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Sahra Wagenknecht und der PazifismusHeißer Krieg und Kalter Frieden

„Soldaten sind Mörder!“ Wirklich? Pazifismus kennt ein militärisches Notwehrrecht. BSW und AfD sprechen bei der Ukraine jedoch von „Kriegstreiberei“.

Ausbildung zum Patriotismus: Jugendliche in einer Kadettenanstalt in Moskau 2023 Foto: Nanna Heimann/The New York Times/laif

„Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.“ Dies schrieb der deutsche Publizist Kurt Tucholsky provokativ in einer seiner berühmten Glossen 1931 in der Zeitschrift Die Weltbühne.

Tucholskys Zeilen bezogen sich auf den Ersten Weltkrieg. Der kostete in den vier Jahren von 1914 bis 1918 etwa 17 Millionen Menschen das Leben. Die alten imperialen Mächte, das Deutsche, das Österreichische oder das Russische Kaiserreich hatten ihre Untertanen gegeneinander gehetzt, um Macht und Territorien zu festigen, während sie es sich selber, gut gehen ließen.

„Soldaten sind Mörder.“ Die Provokation sollte im Jahre 1931 den preußischen Militarismus sowie die Nationalsozialisten treffen. Tucholsky lebte da bereits im schwedischen Exil.

Das von Tucholsky angesprochene Milieu sollte acht Jahre später den Zweiten Weltkrieg vom Zaun brechen. Dieses Mal gab es bis zu 80 Millionen Opfer zu beklagen. Tucholsky hatte nicht bestritten, sich gegen einen Angriffskrieg oder eine Vernichtungsabsicht zur Wehr setzen zu dürfen. Sein Pazifismus wollte ungerechte Angriffe verhindern.

Erziehung zum Frieden

Auch andere Pazifistinnen wie Bertha von Suttner, 1905 mit dem Friedensnobelpreis geehrt, forderten eine umfassende Erziehung zum Frieden, damit erst gar keine Kriege ausbrechen. Es ging weniger um das Verteidigungsrecht, als Angriffe zu verhindern.

Imperial agierende Mächte neigen schließlich dazu, die angenommene militärische Unterlegenheit von Nachbarstaaten als Einladung zum Überfall zu begreifen. Der Pazifismus wollte im Inneren solcher Imperien solche Haltungen schwächen. Der russischen Friedens- und Demokratiebewegung ist dies aktuell nicht gelungen, wie sich mit dem Überfall von Putins Russland auf die Ukraine zeigen sollte.

Pazifismus und Antimilitarismus der Linken waren vor den ersten beiden Weltkriegen stark mit letztlich radikaldemokratisch gedachten Utopien verbunden. Von der Hoffnung nach einer zu verwirklichenden klassenlosen Weltgesellschaft.

Pascal Beucker zitiert in seinem Buch „Pazifismus ein Irrweg?“ beispielhaft die Losung des Internationalen Sozialistenkongress von 1893: „Der Sturz des Kapitalismus ist der Weltfriede.“

Weltfrieden und Kommunismus

Die Demokratien des Westens gelten im Milieu der Wagenknecht-Anhänger:innen als Chiffre für einen allmächtig angenommenen Kapitalismus amerikanischer Prägung

Auch Rosa Luxemburg glaubte daran. Die Hoffnungen schrumpften erst nach der russischen Oktoberrevolution von 1917 und der Realität kommunistischer Staaten. Von Moskau bis Peking sollten Ein-Parteien-Dikaturen entstehen, oftmals repressiver und nationalistischer als jede noch so kapitalistische Demokratie.

Auch der Hitler-Stalin-Pakt gehört in dieses Kapitel, als Nazi-Deutschland und Sowjet-Russland 1939 einen kurzzeitigen Nichtangriffspakt schlossen, um sich so gemeinsam Polen aufzuteilen.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurden im Namen der Gleichheitsidee des Kommunismus begangen wie im Namen der Ungleichheitstheorien des Faschismus. Dennoch sind sie voneinander zu unterscheiden, aber man muss doch beide benennen. Putins Herrschaftsdoktrin bedient sich schließlich an beiden.

Rosa Luxemburg formulierte vor dem Ersten Weltkrieg, was in Teilen einer nostalgischen Linken bis heute nachzuhallen scheint.

„Die Friedensfreunde aus bürgerlichen Kreisen glauben,“ schrieb sie 1911, „dass sich Weltfriede und Abrüstung im Rahmen der heutigen Gesellschaftsordnung verwirklichen lassen, wir aber, die wir auf dem Boden der materialistischen Geschichtsauffassung und des wissenschaftlichen Sozialismus stehen, sind der Überzeugung, daß der Militarismus erst mit dem kapitalistischen Klassenstaate zusammen aus der Welt geschafft werden kann.“

Logik der Umkehrung

DDR-Bürger:innen sind mit solchen zu Floskeln geronnenen Lehrsätzen später aufgewachsen. Geradezu satirisch präsentierten sie sich in dem militaristisch durchorganisierten Alltag des SED-Regimes. Doch wie man an den Wahlerfolgen der Politikerin Sahra Wagenknecht und des BSW sehen kann, lässt sich mit Anklängen an den alten Jargon heute wieder kräftig punkten.

Wagenknecht verbreitet dabei, Putin habe die Ukraine wohl nur angegriffen, weil er sich vom kapitalistischen Westen umzingelt fühlte. Es riecht nach einer Logik der Umkehrung. Die Demokratien des Westens gelten im Milieu der Wagenknecht-Anhänger:innen als Chiffre für einen allmächtig angenommenen Kapitalismus amerikanischer Prägung.

Auf den jüngsten Wahlplakaten ließ Wagenknecht nebst ihrem lächelnden Konterfei drucken: „Diplomatie statt Kriegstreiberei“. Wer im Falle der Ukraine die Kriegstreiber sein sollen, ist bei ihr klar. Amerikaner, Nato, Bundesregierung, Olaf Scholz, Robert Habeck, Annalena Baerbock – alle, die der überfallenen Ukraine beistehen und Waffen liefern.

Ein Notwehrrecht gegen Angriffe und Angriffskriege erkannten sogar die meisten Pazifisten in der Vergangenheit an. Bei Wagenknecht klingt es generell anders.

Wagenknechts Diplomatie

Sie ignoriert dabei großzügig, dass der Aggressor Putin keine Diplomatie will, solange er militärisch im Vorteil ist. Die Ukraine soll vollständig kapitulieren. „Unterwerfung statt Selbstverteidigung“ müsste es auf den BSW-Plakaten heißen.

Wagenknecht ist auch keine Pazifistin. Und die Welt würde kein wenig sicherer, würde man die Ukraine im Stich lassen. Dennoch gelang es ihr dank medialem Hype, digitalem Populismus und Anrufung der alten Westfeindlichkeit auch eine gewachsene sozialdemokratische Partei wie Die Linke aus dem Weg zu räumen.

Und nebenbei den Chor derer zu verstärken, die wie die Rechtsextremisten von der AfD die Demokratie gerne gänzlich zum Einsturz brächten. BSW und AfD vereinen im Osten etwa 50 Prozent der Stimmen.

Neben der Ukraine- gelingt diese Mobilisierung derzeit hauptsächlich durch die Radikalisierung der Migrationspolitik. Ein großer Teil der Flüchtlinge – etwa 1,2 Millionen – stammt tatsächlich aus der von Putin bombardierten Ukraine. Ähnliche Mengen hatte er zuvor mit seiner Luftwaffe schon in Syrien mit produziert, etwas weiter weg von Europa.

AFD-Träume vom Bürgerkrieg

Noch weniger Skrupel als das „linke“ BSW hat in vielen Fragen nur die AfD. Rechtsextremistische Landtagsabgeordnete wie Lena Kotré sehnen offenbar den Bürgerkrieg herbei. Im Brandenburger Wahlkampf verteilte die gelernte Rechtsanwältin Metallstifte, die als Stichwaffen einzusetzen sind.

In Video-Clips spricht sie von einer „Abschiebe-Industrie“, ruft dazu auf, „wehrhaft“ zu sein. So gewinnt man heute im Osten die Direktmandate. Im Look bürgerlich, blond und fesch, Remigration singend bei Aperol Spritz. Ihre Wäh­le­r:in­nen haben von den Mordtaten des NSU anscheinend noch nie etwas gehört.

Von Rechtsextremisten und Nazis durfte man noch nie eine pazifistische oder in Ansätzen humanistische Haltung erwarten. Ebenso wenig von Autokraten wie Putin, der völkisch-arabischen oder der islamistischen Szene. Putin lässt seine Truppen immer wieder Kriegsverbrechen begehen, Videos davon werden öffentlich gepostet.

Nicht anders machen es andere Feinde der Demokratien wie Hamas oder Hisbollah. Die Terroristen der Hamas filmten ihre Schandtaten am 7. Oktober und verbreiteten sie zum Teil medial. Die Massaker vom 7. Oktober sollten Symbol der beabsichtigten Auslöschung ganz Israels sein.

Angegriffene Demokratien

Auch wer wie der israelische Autor Amir Tibon, für einen humanen Umgang im Miteinander wirbt, pazifistisch orientiert sein mag, wird jene wachsam im Auge behalten, die einen ermorden wollen. Wer für Pazifismus wirbt, hat es noch lange nicht in der Hand, wie die Nachbarn reagieren. In einer Veranstaltung in Berlin stellte Tibon sein Buch „Die Tore von Gaza“ vor. Tibon verbindet darin das Erleben des Überfalls mit einer scharfen Analyse der israelischen Gesellschaft.

Im Gespräch mit Suhrkamp-Verleger Jonathan Landgrebe schilderte Tibon sehr eindrücklich, wie er mit seiner Familie den Überfall der Hamas am 7.10. durch glückliche Umstände überlebte, im Schutzraum ihres Hauses im Kibbuz Nahal Oz. Wie viele Israelis kritisiert er die israelische Rechte dafür, dass sie die Nation gespalten und geschwächt hat – und so die Feinde Israels zum Überfall ermutigt habe. Die israelische Demokratie habe aber, sagt Tibon, nur eine Überlebenschance, so die Nation geeint bleibe und auch die internationale Unterstützung nicht verliere.

Was Tibon formuliert, gilt abstrakt gesprochen für alle Demokratien. Sie können sich nur behaupten, sofern sie sich im Inneren nicht spalten lassen und einen respektvollen Umgang untereinander pflegen. Grundsätzlich pazifistisch eingestellte Personen, Gesellschaften und Staaten müssen sich jedoch dennoch aggressiven Angriffen auf ihre Verfasstheit erwehren können. Wenn es sein muss, auch militärisch.

Putins Soldaten sind Mörder, sofern sie sich dem russischen Angriffskrieg und seinen Verbrechen hätten entziehen können. Ukrainische Soldaten sind es nicht, sofern sie sich bei der Verteidigung an das Kriegsvölkerrecht halten.

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33 Kommentare

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  • Voll d'accord mit dem Kommentaristen - abgesehen vielleicht von dem, so weit ich sehe, an zwei Stellen unscharf gebrauchten Begriff "Milieu":



    einmal bei Tucholsky und einmal in Bezug auf Wagenknecht. Da sollte der Autor wohl noch nachschärfen.

  • Man adelt Putins Helfershelfer und ihre Wähler zu sehr, wenn man ernsthaft mit ihnen über Sinn und Grenzen des Pazifismus diskutieren möchte. Im Kern geht es denen doch nur ums Wegducken, den gefürchteten russischen Bären nicht reizen und lieber schnell wieder billiges Gas kriegen.

  • Ein sehr guter Artikel, danke Herr Fanizadeh!

  • Mitte März 2022 marschierte die russische Armee in der Stadt Slavutych ein. Als sie den Bürgermeister festgenommen hatten, hat sich eine wachsende Menge ziviler Bürger von Slavutych auf den Straßen gesammelt. Sie hielten ukrainische Symbole hoch, sangen Lieder und haben die russische Armee angelächelt, aber sie haben keinerlei Anstrengungen unternommen, Gewalt auszuüben.



    Die russische Seite hat mit Schreckpatronen in die Luft geschossen. Das war eine erschreckende Aktion, aber die Demonstrantinnen und Demonstranten haben sich davon nicht beeindrucken lassen. Es gab Verhandlungen: Der Bürgermeister wurde freigelassen, die Bevölkerung wehrte sich nicht gewaltsam und ließ ihre Wohnungen auf Waffen durchsuchen. Dort gab es keine Toten.

    Der ÖRR als Quelle sollte hinreichend unverdächtig sein?

    www.swr.de/swrkult...XavCvgQFnoECBcQAQ&

  • @MACHIAVELLI

    Ungefähr so. Rüstung sollte keine Gewinne abwerfen. Sonst haben wir eine Gruppe, die an Krieg starkes Interesse hat -- und die mit jedem Krieg mächtiger wird.

    Das /kann/ nicht gut gehen.

    • @tomás zerolo:

      Höllenfeuer

      Zitat Tomás zerolo: „Rüstung sollte keine Gewinne abwerfen. Sonst haben wir eine Gruppe, die an Krieg starkes Interesse hat -- und die mit jedem Krieg mächtiger wird.“

      Dazu Karls Kraus:



      „Jetzt sprechen hat entweder zur Voraussetzung, daß man keinen Kopf hat, oder zur Folge. Wenn man dem Teufel, dem der Krieg seit jeher eine reine Passion war, erzählt hätte, daß es einmal Menschen geben werde, die an der Fortsetzung des Krieges ein geschäftliches Interesse haben, so hätte er einen aufgefordert, es seiner Großmutter zu erzählen. Dann aber, wenn er sich von der Tatsache überzeugt hätte, wäre die Hölle vor Scham erglüht und er hätte erkennen müssen, daß er sein Lebtag ein armer Teufel gewesen sei!“ (1916)

    • @tomás zerolo:

      Aber die Gruppe ist im vergleich zu den übrigen Wirtschaftsakteuren, die kein Interesse am Krieg haben, da er den Geschäften schaden, bei uns sehr klein. Weshalb soll diese kleine Gruppe durchsetzungsstärker sein als der Rest?

    • @tomás zerolo:

      Damit habe ich kein Problem.



      Ich glaube zwar nicht das die deutsche Rüstungsindustrie wirklich kriegstreibend ist, aber ein staatlicher Rüstungsbetrieb ist mir lieber. Ich will keine deutschen Sturmgewehre in Afrika, und keine deutschen Teile in russischen Raketen.

      Wobei ich das erweitern würde, keine Industrie darf so groß sein, kein Markt zu wichtig als das wir im Zweifelsfall davon existenziell abhängen. Deutschland muss ohne China leben können, ohne die USA und ohne Russland.

      • @Machiavelli:

        Ich möchte keinen staatlichen Rüstungsbetrieb. Das ist mir zu sehr mit der Politik verwoben.



        Einem privaten Rüstungsbetrieb sagt man einfach als Staat Tschüßikowsky. Das ist bei einem Staatsbetrieb nicht so einfach möglich.

  • Zitat: "Der russischen Friedens- und Demokratiebewegung ist dies aktuell nicht gelungen, wie sich mit dem Überfall von Putins Russland auf die Ukraine zeigen sollte."

    Mehr oder weniger zufällig fallen Herrn Putins Wahlerfolge Zeit seiner Amtszeiten mit militärischen Auseinandersetzungen zusammen. Wenn es in den letzten Dekaden jemals eine russische Friedens- und Demokratiebewegung gab, war sie anscheinend nie sehr wirkmächtig (und schon gar nicht in der Staats-Duma vertreten). Die "innerstaatlichen Angelegenheiten" Tschetscheniens bspw. wurden lange vor den Überfällen auf die Ukraine vom Zaun gebrochen, an nennenswerte Widerständen aus der Zivilbevölkerung kann ich mich aber nicht erinnern.

  • Von Rechtsextremisten und Nazis durfte man noch nie eine pazifistische oder in Ansätzen humanistische Haltung erwarten. Ebenso wenig von Autokraten wie Putin, der völkisch-arabischen oder der islamistischen Szene.

    Da fehlt noch jemand...:



    Laut einem Bericht von Stephanie Savell im Rahmen des Projekts Costs of War an der Brown University sollen die von den USA angeführten Kriege in den letzten 22 Jahren mindestens 4,5 Millionen Menschen das Leben gekostet haben.

    www.nd-aktuell.de/...immenses-leid.html

  • „In diesem Krieg gibt es kein Sieg“

    „Soldat Soldat in grauer Norm



    Soldat Soldat in Uniform



    Soldat Soldat, ihr seid so viel



    Soldat Soldat, das ist kein Spiel



    Soldat Soldat, ich finde nicht



    Soldat Soldat, dein Angesicht



    Soldaten sehn sich alle gleich



    Lebendig und als Leich

    Soldat Soldat, wo geht das hin



    Soldat Soldat, wo ist der Sinn



    Soldat Soldat, im nächsten Krieg



    Soldat Soldat, gibt es kein Sieg



    Soldat, Soldat, die Welt ist jung



    Soldat Soldat, so jung wie du



    Die Welt hat einen tiefen Sprung



    Soldat, am Rand stehst du

    Soldat Soldat in grauer Norm



    Soldat Soldat in Uniform



    Soldat Soldat, ihr seid so viel



    Soldat Soldat, das ist kein Spiel



    Soldat Soldat, ich finde nicht



    Soldat Soldat, dein Angesicht



    Soldaten sehn sich alle gleich



    Lebendig und als Leich“



    (Wolf Biermann)

  • Hervorragender Artikel ohne Stammesdünkel oder Parteien- (Gruppenzugehörigkeits)romantik! War echt mal überfällig... Ganz herzlichen Dank!

    Am schlimmsten fand ich Sarahs Wahlspruch:

    "KRIEG ODER FRIEDEN? S I E HABEN DIE WAHL"

    Manipulierender kann man Wahlversprechen eigentlich nicht mehr hervor wichteln.

    Wahlversprechen sind Massenwichteln. Es muss auch ohne gehen.

    • @Robert Feuchtl:

      Ich seh’s nicht viel anders als Sie, aber leider ist es die Parole, die in den letzten Wahlen gezünde(l)t hat.



      Umso besorgniserregender, da die Wagenknechtsche Krieg-oder-Frieden-Dichotomie zwar aus dem Stand 12% mobilisieren, aber offensichtlich kaum jemanden von den 30% erwiesenen Faschisten-Wählern zum BSW umleiten konnte.



      Ich erinnere - ganz ohne Häme natürlich 😉 -, dass noch vor nicht allzu langer Zeit so einige Mitforisten genau darauf ihre Hoffnungen gesetzt hatten.

      • @Abdurchdiemitte:

        BSW gibt im Gegenteil der AfD das Gefühl mit vielen Positionen richtig zu liegen. Da wählen dann viele das populistische Original.



        Im BSW wird vorgeglüht. Die Party steigt dann bei der AfD.

  • Wenn die Wagenknechte es mit ihren Friedensbemühungen ernst meinten, würden sie mindestens auch die russische Gesellschaft zum zivilen Ungehorsam gegen ihren obersten Kriegstreiber aufrufen. Aber dann würde er sie und die anderen Alternativen wohl nicht mehr finanzieren.

  • Die Argumentation des BSW pro Russland war doch Mainstream zumindest der linksliberalen Medien und des ÖR bis vor dem letzten Angriff der Russen. Jetzt wundert man sich, warum die Wählerschaft die 180°-Volte nicht so einfach mitmachen will. Auch die Energiepolitik Merkels, also billiges Gas aus Russland, stieß auf einen breiten Konsens. Hauptsache, die AKW wurden abgeschaltet. Alle Stimmen gegen NSII galten als interessengesteuert durch die amerikanische Öllobby. Wenn man das heute sagt, ist man ein Demokratiefeind und Putinversteher.

    Ich erinnere, dass bei der letzten Landtagswahl die Hälfte der Bevölkerung Parteien gewählt haben, bei denen das Ende der Unterstützung der Ukraine und damit das Ende des Stellvertreterkrieges gegen Russland zentraler Punkt der Agenda ist. Man kann davon ausgehen, dass auch viele Wähler der anderen Parteien diese Meinung vertreten, die aber weder AfD, Linke oder BSW wählen wollten.

    Es wäre vielleicht gut, den Wählerwillen ernster zu nehmen, wenn einem an der Demokratie etwas liegt. Sonst liegt vielleicht den Wählern bald nichts mehr an an der Demokratie.

    • @fleischsalat:

      "Ende der Unterstützung der Ukraine und damit das Ende des Stellvertreterkrieges gegen Russland"

      Super framing. Stellvertreterkrieg gegen Russland. Selten so gelacht.

    • @fleischsalat:

      Es ist kein Stellvertreterkrieg, ein Stellvertreterkrieg ist ein Krieg bei dem Deutschland andere Ziele als die Ukraine verfolgen würde und die Ukraine zur Erfüllung dieser Ziele unterstützen würde. Deutschland unterstützt die Ukraine bei der Verfolgung ukrainischer Ziele -die die Wiederherstellung des völkerrechtlich gebotenen Zustands sind. Das ist nicht nur völkerrechtliche legitim, sondern eigentlich geboten. Es ist auch kein Krieg gegen Russland.



      Russland führt Krieg, zieht sich Russland zurück ist Frieden.

  • Frau Wagenknecht fand die Wehrerziehung in den Schulen der DDR sicher für „friedenserhaltend“.



    Heute meint sie, das die Abwehr des Aggressors Russland gegen die Ukraine nur durch Verhandlungen möglich seien, leider will Moskau nicht verhandeln und droht ganz Europa mit Krieg.



    Wie verdreht Menschen sein können zeigt Frau Wagenknecht auf vorzügliche Weise.

  • Der im Kern antirepublikanische Radikalpazifismus der deutschen Friedensbewegung ist (leider) nicht neu. Ludwig Quidde, Friedensnobelpreisträger (!), wurde wegen seiner Überzeugung, dass sich ein demokratischer Staat gegen den Angriff eines Tyrannen verteidigen dürfe, aus der Deutschen Friedensgesellschaft gedrängt: de.wikipedia.org/w..._Weimarer_Republik.



    Allerdings haben die Grünen mit den Friedensbewegten zu radikal gebrochen, indem sie die Soziale Verteidigung nicht einmal mehr als Ergänzung der militärischen Verteidigung im Blick haben: de.wikipedia.org/w...ziale_Verteidigung. Dabei sehen deren Vordenker wie Theodor Ebert sie ebenfalls nicht als alternativlos an, im Gegenteil: de.wikipedia.org/w...ziale_Verteidigung.



    Damit offenbart sich das Problem der linken wie rechten Reaktionäre: Eine wehrhafte Demokratie baut auf bürgerlichen Freiheiten und einer vom Staat unabhängig funktionsfähigen Zivilgesellschaft auf. Das aber ist offenbar allen Machtpolitiker:innen ein Graus.

  • Danke für diesen Kommentar! Das Wagenknecht-Gedankengift hat schon zu viel Gehirnschaden verursacht.



    Lasst nicht nach, die Ukraine zu unterstützen!

  • Der Blick darf nicht eindimensional sein und der Ton nicht in mono, wenn man die pazifistischen Ansätze analysiert.



    /



    Pazifismus und Antimilitarismus der Linken waren vor den ersten beiden Weltkriegen stark mit letztlich radikaldemokratisch gedachten Utopien verbunden. Von der Hoffnung nach einer zu verwirklichenden klassenlosen Weltgesellschaft.



    /



    "Wie ein Sturm fegte Eugen Drewermann im Annahof auf Einladung von Pax Christi und weiterer friedenspolitischer und antifaschistischer Organisationen über die moralischen Erhebungen der politischen Sprache hinweg."



    Quelle:



    augsburger-allgemeine.de



    Auch aus der religiösen Motivation speist sich eine nicht unerhebliche Menge Skepsis.

  • Tucholsky‘s Satz bezieht sich auf die mörderischen Strukturen des Krieges. Egal welche Politik dahintersteht. Krieg ist letztlich die Abwesenheit von Politik und Kultur. Festzustellen, es gäbe gute und schlechte Kriege, hilft nicht weiter.

    • @Kay Brockmann:

      Sie widersprechen der logischen Argumentation des Artikels mit Simplifizierung à la Wagenknecht und bestreiten die Legitimation der Ukraine, sich zu verteidigen.



      Bei diesem "nicht sehen wollen" frage ich mich immer nach den Beweggründen. Und bei meinen Bekannten in Dresden vermute ich da eine Portion Feigheit ...

  • Glaubt denn von den BSW-Wählenden jemand ernsthaft daran, dass sich ausgerechnet mit der Erhard-Jüngerin Sahra Wagenknecht die klassenlose Gesellschaft und damit der Weltfrieden durchsetzen ließe? Ein solches Exemplar müsste man mir erst einmal zeigen.



    Nein, hierzulande sticht die „Rasse“ immer noch die „Klasse“, wenn es um die Mobilisierung von Ressentiments für politische Mehrheiten geht. Das ist bei den Wagenknechten nicht anders … und deshalb werden sie genau dieses Klaviatur spielen oder in der Versenkung verschwinden.

  • Wir haben doch Reisefreiheit, warum fliegen diese "Pazifisten" und selbsternannten "Diplomaten" von BSW und AgD, namentlich Wagenknecht und Höcke nicht mal zu Putin und arbeiten einen konstruktiven Friedensplan für Russland und Ukraine aus, der die völkerrechtlich zu garantierende territoriale Integrität der Ukraine berücksichtigt.



    BSW- und AgD-Wähler fordert eure gewählten Abgeordneten auf sich mal darum zu kümmern. Ich warte !

    • @Axel Schäfer:

      Es waren hinreichend viele deutsche Abgeordnete in Russland und in den von Russland besetzten Gebieten, teilweise als "internationale Wahlbeobachter". Herr Kretschmer wurde 2021 nicht mal mehr von Putin persönlich empfangen, aber er hatte immerhin noch aus der Botschaft telefonieren dürfen.

      Ich glaube daher nicht, daß es für Besuche deutscher parlamentarischer Hinterbänkler jetzt noch Bedarf gäbe. Es sei denn, natürlich, um die Arbeit auf seinen Zwiebelfeldern zu beaufsichtigen ...

  • Es wäre unter den oben angesprochenen Aspekten allerdings zu erwarten, dass in einer linken Tageszeitung der Krieg dann auch unter kapitalismuskritischen und geostrategischen Gesichtspunkten analysiert wird: erstens gibt es in der Ukraine "was zu holen" www.merkur.de/poli...aine-91957201.html - nicht nur Russland dürfte interessiert sein.

    Geostrategisch wäre zu bewerten, welche Bedeutung den Überlegungen



    Zbigniew Brzezińskis, demokratischer Gegenspieler Kissingers (in denen er der Ukraine eine entscheidende Bedeutung zumisst), sowohl russischer- als auch amerikanischerseits zugemessen wird:

    》Ziel des Autors ist, „im Hinblick aufEurasieneine umfassende und in sich geschlossene Geostrategie zu entwerfen“. Er plädiert dabei für eine bestimmteaußenpolitischeAusrichtung und Zielsetzung der USA: DieVereinigten Staatenals „erste, einzige wirkliche und letzteWeltmacht“ nach demZerfall der Sowjetunionmüssten ihreVorherrschaftauf dem „großen Schachbrett“ Eurasien kurz- und mittelfristig sichern, um so in fernerer Zukunft eineneue mehrpolige Weltordnungzu ermöglichen.《 (Wikipedia)

    • @ke1ner:

      Aber NUR Russland versucht sich die Rohstoffe mit Gewalt anzueignen.

      Bestimmt haben die Amerikaner auch eigene Interessen, aber ohne die Amerikaner gäbe es keine Ukraine mehr.

      Sie kommen bei dem Thema Ukraine immer wieder mit Ihrem BSW/AFD-Sprech. Dabei verdreht Frau Wagenknecht die Wahrheit wo sie nur kann und verbreitet Fake News wie in den folgenden Links nachzulesen ist.

      www.tagesschau.de/...genknecht-217.html

      www.deutschlandfun...ktencheck-100.html

      Ebenfalls empfehle ich Ihnen, die Aussagen die so im Russischen Staatsfernsehen getätigt werden (wo man zu 100% von ausgehen kann, dass diese kremelgesteuert sind) mal zu sichten.

      www.tagesschau.de/...ropaganda-100.html

      Ebenfalls nachzusehen von Exilrussen auf ARTE.

      • @Pawelko:

        Vielen Dank für die links - aber finden Sie so etwas hier wirklich eine "Widerlegung"?

        》Sahra Wagenknecht sagt: „[...] In den letzten Jahren ist die Ukraine massiv hochgerüstet worden. Es sind auch US-Soldaten dort schon stationiert gewesen, insgesamt 4.000 NATO-Soldaten. Es gab zwölf Militärbasen der CIA. Die USA werden sehr tätig in der Ukraine.“《

        》Einordnung unserer Experten

        Diese Aussagen stimmen so allesamt nicht [...] In der Ukraine waren nie NATO-Soldaten stationiert. Jene waren ab 2015 lediglich dort, um ukrainische Soldaten auszubilden. Die Ukraine gestattete dafür den Aufenthalt von bis zu 4.000 Soldaten aus NATO-Ländern. [...] Es gab in der Ukraine auch nie CIA-Basen. Was es gab, waren zwölf Spionage-Einrichtungen an der ukrainischen Grenze zu Russland, die das CIA für die Ukraine gebaut hat.《 (Ihr link zum DLF)

  • Nun -- ich mag BSW nicht. Ich mag die AfD schon dreimal nicht.

    Und doch machen Sie sich die Sache zu einfach. Sie teilen die Welt in Lager "dort die, wir hier" und packen das in Ihr lager, was Ihnen passt.

    Für die, die zwar hoffen, dass die Ukraine in Unabhängigkeit ihren Frieden findet, in territorialer Integrität, und dennoch zusammenzucken, wenn der Chef von Rheinmetall breitbeinig und selbstbewusst "Wachstum!" ruft; für die, die Israel und den Menschen die darin leben Frieden wünscht, das Gemetzel in Gaza dennoch unerträglich finden; für all die ist kein Platz.

    Ich habe bei Ihnen keinen Platz, Herr Fanizadeh.

    • @tomás zerolo:

      Sie können dafür lobbyieren das die Rüstungsindustrie verstaatlicht, oder teilverstaatlicht wird.

      Man kann im Bezug auf Israel kommunizieren das man das Recht auf Selbstverteidigung anerkennt aber das wenn Israel mit all seiner Macht in 12 Monaten nicht schafft die Hamas auszurotten es vielleicht eine andere Lösung braucht und das Israel nicht das Recht hat das Westjordanland zu annektieren und israelische Siedler gehören vor Gericht gestellt für ihre Gewalt gegen Palästinenser.