Klimaschutz in der Versicherungsbranche: Geschäft wird nachhaltiger
Die deutschen Versicherer wollen Unternehmen beim Klimaschutz begleiten. Eine Pflichtpolice gegen Überflutung lehnen sie weiter ab.
Berlin taz | Klimaschutz spielt bei der Versicherung von Unternehmen eine immer größere Rolle. Bei mehr als einem Drittel des abgeschlossenen Geschäfts achten die deutschen Versicherungsgesellschaften auf ökologische und soziale Aspekte, die sogenannten ESG-Kriterien. „Der Anteil kann bis 2025 auf über 60 Prozent steigen, wenn die Versicherer bereits bestehende Planungen in die Tat umsetzen“, sagte Wolfgang Weiler, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), vor Journalist:innen in Berlin.
Für Unternehmen ist Versicherungsschutz eine zentrale Frage, oft hängt die Finanzierung daran. Strikte Auflagen des Versicherers oder die Verweigerung von Policen können ein wichtiger Hebel sein, um sie zu mehr Klimaschutz zu bewegen. Aktivist:innen verfolgen die Geschäftspolitik der Assekuranz deshalb sehr genau. Unternehmen den Versicherungsschutz einfach abzuschneiden sei keine Lösung, sagte GDV-Präsidiumsmitglied Norbert Rollinger. „Wir versuchen, eher partnerschaftlich unsere Kunden zu begleiten“, sagte Rollinger.
Bei der Versicherung von Gebäuden reagiert die Branche auf Rufe nach einer Pflichtversicherung, die nach dem Sturmtief „Bernd“ im vergangenen Sommer laut geworden sind. Die Versicherungswirtschaft lehnt eine Pflichtversicherung ab. Herkömmliche Gebäudepolicen enthalten keinen Schutz vor finanziellen Schäden durch sogenannte Elementarschäden wie Überflutung oder Starkregen. Nach Angaben des GDV hat nur etwa jedes zweite Gebäude in Deutschland den erforderlichen Zusatzschutz. Ereignisse wie „Bernd“ werden allerdings aufgrund der Klimakrise zunehmen.
Die Branche will bestehende Gebäudeversicherungen um einen Elementarschutz erweitern. Dazu soll der Gesetzgeber einen Stichtag festlegen, an dem das geschieht. Kund:innen sollen eine individuelle Risikoprämie zahlen. Nach Angaben des GDV liegt der Preis dafür bei 90 Prozent der Kund:innen bei rund 100 Euro im Jahr. Wer den Zusatzschutz nicht will, soll ihn ablehnen können. Die Justizminister der Länder prüfen den Vorschlag derzeit. „Ich kann mir vorstellen, dass in diesem Jahr noch wichtige Weichenstellungen erfolgen“, sagte Weiler.
Leser*innenkommentare
CarlaPhilippa
Ohne Versicherungspflicht wird das nicht funktionieren. Der Knackpunkt sind nämlich die 10%, die deutlich mehr als 100,- pro Jahr zahlen sollen. Das werden genau die sein, die den Schutz wirklich brauchen würden, und die will man als Versicherungsunternehmen natürlich außen vor lassen. Der ideale Kunde hat viel Angst und kein relevantes Risiko.
47202 (Profil gelöscht)
Gast
"Eine Pflichtpolice gegen Überflutung lehnen sie weiter ab."
Das ist durchaus verständlich angesichts der Schäden, die allein im Ahrtal angerichtet wurden.
Meist handelt es sich ja um ältere, historische Gebäude. Da hilft nur ein intelligentes Vorgehen gegen künftige Flutkatastrophen.
Mit Sirenen könnte man zumindest Menschenleben retten. Das Haus ist unter Umständen trotzdem weg.
Also muss man Vorkehrungen treffen, den Fluß umzuleiten. Wenn kein Platz dafür vorhanden ist, dann halt durch Tunnelbau etc. Aber wer bezahlt das?
Überflutungsflächen sind auch nicht verkehrt. ALLES BEKANNT.
An den Schaltstellen dürfen halt keine Armleuchter sitzen.