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Kitastreik und Pager-ExplosionThe bare minimum

Unsere Autorin blickt auf die Woche zurück und ärgert sich über mangelnde Kinderbetreuung und dass Israel das Recht auf Selbstverteidigung abgesprochen wird.

Erzieher* innen brauchen mehr als das Minimun Foto: Jens Kalaene/dpa

I n Berlin können die landeseigenen Kitas im Prinzip seit Freitag unbefristet bestreikt werden. Wenn es dazu kommt, wären 28.000 Kinder in den 280 Kitas der fünf kommunalen Eigenbetriebe betroffen.

Wahrscheinlich ziemlich doof für die Eltern dieser Kinder, obwohl es ja vor allem um ihre Interessen geht. Denn: Die Er­zie­he­r:in­nen wollen nicht etwa mehr Geld (Gott bewahre), sondern kleinere Kita-Gruppen und also einen besseren Betreuungsschlüssel. Also wirklich the bare minimum, um ihre eigene psychische und physische Gesundheit und die der ihnen anvertrauten Kinder zu bewahren.

Wer gibt schon gern sein Kind an völlig überlastete Be­treue­r:in­nen ab, die, so einer der Streikenden, die Kinder nur noch „aufbewahren“. Ich finde: Die betroffenen Eltern sollten den Streik direkt und unbefristet weitergeben an ihre Arbeitgeber, vielleicht kommen die dann endlich mal auf die Idee, dass eine kostenlose Betriebskita und – so es die Arbeit zulässt – unbefristetes Homeoffice zu einem normalen, modernen Arbeitsumfeld gehört.

Der Süden hat andere Probleme

Warum mich der Streik in Berlin überhaupt interessiert, wo ich doch in Baden-Württemberg lebe? Hier haben wir andere „Probleme“, zum Beispiel keine kostenlosen Betreuungsplätze und oftmals kürzere reguläre Öffnungszeiten, buhu.

Dafür sind die Er­zie­he­r:in­nen zumindest in unserem Kindergarten tiefenentspannt und gut gelaunt, was auch nicht verwundert: Je­de:r betreut im Schnitt fünf, nicht zehn Kinder. Und, ehrlich gesagt, ist mir das mit den kürzeren Öffnungszeiten hier eh ganz recht, auch wenn es als emanzipierte und arbeitende Frau uncool ist, das zu sagen.

Denn klar würde ich gern mehr arbeiten (mehr Kohle, mehr intellektueller Input) und klar vermisse ich, was früher mein bare minimum war: ein ganzes Wochenende im Berghain oder ein ganzes Wochenende im Bett, je nach Laune.

Allerdings war mein bare minimum, also mein größter Wunsch damals auch: ein Kind. Warum also jetzt jammern über das, was ich wollte: Zeit mit meinem Kind? Tanzen, schlafen und arbeiten kann ich noch mit 70. Auch das könnten sich Staat und Start-ups mal überlegen: Dass Leute vielleicht durchaus bereit wären, sehr viel länger als bis 65 zu arbeiten, wenn sie in der Mitte ihres Lebens ein bisschen Zeit zum Leben hätten.

An diesem Freitagmorgen habe ich also lange über das Allernötigste nachgedacht. In Deutschland hängt der Standard dafür ziemlich tief, das hat der Sanierungsplan der Bahn gezeigt. Nötig ist anscheinend kein guter, bezahlbarer Bahnverkehr, sondern vor allem Rentabilität (surprise!).

Zum Glück ist das bare minimum ja sehr wandelbar. Vielleicht tut sich bei der Bahn ja auch noch was, geistig.

Wie mit Terroristen umgehen?

Wie wandelbar, das hat der absolut gezielte Pager-Angriff auf die Terroristen der Hisbollah diese Woche gezeigt: Hieß es vor zehn Monaten noch, „natürlich“ habe Israel ein Recht auf Selbstverteidigung, nur sollen dabei keine Zivilisten sterben, ist es jetzt, wenn mit nie da gewesener Präzision Terroristen angegriffen werden, auch wieder nicht recht. Und, ja: es war ein Akt der Selbstverteidigung. Die Hisbollah hat Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg erklärt und feuert seitdem Raketen, Tausende weiter sind auf Israel gerichtet.

Was wäre denn das Notwendige, aber für die Kri­ti­ke­r:in­nen gerade noch Zumutbare: freundliche Ansprache, etwa „Lieber Herr Nasrallah, bitte lassen Sie die Waffen fallen …“?

Keine Frage, jedes tote Kind ist eines zu viel. Große Besorgnis um die Kinder des Libanons und Gazas hätte man aber seit Jahrzehnten haben können, so lange schon, wie sie mit den islamofaschistischen Ideologien von Hamas und Hisbollah infiziert und teilweise zu Kindersoldaten gemacht werden. Das wäre das bare minimum an internationalem Interesse gewesen. Dass es nur einen Aufschrei gibt, wenn Israel sich gegen das Ergebnis dieser Terror-Ideologie wehrt, hat einen einfachen Grund, der heißt: Antisemitismus. Den zu bekämpfen, wäre – zumindest in Deutschland – the bare minimum.

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41 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Selbstverteidigung mit Terrorattacken im öffentlichen Raum. Der Zweck heiligt die Mittel. Das haben Demokratien schon mal differenzierter gesehen. Hier in der taz erstaunt's besonders.

  • Danke für die gute Kolumne!

  • Und, ja: es war ein Akt der Selbstverteidigung.

    Nein, es war ein unterschiedloser Angriff, bei dem durch puren Zufall nicht viel mehr Zivilisten zu Schaden gekommen sind. Es ist hinreichend dargelegt worden, daß Israel auf Grund der Art des Angriffs keinerlei Kenntnis darüber haben konnte, ob tatsächlich legitime militärische Ziele getroffen werden.



    Damit war dieses Attentat ein klares Kriegsverbrechen Israels.

  • Das einzige, was man den Juden und Israel nicht übel nehme würde, wäre, sie würden ihre Koffer packen und sagen:

    "OK, Leute, wir gehen alle in die Diaspora, ihr könnt das Land haben."

    Da Ergebnis wäre, der israelbezogene Antisemitismus wäre aus der Welt, die Juden wieder in noch größerer Gefahr und die Terror-Rackets von der Hamas hätten ihr hässliches Terror-Regime "From the river to the sea". Für die Palästinenser würde sich rein gar nichts ändern. Die Hamas hat es nicht so mit dem Aufbau demokratischer Strukturen.

    Das alles wird gottlob nicht passieren und Israel sollte auf die Weltmeinung pfeifen, so gut es eben geht.

    Wenn nicht mal ein äußerst gezielter Angriff gegen Terroristen in Ordnung geht, dann geht nichts in Ordnung.

    Israel soll praktisch einen Krieg wie in einem Operationssaal führen. Steril, aseptisch und nicht von dieser Welt.

    • @Jim Hawkins:

      „Israel soll praktisch einen Krieg wie in einem Operationssaal führen. Steril, aseptisch und nicht von dieser Welt.“



      Wer das möchte, sollte sich PRINZIPIELL gegen Kriege aussprechen … eigentlich keine schlechte Idee, wenn denn die Welt so friedfertig wäre, wie wir sie uns gerne wünschen. Und wenn es nicht eindeutige Täter und eindeutige Opfer gäbe. Und wenn es stets in unserer Hand läge, diesen Krieg zu verhindern.



      Der gewaltige Haken dabei ist allerdings, dass im Krieg die Grenzen zwischen Aggressor und Opfer gemeinhin zu verschwimmen drohen bzw. Kriege eine ganz eigene Dynamik der Verrohung entfalten, der sich beide Seiten nicht oder nur schwer entziehen können. Wo ziehen Sie da die Grenzen? Aus meiner Sicht ist das jedenfalls keine bloß akademische/philosophische Debatte.



      Terroristen ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel erst gar nicht zu stellen, demokratischen, rechtsstaatlichen Gesellschaften jedoch schon, innerhalb dieser Gesellschaften - was in Israel ja auch passiert -, aber auch von außerhalb, von Freunden und Verbündeten. Wer es nicht tut, meint es mit Israel nicht gut.

      • @Abdurchdiemitte:

        Das Problem dabei ist, Terroristen halten sich an keine Regeln, verhalten sich nicht wie Kombattanten in symmetrischen Kriegen, verschanzen sich, wie im Fall der Hamas, hinter den eigenen Zivilisten, einkalkulierend, sogar planend, dass es möglichst viele Opfer unter ihnen gibt.

        Das ist eine schwierige Ausgangslage. Würde, wie die schlichteren und gemeineren Analysten behaupten, Israel in Gaza genozidal agieren, würde dort wohl kaum noch einer leben.

        Dabei ist es doch so, dass die IDF vor so gut wie jedem Angriff auf verschiedenen Kanälen die Leute warnt und damit auch die Terroristen. Das ist in der Geschichte einzigartig. Interessiert aber kaum.

        Meine Privat-Vision: Militär arabischer Staaten und UN-Truppen besetzen Gaza, halten die Hamas klein und unter diesem Schutz kann der Versuch unternommen, dort eine halbwegs demokratische Struktur aufzubauen.

        Sicher gibt es unter den Exil-Palästinensern Demokraten, die dort auch eine Rolle spielen könnten.

        Dann nimmt man das Geld, das bisher in den Terror floss, also fast alles und investiert es in eine lebenswerte Zukunft für alle.

        Aber, wie das mit den Visionen so ist.

    • @Jim Hawkins:

      Und das ist leider die einzig sichere Wahrheit, was sie schreiben. Ich schätze diese Pager-Explosionen auch als nicht so gezielt und auch wahrscheinlich als Kriegsverbrechen ein, eines von endlosen Kriegsverbrechen, die in endlosen Kriegen eben gefühlt stündlich befangen werden, von allen beteiligten "Parteien". Macht mich fassungslos ohne Ende.



      Aber die Konsequenzen für ein Israel, das sich nicht wehrt, "sauber" oder "schmutzig", und ebenso die Tatsache, dass sich für die zivile Bevölkerung in einem "Palestine from the river to the sea" Nichts, aber auch Garnichts zum Besseren wendet, bringen Sie exakter auf den Punkt, als es jede Mossad-Aktion könnte. Zum Heulen, aber Realität.

  • "absolut gezielte Pager-Angriff"



    Sorry, aber das ist doch eher absoluter Unsinn. Tausende Pager mit Sprengstoff zu präparieren und auf Knopfdruck in die Luft zu jagen, ist komplett das Gegenteil von einem gezielten Angriff. Der israelische Geheimdienst kann zum Zeitpunkt der Zündung nicht wissen, wo sich die Pager gerade befinden, wer ihn in der Hand hält ode daneben steht. Da ist so gezielt, wie mit geschlossenen Aigen in die Menge schießen in der Hofnung den einen oder anderen Terroristen zu treffen. ...

    • @mlevi:

      Entschuldigung, aber das ist absoluter Quatsch.



      Die Dinger gab es ja nicht auf dem Flohmarkt zu kaufen sondern das waren VON Terroristen FÜR Terroristen beschaffte Geräte...gezielter geht es nicht.

      Was die Hisbollah macht, nämlich ungelenkte Raketen auf Israel zu verschießen (man beachte hierbei das ungelenkt) das ist wie mit geschlossenen Augen in die Menge schießen.

      Also bitte Kritik in dieser Sache an den richtigen Adressaten, die Hisbollah. Vielen Dank.

      • @Pawelko:

        Die Dinger gab es ja nicht auf dem Flohmarkt zu kaufen sondern das waren VON Terroristen FÜR Terroristen beschaffte Geräte...gezielter geht es nicht.

        Das ist, wie Sie es ausdrücken, "absoluter Quatsch". Die Hisbollah verfügt nicht nur über militärisches Personal. Das ist besonders deutlich geworden an Hand des verletzten medizinischen Personals. Daß Israel auch keinerlei Kontrolle darüber hatte, wer die Pager gerade in der Hand hatte, wird durch die Kinder unter den Opfern deutlich.



        Dieser Angriff war unterschiedslos und damit ein klares Kriegsverbrechen.



        Aber natürlich macht Israel in Ihren Augen nichts falsch.

        • @HaMei:

          "Aber natürlich macht Israel in Ihren Augen nichts falsch."

          Na sowas: ein Strohmann!

        • @HaMei:

          " Die Hisbollah verfügt nicht nur über militärisches Personal. Das ist besonders deutlich geworden an Hand des verletzten medizinischen Personals. Daß Israel auch keinerlei Kontrolle darüber hatte, wer die Pager gerade in der Hand hatte, wird durch die Kinder unter den Opfern deutlich."

          Die Hizbullah hat die Pager nur zu dem Zweck beschafft, aktive Kämpfer und wichtige Befehlshaber und Verbindungsleute mit einem (vermeintlich) vor Mossad/IDF sicheren Kommunikationsmittel auszustatten. Diese extra robusten ("rugged") Pager gingen ganz sicher nicht an medizinisches Personal, das mit dem militärischen Komplex der Hizbollah nichts zu tun hatte. Außerhalb dieses Komplexes werden garantiert alle normalen Mitarbeiter in den von der Hizbollah betriebenen Einrichtungen per Smartphone kommuniziert haben, das hat ohnehin jeder, da musste nichts angeschafft werden und schon mal sicher keine extra-robusten Pager.



          ZU den Kindern: auch Hizbollah Terristen haben Kinder, auch mal um sich herum. Tragisch, aber in einem Kriegszustand unvermeidbar.

        • @HaMei:

          Wurde denn dieses medizinische Personal von den Hisbollah-Kämpfern mit vorgehaltener Waffe gezwungen, für die Organisation zu arbeiten, oder sind die möglicherweise deshalb da, weil sie die verbrecherischen Ziele und Methoden der Hisbollah teilen?

          Und auch Sie könnten bitte erklären, was Pager, die von der Hisbollah für ihre Mitglieder als Teil der "militärischen Ausrüstung" angeschafft worden sind, in Kinderhänden zu suchen hatten.

          Dass die Raketen der Hisbollah möglichst zivile Ziele treffen sollen, scheint Sie nicht zu stören, weil vermutlich in Ihren Augen nur Israel alles falsch macht.

          • @ PeWi:

            Die Frage, was militärische Ausrüstung in Kinderhänden bzw. weiter gefasst z.B. in Händen von Krankenhauspersonal zu suchen hat, ist natürlich berechtigt, geht allerdings in diesem Fall an der Kritik am israelischen Vorgehen vorbei.



            Warum? Weil auch die israelischen Geheimdienste ganz genau wissen, dass es sich bei Hisbollah um eine Art „Zwitterorganisation“ aus a) Terrorgruppe, b) politischer Partei nebst militärischem Arm und c) Wohltätigkeitsorganisation mit entsprechender wirtschaftlicher, sozialer und medizinischer Infrastruktur im Libanon handelt. Gerade das macht ihre Bekämpfung doch so schwer.



            d) kommt noch ihr Einfluss und ihre Verquickung mit den staatlichen libanesischen Institutionen hinzu. Nicht relevant für Israels Interessen, wenn dort erneut ein Aufflammen des Bürgerkriegs droht?



            Die israelischen Verantwortlichen mussten wissen, dass auch unschuldige Zivilisten mit dieser Geheimdienstaktion zu Tode kommen können - das wurde bewusst in Kauf genommen. Und genau DAS ist es, was ich an dieser ganzen Geschichte kritisiere.

  • Also so geht das nicht. Israels Vorgehen mit den Pagern ist schlicht nicht vom internationalen Völkerrecht gedeckt, das ist zumindest die Einschätzung von Juristen, die sich mit diesem Recht auskennen. Zu nennen ist da insbesondere der Schutz von Nicht-Kombatanten. Der von der Autorin herausgezogene Antisemitismus greift zu kurz, auch Semiten müssen sich an das internationale Recht halten.

    www.bmvg.de/de/the...aeres-voelkerrecht

    • @Georg Weidekind:

      Leider musste ich die Erfahrung machen, dass oftmals Juristen die sich mit Völkerrecht angeblich auskennen, dennoch in der Presse Behauptungen aufstellen, die sich - nach durchlesen der einschlägigen Völkerrechtlichen Regelung - als unwahr erweisen, oder zumindest sehr eigenwillig interpretiert. Oft erfolgt es in der Form, dass ein Verstoß gegen eine allgemeine Regelung vorgeworfen wird, Ausnahmeregelungen aber außer Acht gelassen.

      Deshalb bin ich mittlerweile dazu übergegangen, die Einschlägige Regelung selbst zu lesen. Daraus lernt man sehr viel. Bislang sehe ich imPager-Fall keinen eindeutigen Verstoß gegen das Völkerrecht.

    • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin
      @Georg Weidekind:

      Zunächst einmal muss der Grundsatz der Beweislast gewahrt bleiben. Wir leben nicht unter Scharia-Recht. Das Prinzip 'im Zweifel für den Angeklagten' gilt uneingeschränkt. Es ist keineswegs erwiesen, dass Israel hinter diesen Ereignissen steckt. Auch die Qui-bono-Frage nach dem möglichen Nutzen für den jüdischen Staat reicht allein nicht aus, um ihm eine Schuld zuzuweisen.

      Während des Jurastudiums („Morality, the Military and Public International Law“) und auch im Militärdienst haben wird vor 4 Dekaden ähnliche Szenario diskutiert und durchgespielt. Hinzu kommt, dass einiger der Good Guys, nämlich die USA und Israel, sich eh nicht sämtliche kriegsrechtlichen Konventionen andrehen lassen.

      Die Abneigung gegen Antiminen-Abkommen hängt nicht mit einem sadistischen, zynischen Weltblick zusammen, sondern ist darauf zurück zu ziehen, dass manche Situationen den Einsatz von Landminen erfordern. Wer mal an der DMZ zwischen Nord- und Südkorea stand, wird wohl verstehen.

      Soldat:innen demokratischer Länder sind keine Bösen, sondern sind eher die Guten, die das böse Versagen der Diplomat:innen und den nicht minder bösen Vernichtungszug der Demagog:innen ausbaden müssen.

      • @Michaela Dudley:

        "Gut" und "Böse" sind keine funktionierenden politischen Kategorien. Es sind moralische Kategorien. Polit. Kategorien orientieren sich besser an Interessen. Denn, in der Realität ist das wenigste nur "gut" oder nur "böse", das meiste liegt dazw. - spätestens wenn man den Standpunkt wechselt. In der polit. Analyse e. wichtige Übung. Als Fazit können Sie privat das Urteil "gut oder böse" fällen. Es aber in der polit. Disk. als Kategorie anzuführen, halte ich für verkehrt. Es geht zu viel Kontext verloren und außerdem muss ein moralisch richtiges Urteil nicht politisch klug sein. Und letztlich sollte es doch darum gehen kluge Politik zu machen oder nicht?



        Dazu: Mal abgesehen von den diskutierten rechtl. Fragen: finden Sie die Politik klug? Glauben Sie, dass am Ende des Handelns der israel. Regierung nach dem 7.10. (solche Aktionen eingeschlossen) mehr Sicherheit für Israel stehen wird? Dass es sich also um nützliche, gute Politik handelt? Ich glaube das nicht. Ich glaube die momentane israelische Politik gefährdet die Sicherheit Israels mehr, als es Hamas oder Hisbollah militärisch vermocht hätten.



        [zur Einordn.: Das ist nicht was ich mir wünsche, sondern was ich glaube das passiert.]

      • @Michaela Dudley:

        Klar - ich stell mich außerhalb des Völkerrechts & schwupps bin ich -



        Däh - The Good Guy !

        Im übrigen - is ja nix bewiesen!



        Also was soll’s - wa!

        Na Mahlzeit - als Kabarett laß ich’s durchgehen! But

        “Mit einem Brunnenfrosch kann man nicht über das Meer reden, er ist beschränkt auf sein Loch. Mit einem Sommervogel kann man nicht über das Eis reden, er ist begrenzt durch seine Zeit. Mit einem Fachmann kann man nicht vom Leben reden, er ist gebunden durch seine Lehre.“ Dr.jur US - L. Thoma



        Dschuang Dsi (Zhuangzi) (um 365 - 290 v. Chr.), auch Chuang-tzu, Tschuang-tse oder Zhuāng Zhōu, taoistischer Philosoph, Gegner des Konfuzianismus

      • @Michaela Dudley:

        Soldaten demokratischer Länder sind zunächst einmal an internationales Recht gebunden, genauso wie diejenigen undemokratischer Ländern. Kategorien wie gut und böse sollte man Theologen oder Drehbuchautoren überlassen, in der Politik werden sie schnell gefährlich, vor allem wenn man sie - wie in Ihrem Beitrag - instrumentalisiert, um einen praktischen Rechtsnihilismus schön zu reden: wir sind die "Good Guys", wieso sollten wir uns um kriegsrechtliche Konventionen und Anti-Minen-Abkommen kümmern... Sie merken eigentlich, dass Sie hier dem Zivilisationsbruch das Wort reden?

  • Ich danke für die klare Ansage! Würde bei den Aussagen zu Kitazeiten, - kosten und Entspanntheit der Erzieher*innen zwar differenzieren wollen, aber nicht jetzt ;)



    Dem 2. Abschnitt zum Antisemitismus schließe ich mich uneingeschränkt an.

  • "Dass Leute vielleicht durchaus bereit wären, sehr viel länger als bis 65 zu arbeiten, wenn sie in der Mitte ihres Lebens ein bisschen Zeit zum Leben hätten"



    Das kommt ja durchaus auf den Job an, den man macht, ein einheitliches Rentenalter halte ich daher für ziemlich unsinnig und ungerecht. Natürlich kann man auch mit 70 noch eine Kolumne schreiben, zehn Kinder alleine zu betreuen, oder ein Dach zu decken ist auch mit 60 schon extrem schwierig.



    Daher gerne Leuten freistellen, dass sie länger arbeiten wenn Sie möchten und können, aber das finanzielle Abstrafen von Renteneintritt vor der Altersgrenze muss aufhören.

  • Terrorismus mit Terror zu beantworten ist kein Weg zum Frieden. Beide Seiten wollen ihn nicht.

  • Nun kann man lange darüber diskutieren, ob das Agieren Israels wirklich Selbstverteidigung ist oder ob es nicht mitverantwortlich (nota bene: das Präfix) für Jahrzehnte der Gewalt ist. Aber im Falle der Pager-Explosionen geht es nicht einmal darum, ob Israel ein Recht auf Selbstverteidigung hat, sondern ob es dabei weiterhin an internationales Recht gebunden ist. Nun haben inzwischen etliche Völkerrechtler (auch westliche, denen man kaum eine israelfeindliche Haltung vorwerfen kann) ausführlich erklärt, warum es sich dabei vermutlich um ein Kriegsverbrechen handelt. Wenn die einzige Antwort darauf (und zwar gerade aus Kreisen, die sonst so gerne auf Moral und Menschenrechte bestehen) der Antisemitismus-Vorwurf ist, greift das nicht nur argumentativ zu kurz, sondern lässt auch auf eine gefährliches Politikverständnis schließen, das eigene Ansprüche absolut setzt, es mit den Rechten der Anderen nicht so ernst nimmt. Damit steht man allerdings in einer unseligen Tradition.

    • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin
      @O.F.:

      Einspruch. Im Jurastudium vor 4 Jahrzehnten und auch beim Militär haben wir uns mit solchen Grauzonen befasst. Auch wenn sich die technologischen Möglichkeiten weiter entwickelt haben, bleiben die rechtlichen Prinzipien fest verankert.

      Bei den Dauerangriffen auf Israel erweist sich die Hisbollah als eine Kriegspartei, die völkerrechtlich ein legitimes Angriffsziel ist. Zumal die Hisbollah häufig zu Guerilla-Taktiken und irregulären Methoden greift, übrigens ohne Widerstand gegen eine Besatzungsmacht zu leisten, sind asymmetrisch gestaltete Gegenangriffe grundsätzlich nachvollziehbar.

      Eine 100-prozentige Präzision kann niemals garantiert werden. Wer Ius Bellum nicht studierte, muss verstehen, dass der humane Kollateralschaden völkerrechtlich nicht per se verboten ist. Zurecht gilt nach wie vor das Prinzip der Verhältnismäßigkeit.

      Als mein afroamerkanischer Vater Angehöriger der US Air Force bei Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg. Anno dazumal warfen die Alliierten zwei Millionen Tonnen Fliegerbomben auf Nazi. 600.000 deutsche Nichtkombattanten, darunter viele Frauen und Kinder, wurden getötet. Doch das Dritte Reich und der Holocaust wurden beendet.

      • @Michaela Dudley:

        Nun sehen das etliche Völkerrechtler (auf deren Urteil ich mehr vertraue als auf Aussagen über ein Jura-Studium vor etlichen Jahrzehnten), anders. Ihr Argument beruht gleich auf mehreren Irrtums: es kann nicht sicher gestellt werden, dass die Pager allein in die Hände von Hisbollah-Mitgliedern gelangen (siehe die toten Kinder), Hisbollah ist auch eine Partei und soziale Organisation, d.h. nicht alle Mitglieder sind Kombattanten (die dabei ebenfalls getöteten Krankenhausmitglieder z.B. sind ganz klar Zivilisten), dazu kommt ein generelles Verbot von Sprengfallen, die zivilen Gegenständern ähneln - man könnte diese Liste noch fortsetzen. Auch Israel steht nicht über dem Recht und wenn es dieses bricht, kann man das nicht mit ein paar Krokodilstränen über angeblich nicht vermeidbare Kollateralschäden oder historisch schiefen NS-Vergleichen schönreden.

        • @O.F.:

          „generelles Verbot von Sprengfallen, die zivilen Gegenständern ähneln“

          Welcher „Experte“ hat Ihnen denn diesen Bären aufgebunden?

          M.W. geht es um Protokoll II der Konvention über bestimmte konventionelle Waffen

          Verboten sind Sprengfallen:



          -mit internationalen Schutzzeichen



          -Kranke, Verwundete, Leichen



          -Bestattungsorte, Krematorien und Gräber



          -medizinisches



          -Kinderspielzeug und Gegenstände für Kindergebrauch



          -Speisen und Trank



          -Küchenutensilien



          -religiöses



          -historische Monumente



          -Kunstwerke



          -Tiere und Kadaver

          von jeglichem zivilen Objekt ist da keine Rede (eine Sprengfalle muss ja zwangsläufig nach etwas harmlosen – zivilen – aussehen; sonst wäre es ja keine Falle). Es gibt ferner ein Verbot gezielt Sprengfallen herzustellen, die wie tragbare, harmlose Objekte aussehen.

          Im übrigen definiert das Protokoll als Sprengfallen Geräte, welche durch Annäherung, Berührung oder scheinbar harmloser Anwendung ausgelöst werden.

          Sprengsätze mit Zeitzünder oder Fernsteuerung fallen gar nicht in diese Kategorie – somit gelten für sie auch die o.G. Verbote nicht.

          hrlibrary.umn.edu/instree/1980d.htm

        • @O.F.:

          „die dabei ebenfalls getöteten Krankenhausmitglieder z.B. sind ganz klar Zivilisten“

          Eben nicht. Nur weil jemand im Gesundheitswesen arbeitet, bedeutet das nicht, dass er nicht Mitglied einer Terrorgruppe sein kann.



          Wer ein aktives Kommunikationsgerät einer militärischen Organisation bei sich trägt um Befehle empfangen zu können, ist teil einer militärischen Befehlskette, und damit legitimes Ziel - durch tragen des aktivierten Gerätes entfällt der Schutz. (Im vorliegenden Fall habe ich noch keine belastbaren Belege dafür gesehen, dass eine zivile Verwendung der Geräte beabsichtigt war). Das einer dabei zivile Kleidung trägt und sich unter Zivilisten bewegt, macht ihn noch nicht zur zivilen, geschützten Person. Vielmehr muss man sich fragen, warum er dies tut; höchstwahrscheinlich um nicht angegriffen zu werden. Dann wäre dies ein Kriegsverbrechen: „die Benutzung der Anwesenheit einer Zivilperson oder einer anderen geschützten Person, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fernzuhalten.“ Trägt er auch noch die Montur eines Sanitäters mit Rotem Kreuz oder Halbmond, dann ist es auch noch Missbrauch der Schutzzeichen des Genfer Abkommens.

          • @Socrates:

            Ich fürchte, Sie irren sich in beiden Punkten: das Verbot von Sprengfallen bezieht sich auf alle Faelle, in denen diese Alltagsgegenständen ähneln und daher auch von Zivilisten benutzt werden(und Pager sind Alltagsgegenstande, die – daher auch die toten Krankenhausmitarbeiter – auch in nicht-militärischen Kontexten Verwendung finden).



            Genauso wenig sind Hisbollah-Mitglieder per se Kombattanten; die Hisbollah ist im Libanon eine legale Organisation, nicht nur eine Miliz. Zivile Mitglieder – d.h. Politiker, Krankenhausmitarbeiter, etc. - sind (genauso wie Reservisten) Zivilisten. Überlegen Sie einmal, wo es enden würde, wenn man beliebig Personen zu „Terroristen“ erklären und damit zu legitimen Zielen erklären könnte (das Verfahren könnten sich andere auch zu eigen machen…).

    • @O.F.:

      anschließe mich & verweise auf meinen Beitrag im netti⛓️⛓️Brutkasten •

    • @O.F.:

      Wie kommen Sie denn auf das schmale Brett, dass man westlichen Völkerrechtlern keine israelfeindliche Haltung vorwerfen kann? Haben Sie nicht mitbekommen, was an westlichen Universitäten seit dem 7.10. abgeht? Warum sollten ausgerechnet die Völkerrechtler da eine Ausnahme darstellen?

      • @Meister Petz:

        Meinen sie, dass das Völkerrecht antisemitisch ist, oder die (führenden?) Personen, die sich damit wisssenschaftlich auseinandersetzten? Bitte um eine Erläuterung.

        • @Henne Solo:

          Keines von beiden. Lediglich die Mehrheit der UN-Vertreter, die vorgeben es umzusetzen und dabei immer wieder einseitig gegen Israel vorgehen.

      • @Meister Petz:

        Es geht hier nicht um demonstrierende Studenten, sondern um international angesehene Forscher wie Matthias Goldmann, Andrew Clapham und Daniel Erasmus-Khan. Man kann über solche Einschätzungen gerne inhaltlich diskutieren, aber sie argumentationsfrei auf eine „israelfeindliche Haltung“ zurückzuführen, ist wenig überzeugend. Israel steht nicht über dem Recht und der Hinweis auf entsprechende Verstöße ist manchmal einfach sachlich richtig.

        • @O.F.:

          International angesehene Forscher, z.B. Stephan Stetter, Elvira Rosert oder Stefan Talmon bewerten die geltende Rechtssituation anders: www.tagesschau.de/...lkerrecht-100.html



          Wobei die Frage nach der Urheberschaft nach, wie vor nicht geklärt ist.

          • @Henriette Bimmelbahn:

            Wenn Sie meinen Eingangsbeitrag noch einmal lesen, habe ich dort nicht behauptet, dass alle Völkerrechtsexperten diese Einschätzung teilen, sondern nur auf etliche darunter verwiesen - und darauf, dass das natürlich auch die Art und Weise betreffen muss, wie wir über dieses Thema diskutieren.

        • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin
          @O.F.:

          „If Algeria introduced a [UN] resolution declaring that the earth was flat and thatIsraelhad flattened it, it would pass by a vote of 164 to 13 with 26 abstentions.“

          Abba Eban, israelischer Außenminister (1966 – 1974)

          Quelle: Shalom, Silvan (02.02.2004): „A fence built for peace“, in The Guardian: www.theguardian.co...004/feb/03/comment

          ****************************

          „Der selektive Humanismus übersieht dabei, dass es auch in Israel gefährdete Kinder gibt. Sie machen rund die Hälfte der circa 250.000 Binnenflüchtlinge aus, die auch in ihren Notunterkünften mit Raketeneinschlägen rechnen müssen. Die UNO und das Rote Kreuz kümmern sich aber genauso wenig um sie, wie ihnen die minderjährigen israelischen Geiseln der Hamas viel Aufmerksamkeit wert waren“,

          Quelle: Dudley, Michaela (20.09.2024): „Auch Israelis unter den Opfern: Gaza-Krieg und Weltkindertag“ taz.de/Gaza-Krieg-...indertag/!6034521/

          • @Michaela Dudley:

            Es geht hier nicht um UN-Resolutionen gegen Israel (die übrigens auch dem Verhalten Israels geschuldet sein können), sondern um rechtliche Regelungen, die für jeden Staat gültig sind: es Kriegsverbrechen bleibt ein Kriegsverbrechen, egal wer es begeht. Die von mir genannten Juristen sind allesamt übrigens keine UNO-Mitarbeiter, insofern geht ihr Vorwurf ins Lehre.



            Ähnliches gilt für das Zitat aus ihrem eigenen (!) Artikel: selbst wenn der Vorwurf eines selektiven Humanismus wahr wäre (man könnte ihn übrigens auch gegen die erheben, die in toten Palästinensern bzw. Libanesen stets nur unvermeidbare Kollateralschäden sehen wollen), würde das einen konkreten Rechtsbruch seitens Israels nicht legitimieren.

            • @O.F.:

              Das ist tröstlich zu wissen, dass UN-Resolutionen auch Israels Verhalten geschuldet sein können.



              Israels Verhalten wäre dann z.B. 2015 - 20 Resolutionen gegen Israel, 3 gegen andere Länder (Syrien, Nordkorea und den Iran) - etwa 7 Mal so schlimm, wie der Rest der Welt zusammen.



              a3wsaar.de/10gesic...-verurteilt-israel



              Wenn Sie sich unbedingt lächerlich machen wollen, kann ich Sie nicht davon abhalten.

              • @Henriette Bimmelbahn:

                Ich denke nicht, dass dieser Ton einer sachlichen Diskussion angemessen ist. Aber um beim Thema zu bleiben: Sie können sich über den Hintergrund jeder einzelnen dieser Resolutionen kundig machen - keine davon ist unbegründet. Dass auch in anderen Fällen Resolutionen nötig gewesen wären, mag ja stimmen - ändert aber nichts an der berichtigten Kritik der israelischen Besatzungspolitik, die in dieser Form tatsächlich einmalig ist (weder Nordkorea noch Iran haben fremdes Territorium besetzt und und die Einwohner einem Besatzungsregime unterworfen, das von gerade erst im IGH-Gutachten für illegal erklärt worden ist).