicht direkt, aber sie stammen aus den gleichen akademischen Familien. Nicht weniger als 702 von 736 For­sche­r*in­nen bis einschließlich 2023 aus Chemie, Physik, Medizin und Medizin waren irgendwann in der Geschichte mal miteinander verbunden.

Angefangen hat es etwa mit John W. Strutt. 1904 gewann er den Nobelpreis in Physik für seine Forschung über die Eigenschaften von Gasen. Einer seiner Lehrlinge, Joseph Thomson, wurde dann 1906 ebenfalls ausgezeichnet und trainierte neun weitere Nobelpreisträger in Physik und Chemie. Ausgehend von Strutt folgten ihm mit 228 die meisten akademische Nachkommen, die ebenfalls den Preis erhielten. Der Nobel-Staffelstab übergaben sie als Men­to­r*in­nen an ihre Schü­le­r*in­nen über Generationen hinweg. Selbst wenn sie mal eine Generation aussetzen.

Geht man also in ein Labor, in dem schon einmal ein*e No­bel­preis­trä­ge­r*in gearbeitet hat, steigen die Chancen, selbst einen zu bekommen.

Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Womöglich fördert Talent wiederum Talent und zieht dieses an. Aber auch Klüngelei könnte ein anderer Grund sein. Indem etwa No­bel­preis­trä­ge­r*in­nen ihren wissenschaftlichen Nachwuchs immer wieder für den Preis nominieren. Denn nur wer von anderen vorgeschlagen wird, kann einen Nobelpreis überhaupt erhalten. Wer nominieren darf, entscheidet das Nobelpreiskomitee.

Auch das könnte zu den immer gleichen Typen führen, die den Nobelpreis gewinnen. Am Ende bleibt alles gleich.

Preis des globalen Nordens

Vier von fünf Nobelpreistragenden kommen aus Europa oder Nordamerika. Besonders häufig gingen die Preise in die USA, nach Großbritannien und Deutschland. Preisträger aus anderen Ländern haben im Verlauf ihrer Forschungskarriere häufig dort gearbeitet. Das Bewusstsein dafür ist in der Nobelpreiskommission zwar gewachsen, so wurde mehr über Herkunft und Geschlecht gesprochen. Aber in den Vergaben zeigt sich das nicht.

Einer der wichtigsten Gründe liegt im Kapital. Forschung kostet Geld, davon haben die großen etablierten Institutionen viel und sie werden staatlich gut gefördert. Ein Ansatz dagegen können Forschungskooperationen sein. Die Macht in ihnen haben aber zumeist die mit dem Geld und so entstehen teils neue Abhängigkeiten. Aber es geht auch um Veröffentlichungen. Am wichtigsten sind die Erst-Autor*innenschaften, also zuerst im Paper genannt zu werden, sowie die Zitate.

Dafür sinken die Chancen, wenn die Forschenden aus dem Globalen Süden kommen, zeigt auch eine Studie des Soziologen Charlie Gomez im Fachmagazin Nature Human Behaviour. Also stehen Forschende in Kooperationen häufiger hinten dran und treten seltener als Führungspersonen auf. Ein kleiner Shift ist dennoch sichtbar. In den letzten 30 Jahren gewannen zunehmend auch Menschen vom asiatischen Kontinent, allen voran Japan. Preis­trä­ge­r*in­nen gab es zudem aus Israel, Indien und China.

Auch vom afrikanischen Kontinent gab es Preis­trä­ge­r*in­nen in den Naturwissenschaften – insgesamt acht. So gut wie alle haben europäische Eltern.

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31 Kommentare

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  • Der Artikel ist eine nette Zusammenstellung, vom Globalen Süden bis zur Frauenquote und firmiert unter Feminismus.



    Gemeinsam ist, dass Spitzenforschung, heute mehr denn je, in Topinstitutionen, und dazu gehört die Ausstattung und das Umfeld, gemacht wird. Diese Position haben sich, vielleicht leider, besonders amerikanische Institution erarbeitet und erkauft. Bezogen auf das Personal bedeutet das auch, dass ein extremer Wettbewerbsdruck herrscht und da zählen zB Erziehungszeiten eher weniger. Die werden bei Berufungen in D immer mehr berücksichtigt. Zurecht. Aber leider fallen die aktivsten Forschungszeiten mit den Fortpflanzungszeiten zusammen. Bei Frauen wie Männern, auch wenn die letztern es mit den traditionellen Strukturen leichter haben.

  • Lise Meitner wurde 49 mal für den Nobelpreis nominiert und hat ihn nie erhalten. de.m.wikipedia.org/wiki/Lise_Meitner Finde sehr gut, dass jetzt geforscht wird, warum nach wie vor weniger Frauen unter den Preistragenden sind, obwohl die Zahlen von erfolgreichen Frauen in der Forschung steigen. www.genderawardgap.hhu.de/ab/



    Das ist längst überfällig.

  • Die Preise eines weißen Mannes gehen vorzugsweise an weiße Männer. Wen wundert das?

    Man sollte allerdings auch bedenken, dass selbst in Europa erst seit relativ kurzer Zeit Frauen keine sehr großen Steine mehr in den Weg gelegt werden, wenn sie sich für Naturwissenschaften interessieren. Aktiv unter Frauen geworben wird sogar erst seit wenigen Jahren. Es wird also noch eine ganze Weile dauern, bis sich genug Frauen in die Spitze vorgearbeitet haben, um für die Preise in Frage zu kommen.

    Und andere Kontinente? Wie groß ist eigentlich das Interesse in China oder Indien an europäischen Preisen?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      ...und wie viele indische Preise gehen an Europäer?

  • Ich fordere Parität! Jede Medaille hat zwei Seiten. Doppelspitze: für jeden Mann, den man meint auszeichnen zu müssen, muß auch noch eine Frau ausgewählt werden.



    Aber eigentlich ginge auch das noch an der eigentlichen Lösung vorbei: Der Preis gehört abgeschafft! Jeder ist ein Sieger. Keiner gehört herausgehoben. Es wird nur auf eine Einmalleistung fokussiert. Die entsteht nicht im Alleingang. Und was ist mit all denen, die ihren Beitrag im Wissenschaftsalltag leisten, die "care" Arbeit im Back Office? Unsichtbar!



    Dass das Preisgeld dann auch noch aus Rüstungsgewinnen stammt, setzt dem ganzen die schwedische Krone auf! Militaristisch, weiß, männlich, kolonial, royal! Geht's noch?

  • "Aber auch Klüngelei könnte ein anderer Grund sein. Indem etwa No­bel­preis­trä­ge­r*in­nen ihren wissenschaftlichen Nachwuchs immer wieder für den Preis nominieren. " Wenn man sich die Ergebnisse dieser vermeintlichen Klüngelei ansieht, scheint sie zu bahnbrechenden Entdeckungen zu führen. Da dies normalerweise bei Klüngelei nicht der Fall ist, darf man Klüngelei wohl ausschließen. Nicht jeder Nobelpreis ist fair, aber jeder ist eine Spitzenleistung.

    • @Nachtsonne:

      Die Frage ist aber: Gibt es außerhalb der Klüngelblase wirklich so viel weniger Spitzenleistung?



      Dafür müsste man sich mal die gesamte Forschungsgeschichte anschauen und die Überlegungen der Kommitees kennen.



      Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass Menschen mit Nobelpreisambitionen sich schon früh darum bemühen, frühere Preisträger zu kontaktieren und dadurch in die Blase geraten.



      Also ist die Gemeinsamkeit nicht automatisch ein Beweis für Klüngelei. Die Spietzenleistung aber auch noch kein Beweis dagegen.



      Dass die Frage gestellt wird ist anhand der übrigen Ungleichheiten aber trotzdem wichtig.

  • Hola. Nun laßt doch endlich mal - für klare Sicht diese Genderkiste zu!



    Das ist - wenn überhaupt ein Randproblem •

    Forschung ist ein beinhartes Unterfangen! Jeder - der sich mal voll power & für was länger reinbegeben hat - weiß das. Universitäten & dergl sind aber immer auch Stätten sozialer Verwerfungen Hierarchischien usw usf •



    Fang mal beispielhaft mit dem Kampf um Rom an! Doch Doch. Da sitzt ein ältererer Herr sinnierend im Grunewald.Nebendran lärmt eine Schar Jungens. Einer setzt sich zu ihm & sie reden so dies und das! “Wie heißt du eigentlich?“ “Wieso? Ich bin doch der Peter. Gut & klar.



    Überspringe mal eine hochdorierte Dame als Doktorvater („… nachdem sie meine Arbeit komplett verrissen hatte - hieß es nach fünf Jahren UNVERÄNDERT



    Sehen Sie! So - ist es hervorragend!;)(



    Und springe zu Algebra! Das! Lehrbuch!



    “Waas! Der heiratet?! Damit ist er für die Wissenschaft verloren!“



    & Däh - noch so grade als weiterer Mitautor genannt - endete als oberstupidienrat für Mathe in Wuppertal (?).



    Hück - eine mir durchaus bekannte Dame - knackt ein als unlösbar geltendes Problem bei den T-Zellen.



    Kongresse Prof. Toronto etc!!



    “Mensch - ich will Ärztin & Kinderkriegen!“



    “Dann hör zu“

    • @Lowandorder:

      Ja alles Perspektive, aber ORR dürfte ne A14 sein und damit so schlecht nun eben nicht; ein durchaus vertretbares "Ende". Auch etwas unterhalb der R Besolungen lässt sichs gut leben.

      • @BluesBrothers:

        Sorry - aber Sie verstehen nicht so ganz worauf ich rauswill & worin der Skandal besteht. Die dazugehörigen Bücher - die ua Dr- Mütter & Dr Vater zum Gegenstand haben - sind grad im Regal verschollen! Vllt ein andermal.

  • "Für die schlechte Quote ist nicht allein das Gremium um den Preis verantwortlich."



    Eine wissenschaftliche Herangehensweise wäre, als "Nullhypothese" davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Häufigkeiten auf einer Kombination aus Intelligenz, Neigung und Fleiß beruhen.



    Diese Nullhypothese gilt es dann zu falsifizieren.



    Gelänge dies, gäbe es vielleicht mal einen Nobelpreis in Ökonomie.

  • Was will der Autor uns eigentlich sagen ?



    Zumindest in Deutschland ist ja die Anzahl der Nobelpreisträger deutlich zurückgegangen, ohne das der globale Süden davon profitiert hätte.



    Ich bin sicher, man kann die Forschung in Deutschland noch weiter in den Keller bringen.

    Solange Figuren wie Alena Buyx oder Mai Thi Nguyen-Kim als Wissenschaftlerinnen durch die Talkshows tingelt, währen kaum jemand Christiane Nüsslein-Volhard kennt, braucht man sich über falsche Vorbilder für junge Frauen im Wissenschaftsbetrieb nicht zu wundern.

    • @Don Geraldo:

      "Zumindest in Deutschland ist ja die Anzahl der Nobelpreisträger deutlich zurückgegangen, ohne das der globale Süden davon profitiert hätte."



      Und wo sind sie geblieben? Die USA haben ihren Anteil an den naturwissenschaftlichen Nobelpreisen von etwa 50% auf über 70% gesteigert. Was sagt uns das dann?

      "Ich bin sicher, man kann die Forschung in Deutschland noch weiter in den Keller bringen."

      Das ist möglich, aber irgendwie nicht Thema...

      Zum Rest Ihres Beitrags: DIe sind es irgendwie doch alle selbst schuld weil sie sich die falschen Vorbilder nehmen? Ich finde diesen Versuch vom genderawardgap abzulenken irgendwie unpassend...

  • Wenn nur ein ganz kleiner Teil der Physikprofessoren und Forscher weiblich ist, warum verwundert es dann wenn kaum ein Preisträger weiblich ist? Das ist doch zu erwarten.

    • @Andrea Seifert:

      Und da muss man nicht die aktuellen Zahlen nehmen, sondern die vor 40 Jahren - denn so lange ist der typische Nobelpreisträger schon im Geschäft.

  • Wenn man die Situation verbessern will, muss man ganz vorne beginnen: in den Schulen und Universitäten. Bei uns werden Mädchen und junge Frauen sehr früh von MINT-Fächern abgeschreckt, oft bereits vor dem Abitur. Das hat verschiedene Gründe, die wenig mit Intelligenz zu tun haben, führt aber dazu, dass man relativ wenige Studentinnen in Physik und Informatik findet. Besser sieht es bei Mathematik und Medizin aus, aber die wenigsten Medizinerinnen bleiben in der Forschung. Auch in Chemie und Biologie gibt es inzwischen mehr Studentinnen. Vielleicht gibt es dort ja irgendwann auch mehr Nobelpreise für Frauen.



    Universitäre Karrieren sind in Deutschland inzwischen nur noch für Hasardeure geeignet, denen es nichts ausmacht, von einer kurz befristeten Hiwi-Stelle auf die nächste zu hüpfen, um dann - vielleicht mit 45-50 Jahren - eine Professorenstelle anpeilen zu können. Viele junge Frauen (aber auch Männer) neigen dazu, sich eher für etwas mehr Sicherheit zu entscheiden. Das führt jedoch gelegentlich zu der absurden Situation, dass oft diejenigen an den Universitäten verharren, die in der freien Wirtschaft keinen Platz für sich gefunden haben.

    • @Aurego:

      Was schreckt den die Mädchen und Frauen ab?

      Das würde mich echt interessieren. Im Zuge meiner Recherche, bezüglich Technikinteresse, bin auf nichts abschreckendes gestoßen eher, dass man die Interessen, welche im Kindesalter vorhanden sind nicht fördert beziehungsweise, dass ein entscheidendes Kriterium für die Interessensbildung vom sozialen nahfeld ausgeht.

      Spannend fand ich das Studentinnen des Maschinenbaus besser abschließen und auch eher das Studium durchziehen. Dies ist aber darauf zurück zu führen das die hauptmotivation Technik ist und nicht wie bei den männlichen Kommilitonen die Verdienstmöglichkeiten.

      Viele negative Annahmen die so kursieren sind aber eher geframt und lassen sich durch Studien nicht belegen. Es ist manchmal wie Äsop "eine Schwalbe macht noch keinen Sommer" und auch männliche Kommilitonen wird als eine Ausbildung nahe gelegt.



      Deswegen finde ich das framing von Frauenfeindlichen berufen auch fragwürdig, weil so ihnen (un)bewusst ein Lebensweg verschlossen wird, der ihnen vllt gefallen würde. Ja und auch ich kenne trotzdem von ein paar Kommilitoninnen Geschichten die nicht sein sollten, aber nahezu alle davon könnten genau so in der Freizeit passieren.

      • @Hitchhiker:

        Ich würde aus eigener Erfahrung sagen, es fängt in der Kindheit und der Schule an.



        Ich würde mich heute als neurodivergent bezeichnen, war aber damals einfach nur eine unsichere Aussenseiterin, die bloss nicht uncool wirken wollte. Daher habe ich allen erzählt, dass ich Mathe nicht mag, ich sei einfach nur gut darin. Das war eigentlich eine Lüge, ich fand es durchaus spannend. Wollte ich aber als Mädchen nicht zugeben.



        Ich konnte früher als das durchschnittliche Kind perspektivisch zeichnen, hat aber niemanden in der Schule interessiert.



        Ich habe mich zum Glück trotzdem für ein Informatikstudium entschieden, hatte aber bis dahin keine einzige Zeile programmiert, im Gegensatz zu fast allen anderen im Studiengang.



        Das Studium an sich fand ich nicht abschreckend, nur leider wenig andere Frauen.



        Es wäre noch besser gewesen, wenn ich schon vor dem Studium gewusst hätte, was man für spannende Dinge mit Software tun kann.



        Heute schreibe ich neben dem Beruf auch als Hobby Open Source Software und kann es nur empfehlen.

        • @risikofaktor:

          Sie sind ein schönes Beispiel wie jemand einfach seinen Weg geht. Kindergarten und Schule sind Zeiten bei denen die Interessen noch sehr vielfältig sind und sich bis ca. 13 ausdifferenzieren. Da bleibt leider vieles auf der Strecke, weshalb das soziale Nahfeld (Familie, Freunde, Bekannte) auch sehr wichtig ist bzw. Man hat Eltern mit ausreichend Ressourcen.



          Ich persönlich zum Beispiel bin groß geworden ohne Einfluß ohne Kunst, Kultur oder vielen spannenden Themen die man so entdeckt. Ich hab das dann auch recht spät für mich entdeckt und es wäre nie aufgetaucht, wenn das Leben nicht so gut zu mir wäre.



          Das mit den wenigen Frauen in der Informatik ist wirklich schade, ebenfalls wie im Maschinenbau. Vllt können Sie ja das ein andere Mädchen, gerne auch Jungs, dafür begeistern. Man hat als Kind oder Jugendlicher einfach sehr wenig Berührungspunkte.



          Das wird zwar versucht mit außerschulischen angeboten, aber die erzeugen ein kurzfristiges Interesse das ohne zusätzlichen input wieder abflacht.



          Da draußen sind bestimmt viele Frauen denen Informatik Spaß machen würde aber ohne das es in ihrem Horizont ist, diese Möglichkeit nicht sehen. Deswegen freut es mich, dass sie es gefunden haben.

      • @Hitchhiker:

        Um zu erklären, warum es so ist, wie es ist, muss man wahrscheinlich ziemlich weit in der Vergangenheit beginnen und man wird möglicherweise auf evolutionsbiologische Antworten stoßen. Das Studium des Maschinenbaus ist jedoch evtl. als Beispiel nicht zielführend, denn in den Ingenieursstudiengängen werden hauptsächlich bereits bekannte Naturgesetze zum Bau neuer Hilfsmittel angewandt. Es werden jedoch nur sehr selten neue Wirkprinzipien entwickelt, d. h. es findet praktisch keine Grundlagenforschung statt. Das ist jedoch das, was in den Nobelpreisdisziplinen Physik und Chemie die entscheidende Rolle spielt.

        Kommentar bearbeitet. Bitte halten Sie sich an die Netiquette. Die Moderation.

        • @Aurego:

          In ihrem Post ging es um Abschreckung in Schule und Studium, das würde dann, in meinen Augen, nur bedingt zu Ihrer Evolutionsbioligidchen Ansatz passen... Da würde ich auch einen Teil drin sehen, wie die Sozialisation eine Rolle spielt.

          Deswegen hätte mich ja die Abschreckung interessiert, welche anscheinend durch Faktoren in Schule und Studium sind.

          Und da Sie von Mint-Fächern gesprochen haben, welche Maschinenbau und etechnik mit einschließen und ähnliche Stereotypen abdecken, habe ich meine Erfahrungen geteilt... Aber ja mit den beiden Fächern holt man kein Nobelpreis ;)



          Spannend ist zum Beispiel, dass unter anderem Informatik mehr von Frauen studiert wird wenn es kombiniert ist mit einem anderen Nebenfach wie Biologie.... Warum ihr Beitrag gekürzt wurde erschließt sich mit mir nicht. Aber bezüglich des Reisens mit Boot, vllt sind Frauen im Schnitt weniger Risikoaffin oder der Anreiz muss größer sein... Männer wie Frauen können theoretisch alles nur die Verteilung ist halt nicht 50/50. Teils wohl genetisch, teils Sozialisation.

  • Ich sehe jetzt das Problem nicht. Abgesehen von Frauen die aus verschiedenen Gründen in der Wissenschaft unterrepräsentiert sind, kommen fast alle Nobelpreisträger aus freiheitlichen Demokratien wenn man mal diejenigen vor dem WK 1 absieht.

    // Nobelpreistragenden //

    Wieder ein Genderwort gelernt.

  • "Das Bewusstsein dafür ist in der Nobelpreiskommission zwar gewachsen, so wurde mehr über Herkunft und Geschlecht gesprochen. Aber in den Vergaben zeigt sich das nicht."



    Der Preis wäre wertlos, wenn man ihn nach Geschlecht oder Region vergeben würde. Die Grundlage wird doch schon viel früher gelegt. Habe zwei Schulpflichtige Kinder. Die Schulen bieten zusätzliche Kurse in Astronomie, Physik, Mathematik oder Chemie an (naturwissenschaftliches Gymnasium) In Chemie ist ein Mädchen dabei, sonst werden diese nur von Jungen belegt. Da die Kurse freiwillig sind, muß auch entsprechendes Interesse vorhanden sein. Die Mädchen sind dafür in der Literatur und Theater AG oder im Chor fast unter sich. Und dies setzt sich dann nach dem Abi mit der Wahl der Studienfächer oder Ausbildungsplätze fort. Und warum soll man Schüler und Schülerinnen zu etwas zwingen, was nicht den persönlichen Interessen entspricht. Nur um eine bescheuerte Quote zu erfüllen?



    Und auch in der IT-Abteilung meines Arbeitgebers sind die Männer unter sich, weil sich auf offene Stellen keine (fachlich geeigneten) Frauen bewerben.

    • @Oleg Fedotov:

      Die Frage ist aber doch: Warum ist das Interesse so unterschiedlich?



      Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass Vorbilder des eigneen Geschlechts einen ernormen Einfluss auf die Interessen haben können.



      Wenn also in einer Schule die Technik-Kurse immer nur von Jungs belegt sind, dann glauben Mädchen vieleicht nur, dass es ihnen keinen Spaß macht. Oder Umgekehrt die Tanzkurse.



      Leider können wir mit Menschenkindern keine Doppelblindstudie durchführen, bei der weder die Eltern noch die Kinder das eigene Geschlecht kennen, bevor die Pubertät einsetzt.



      Wäre aber vielleicht hilfreich, damit Kinder es schaffen, ihre eigneen Neigungen zu finden, und nicht die, die von der Gesellscahft erwartet werden.



      Ob das statistisch was ausmacht? Ist egal, solange die Kinder dabei glücklich sind.

    • @Oleg Fedotov:

      In dieser Debatte sind "Freiwilligkeit" und "Interesse" häufig eine Dogwhistle für (genetische) Veranlagung. Am Beispiel dieses Kommentars lässt sich erkennen, wie gesellschaftliche Normalität ausgeblendet wird. Dabei bleibt die Motivation vage. Der Effekt ist, impliziten Zuspruch zu den beschriebenen gesellschaftlichen Normen (Sexismus) hinter Ignoranz zu verstecken.

      Es bleibt eine Meinungsäußerung, die das Fenster des Sagbaren in Richtung Diskriminierung und Status Quo verschiebt. Zudem wird marginalisierten Gruppen unterstellt, sie würden sich "freiwillig" für ihre Situation entscheiden, weil dies nun mal ihren "Interessen" entspräche.

      • @legitimnichtlegal:

        Und wie begründen Sie Ihre These?

  • Ich finde den Klassismus sogar noch bemerkenswerter. 100% Akademikeranteil.

    • @Chris McZott:

      Absolut skandalös. Aber noch eklatanter ist der Speziesismus. Da gibt es nicht mal ein Alibi-Gegenbeispiel.

    • @Chris McZott:

      Nur fast. Guglielmo Marconi (Nobelpreis 1909 in Physik für die Entwicklung des Funks) hatte als letzter naturwissenschaftlicher Preisträger keinen Uniabschluss.