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Konzern-Bündnis für KlimaschutzKlimaclub für Versicherer zerfällt

Mehrere Schwergewichte der Branche ziehen sich aus einem Bündnis für mehr Klimaschutz zurück. Konservative US-Bundesstaaten hatten Druck gemacht.

Steigt auch aus: die Allianz Foto: Arnulf Hettrich/Imago

Berlin taz | Ein Bündnis für Klimaschutz in der Versicherungswirtschaft hat mehrere große Mitglieder verloren. Es geht um die sogenannte Net-Zero Insurance Alliance. Nach dem weltweit größten Rückversicherer Munich Re, der schon im März ging, hatten Zurich Insurance, Hannover Re und Swiss Re die Initiative verlassen. Jetzt haben auch Allianz, Scor und Lloyd of London ihren Rückzug angekündigt.

Die Net-Zero Insurance Alliance ist noch nicht mal zwei Jahre alt. Die beteiligten (Rück-)Versicherer haben sich dazu verpflichtet, ihr Versicherungsportfolio bis 2050 klimaneutral zu machen. So will das Bündnis dazu beitragen, dass die Erderhitzung in diesem Jahrhundert die 1,5 Grad nicht knackt.

„Seit Generationen ist die Versicherungswirtschaft Frühwarnsystem und Risikoverwaltung unserer Gesellschaft, indem sie Risiken versteht, reduziert, bepreist und trägt“, hatte Inger Andersen, die Chefin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, anlässlich der Gründung gesagt.

Von Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen gab es damals Lob, teils aber auch Zurückhaltung. Schließlich wollen etwa die Europäische Union, die USA und Kanada bis 2050 klimaneutral sein. Das ist angesichts des 1,5-Grad-Ziels laut dem Weltklimarat, einem wichtigen klimawissenschaftlichen Gremium, auch dringend nötig.

Ist ein Klima-Club ein Kartell?

Die Ziele der Net Zero Insurance Alliance sind also nicht unbedingt ambitionierter als das, was auf großen Märkten ohnehin gilt – zumindest in der Theorie. In der Praxis sind die EU, USA und Kanada noch lange nicht auf dem richtigen Kurs.

Hintergrund der Austrittswelle dürfte der politische Druck aus den USA sein. Im Mai hatten konservative Ge­ne­ral­staats­an­wäl­t:in­nen aus 23 US-Bundesstaaten einen Brief geschrieben, in dem sie an der Rechtmäßigkeit des Bündnisses zweifelten.

Der Vorwurf: es handle sich um eine „aktivistische Klima­-Agenda“ der Versicherungen. Deren Pläne würden die Versicherungskosten hochtreiben und damit auch die Preise für andere Produkte wie Gas. Im Juni soll sich die Net-Zero Insurance Alliance zu den Vorwürfen verhalten.

„Die Möglichkeiten, im kollektiven Schulterschluss der Versicherungsindustrie weltweit Dekarbonisierungsziele zu verfolgen, ohne materielle Kartellrechtsrisiken einzugehen, sind nach unserer Einschätzung so begrenzt, dass es wirksamer ist, unsere Klimaambition zur Reduktion der globalen Erderwärmung selbstständig als Unternehmen weiterzuverfolgen“, sagte Joachim Wenning, Chef der Munich Re, zu dem Austritt.

Die Klimakrise betrifft die Branche massiv – schließlich entstehen durch häufigeres und intensiveres Extremwetter mehr Schäden. Die Munich Re legt jährlich globale Daten dazu vor. Im vergangenen Jahr lagen die Gesamtkosten für Schäden nach Naturkatastrophen bei 270 Milliarden US-Dollar.

Die teuerste Katastrophe war 2022 der Hurrikan „Ian“, der vor allem im US-Bundesstaat Florida für Zerstörung sorgte. Die Kosten belaufen sich auf etwa 100 Milliarden US-Dollar. Am zweitteuersten waren die Überschwemmungen in Pakistan, die zeitweise ein Drittel des Landes unter Wasser setzten und Kosten von 15 Milliarden US-Dollar verursachten.

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11 Kommentare

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  • Die Versicherer wissen sehr viel über die Welt. Sie sammeln Daten seit langer Zeit. Vielleicht haben sie festgestellt oder ausgerechnet, dass es sich nicht lohnt, weil die Menschen es nicht in den Griff kriegen können?

  • ... und die Rückversicherer haben sich nicht mal festgeklebt. Wie war das nochmal: der Markt regelt alles von alleine? Ja klar - wenn da richtig Kohle (im doppelten Wortsinn) hintersteckt, dann sicher. Demokratie reicht da nicht aus.

  • Wahrscheinlich kann man ohne Bündnis mehr verdienen.

  • Zu " Versicherer sind die Achillesferse der fossilen Energiewirtschaft":



    /



    www.urgewald.org/m...er-oel-gasausstieg



    /



    Hängt wieder alles mit allem zusammen, auch mit aktuelleren politischen Verwerfungen und teils volatilen Märkten in der Entwicklung unter globalen Auswirkungen u.a. von Kriegen und Preisen. Cui bono? Die Schlüsselfrage.

  • Die Katze ist aus dem Sack: eine groß angelegte Kampagne gegen jeden Klimaschutz international, mit Frank Scheffler, Koch-Industries, BILD und dem KKR Anlegerfonds.



    Wie seit 1989 gegen das IPCC eine Gegenoffensive von ExxonMobil und den Fossilokraten.



    Erdöl- und Erdgas-Verbrauch stützt sich auf Terrorregimes Iran und Saudi-Arabien. und Putin, Fracking, in aller Welt.

    • @Land of plenty:

      Bitte immer darauf achten : Tiere, hier : Katzen, haben bestimmt nix damit zu tun. Schuldig sind ausschließlich wir Menschen. Ich weiß, daß Sie es nicht so gemeint haben. Trotzdem. So fair sollte man schon sein.



      Ich meine, so langsam muß man es verstehen, einer insgesamt scheußlichen Art anzugehören. Die paar Ausnahmen rechtfertigen kein besseres Urteil.



      Das Corona war schon eine vernünftige Sache - nur zu harmlos, noch etwas zu retten.



      Eine Art, die zur Hortung von Metallstückchen, Papierchen und Glitzersteinchen das Leben des Planeten systematisch ausrottet, müßte - wenn es wirklich eine Gerechtigkeit gäbe, von der all diese Religionen (auch so ein beklopptes Menschending) erzählen - schleunigst abtreten. Perverse Angewohnheiten haben sie außerdem - das (auch gegenseitige) Killen mit Waffen und beräderten Blechbüxen, das Quälen und Abschlachten von Tieren und, und, und.

      • @Zebulon:

        Die Menschen sind auch teil der Natur, von dieser Erde erschaffen.

      • @Zebulon:

        Im Gegenteil: das Großhirn wird viel zu wenig genutzt. Es gibt überall die Möglichkeit rational zu entscheiden und zu handeln.



        Für Zivilisationspessimismus gibt es keinen Grund. Eine dezentrale Energieversorgung ist überall möglich.



        Die kapitalistische Standortverteidigung ist das PRoblem.



        Nicht die Menschheit, sondern die industrieerzeugte Erderhitzung bildet den objektiven Grund die längst vorhandenen egalitären Gestaltungsideen umzusetzen.

        • @Land of plenty:

          Eine viel zu optimistische Sicht auf den Menschen. Korrumpierbare Trottel, größtenteils. Auch daher die Erfolge des Kapitalismus.



          Daß es die theoretische Möglichkeit gibt, rational zu entscheiden, will ich nicht bestreiten, nur in der alltäglichen Praxis ? Schauen Sie sich doch Ihre Mitbürger an, was die so tun ! Mit ihrem Flugurlaubs- und Autofetisch ist sehr wohl jede/r Einzelne schuldig.



          Es ist ja nicht so, als ob man es nicht wissen könnte, was uns, bzw. das Leben auf dem Planeten gerade in das Verderben reißt. Eine "Versachlichung" der Thematik bedeutet meiner Meinung nach nur einen Versuch der Ablenkung: Rechnen wir eben noch 20 Jahre herum, stellen supertolle Theorien auf, hoffen auf geile technische Innovationen á la FDP - das können Sie getrost alles vergessen. Wenn wir alle - und jede/r Einzelne - nicht aufhören, so zu leben, wie wir es jetzt noch tun, brauchen wir eigentlich nicht weiter über die Sache zu reden. Dann ist es eben so. Wir sind schuldig.

  • "Seit Generationen ist die Versicherungswirtschaft..."

    Blah, blah, blah.

    • @tomás zerolo:

      Den Inhalt dieses Zitats halte ich gar nicht für so blahblahig.

      Eher schon „Die Möglichkeiten, im kollektiven Schulterschluss der Versicherungsindustrie weltweit... "