piwik no script img

Ostermärsche in DeutschlandWaffenstillstand und Verhandlungen

Rund 100 Ostermärsche sind über Ostern angekündigt. Erwartet werden mal Dutzende, mal Tausende. Über die Übriggebliebenen einer Bewegung.

Der erste Ostermarsch gegen Atomwaffen auf deutschen Boden mit 300 Teilnehmern am 17. 4. 1960, hier in Hannover nach Bergen-Hohne Foto: Klaus Rose/picture alliance

Krieg gegen die Ukraine, Krieg in Gaza: Die Ostermärsche der Friedensbewegung stehen in diesem Jahr im Zeichen der Konflikte in Osteuropa und im Nahen Osten. Die Organisatoren verlangen ein Ende des Tötens, Waffenstillstand, Verhandlungen. Bundesweit sind rund 100 Demos, Kundgebungen und Mahnwachen angekündigt. Das in Bonn ansässige Netzwerk Friedenskooperative erwartet eine „rege Beteiligung“. In Wahrheit heißt das: An manchen Orten werden einige Hundert, anderswo wohl auch nur ein paar Dutzend Menschen auf die Straße gehen. Es sind die Übriggebliebenen einer Bewegung, die zu ihren besten Zeiten Hunderttausende mobilisieren konnte.

Karfreitag 1958. In London versammeln sich mehr als 10.000 Menschen zum Protest gegen das britische Atomwaffenprogramm. Ihre Demonstration dauert vier Tage und führt sie über 80 Kilometer zum „Atomic Weapons Establishment“ in der südenglischen Ortschaft Aldermaston, wo Nuklearbomben entwickelt werden. Die Bilder der Demonstration gehen um die Welt, der Aldermaston-Marsch wird zum Fanal für die internationale Ostermarschbewegung.

In der Bundesrepublik führt der erste Ostermarsch 1960 mit rund 1.500 Teilnehmern zum Truppenübungsplatz Bergen-Hohne in der Lüneburger Heide. Dort hat die Nato Raketen vom Typ Honest John stationiert. Sie sollen Atomsprengköpfe aufnehmen. Beflügelt auch von den Protesten der Studierenden, haben die Ostermarschierer in der zweiten Hälfte der 60er Jahre enormen Zulauf. 1967 beteiligen sich 150.000 Demonstrierende an Oster-Aktionen in mehr als 200 Städten, ein Jahr später sind es doppelt so viele.

Ostermarschlieder auch in die DDR geschwappt

In jenen Jahren schwappen die Ostermarschlieder auch über die Mauer und die deutsch-deutsche Grenze. Mitglieder der jungen DDR-Singebewegung verbreiten die Melodien auch in ihrem Staat – teils leicht umgedichtet und mit Kritik auch an der Rüstung des Warschauer Pakts.

In Westdeutschland zerfällt die Bewegung: Streit entzündet sich vor allem daran, dass die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und ihre „Massenorganisationen“ den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei rechtfertigen. Eine Renaissance erfahren die Ostermärsche um 1980 mit der Debatte über die Aufrüstung der Nato mit atomaren Mittelstreckenwaffen, Zehntausende versammeln sich an den geplanten Standorten für Cruise Missiles und Pershing-II-Raketen. Die Kriege in Jugoslawien und im Irak mobilisieren in den 90er und 2000er Jahren zahlreiche Menschen. Danach pendelt sich die Zahl der Ostermarschierer bei einigen Tausend ein.

In diesem Jahr sind neben den auch medial präsenten Kriegen in der Ukraine und in Gaza auch die Aufrüstung im konventionellen und nuklearen Bereich Thema. Der Ruf nach einer atomwaffenfreien Welt werde in vielen Redebeiträgen erklingen und „einen deutlichen Kontrapunkt“ zu Forderungen nach Hochrüstung und einer europäischen nuklearen Abschreckung setzen, heißt es etwa im Ostermarschaufruf des Netzwerks Friedenskooperative. Dem Verlangen, dass Deutschland wieder „kriegstüchtig“ werden müsse, müsse „entschieden entgegengetreten“ werden: „Deutschland muss sich für diplomatische Initiativen in Kriegen einsetzen und nicht Millionen für Rüstung ausgeben. Sprich: Deutschland muss ‚friedenstüchtig‘ werden!“

„Unser Ostermarsch-Aufruf wurde in diesem Jahr von mehr als 2.000 Einzelpersonen und 71 Organisationen unterzeichnet“, sagt Netzwerk-Sprecher Kristian Golla. „Die Menschen wollen, dass die Bundesregierung endlich aktiver wird, um Kriege am Verhandlungstisch zu beenden.“ Das zentrale Ostermarsch-Büro in Frankfurt am Main erteilt in seinem Aufruf der „unsäglichen Forderung, dass Deutschland kriegstüchtig werden soll“, ebenfalls eine Absage.

Zivilie Atomkraft und Fliegerhorst im Visier

„Auch die Kriegsvorbereitungsszenarien durch Atombunkerbau, Ausweitung der Kriegsforschung, Soldaten in Schulen und Einführung der Wehrpflicht werden abgelehnt“, so Sprecher Willi van Ooyen. Ob der Ukraine bis zu möglichen Verhandlungen Waffen geliefert werden sollen, bleibt in den Aufrufen allerdings ausgeklammert.

Als Erste gingen wie in den vergangenen Jahren die Ostermarschierer in Potsdam auf die Straße. Bereits am 23. März demonstrierten dort rund 200 Menschen. Die meisten Veranstaltungen finden am Osterwochenende selbst statt, darunter der traditionelle dreitägige Ostermarsch Rhein-Ruhr von Duisburg nach Dortmund sowie Ostermärsche in den meisten Hauptstädten der Bundesländer.

Örtliche Bündnisse setzen eigene Themen. Im schleswig-holsteinischen Jagel wollen Demonstranten zum Fliegerhorst der Luftwaffe ziehen, im niedersächsischen Unterlüß zur Waffenfabrik von Rheinmetall. An der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau nehmen die Ostermarschierer auch die zivile Atomkraft ins Visier.

Als Kund­ge­bungs­red­ne­r:in­nen sind vielerorts Gewerkschafts- und Kirchenleute angekündigt. Teils bieten die Organisatoren auch prominente Vertreter der Linken oder vom Bündnis Sahra Wagenknecht auf. Ansonsten zählen Russland-Freund:innen und Quer­front­le­r:in­nen, soweit ersichtlich, nicht zu den Eingeladenen. Die von Wagenknecht und Alice Schwarzer im Februar 2023 initiierte Onlinepetition „Manifest für den Frieden“ und die große Demo am 25. Februar vor dem Brandenburger Tor hatte bekanntlich Teilnehmende von ganz links bis ganz rechts vereint.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

43 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Russland muß endlich von der Nato der Verzicht der Nato-Aufnahme der Ukraine für Jahrzehnte angeboten werden, falls Russland sich zurückzieht.

    Das war und ist der Schlüssel zum Frieden.



    Putin hat seit 2008 klar gemacht, dass er keine Nato-Ukraine mit westlichen Raketen akzeptiert.

    So wie die Amerikaner keine Sowjet-Raketen auf Kuba akzeptierten.

    Wer Frieden will, sollte die Interessen aller Großmächte berücksichtigen.

    • @drafi:

      Russland muß endlich von der Nato der Verzicht der Nato-Aufnahme der Ukraine für Jahrzehnte angeboten werden, falls Russland sich zurückzieht.

      Nein niemals. Man darf Putin niemals nachgeben. Denn wer nachgibt verliert.

  • "Die Menschen"



    Wer diesen Terminus von unten gebraucht, tut es ohne Überheblichkeit. Anders die Funktionärinnen einer Regierungspartei (jeglicher, speziell der Grünlichen, und besonders speziell deren Chefin), bei ihnen klingt es überheblich. "Die Leut" wär besser und weniger abgehoben.



    Was in beiden Ffällen aber eine reine Anmaßung ist, ist das "Die". Es behauptet absolute Mehr-, ja geradezu einheitlich denkende und fühlende Gesamtheiten.



    Mit "Die" lügst du nicht, denn wenn mensch so offen die Unwahrheit sagt, ist es keine Lüge.

    Gern würd ich mit ☮️ grüßen, aber eher erinner ich mich an ne alte Seyfried-Karikatur im BLATT, Anfang 80-er: Steht einer staunend vor ner Mauer, vollgeklebt mit Wahlaufrufen der verschiedensten Grünen Grüppchen. In Erinnerung geblieben ist mir der folgende: 'Wählt Olivgrün. Für mehr Truppenübungsplätze in der freien Natur."



    Und genau das tu ich heut. Schlimm. Und notwendig.

  • Wir brauchen beides: Frieden bedenken, niemanden absolut verteufeln, zumal wenn ein Regimewechsel in der Neo-Sowjetunion auch gar nicht realistisch zu sein scheint.



    Aber wie schon in den 1980ern auch die handfeste Ansage, dass der Rest Europas nicht einfach vor den russischen Truppen kapituliert.



    Die Kombination aus beidem könnte am besten sein.

  • "Ansonsten zählen Russland-Freund:innen und Quer­front­le­r:in­nen, soweit ersichtlich, nicht zu den Eingeladenen. "

    Die aktuellen Ostermarschaufrufe schließen keine Russland-Freunde und Quer­front­le­r aus. Es gibt auch keine speziell exklusiv Eingeladene.

    Siehe z.B dennAufruf aus Bremen: nahost-forum-breme...4-WEB-montiert.pdf Das schriftlich in den Aufrufen niedergelegte Ziel der Kritik ist wie in den alten steinernen Zeiten die USA und die NATO. Kritik an Russland findet sich nicht.

    Es wird also genauso ablaufen wie bereits bei der Demo von Wagenknecht und Schwarzer.

    Neu hinzugekommen werden (siehe auch hier den Bremer Aufruf) pälästinensische Gruppen und eine einseitige Kritik an Israel.

  • Hätte mir vor 1999 jemand gesagt, dass sich Pazifisten irgendwann gegenüber Grünen Politiker*innen rechtfertigen müssen, weil sie (z.T. auch in linken Medien) für naive Spinner und Traumtänzer gehalten werden, ich hätte es nicht geglaubt.

    Ich gebe zu, auch ich hatte in jüngeren Jahren lange Zeit die Hoffnung, und den Traum, dass sich irgendwann Vernunft und Friedfertigkeit durchsetzen.

    Damals sang Hannes Wader... mit uns kämpft die Vernunft und die Zeit...!

    Im Augenblick sieht es nicht danach aus.

    Immerhin leben wir hier in Deutschland - einem der größten Waffenexporteure weltweit - noch immer im Frieden. Den Einsatz der Waffen und das Töten überlassen wir noch weitgehend anderen.

    Klar, die Welt um uns herum hat sich verändert, und die Haltung vieler Politiker*innen, Journalist*innen und Teilen der Gesellschaft auch.







    Es gibt eine regelrechte Schwemme an "Militärexperten" und "Denkfabriken" die sich mit kriegerischen Strategien befassen.



    Es gibt neue (alte) Feindbilder.



    Es heißt wir müssten wieder "Kriegstauglich" werden.

    Von Bündnistreue ist die Rede, und davon, dass "der Russe" sonst eines Tages direkt vor unserer Tür stehen könnte, wenn wir kein ausreichendes Drohpotential aufbauen.

    Die Friedensbewegung, Ostermärsche die sich für Frieden und Abrüstung einsetzen?



    Sind momentan wohl bestenfalls Randerscheinungen...... und was mache ich, als inzwischen alter Mann?

    Ich habe heute Morgen mal wieder RioReiser gehört und über meine Ratlosigkeit und meinen Rest an Hoffnung in die Kommentarspalte der Taz geschrieben.

    DER TRAUM IST AUS....ABER!



    www.youtube.com/watch?v=2iKso30v3ns

  • Das Beste an den Friedensbewegten und den Ostermarschierern war immer ihr Optimismus. Der ist höchst anerkennenswert und auch notwendig. Einmal habe ich sogar mitdemonstriert, obwohl ich eigentlich immer bei den Abschreckungsbefürwortern war. Die Frage ist aber, wer da heute noch mitdemonstriert. Die Grundlage des Denkens des geschätzten Drittels der deutschen Bevölkerung, das gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ist, hat jedenfalls viel mehr mit Ignoranz zu tun, als mit der Suche nach besseren Lösungen. Ob AFD, BSW, Linke oder Sozialdemokraten: die Forderung nach mehr "Diplomatie " ist ganz überwiegend nur eine Beschönigung blanken Des- oder Eigeninteresses. Das hat in Wirklichkeit nicht viel mit Frieden zu tun. Das Mützenichsche "Einfrieren" ist ja eben auch kein Frieden, sondern Krieg als Dauerzustand und damit genau die Situation, von vor dem Angriff und im Ergebnis die Einladung an Putin zu Konsolidierung und erneuter Eskalation.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Ich hoffe und bete inständig dafür, dass nicht in allzu naher Zukunft die in achtstelliger Zahl zu uns fliehenden Ukrainer den Satz lernen:



      »Wer hat uns verraten, ...«

      Sondern dass diese mit unseren Waffen möglichst bald die Russen zurück in ihr Land treiben, und die Verhandlungen für echten und nachhaltigen Frieden beginnen mögen.

      Persönlich ist es mir auch egal, ob das mit Diadochenkämpfen oder einem Bürgerkrieg in Russland verbunden ist, sofern die Ukraine bis dahin in der NATO ist.



      Die sog. Russische Föderation in ihrer jetzigen Ausgestaltung darf sich ruhig selbst zerlegen, denn um das letzte europäische Kolonialreich mit zentralasiatischer Ausdehnung ist es nicht wirklich schade.

  • Um die Historie etwas zu ergänzen,



    1981 und 1983 fanden die größten Friedensdemonstrationen statt.



    1981 demonstrierten 300.000 Menschen auf der Bonner Hofgartenwiese .



    1983 In verschiedenen deutschen Städten, Bonn, Hamburg, über 1,2 Mio.



    Diese Bewegung ist also mit den aktuellen Anti "afd" Demos vergleichbar. Mit dem Unterschied, dass den DemonstrantInnen für den Frieden nicht so schnell die Luft ausging.



    Dass eine Bewegung nach 40 Jahren nicht mehr ursprüngliche Stärke erreicht, mag nachvollziehbar sein, die Anti "afd" Demos versandten schon nach Wochen.



    Ich hoffe, dass, vielleicht zu den Wahlen in diesem Jahr, die Demos gegen Rechts wieder mehr Zulauf haben.



    Den Friedensaktivistinnen und Friedensaktivisten wünsche ich frohe Ostertage und das sichere Gefühl, dass das Eintreten für Frieden ☮️ immer noch das einzig sinnvolle Ziel ist.

  • In allen demokratischen Ländern darf, ja muß für Frieden demonstriert werden.



    In Russland werden sie bei der Demonstration für Frieden eingesperrt, enteignet oder getötet.

  • "Ansonsten zählen Russland-Freund:innen und Quer­front­le­r:in­nen, soweit ersichtlich, nicht zu den Eingeladenen. "

    Das ist doch offensichtlich! Die Friedensbewegung hatte traditionell nie etwas mit Verschwörungsgläubigen oder Rechten zu tun.



    Ich halte die tendenziell negative Berichterstattung in den meisten Medien für besorgniserregend.



    Man stelle sich nur Mal vor die ganze Gesellschaft würde nur aus "Falken" bestehen - ein Albtraum, wenn man sich die potentiellen Konsequenzen für die Welt vorstellt. In einer pluralistischen Gesellschaft sollten es sehr verschiedene Meinungen gegen können. Ja, man mag die Pazifisten und natürlich die "Falken" für etwas naiv halten, jedoch kann man davon ausgehen, dass die meisten eine gute Intention haben, ob mit oder ohne Waffen.



    Wie so oft ist vermutlich die goldene Mitte der richtige Ansatz (zumindestens zum jetzigen Zeitpunkt).

    • @Alexander Schulz:

      Die Hardcore DKP lädt aber mit ein, die sind genauso, aber schon läger verwirrt wie die Querdenker.

    • @Alexander Schulz:

      Wir wohnen direkt an der wöchentlichen Demoroute der Montagsdemonstranten hier in einer ostsächsischen Kleinstadt. Die Fahnen der Friedensbewegung waren hier stets präsent in der ersten Reihe jeden Montag gemeinsam mit Russlandfahnen, freien Sachsen und anderen Schwachmaten. Die Verbindung zu Rechten und Verschwörungsschwurblern ist nun wirklich nicht nur imaginiert.

    • @Alexander Schulz:

      »In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.«

      Kleiner Realitätscheck: Wie würden Sie einen seit über 25 Monaten tobenden Krieg mit Hunderttausenden Toten und Verletzten sowie Millionen Vertriebenen und Geflüchteten in Europa nennen?

  • »„Die Menschen wollen, dass die Bundesregierung endlich aktiver wird, um Kriege am Verhandlungstisch zu beenden.“ «



    Ja, ein hehres Ansinnen ist das wohl. Aber spätestens, wenn man die ganz praktische Frage stellt, wie oder wodurch diese oder jede andere Bundesregierung denn bewirken soll, das Kriege am Verhandlungstisch beendet werden, wird's entweder sehr schwammig und wenig konkret oder sehr still.



    Leider kann man Kriege nicht durch Debatten beenden, insbesondere wenn die Kriegsparteien an diesen nicht teilnehmen.



    Und leider hat Friedrich Schiller immer noch Recht, und man oder frau brauch weder fromm noch gläubig sein, um das zu verstehen.

    Auch wenn es mir nicht gefällt, die Si-vis-pacem-para-bellum-Fraktion hat durchaus einen Punkt.



    So wird daraus wohl ein Heeres-Ansinnen.

    PS: Nein die anderen Waffengattungen vergesse ich nicht.

    • @Radium:

      "Aber spätestens, wenn man die ganz praktische Frage stellt, wie oder wodurch diese oder jede andere Bundesregierung denn bewirken soll, das Kriege am Verhandlungstisch beendet werden, wird's entweder sehr schwammig und wenig konkret oder sehr still."

      Genauso schwammig oder noch schwammiger wird es jedoch, wenn die "Falken" erklären sollen wie denn konkret Russland militärisch zu einem guten und nachhaltigen Frieden gezwungen werden kann.



      Den plausibelsten Lösungsansatz bieten da wohl bisher die Moderaten.

      • @Alexander Schulz:

        Die von Ihnen hier seit Wochen konstruierte Dreiteilung zwischen Tauben, Moderaten und Falken ist offenkundig absurd.

        Wenn die Ukraine nicht mehr in der Lage ist, sich militärisch zu verteidigen, dann ist der Krieg beendet, dann hat Putin das Ziel seines Eroberungsfeldzuges erreicht. In diesem Fall erübrigen sich auch Verhandlungen.

        Den aus Ihrer Sicht wohl "plausibelsten Lösungsansatz" bietet - so ja der Grundtenor Ihrer bisherigen Kommentare - Sarah Wagenknecht und ihre Truppe. Plausibel ist an deren "Lösungsvorschlägen" allerdings rein gar nichts. Sie beruhen exakt auf denselben Selbsttäuschungen und Illusionen, die erst zu der jetzigen Situation geführt haben.







        Man kann Putin realistisch einschätzen. Man kann es wider alle bisherigen Erfahrungen natürlich auch bleiben lassen.

      • @Alexander Schulz:

        "Den plausibelsten Lösungsansatz bieten da wohl bisher die Moderaten."



        Muss mir entgangen sein. Aber vielleicht verstehen Sie unter den Moderaten auch was anderes als ich?



        Welchen Lösungsansatz halten Sie für plausibel und nichtschwammig? Nicht dass wir aneinander vorbeireden.

  • Die Themen der Friedensbewegungen sind aktueller als je zuvor, auch wenn die Friedensbewegung inzwischen sehr klein geworden ist.



    Natürlich ist es naiv anzunehmen, dass man mit einem pazifischen Lösungsansatz den Krieg in der Ukraine zufriedenstellend beenden kann.



    Trotzdem ist die vielfache Diskreditierung fehl am Platz. Der Ansatz der Friedensbewegung ist ja primär der, dass Kriege erst gar nicht entstehen dürfen.



    Und eine starke Friedensbewegung kann auch bei bereits ausgebrochenen Kriegen noch die Debatte beeinflussen. Sie kann uns zb daran, dass es naiv ist nur noch in rein militärischen Kategorien zu denken.

    • @Alexander Schulz:

      "Natürlich ist es naiv anzunehmen, dass man mit einem pazifischen Lösungsansatz den Krieg in der Ukraine zufriedenstellend beenden kann."



      Natürlich. Die Ukraine liegt nicht am Pazifik.



      Sorry, konnte ich mir nicht verkneifen. Aber: pazifistisch. Bitte.

      • @Encantado:

        Schön, dass wir Mal einer Meinung sind!;-)



        Entschuligung, da hat die Autokorrektur zugeschlagen.

  • Ich bin beeindruckt von der Standhaftigkeit der meisten Teilnehmenden.



    Ich vermisse allerdings nach wie vor eine überzeugende Antwort auf die Frage, was zu tun ist, wenn sich einer der jeweiligen Kombattanten hartnäckig weigert die Kampfhandlungen einzustellen.

    • @Encantado:

      Darauf hat die Menschheit bisher genau zwei Antworten parat: Aufgeben oder Kämpfen/Weiterkämpfen. Was sonst?

    • @Encantado:

      Vielleicht sollte in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass die Friedensbewegung durchaus eine Antwort hat, die jedoch genauso unrealistisch ist wie die der "Falken".



      Würden alle ca 40 Millionen Ukrainer sich in zivilen Ungehorsam üben wäre der Krieg zu Ende. Russland würde nicht Millionen von Gefangenen machen können oder sie töten wollen. Was würde wohl zb passieren, wenn die Ukraine die Waffen hinlegen würde und sich Millionen von Menschen vor Kiew stellen?



      Aber natürlich ist das nicht besonders realistisch, da sich nur ein Bruchteil der Ukrainer an einer solchen Aktionen beteiligen würde.

      • @Alexander Schulz:

        Da war Orwell analytisch schon weiter:

        Auch nach dem Zweiten Weltkrieg behielt Orwell eine kritische Haltung gegenüber dem Pazifismus bei. So schrieb er in einem Essay über Gandhi, dass dieser mit der britischen Labour Partei einen Gegner hatte, der aufgrund seiner liberalen Ideale gewaltfrei besiegt werden konnte. Gewaltfreier Widerstand oder Pazifismus setze daher einen Gegner voraus, der es moralisch nicht verantworten kann wehrlose Menschen zu töten.

        George Orwell: The Orwell Reader Fiction, Essays, and Reportage. Harcourt, Brace, 1956, ISBN 978-0-15-670450-2, S. 334.

      • @Alexander Schulz:

        Der alte Traum eines jeden Pazifisten. Das Volk wird es richten. Die Menschen erheben sich und stellen sich "todesmutig" und vereint dem Aggressor entgegen. Nur leider ist das Volk keine homogene Masse und naturgemäß steht dem Menschen der "Kampfmodus" näher als der "Friedensmodus". Kann fast jeder Tag für Tag im Alltag selbst beobachten.

        • @Sam Spade:

          "Nur leider ist das Volk keine homogene Masse und naturgemäß steht dem Menschen der "Kampfmodus" näher als der "Friedensmodus". Kann fast jeder Tag für Tag im Alltag selbst beobachten."

          Das ist leider so. Deswegen gibt es ja auch nur ganz selten erfolgreichem zivilen Wiederstand, obwohl die Erfolgchancen sehr hoch sind, wenn alle mitmachen.

      • @Alexander Schulz:

        "...nicht besonders realistisch, da sich nur ein Bruchteil der Ukrainer an einer solchen Aktionen beteiligen würde."



        Nicht nur deshalb. Butscha und andere Orte haben gezeigt, inwieweit solche Vorgehen funktionieren.



        "...dass die Friedensbewegung durchaus eine Antwort hat, die jedoch genauso unrealistisch ist..."



        Dann ist das auch keine überzeugende Antwort, oder?

  • Besser so, standhaft und ehrlich, als vom Ktiegsdienstverweiger zum Waffenexperten.

    • @Ernie:

      Man sollte sich allerdings schon mit Waffensystemen Beschäftigen, wenn man über deren Verwendung oder Verzicht mitentscheiden muß, wie z.b. Anton Hofreiter als Vorsitzender des EU-Ausschuss. Ihr Leben Bezahlen in den Schützengräben bezahlen die Ukrainischen Verteidiger, wenn eben nicht die Militärdepots und Nachschubwege ausgeschaltet werde. Ja, die Punktgenaue Zerstörung der Kerrtschbrücke und einiger Eisenbahnbrücken und Flughäfen mit Taurus wäre ein Schritt zu Leben und Frieden. Lieber stellt unser Bundesolaf die Milliardenhilfen heraus, als einmal den Statz zu sagen: „Ja, wir wollen die Verteidiger ermächtigen, mit Taurus die Kerrtschbrücke und die Nachschubwege des Agressors punktgenau zu zerstören. Nur so wird der Angreifer zum Verhandlungstisch kommen.“

    • @Ernie:

      Ich finde es ja ganz gut, die eigenen Positionen hin und wieder mal einem "reality check" zu unterziehen, anstatt als beinharter Ideologe mit Scheuklappen durch die Welt zu gehen.

    • @Ernie:

      In der DDR wurde der Wehrdienstverweigerer ins Gefängnis gesteckt und wer den Wehrdienst als Kriegsdienst bezeichnet hat bekam gleich noch 6 Monate Haft dazu.

      • @Tino Winkler:

        Das ist falsch. 1964 führte die DDR den Wehrersatzdienst ein. Die im Volksmund genannten "Bausoldaten" mussten bei Straßen und Verkehrsbauten mithelfen. Der Wehrersatzdienst wurde ohne Waffenausbildung durchgeführt. Es musste auch kein Fahneneit sondern ein Gelöbnis abgelegt werden.

        Ein anderes Thema sind die Schikanen, die von Staatsseite damit einhergingen. So wurde politisch Andersdenkenden oftmals die Teilnahme am Wehrersatzdienst verweigert.

        Totalverweigerern drohte eine Gefängnisstrafe, wie übrigens in der BRD auch.

    • @Ernie:

      standhaft - vielleicht nicht das richtige Wort für diesen rituellen Pazifismus. Welche Üerspektive bringt denn die Kapitulation?

    • @Ernie:

      Ja und Nein. Ich erwarte von den Ostermarschierern jedoch auch ein klares, glaubhaftes Statement nicht bloß gegen den Krieg im allgemeinen, sondern auch gegen deren Verursacher - und das nicht nur einseitig. Eine Absage an Gewalt- und Willkürherrschaft und an kriegsverherrlichende, nationalistische Ideologien - und in diesem Zusammenhang muss der Name Putin an erster Stelle genannt werden und die Bejahung der (auch militärischen) Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression. Da möchte ich keine Relativierungen nach dem Motto “Aber die NATO hat …” hören.



      Sonst ist es keine Friedensbewegung. Ob die Protagonisten das wohl hinkriegen?

      • @Abdurchdiemitte:

        Die Friedensbewegung richtet sich gegen die kriegerischen Auseinandersetzung und den Einsatz von Waffen. Damit werden die Konflikte angesprochen, sowohl im Osten als auch beispielsweise im Nahost. Wobei das gößte Leid derzeit leider im Nahost stattfindet. Und selbstverständlich wird weder der eine hochgejubelt und der andere bleibt auch nicht unerwähnt. Aber es wäre geradezu töricht von einer Friedenbewegung zu erwarten, dass sie plötzlich den Einsatz von Waffen, nochmals Waffen und immer mehr Waffen fordern wird. Die Friedenbewegung ist nämlich weder schwarz, noch rot und vor allem nicht grün und gelb schon mal überhaupt nicht,

        • @Ernie:

          Ich war ja damals, Anfang der Achtzigerjahre selbst mit dabei … was seinerzeit im Vordergrund stand war die Angst vor einem atomaren Overkill, der die Erde unbewohnbar machen könnte, die nuklearen Erstschlagsfantasien einer Reagan-Administration, die durch den NATO-Doppelschluss - aus unserer Sicht als Friedensbewegte - noch zusätzlich angeheizt wurden. Im europäischen Ausland - etwa bei meinen französischen Freunden - wurden diese Befürchtungen weit weniger dramatisch gesehen und in der Regel mit dem Begriff “German Angst” kontextualisiert.



          Und natürlich haben wir uns überwiegend als eine pazifistische Bewegung verstanden, die sich die Durchbrechung des Rüstungswahnsinns auf beiden Seiten des “Eisernen Vorhangs” auf die Fahnen geschrieben hatte. Insofern war die Empörung natürlich zurecht groß, von anderer Seite - mit dem lächerlichen Hinweis auf die DKP-Beteiligung an den Ostermärschen - als “5. Kolonne Moskaus” diffamiert zu werden.



          Zugegeben, seitdem war ich lange nicht mehr auf einer Friedensdemo … man wird älter, privatisiert, entpolitisiert sich.😉



          @Sarru-Kinu schildert in einem Post weiter oben - am Beispiel seiner ostsächsischen Kleinstadt -, wie stark sich diese “Friedensbewegung” verändert hat, welche fragwürdigen Kräfte dort inzwischen den Ton angeben … mag ja sein, dass Montagsdemonstrationen eine gänzlich andere Veranstaltung mit gänzlich anderem Publikum sind als die Ostermärsche.



          Um das herauszufinden - und weil ich von Natur aus neugierig bin - werde ich mich in diesem Jahr mal wieder unter die Ostermarschierer in meiner westdeutschen Großstadt mischen. Ich kann dann anschließend ja mal Bericht erstatten.

      • @Abdurchdiemitte:

        Putin sollte natürlich im Vordergrund stehen! Jedoch sollte die NATO bzw einige ihr Mitglieder natürlich auch erwähnt werden. Alles andere wäre nicht besonders konsequent - wir haben ziemlich viel Blut an unseren eigenen Händen kleben, auch wenn die Intentionen natürlich gut waren.



        Und nein die Friedensbewegung muss nicht für eine militärische Unterstützung eintreten (was wäre das für ein Pazifismus?) - es gibt ja durchaus einen Ansatz, auch wenn der nicht besonders erfolgversprechend ist, nämlich ziviler Ungehorsam. Funktionieren würde das jedoch nur, wenn alle sich daran beteiligen und das ist natürlich unrealistisch. Aber müssen die "Falken" für ihre unrealistischem Ansätze eine ähnliche harte Kritik einstecken?

        • @Alexander Schulz:

          "Putin sollte natürlich im Vordergrund stehen! Jedoch sollte die NATO bzw einige ihr Mitglieder natürlich auch erwähnt werden."

          Das ist exakt die Art von Relativierung, von der @AbdurchdieMitte explizit gesagt hat, dass er sie nicht mehr hören möchte. Aber selbstredend steht es Ihnen völlig frei, die abgenudelte AfD/BSW-Platte, wonach die Nato irgendwie auch schuld am russischen Überfall sei, hier zum xten Mal neu aufzulegen.

        • @Alexander Schulz:

          Den stärksten Einwand gegen “zivilen Widerstand” gegenüber einem militärischen Aggressor haben Sie ja selbst formuliert - es funktioniert nur in einem Kontext, in dem der Gegner ebenso bereit ist, zu zivilen Mitteln der Auseinandersetzung zurückzukehren bzw. eine (historische, politische) Situation gegeben ist, in der er beispielsweise durch moralischen, öffentlichen Druck dazu gezwungen werden kann. Das war in Indien vor der Unabhängigkeit in der Konfrontation mit Großbritannien der Fall (Gandhi), ebenso in den 60er Jahren in der Zeit Bürgerrechtsbewegung in den USA (M.L. King) - dort konnten Methoden des zivilen Ungehorsams zum Tragen kommen, weil es sich nicht um militärische Auseinandersetzungen bzw. Kriege zwischen Staaten handelte.



          Aber schon in Südafrika - zu Zeiten des Apartheid-Systems - scheiterte der unbewaffnete, zivile Widerstand an der Brutalität des Regimes - friedlich demonstrierenden Schulkindern wurde von der Polizei kaltblütig in den Rücken geschossen (Massaker von Soweto 1976).



          Vielleicht können Sie da ein wenig Verständnis dafür aufbringen, wenn einige Foristen - in dem Fall auch ich - Grässlins Forderung, die Menschen in der Ukraine mögen sich weissbekleidet den russischen Panzern entgegenstellen, nur als weltfremd, menschenverachtend und zynisch betrachten?



          Ich selbst war im Herbst 2022 - erst wenige Monate nach Ausbruch des Ukrainekrieges - in einer Vortragsveranstaltung meiner Kirchengemeinde mit Andreas Zumach - in der anschließenden Diskussion wurden den Ukrainern allen Ernstes die Anwendung von Konzepten des zivilen Ungehorsams vorgeschlagen - und das, obwohl die Gräueltaten von Butscha da längst bekannt waren.



          Als “ergänzende” Strategie der Zivilbevölkerung z.B. in den von Russland besetzten Gebieten mag ziviler Widerstand sinnvoll sein, ist dort aber mit extrem hohen Risiken verbunden. Vom sicheren Sofa der Friedensfreunde lässt sich immer leicht reden - von dem der bellizistischen Fähnchenstecker an der Landkarte freilich auch.

        • @Alexander Schulz:

          Meine, das es im Zuge des zweiten Weltkrieg u.a. in den USA Pazifisten gab, die in der Army waren, dort aber nicht zwingend Waffen angefasst haben. Sanitäter halt, und ein Teil hat trotzdem die Pistole mitgenommen und nie benutzt. Finde nur leider die Quelle nicht wieder. Aber solche Menschen, die vorher eine ernsthafte Analyse hingelegt haben, nötigen mir mehr Respekt ab als Dogmatiker die schon auf selbige Verzichten.

          • @serious?:

            Desmond Doss trug keine Waffen aufgrund religiöser Vorbehalte und erhielt die Medal of Honor weil er alleine loszog und verwundete vom Schlachtfeld rettete. Hat 75 Mann auf Okinawa gerettet. Das waren jedoch alles nicht Pazifisten im politischen Sinne da sie den Krieg der USA ja nicht ablehnten sondern nur selber nicht töten wollten/konnten.