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Dubioser Support für Till LindemannDie Sophia-Strategie

Was treibt Sophia Thomalla an, Rammstein-Sänger Till Lindemann zu verteidigen? Es muss die Idee sein, Antifeminismus sei karrierefördernd.

Steht nicht so auf Feminismus: Sophia Thomalla, hier 2022 in Florida Foto: picture alliance/dpa/SMG via ZUMA Press Wire | Smg

Wieso springt Sophia Thomalla für diesen Haufen Elend von einem Mann in die Bresche?“, fragt die Freundin und schmeißt eine Scheibe Ananas auf den Grill.

„Wie kann man überhaupt mit so einem Berg Scheiße zusammen sein?“, fragt die andere und zieht den Korken aus dem Pinot Noir.

„Würd’ auch sagen, das ist nicht Liebe, eher romantisierter Fetischismus!“

„Oder bindungsorienterter Masochismus.“

„Feminismus auf jeden Fall nicht.“

„Kann man feministisch lieben?“

„Nee, Liebe ist zu hormonell verseucht, und doch kann man sich feministisch oder Minimum unsexistisch verhalten.“

„Thomalla brüstet sich schon immer gern mit Feminismus-Bashing, schätze, der Karriere wegen.“

„Giulia Siegel und Franca Lehfeldt auch!“

„Und noch so einige.“

„Wer schön sein will, muss leiden, so wahr.“

„Vielleicht meinen die, es sei sexy, antifeministisch zu sein.“

„Sexysein ist so überbewertet, das kann KI mir gerne abnehmen!“

„Kommt von dem altbackenen Stuss, Feministinnen wären Feministinnen, weil frustriert, weil ungefickt.“

Glaub, Sophia und Co haben einfach gepeilt, Geld regiert die Welt

„Ficken ist auch total überbewertet!“

„So oder so, der Quatsch würd’ umgekehrt bedeuten: Antifeministinnen sind besonders begehrenswert!“

„Deshalb die ganze Asbach-uralt-Show: Wer sich unfeministisch darstellt, gilt automatisch als hot as hell!“

„Glaub, Sophia und Co haben einfach gepeilt, Geld regiert die Welt, und üble Männer haben eben immer noch das allermeiste davon. Die Sophias wollen oben mitspielen, also sind sie gefällig sexy und labern dummes Zeug, das, was Testosteron-Monstermänner eben besonders wertschätzen.“

„Also alles Pragmatismus?!“

„Ja, schlicht und bequem.“

„Aber dieses ganze Mannding ist nun einer zeitgenössischen Metamorphose unterworfen, es wird immer weniger normal lustig, ein Arschloch zu sein, und es wird irgendwann auch nix liebevoll Ironisches mehr darüber geben, wie das Schweinelied von den Ärzten.“

„Oder ‚Männer‘ von Grönemeyer, das war ja auch so ’ne Verkultung emotionaler Verkapselung.“

„Til Schweigers alkoholgeschwängertes Herrschaftsgebaren wurde nur so lang hingenommen, weil Männer eben so sind, wie sie nun mal sind!“

„Genau, wie dieses Grauen von einem Lied von Tammy Wynette: ‚Stand by Your Man!‘“

„Exakt, egal, was für ’ne Nummer ein Typ abzieht: ‚Cause after all he is just a man‘ …“

„Trallalala.“

„Ich will mich auch brachial danebenbenehmen und dann ist es okay, weil, ich bin eben ständig auf Drogen und entgleist, weil Frau halt, muss sich austoben, braucht Raum für ihre ­Aggros.“

„Was wird Frauen nachgesehen?“

Weinen!“

„Deshalb immer schnell anfangen zu weinen, wenn was ist!“

„Weinen für die Weltherrschaft!“

„Meint ihr, Sophia Thomalla weint manchmal?“

„Vielleicht nur das eine Mal, als mit Till Schluss war!“

„Aber er hat sie dann bestimmt ganz warmherzig getröstet!“

„Ja, sie betonte doch, er beschütze die Frauen!“

„Wer sind überhaupt die Frauen?“

„Ich nicht.“

„Sie hat sich dann noch Tills Fresse auf den Arm tätowieren lassen.“

„Damit er sie für immer beschützt.“

„Und wer beschützt uns vor den Sophias?“

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Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
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18 Kommentare

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  • Wäre es auch einfach denkbar, dass die persönliche Erfahrung von Frau Thomalla eine andere war, als die der Konzertbesucherinnen? Ich möchte dabei nicht mal ausschließen, dass sie durch ihre eigene Reichweite besser geschützt ist. Es soll ja Menschen und somit auch Männer geben, die zwei Gesichter haben.

  • S. T. verkörpert ein Klischee, sie kann nicht anders. Das muss man ihr nachsehen.

  • Solidarität unter Prominenten. "Den kenn ich, der kann nicht so schlimm sein."

    • @moonwatcher:

      Die hatten mal was miteinander. Daher weht der Wind.

  • Bitter, dass in der taz ein Mensch als "ein Berg Scheiße“ bezeichnet wird.

  • Den Grönemeyer-Song habe ich nie als Verherrlichung überkommener Männlichkeitsideale verstanden. Aber ich werde jetzt nicht in die Falle tappen und öffentlich mansplainen, warum das Gegenteil zutrifft.

  • @MÜLLER CHRISTIAN

    Erstens: verbrannt wird hier kein Mensch. Zweitens: die Unschuldsvermutung ist für die Gerichte da.

    Aber am allerwichtigsten, drittens: bei #metoo geht es darum, die Vereinzelnung der Opfer aufzuheben: "ja, mir ist es auch so ergangen" [1], mitnichten darum, jemanden zu "verbrennen".

    Diese Vereinzelnung (und Selbstbezichtigung -- von "stell dich nich so an" bis hin zu "hätt' ich doch ein BH getragen") ist leider eben gesellschaftlich tief verankert und das übelste Machtinstrument gegen diese Opfer, meist eben Frauen.

    Klar, dass das Nebenwirkungen hat. Nicht schön.

    Klar, dass jemand das gelegentlich misbraucht.

    Alles kein Grund, zu schweigen. Bis sich endlich etwas ändert.

    [1] So viel Englischverständnis hätte ich bei Ihnen allerdings vermutet.

    • @tomás zerolo:

      "Zweitens: die Unschuldsvermutung ist für die Gerichte da."



      Sorry, das ist Quatsch. Natürlich darf jeder eine Meinung zu dem Thema haben, so gut oder schlecht begründet sie auch sein mag. Aber in einem öffentlichen Medium *muss* ebenfalls die Unschuldsvermutung gültig bleiben.



      Wäre sie das, gäbe es etliche der Probleme im Umfeld von metoo nicht.

    • @tomás zerolo:

      Da schließe ich mich an.

      Dank #metoo konnte Typen wie Weinstein, Spacey oder Bill Cosby das Handwerk gelegt werden.

      Die Bewegung ist natürlich keine juristische Instanz, hat aber in diesen und anderen Fällen dazu geführt, dass die Justiz aktiv wurde.

      • @Jim Hawkins:

        Das wäre sie auch ohne me2 geworden - nur ohne viel Getrommel drumherum.

  • "schmeißt eine Scheibe Ananas auf den Grill."

    lol, sagt eigentlich alles.

  • Ach , Thomalla ist gar nicht die russische Managerin .....

  • Lindemann kann schuldig oder unschuldig sein, mir (genau wie der Autorin) Liegen zu wenig Informationen vor um es abschließend beurteilen zu können. Was mir aber auffällt dass es anscheinend in Mode und legitim ist die Hexe schon vor der Gerichtsverhandlung zu verbrennen.



    Und nicht falsch verstehen, ich habe auch die Vermutung das an den Vorwürfen etwas dran ist, krass finde ich aber dass von einigen das Urteil vor der Beweisaufnahme gesprochen wurde. Das gruselt mich.

    • @Müller Christian:

      Ich stimme hier voll zu.

      Es ist sehr zu begrüßen, wenn Menschen den Mut haben, Ihnen entstandenes Leid und Unrecht öffentlich zu machen und Anklage zu erheben.

      Aber wer sind wir denn - die Unbeteiligten - über den Beschuldigten zu urteilen?



      Was wissen wir denn genau?

      Unrecht muss gesühnt werden.



      Ungerechte Strukturen müssen aufgebrochen werden.

      Sich selbst dabei als Gute(r) zu fühlen und mal Dampf abzulassen ist zwar ein schönes Gefühl, hilft aber kein bischen in der Sache.

      Medien sollen sicher über schlimme Vorfälle berichten.



      Sie haben aber auch die Verantwortung dafür, dabei mit Maß umzugehen. Um eine Vorverurteilung zu vermeiden.



      Um die Würde auch des beschuldigten Menschen nicht zu verletzen.



      Und auch, so lange es noch keine gesicherten Beweise gibt, um abweichende Sichtweisen kritisch zu würdigen.

      Sonst ist man schnell genau dort, wo @NeverAgain die Hexenprozesse sieht: es geht womöglich nur um Schuld(zusprechung), nicht aber um Wahrheit und Veränderung.

    • @Müller Christian:

      Es werden überhaupt keine Urteile gesprochen (außer eben vom Gericht), aber den Opfern eher als den Täter*innen zu glauben, ist halt eine solidarische und außerdem evidenz-basierte Haltung.

      Der Vergleich mit der Hexenverbrennung ist (wahrscheinlich unfreiwillig) ironisch, weil das aus einer krass misogynen Zeit kommt und weil die Gerichtsprozesse damals ja nicht dazu da waren, um Wahrheit, sondern Schuld zu finden.

      • @Never Again:

        Spätestens seit Kachelmann wäre ich mit Vorverurteilungen vorsichtig. Oder spätestens seit Gil Ofarim. Nur umgekehrt. Die Welt ist grau, nicht schwarz-weiß.

    • @Müller Christian:

      Krass finde ich, dass wenn berühmte Männer des Machtmissbrauchs oder sexueller Übergriffe an Frauen beschuldigt werden, sich Geschlechtsgenossen scharenweise genötigt fühlen, diesen zu Hilfe zu eilen. Es wird mit Begriffen aus der Justiz auf Medienberichte gezielt, die Unwahrheit gewittert. Es werden Hexenjagden und Vorverurteilungen angeprangert.



      Die in diesem Fall erschienen Recherchen tun aber nichts dergleichen oder gilt, wenn es um Machtmissbrauch oder sexuelle Übergriffe durch Männer geht, nur schon die Erwähnung des Verdachts als Vorverurteilung, Urteil, Hexenjagd? Darf man erst berichten, wenn ein Mann angeklagt oder verurteilt ist? Und wenn die Vorgänge nicht justiziabel waren, erfährt kein Mensch je davon?

      • @ecox lucius:

        Wovon sollte BLÖD dann leben?