Deutsche Marine im Indo-Pazifik: „Wir müssen uns nicht rechtfertigen“

Deutschlands ranghöchster Soldat, Generalinspekteur Breuer, weist Kritik Chinas an einer möglichen Durchquerung der Taiwanstraße zurück.

Carsten Breuer

Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr Foto: Florian Gaertner /imago

taz: Herr Breuer, Sie haben gerade die Fregatte „Baden-Württemberg“ besichtigt, die im südkoreanischen Incheon angelegt hat. Haben Sie dort jene „Kriegstüchtigkeit“ erlebt, die Sie mehrfach gefordert haben?

(59) ist Generalinspekteur der Bundeswehr. Er wurde in Letmathe (Nordrhein-Westfalen) geboren und diente u. a. in Afghanistan. 2021/22 leitete er den Corona-Krisenstab der Bundesregierung.

Carsten Breuer: Ja, absolut. Ich habe dort ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft erlebt. Und auch gesehen, wie die Besatzung trotz teils widriger Umstände aufeinander eingestimmt ist. Wie sich jeder engagiert und sich selbst zurücknimmt, um für die gemeinsame Sache nach vorne zu gehen. Das ist der mentale Teil von Kriegstüchtigkeit.

taz: Die Fregatte könnte in den nächsten Tagen als erstes deutsches Kriegsschiff seit 22 Jahren durch die Taiwanstraße fahren. Können Sie dies bestätigen?

Breuer: Ich möchte dazu nichts sagen und werde dazu nichts sagen. Das ist eine Entscheidung, die zum richtigen Zeitpunkt getroffen und dann auch kommuniziert wird.

taz: Es heißt von der Besatzung, dass es die operative Sicherheit des Schiffs gefährden würde, wenn man die Route vorher bekannt gäbe. Auf welche Szenarien muss sich die Crew einstellen?

Breuer: Wir müssen zunächst einmal sagen, dass wir uns innerhalb des internationalen Seerechts bewegen. Und wenn wir über operative Sicherheit sprechen, dann geht es dabei immer um den Schutz der Besatzung und den Schutz des Schiffes. Das entscheidet der jeweilige Kommandeur, der genau darauf achtet, dass nur das preisgegeben wird, was der militärischen Sicherheit nicht entgegenstehen würde.

Von Mai bis Dezember sind die Fregatte „Baden-Württemberg“ und das Versorgungsschiff „Frankfurt am Main“ mit knapp 400 Personen Besatzung auf einer verteidigungspolitischen Weltumrundung. Schwerpunkt ist „die sichtbare Präsenz und Kooperation mit unseren Wertepartnern im Indo-Pazifik“, so die Bundesmarine. Der Einsatz gehört zur Umsetzung der Leitlinien der Bundesregierung zum Indo-Pazifik, in deren Rahmen seit 2021 jährlich Einheiten zu Besuchen und Manövern in der Region sind. Noch ist offen, ob die deutsche Marine erstmals seit 22 Jahren durch die von China beanspruchte Taiwanstraße fährt.

taz: Das chinesische Außenministerium wertet eine mögliche Durchfahrt durch die Taiwanstraße als schwere Provokation, da es die Taiwanstraße als innerchinesisches Gewässer betrachtet. Wieso riskiert die Bundeswehr die Provokation Chinas?

Breuer: Ich glaube nicht, dass wir die Provokation Chinas riskieren, sondern eher umgekehrt; dass mit der Wahrnehmung und den Punkten, die China hier mit hineinbringt, ­genau dieses internationale Recht infrage gestellt wird. Insofern sehe ich da eigentlich nichts, wofür man sich in irgendeiner Form rechtfertigen müsste.

taz: Sehen Sie China als Herausforderung für diese regelbasierte Ordnung?

Breuer: Ich sehe nicht nur China als Herausforderung für die regelbasierte Ordnung, sondern verschiedene autoritäre Staaten. Ich würde auch Russland dort mit hineinnehmen, auch den Iran – Staaten, die einfach das westliche Gesellschaftsmodell und die westliche Art zu leben und darüber hinaus auch die regelbasierte Ordnung infrage stellen. Das ist eine Bedrohung für die Art und Weise, wie wir zusammenleben.

taz: Die chinesische Flotte hat die Fregatte „Baden-Württemberg“ während ihrer Mission über weite Strecken verfolgt und beobachtet. Wie bewerten Sie dieses Verhalten?

Breuer: Die chinesische Volksmarine hat ein großes Interesse daran zu sehen, wie wir mit anderen Marinen zusammen kooperieren. Und sie haben sicherlich auch ein Interesse daran zu sehen, welche Technik in der Fregatte steckt. All das führt dazu, dass eben eine solch enge Begleitung stattfindet.

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