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"Die Jugend" gibt es so wenig wie "Das Volk". Die gefühlte Machtlosigkeit resultiert daraus, dass eben die Anderen etwas Anderes wollen. Für "Durchregieren" fehlen links und rechts die Mehrheiten. Befeuert wird das Gefühl durch die politischen Ränder, die "das System" dafür verantwortlich machen, dass sich ihre radikalen Positionen nicht durchsetzen, und nicht die eigene Unfähigkeit, Mehrheiten zu organisieren. Wir sind eben kein einiges Volk und deshalb geht es nur mit Kompromissen, die alle frustrieren. "Die Sache duldet keine Kompromisse" ist der Spruch der Antidemokraten. Für die Einen ist "die Sache" eben Klima, für die Anderen Migration. Davon haben wir links und rechts reichlich, inklusive mediale Megaphone.
Undankbar? Allerdings!
Die Ampelparteien haben den Jugendlichen mit der Wahl ab 16 eine große Möglichkeit der politischen Teilhabe eröffnet. Zum "Dank" wählten die Jugendlichen CDU und "afd".
Insbesondere das "politische Interresse" auf der rechten Seite ist für mich ein Ausdruck der Unreife, die natürlich auch noch Erwachsene betreffen kann.
Dass Jugendliche " mit der Gesamtsituation unzufrieden"sind, ist im Übrigen keine Neuigkeit,
sondern der ganz normale Zustand, in der Altersgruppe.
Entscheidungen fällen, insbesondere auch noch für Andere, sollten dann eher Menschen, die der
überwiegenden Hormonsteuerung entwachsen sind.
Wissen und Erfahrung möchte ich schon vorraussetzen, wenn mit Milliarden an Steuergeldern hantiert wird.
Selbst der Umgang mit dem Taschengeld will gelernt sein, wie die Verschuldung vieler Jugendlicher zeigt.
Ist klar, dass Populismus Klicks generiert,
"Kinder an die Macht"
ist aber nicht die Lösung unserer Krisen.
Hier wird ein nicht vorhandenes Problem herbeigeschrieben. Welchen Einfluss haben denn normale Erwachsene auf die Politik und die Gesellschaft? Alle 4 Jahre (Bundestag, EU-Parlament) oder 5 Jahre (Landtagswahl, Kommunalwahlen) darf man seine Stimme abgeben.
Ansonsten bleibt für alle (vom Jugendlichen bis zum Renter) die Mitarbeit in gesellschaftlichen Gruppen, von der freiwilligen Feuerwehr über Sportvereine, Kultur, sozialen Klein- (z.B. lokale Tafel) und Großverbänden (Rotes Kreuz, Malteser, Johanniter, ASB ...), Umweltschutzgruppen, Bürgerrechtsgruppen, ... und natürlich in Parteien. Vor Ort lässt sich schon was bewegen. Und wenn man die raketenhafte Beförderung von jungen Parteikadern in Landes- und Bundespolitik ansieht, sind hier junge Menschen vielleicht sogar im Vorteil.
Tja, die liegen wohl deutliche Bildungsdefizite vor. Korreliert auch mit den Pisa-Ergebnissen. Aber abgesehen davon war bei der Europawahl die Wahlbeteiligung der Erstwähler nicht gering - es besteht also noch Hoffnung.
Die Jugendlichen erkennen die Machtstrukturen und Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft, die nie anders waren, ungerecht. Da stellst sich ja such die Frage, warum die ältere Generation daran festhält. Ein Track von Publikum Enemy aus meiner Jugend heiß: Fight the Power! Ich habe den absoluten Willen zur Veränderung zwischen Lohnarbeit und Alltag verloren und gehöre zu denjenigen die meckern und alle 4 Jahre wählen. Das ist zu wenig.
Gleichzeitig sehe ich auch keine Partei die für Veränderungen der Machtstrukturen steht.
Mit Verlaub, was ist mit 17, was ist mit 50 anders? Der Wille der Politik auf das Volk zu hören ist doch offensichtlich stark eingeschränkt. Auf die Einzelpersonen wird erst recht null Rücksicht genommen.
In der guten alten Zeit gab es wenigstens noch Rücktritte oder andere Konsequenzen, wenn der Souverän als Masse erkennbar verärgert war. Heute heißt es nur "wir müssen besser erklären"... was für ein Blödsinn. Verstanden hat der Bürger schon lange, er wird nur ignoriert. Das geht den Jugendlichen nicht anders... die sind nur noch immer der Meinung, es müsse anders sein...
Warum würden Alleinerziehende unter der Einführung der Kindergrundsicherung leiden?
Ich denke, dass der weit, weit überwiegende Teil der Bevölkerung ähnlich empfindet.
Gleichzeitig ist die weit überwiegende Mehrheit latent zufrieden mit dem Verhältnissen.
Also warum etwas ändern ?
"Kinder und Jugendliche hegen keine Hoffnungen, Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungen nehmen zu können."
Das ist doch erfreulich, dass sie nicht erst 30 werden müssen, um das zu bemerken.
Keine Hoffnungen, Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungen zu nehmen, haben nicht nur Jugendliche. Wahlbeteiligungen zwischen 76,6% (Bundestagswahl '21) und 62,6% (Kommunalwahlen Thüringen '24) zeigen deutlich, das ein Viertel bis ein Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung wohl nicht an die Möglichkeit der Mitbestimmung glaubt. Und wie viele der WahlgängerInnen hoffen, Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungen zu nehmen, muss hier offen bleiben. Am Ende geben sie mit der Wahl die Kompetenz für gesellschaftliche Entscheidungen an Personen ab, die gemäß Grundgesetz 'frei' vom Willen der WählerInnen entscheiden. Wer daran etwas ändern will, muss am 'System schrauben' bzw. die Gesellschaft politisieren. Leider gibt es dafür wohl keine Mehrheiten, da diese entweder (a) immer noch glauben, sie hätten mit der Wahl etwas mitzubestimmen oder (b) das Entscheiden lieber anderen überlassen, so lange es ihnen selber noch gut geht (und ARD und ZDF Fußballspiele übertragen).
Aha. Ist das ein Umstand der verwundern muß? Eigentlich sollte die doch so aufgeklärte "Boomer" Generation ihrem Nachwuchs etwas anders erziehen wie ihre Eltern und Großeltern der Kriegsgeneration. Aber auch die haben sehr schnell vergessen wie sehr man auf junge Menschen herabgeblickt hat und haben das Gleiche mit ihren Kindern getan.
Die Bedürfnisse und Sorgen junger Menschen nicht ernst zu nehmen ist fatal. Allein schon die Tatsache wie in Deutschland von Anfang an auf Greta Thunberg eingeprügelt wurde spricht Bände. Ihre Fridays for Future Aktion hat weltweit viele Menschen geprägt und ermutigt etwas zu tun. Viele sind ihr gefolgt und die Bewegung fand auch in Deutschland Nachahmer.
Aber das Establishment war not amused. "Die Schulschwänzer" sollen gefälligst in die Schule gehen. Als dann noch die "Letzte Generation" ihren Aktivismus sekundenschnell auf Deutschlands Straßen und Startbahnen manifestiert hat, war es völlig vorbei mit dem innerdeutschen Frieden. Die Klebstoffterroristen wurden kriminalisiert und wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben.
Aufgehetzt von einem wütenden Mob aus Springerpresse und Bertelsmannsendern.
Präventivhaft war das Ergebnis.
Erster Hebel wäre, dass man in Parteien leichter etwas umsetzen kann, auch ohne Kaderschmiede-Jugendorganisations-Stallgeruch-Hintergrund. Die Parteien, die offen waren, hatten dadurch Vorteile beim Personal- und Expertisefinden, wie lange die Grünen.
Junge sind dabei tatsächlich auch zu mehr als Plakatieren und Wahlkampfstandbesetzen gut und lernen beim inhaltlichen Diskutieren innerhalb der Partei rasch mehrere Standpunkte kennen.
Ferner: dass Arme und Mittelschicht die gleichen Teilhabechancen haben wie die paar im superreichen Bereich - das geht an fast alle Parteien, leider.
Dass CO2-Verprasser insbesondere nicht mehr auf Kosten dieser und späterer Bevölkerungen aasen können, denn die Botschaft davon trübt unser Wasser doch deutlich.
Zuletzt jede Generation war mal jung. Hat sich dieses und jenes erarbeitet, diese und jene Fehler gemacht, mehrheitlich. Bleiben wir aber eine Bevölkerung dabei.
Seit Mittwoch müssen Milchverpackungen und Einwegflaschen nicht-abnehmbare Deckel haben. Das ist gut gemeint, aber leider schlecht gemacht.
Studie Jugend und Politik: Von wegen undankbares Pack
Kinder und Jugendliche hegen keine Hoffnungen, Einfluss auf gesellschaftliche Entscheidungen nehmen zu können. Daran muss sich schnell etwas ändern.
Über die Mauer kommen – das wäre schon was Foto: Gleiser/neuebildanstalt/plainpicture
Eine Wand, so glatt, dass es unmöglich scheint, an ihr hochzuklettern. Sie schluckt jedes Geräusch, kein Rufen, kein Schreien kann hindurchdringen. Immer wieder wird versucht, über sie drüberzukommen, sie zum Einsturz zu bringen, sich irgendwie auf der anderen Seite bemerkbar zu machen. Doch trotz großer Kraftanstrengung gelingt das nicht oder nur in Ansätzen; und das ist ein komisches Gefühl, ein Gefühl der Machtlosigkeit.
So oder so ähnlich empfinden offenbar zwei Drittel aller Jugendlichen in Deutschland: völlige Machtlosigkeit. In einer von der Bepanthen-Kinderförderung in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie, durchgeführt von der Universität Bielefeld, gaben 78 Prozent der befragten 12- bis 16-Jährigen an, keinen Einfluss darauf zu haben, was die Regierung macht. Rund 72 Prozent der Befragten stimmten außerdem der Aussage zu, dass sich Politiker:innen in Deutschland kaum darum kümmern, was Jugendliche denken.
Undankbares Pack! Jetzt darf man schon ab 16 wählen, die politischen Beteiligungsmöglichkeiten in Deutschland sind größer als je zuvor, trotzdem fühlen sich Jugendliche machtlos? Nun ja. Die Studienergebnisse sind vor dem Hintergrund der Jugendpolitik der vergangenen Jahre nicht überraschend. So beschränkten sich viele Politiker:innen auf lustige Promo-Aktionen, während ernsthafte Probleme von jungen Menschen stets freundlich weggelächelt wurden. Kevin Kühnert etwa, der im Europawahlkampf Döner für 3 Euro verteilte, oder Olaf Scholz, der endlich das tiefe Bedürfnis aller Jugendlichen stillte, indem er das Geheimnis um seine Aktentasche lüftete. „Jugendliche ansprechen“ war auf den Checklisten der Politiker:innen damit erst mal abgehakt.
Dabei ist die Liste der politischen Verfehlungen der letzten Jahre lang: Junge Menschen während der Coronapandemie – vergessen, Klimakrise – war da was?, sichere Rente – haha. Wer bei den Ergebnissen an wohlstandsverwahrloste Jugendliche denkt, könnte falscher nicht liegen. Denn die Studie zeigt: Besonders ungerecht wird die Welt von jungen Menschen empfunden, die aus finanziell schwachen Haushalten kommen. Gerade diese Gruppe scheint das starke Empfinden zu haben, nicht zu politischen Entscheidungsträgern durchdringen zu können.
Abgeschotteter Betrieb
Klar: Wenn die geplante Kindergrundsicherung durch ewiges politisches Gerangel nicht zustande kommt – unter der Einführung würden voraussichtlich ohnehin vor allem Alleinerziehende und Asylbewerber:innen leiden – und die Erhöhung des BAföG-Satzes weitgehend ausbleibt, muss sich niemand über das Ungerechtigkeitsgefühl in finanziell schwachen Haushalten wundern. Und auch nicht darüber, dass junge Menschen vermehrt populistische Parteien wählen.
Trotz vieler Möglichkeiten der Beteiligung, die Jugendliche in Deutschland genießen, scheiterten sie in den vergangenen Jahren immer wieder an der besagten Lärmschutzwand, die den Politikbetrieb abschottet. Statt sich nach den Protesten der Letzten Generation mit der Verzweiflung junger Menschen zu befassen, ging es im öffentlichen Diskurs fast ausschließlich um die Legitimität der Proteste, Medien und Politik diffamierten die jungen Protestierenden Hand in Hand. Der Versuch, den Protest mit einer Parteigründung ins Europaparlament zu tragen, scheiterte kläglich. Auch Fridays for Future kämpft eben damit, Jugendliche zu mobilisieren. Warum auf die Straße gehen, wenn sich ohnehin nichts ändert? Wer daran glaubt, dass die Pariser Klimaziele eingehalten werden, ist wohl ein:e hoffnungslose:r Romantiker:in. Kurz gesagt: Das Gefühl der Machtlosigkeit, das viele Jugendliche prägt, ist schlicht eine realistische Einschätzung.
Es scheint, als verstünden viele Politiker:innen Jugendliche als eine homogene Masse, gefesselt ans Handy, faul und unpolitisch. Dass diese Klischees nicht zutreffen, belegt die Studie ebenfalls. Es fällt auf, dass die befragten Jugendlichen eine ausgeprägte Vorstellung davon haben, wie eine gerechte Gesellschaft aussehen sollte. Bildungsförderung und Chancengleichheit sind den Befragten wichtig. Viele Jugendliche bemerkten jedoch, dass die Vorstellungen einer gerechten Gesellschaft kaum mit ihrer eigenen Lebensrealität übereinstimmten.
Die Bedürfnisse Jugendlicher sind vielfältig und unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen Erwachsener. Es braucht keine verrückten Aktionen, um den Bedürfnissen Jugendlicher gerecht zu werden, sondern vielmehr eine Politik, die junge Menschen nicht mehr systematisch benachteiligt.
Zufriedenheit bringt keinen Wandel
Jugendliche stellen in Deutschland eine demografische Minderheit dar, wählen darf man je nach Wahl erst ab 16 oder 18 und die über 70-Jährigen stellen die größte Gruppe der Wahlberechtigten. Was dabei gerne vergessen wird: In einigen Jahren werden genau diese Jugendlichen, die sich jetzt machtlos fühlen, die Politik prägen. Wer nicht möchte, dass AfD und Konsorten noch stärker werden, sollte jetzt anfangen, Jugendliche mitzunehmen.
Es ist gut, dass Jugendliche einen realistischen Blick auf die Dinge haben. Wenn die Befragten sich gänzlich zufrieden gezeigt hätten, gäbe es keine Möglichkeit, einen Wandel anzustoßen. Noch ist es nicht zu spät, die Mauer von der Erwachsenenseite her einzureißen und Einfluss zu nehmen, in welche Richtung das Gefühl der Machtlosigkeit umschlagen wird.
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Kommentar von
Joscha Frahm
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