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Linke und Ukraine-KriegSchräge Analysen

Gastkommentar von Holger Schatz und Jan Keetman

Linksradikale AntimilitaristInnen verbinden ihre Kritik am Ukraine-Krieg mit Imperialismuskritik. Das spielt vor allem Putin in die Hände.

Friedenstaube in Berlin, 25. Februar 2023: Was, wenn ein Regime wirklich Krieg führen will? Foto: Maurizio Gambarini/imago

S pätestens mit den Wahlerfolgen von AfD und BSW bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen ist Frieden eine Chiffre für einen neuen Nationalchauvinismus geworden. Dieser denunziert Waffen- und Finanzhilfen an die Ukraine wahlweise als Diebstahl am deutschen Volk oder dem Steuerzahler. Wie aber ist zu erklären, dass auch weite Teile der Linken Waffenlieferungen ablehnen, mit denen die völkerrechtswidrig angegriffene Ukraine sich zu verteidigen versucht?

Eine Rolle spielen sicher die in der Friedensbewegung grassierenden Narrative zur „Vorgeschichte“ des Kriegs, etwa dass der Kreml sich einer immer aggressiveren Einkreisung durch die Nato ausgeliefert sah. Es ist allerdings seltsam, dass über jenen Teil der Vorgeschichte des Krieges, der gerade PazifistInnen für die Ukraine einnehmen müsste, beharrlich geschwiegen wird.

Holger Schatz

arbeitet für eine internationale Gewerkschaft, die unter anderem ukrainische Seeleute organisiert und mit ukrainischen und anderen postsowjetischen Transportarbeitsgewerkschaften kooperiert.

Jan Keetman

ist freier Journalist.

So hat die Ukraine ihre gesamten Atomwaffen und weitere Waffensysteme abgegeben, größtenteils an Russland. Indessen hat Russland seine strategische Situation gegenüber der Ukraine immer nur verbessert, etwa durch die teilweise auch gewaltsame Übernahme eines immer größeren Teils der Schwarzmeerflotte, die Besetzung der Krim und den Bau der Nord-Stream-Pipelines.

Viel grundlegender als die Friedensbewegung versuchen linksradikale An­ti­mi­li­ta­ris­t:in­nen den Krieg in der Ukraine in ihr Weltbild von Klassenkampf, Antiimperialismus und Staatskritik zu integrieren. Dabei wird nicht nur der Krieg, sondern darüber hinaus die bestehende Gesellschaft als gewaltförmig analysiert, so etwa die Jour fixe initia­tive Berlin: „Das aktuelle Kriegsregime bedeutet das Ende der falschen Erzählung einer gewaltlosen bürgerlichen Gesellschaft. Die Militarisierung des Lebens seit Beginn des Ukraine-Krieges bringt die Gewaltförmigkeit der kapitalistischen Gesellschaften ins Offene.“

In Zeiten des Krieges ließe sich eine staatstragende Formierung durchsetzen und es würden soziale Errungenschaften geschleift. Aussagen aus dem Baukasten linker Staatskritik, die immer einen Punkt treffen. Doch welche Erkenntnis bieten sie angesichts einer Formierung, die sich derzeit eher durch rechts- und linkspopulistische Friedensbewegte vollzieht? Wenn aber bereits die indirekten Folgen der „Kriegstreiberei“ all das Schlechte dieser Gesellschaft forciere, dann erfordere das massenhafte Sterben erst recht eine Äquidistanz zu allen Kriegsparteien, vornehmlich zum „Hauptfeind im eigenen Land“, so das Marx21-Netzwerk.

Angriffs- und Verteidigungskrieg

Linksradikale An­ti­mi­li­ta­ris­t:in­nen versuchen, den Krieg in der Ukraine in ihr Weltbild von Klassenkampf zu integrieren

Vielleicht ist es kein Zufall, dass öfter an den Ersten und nicht den Zweiten Weltkrieg erinnert wird. Um jedenfalls gar nicht erst den Unterschied zwischen einem Angriffs- und einem Verteidigungskrieg diskutieren zu müssen, werden umfangreiche „materialistische“ Analysen der Hintergründe des Krieges sowie der Klassengesellschaften der beiden Kriegsparteien geliefert.

Ausführlich zeichnet etwa Freerk Huisken in „Frieden. Eine Kritik“ den Ukraine-Krieg als einen Krieg zweier kapitalistischer Weltmächte nach. Huiskens Ausführungen zufolge erscheint Russlands Invasion als zwangsläufige Folge dieser Konkurrenz, einen qualitativen Unterschied oder Bruch scheint es nicht zu geben, denn „Krieg und Frieden sind eben nichts anderes als alternative Formen der Austragung der Staatenkonkurrenz“.

Derartige Versuche, den Krieg in der Ukraine in grundlegende Theorien des globalen Kapitalismus einzupassen, lassen die handelnden Subjekte verschwinden. Allenfalls tauchen kriegsmüde Menschen als Beleg dafür auf, dass nur der Westen und seine Marionettenregierung in Kyjiw den Krieg führen wollen. Auf die Idee, dass viele Ukrai­ne­r:in­nen längst am Westen und der unzureichenden militärischen Unterstützung verzweifeln, kommen solcherlei Analysen nicht.

Zugleich werden jene Stimmen aus sozialen Bewegungen und Gewerkschaften ignoriert, die trotz ihrer Kritik an der ukrainischen Regierung massive Waffenlieferungen vom Westen fordern. Die Gewerkschaften etwa hoffen auf nichts sehnlicher als ein Ende des Krieges und auf eine starke Unterstützung durch westliche Gewerkschaften – gerade auch nach dem Krieg. Dann, wenn es in der Tat darum gehen wird, die Ansprüche des erwähnten Westkapitals auf reibungslose Geschäfte im neuen Markt Ukraine zurückzudrängen und soziale Rechte in der Ukraine auszubauen.

Eine Ukraine zu „belarussischen“ Bedingungen?

Waffen zu fordern, resultiert hier zum einen aus der nüchternen Einschätzung, dass nur eine relevante militärische Antwort auf das aggressive Moskauer Regime überhaupt halbwegs akzeptable Verhandlungen beziehungsweise Verhandlungsergebnisse mit sich bringen kann. Zum anderen, weil klar ist, dass die Bedingungen für eine weitere gesellschaftliche Emanzipation in der Ukrai­ne bei einem Sieg Russlands unmöglich würden, insbesondere wenn dann wahrscheinlich auf Jahrzehnte „belarussische“ Bedingungen herrschen.

Dies kann nur leugnen, wer wie Wagenknecht den Angriff auf die Ukraine ja ohnehin als Reaktion Putins auf den Westen deutet und nicht als reaktionäre Abstrafung emanzipatorischer Veränderungen im postsowjetischen Raum. Aus den hier skizzierten blinden Flecken der Kritik an Waffenlieferungen ergibt sich keineswegs, dass damit alle Zweifel vom Tisch zu wischen wären angesichts des massenhaften Sterbens von ZivilistInnen und SoldatInnen.

Allein, die Analyse der teilweise recht schrägen und auf Falschinformation basierenden Argumentation vieler Kriegs­geg­ne­r:in­nen legen den Schluss nahe, dass manche Fragen um jeden Preis vermieden werden sollen, weil sie nicht ins linke Weltbild passen: Was, wenn ein Regime wirklich Krieg führen will? Was, wenn es das tut, weil es auf wenig oder unzureichende Gegenwehr zu treffen glaubt?

Was, wenn an der Abschreckungsdoktrin etwas Wahres dran ist, auch wenn sich dies im falschen Ganzen (globaler Kapitalismus) abspielt? Ein falsches Ganzes, das allerdings leider Realität ist und zumindest mittelfristig nicht verschwinden wird.

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31 Kommentare

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  • "Was, wenn ein Regime wirklich Krieg führen will? Was, wenn es das tut, weil es auf wenig oder unzureichende Gegenwehr zu treffen glaubt?"

    Das bringt es auf den Punkt. Wer geneigt ist, Annahmen als unverrückbar wahr und gegeben anzunehmen, geht gedanklich immer in die Falle.



    Solche Menschen werden niemals Probleme lösen können.

  • Die aktuellen Kriege, welche vorgeblich der Verteidigung westlicher Freiheit dienen sollen, werden genutzt, um erneut antilinke Ressentiments zu verbreiten.

    Es darf doch nicht darum gehen, an den Westen andere Maßstäbe anzulegen als an den Rest der Welt. Für die Linken stehen gerade nicht die Widersprüche zwischen den Staaten im Vordergrund, sondern deren innere Strukturen.

    Russland und China sind Strukturen mit bestimmten Zielen, die USA und Deutschland ebenso und alle diese Strukturen gebären Ziele, nicht nur "Russland", nicht nur "China". Das heißt: nicht nur defensive, sondern jeweils offensive Ziele, die sich hinter defensiven verstecken können.

    Die RAND Corporation, ein US-Think-Tank, veröffentlichte am 24.04.2019 folgendes:

    www.rand.org/pubs/...riefs/RB10014.html

    Gemäß Inhaltsangabe schlägt die RAND Corporation verschiedene Strategien vor, wie Russland "überdehnt" und aus dem Gleichgewicht gebracht, also destabilisiert werden kann.

    Dazu gehören z.B. Maßnahmen wie: "Providing lethal aid to Ukraine" u.a.

    Dort wird auch der russische Imperialismus als regionaler Imperialismus angesprochen.

    Objektiv geht es um Kontrolle von Rohstoffen, Märkten, etc

    • @Uns Uwe:

      Sie stellen hier ein theoretisches Papier einer obskuren Lobbyorganisation gegen einen Staat, der seinen Nachbarstaat militärisch angreift?

      Git es noch dünnere Argumente?

      • @Jörg Schubert:

        Im deutschen Wiki-Artikel steht:

        "Zu den von RAND bearbeiteten Themen gehörten in den letzten Jahren unter anderem Strategien zur Destabilisierung Russlands und Überlegungen zum Krieg mit China, sowie zukünftige Anforderungen für den militärischen Flugzeugbau und Schutzmöglichkeiten vor terroristischen Anschlägen, aber auch soziale Themen wie wachsende Adipositas in den USA oder das Problem des Drogenmissbrauchs an amerikanischen High Schools."

        de.wikipedia.org/wiki/RAND_Corporation

        Die RAND-Corporation ist ein regierungsnaher think tank, der schon während des Vietnam-Krieges Aufsehen erregte:

        www.deutschlandfun...lichungen-100.html

        Man darf nie dem Irrtum unterliegen, dass die USA oder Deutschland keine eigenen, auch offensiven geostrategischen Ziele verfolgen. Diese Ziele müssen nicht immer mit militärischen Mitteln angestrebt werden, wozu gibt es Wirtschaftsembargos?

        Beim Krieg Russland-Ukraine stellt sich nicht nur die Frage, was die Interessen der russischen Führung sind, sondern auch, was sind die Interessen von USA, Deutschland, Japan, Indien? Dies verweist aber auf die inneren Strukturen dieser Staaten.

    • @Uns Uwe:

      Sie sollten ehrlicherweise auch erwähnen, dass "providing lethal aid to Ukraine" zu den im Bericht diskutierten, nicht aber zu den empfohlenen Maßnahmen gehört.

      • @sàmi2:

        Was nützt ein Streit um die Semantik der Begriffe "diskutiert" und "empfohlen". Alles, was in dem strategischen Paper der RAND Corporation "diskutiert" wird, steht im Kontext der Ziele, welche bereits im Titel angegeben sind.

        Und tatsächlich sind die USA diesen "Diskussionen" gefolgt, wenn man sich ansieht, dass sie zwischen 2014 und November 2022 rund 68 Milliarden $ an Rüstung für die Ukraine ausgegeben haben:

        www.csis.org/analy...plained-six-charts

        Dazu kamen aber noch bedeutende Lieferungen von Rüstungsgütern aus Großbritannien.

        Und last but not least hat die Ukraine selbst ihre Rüstungsausgaben seit 2014 massiv gesteigert:

        www.dw.com/de/ukra...siv-auf/a-18125651

        Wenn man die Ereignisse um den Regierungswechsel und die - nicht nur von der Ukraine, sondern auch von den USA u. führenden europäischen Staaten - angestrebte Mitgliedschaft in der NATO und EU mit einbezieht, dann nähert man sich der Realität. Eine Analyse muss all dies mit einbeziehen, sonst ist es keine Analyse.

        Eine Gleichsetzung zwischen Putin und Hitler negiert die Besonderheiten dieses Krieges, welche nicht mit denen vor dem 2. WK vergleichbar sind.

  • Es ist ein Elend, dass bei vielen Friedensaufrufen vergessen wird, das Ende des Bomben- und Raketenterrors gegen die Ukraine zu fordern.

  • In der Tat kann man sich nur wundern, wie rechte und linke Sektierer es geschafft haben ihre verqueren „Argumente“ in manchen Kreisen mehrheitsfähig zu machen. Das Investment von Putin scheint sich in dieser Blase zu lohnen.

    • @vieldenker:

      Blöd ist nur, dass die Blase scheinbar größer wird.

      Lange dachte ich, es würde bei den üblichen 20% bleiben. Die von der Sorte "Denken geimpft, Körper nicht".

      Nach den letzten Landtagswahlen sieht es mehr nach 50% aus. Das wird langsam bedenklich.

  • Vielen Dank. Ein sehr treffender Artikel.

  • Danke. Gut auf den Punkt gebracht.

  • Letztendlich wird der Begriff „links“ durch solche und andere Querdenker in der Substanz beschädigt.



    Der Reflex einer „linken Solidarität“ sofern man ein gemeinsames „dagegen“ findet, ist nicht mehr zukunftsfähig.

  • In der Ukraine sind eine Reihe von Oppositionsparteien verboten, darunter etliche linke Parteien und Parteien, die die national-identitäre Geschichtsdoktrin ablehnen. Die Ukraine war vor 2013/2014 weitaus liberaler als heute. Man kann vielleicht im Vergleich mit Russland selbst die heutige Ukraine noch als weniger repressiv betrachten. Aber der Ausdruck "emanzipatorisch" ist da wohl fehl am Platze, er erinnert an die linke Untugend, in "nationalen Befreiungsbewegungen" selbst dann noch den guten Anti-Kolonialismus zu sehen, wenn diese Bewegungen nach innen hin ihrerseits repressive und regressive Züge ausprägten.

    Seit 1991 gab es in der Ukraine immer Regionen und Bevölkerungsgruppen, die weiter weg von Russland und näher an Westeuropa wollten, und es gab andere, die näher an Russland wollten. 2013/2014 brach das auf. Der Westen hat hier nie einen Ausgleich versucht, sondern die eigene Seite angetrieben, dabei über solche Dinge wie das Massaker im Gewerkschaftshaus von Odessa hinweggesehen.

    Deshalb scheint mir die Sicht der hier kritisierten Linken weitaus aufgeklärter als der Versuch anderer Linker, dem bürgerlichen Zeitgeist mit seinem "geborgten Nationalismus" nachzulaufen.

    • @Kohlrabi:

      Leider übersieht die andere, "linke" Seite mindestens ebensoviel: die fortgesetzten Versuche Moskaus, das politische System der Ukraine zugunsten seiner Günstlinge zu manipulieren, bis hin zu Mordversuchen an missliebigen Präsidentschaftskandidaten. Deren Misslingen war letztlich die Ursache für die Invasionen ins Donez-Gebiet und in die Krim.



      Versuche, einen Ausgleich zu suchen, sind das eher auch nicht.



      Und vielleicht sollte man "emanzipatorisch" hier einfach in dem Sinne verstehen, dass sich hier ein Land von Moskau hat emanzipieren wollen. Andere Länder, die das tun wollten, hatten bzw. haben auch massive Probleme mit russischer Einmischung -- es sei denn, sie sind NATO-Mitglied.

    • @Kohlrabi:

      Es ist anerkennenswert, wenn auch auf Fehler hingewiesen wird. Der Umgang mit Bandera ist in manchen Kreisen fragwürdig.

      Es geht aus dem Beitrag nicht hervor und es soll auch nicht unterstellt werden, daher allgemein gemeint: die erläuterten Zusammenhänge sind aber kein Grund, der Ukraine die Unterstützung zu versagen, sie wie Putin als Faschisten zu bezeichnen oder das Land und seine Menschen Russland auszuliefern.

  • Nun stellt sich die Frage, wie Frieden wieder zu einem positiven Begriff wird?

    Weil derzeit ist Waffengewalt positiv konnotiert. Also das absichtliche Töten anderer Menschen, wie Russland es derzeit macht oder die Hamas.

    • @Troll Eulenspiegel:

      "derzeit ist Waffengewalt positiv konnotiert"



      Bei wem? Bei all den kritischen und vernünftigen Leuten, die für entschiedene Unterstützung der angegriffenen Ukraine eintreten, verzeichne ich eine rein pragmatische, an der bitteren Realität orientierte "Konnotation" von Waffengewalt. Bei den linkeren und grüneren unter ihnen sogar eindeutig zähneknirschend. Anders wäre schöner! Aber angesichts Waffengewalt Feier der Akteure wie Russland, Hamas und Iran unmöglich.

      • @dites-mois:

        feiernder

    • @Troll Eulenspiegel:

      "Weil derzeit ist Waffengewalt positiv konnotiert. Also das absichtliche Töten anderer Menschen, wie Russland es derzeit macht oder die Hamas."



      Und bei wem außer Fans außerhalb der Mehrheit sind deren Aktionen positiv konnotiert?

  • Aggressive Einkreisung, von wegen.

    Wie viele Kilometer Grenze hat Russland zur Nato verglichen mit seinem Gesamtumfang?

    Und niemand will Russland angreifen. Im Gegenteil sind seine Nachbarn durch Russland gefährdet, nicht umgekehrt. Wer hat wen jahrzehntelang besetzt und trauert dem hinterher? Wer hat wen überfallen? Wenn man Sicherheitsinteressen anführt, dann bitte nicht die erfüllten, sondern die gefährdeten.

    Es ist eher Imperialismus, dass Russland seine Nachbarn mit Gewalt an sich binden will.

    • @Ciro:

      Ginge es Russland tatsächlich darum, die NATO von seinen Grenzen fernhalten zu wollen (mit Norwegen hatte es übrigens schon immer eine Grenze zu einem NATO-Staat), dann müsste es jetzt Finnland angreifen. Dass das nicht passiert, ist der Beweis, dass das ganze Gerede von der Einkreisung Quatsch ist.

  • Vielen Dank für den Artikel!

    Zur Frage, was ist, wenn jemand Krieg führen *will* habe ich im letzten Jahr den Satz gefunden:

    „Stell dir vor, es ist Abrüstung, und einer macht nicht mit“.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Der ist echt gut.

  • Bemerkenswert, dass sowohl in diesem Beitrag sowie allen genannten Positionen im linken, wie politisch pazifistischem Spektrum, BSW, aber auch Rechtsaußen, AfD ein Blinder Fleck gemeinsam übersehen wird, zu ergründen, was es heißt, dass mit chaotischem NATO Afghanistanabzug August 2021 mitten in Corona Pandemie das Narrativ vom asymmetrisch zu führenden Krieg gegen sog internationalen Terrorismus nach Nine Eleven 2001 im Westen begraben, in Moskau aber unter dem Label „militärische Spezialoperation“ gegen angebliche Nazi Terroristen in Ukraine seit 24.2.2022 fortgesetzt wurde, wie 1. und 2. russisch asymmetrische Tschetschenienkrieg 1994-1996 bzw. 1999-2009, als habe sich internationale Lage und Narrativ nicht geändert? Wenn ja, was bedeutet das, angesichts zwingend notwendiger Klimatransformation der Energie und Weltwirtschaft, weg von klimabelastend fossilen hin zu klimaneutralen Energieträgern, denen fossil getriebene Waffensysteme, Kriege mit ihren CO2 Emissionen in die Erdatmosphäre global entgegenstehen, bilateral, multilateral auf internationalem Parkett mithilfe von UNO, OSZE, WHO, WTO, IWF Ansatzpunkte für Waffenstillstands-, Friedensverhandlungen in Ukraine zu finden

  • eingangs des artikels ist zu lesen, dass neben den anhänger*innen von afd und bsw "auch weite Teile der Linken Waffenlieferungen ablehnen" würden. ich halte das für eine ziemlich gewagte aussage und mich würde deshalb interessieren, auf welchen empirischen erhebungen diese aussage gründet. vielleicht können die autoren diese information nachliefern.

    das ist auch deshalb nicht unwesentlich, weil in der weiteren folge des artikels lediglich die jour fixe-initiative berlin, ein verbund von nicht mehr als 50 personen mit uneinheitlichen positionen, sowie das netzwerk marx-21, eine trotzkistische organisation, die laut wikipedia etwa 300 mitglieder zählt, zitiert werden.

    vielleicht ist es ja noch schlimmer als ich bislang angenommen habe und diese wenigen personen repräsentieren bereits weite teile der (noch verbliebenen) linken. vielleicht aber auch nicht.

    dafür, dass ausgerechnet diese beiden splittergruppen mit ihrer imperialismuskritik (die übrigens den russischen imperialismus mit einschließt) wiederum "putin in die hände spiel(en)", wie etwas reißerisch behauptet wird, fehlt jegliche evidenz.

    • @Pflasterstrand:

      "ich halte das für eine ziemlich gewagte aussage und mich würde deshalb interessieren, auf welchen empirischen erhebungen diese aussage gründet."

      --> Einfach googeln. Stopp der Waffenlieferung ist offizielle Parteidoktrin der Linken (etwa hier: www.die-linke.de/f...ervorlage.pdf.pdf; hier: www.die-linke.de/t...den/ukraine-krieg/ und hier:www.inforadio.de/d...aussenpoliti.html).

      In der Partei regt sich gegen diese Position keinerlei Widerstand. Es gab bereits mehrere Parteitage seit Ausbruch des Krieges, wo sich die Parteibasis hätte anderweitig positionieren können. Ist nicht passiert.

      Demzufolge ist die Parteibasis mit der Ablehnung der Waffenlieferung durch den Parteivorstand einverstanden, daher lehnen "weite Teile der Linken [= die Mehrheit der Partei] Waffenlieferungen" ab. 5 Sekunden googeln und 2,5 Minuten Deduktion und man kommt zwangsläufig zu dieser Schlussfolgerung. Schwer ist das nicht.

  • Man kann es in meinen Augen viel einfacher ausdrücken: unter klassischen Linken herrscht oftmals das unausgesprochene Motto "ein wahrer Linker tickt antiwestlich". Dazu passt nämlich auch, dass westliche Waffenlieferungen permanent kritisiert werden, während die Waffenlieferungen vom Iran und Nordkorea an Russland nicht nur nicht kritisiert sondern oftmals mit keiner Silbe erwähnt werden (der Aspekt fehlt im Artikel). Einige Linke steckeneinfach geistig noch im Kalten Krieg fest.

    • @Marcus Frank:

      Richtig. Es wird auch nie erwähnt, dass Russland Atomwaffen in Kaliningrad stationiert hat, die binnen Minuten Deutschland erreichen können. Ebenso nicht die ZAPAD-Manöver, die einen Angriff auf den Westen üben, oder die mehrfache Übung eines Atomangriffs auf die Insel Bornholm zwecks Auslöschung der Staatsspitze Dänemarks (wir alle wissen: ein furchtbar aggressiver, kapitalistischer Kriegstreiberstaat). Auch die Aussendung von Wagner-Söldnern zwecks Unterstützung diktatorischer Regimes in Afrika ist niemandem ein Wort wert. Russland und China wird stillschweigend einfach zugebilligt, sich so zu verhalten. Weil sie gegen den Westen sind und das ist irgendwie immer legitim.

    • @Marcus Frank:

      Das Teile der Linken antiwestlich sind - mir doch egal. Deshalb muss man sich aber nicht auf die Seite von Nationalisten, Imperialisten und Militaristen wie Putin schlagen.

      • @Kaboom:

        Ich denke das ist so weil diese fundamental antiwestliche Einstellung nur eine Rationalisierung von Selbstmitleid, Frust, Egoismus und Neid ist. Antiamerikanismus, Antisemitismus, Antiimperialismus, Antikapitalismus, der Übergang ist fließend. Nichts davon entsteht aus distanzierter Beobachtung des Gesamtbildes und ausgewogener Kritik. Es sind reine Emotionen.

  • Vielen Dank für diesen differenzierten Kommentar.

    Die beschriebene Argumentationsmuster dieser Linksradikalen ist so verkürzt wie simplifiziert. Letztendlich läuft immer alles auf dasselbe hinaus. Es ist eben kapitalistische Konkurrenz, die sich von Zeit zu Zeit militärisch artikuliert.

    Man kann sich dabei nicht auf die eine oder andere Seite stellen. Die Krönung ist dann die Sache mit dem "Hauptfeind im eigenen Land". Welcome back to the 1915. Und klar, will man vom Zweiten Weltkrieg nichts hören, sonst müsste man den ja auch als innerkaptitalistische Auseinandersetzung beschreiben. Und das wäre den Genossinnen und Genossen dann auch ein bisschen zu viel.

    Ich lese ja immer noch Monat für Monat die alte Tante "Konkret". In jeder gottverdammten Ausgabe werden dort die schlimmsten Kriegstreiber der Ampel entlarvt. Bis zum Erbrechen.

    Es wäre nur noch zum Lachen, wäre es nicht so bitter.