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Explosionen am Schwarzen MeerDie Krim als Kriegsziel

Der ukrainische Präsident Selenski will die Halbinsel Krim zurückerobern. Ob seine Armee etwas mit dortigen Explosionen zu tun hat, ist unklar.

Explosion auf dem russischen Militärflughafen auf der Krim am Dienstag Foto: SNA/imago

Ein Toter und 13 Verletzte: Dies ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums der Krim die vorläufige Bilanz mehrerer Explosionen, die am Dienstag die Halbinsel im Schwarzen Meer erschüttert haben. Nach wie vor unklar ist jedoch die Ursache für den Vorfall, der sich auf dem Gelände des russischen Militärflughafens Saki unweit des Ortes Nowofedoriwka ereignete. Dabei sollen laut der ukrainischen Luftwaffe auch neun russische Kampfflugzeuge zerstört worden sein.

Dem russischem Verteidigungsministerium zufolge habe es sich bei den Explosionen um die Detonation von Munition im Lager gehandelt: „Es gab keine Feuereinwirkung auf den Munitionslagerbereich auf dem Flugplatz“, hieß es. Demgegenüber hielten Spekulationen an, wonach das Geschehen Folge eines ukrainischen Angriffs gewesen sein könnte. Das berichtete auch die New York Times unter Berufung auf eine nicht näher genannte ukrainische Quelle. Danach habe es sich um eine Waffe ausschließlich ukrai­nischer Bauart gehandelt, an dem Angriff seien möglicherweise Partisanen beteiligt gewesen.

Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski äußerte sich am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache zu der seit 2014 von Russland besetzten Krim und erklärte deren Rückeroberung zu einem Kriegsziel. „Dieser russische Krieg gegen die Ukraine und das gesamte freie Europa hat mit der Krim begonnen und muss mit der Krim enden – mit ihrer Befreiung“, sagte er.

Auf der ukrainischen Webseite focus.ua heißt es unter der Überschrift „Die Krim als Grab Putins. Was im Kreml nach dem Schlag auf die Krim vorgeht: Der erfolgreiche Angriff auf die russische Basis ist für die Ukraine mehr von politischem als von militärischem Nutzen. So soll es sein, weil es leichter ist, den Krieg mit politischen Methoden als mit militärischer Stärke zu stoppen.“

Austritte bei Amnesty International

Unterdessen hat der „Skandal“ um den jüngsten Uk­rai­ne-Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) weitere Kreise gezogen. So gab einer der Mitbegründer der schwedischen Sektion, Per Wästberg, seinen Austritt bekannt. „Wegen der Äußerungen über den Krieg in der Ukraine beende ich schweren Herzens meine lange und fruchtbare Zusammenarbeit mit Amnesty“, sagte er der schwedischen Zeitung Svenska Dagbladet.

In dem kürzlich veröffentlichten Bericht, der in der Ukraine wütende Reaktionen auslöste, hatte Amnesty die ukrainische Armee kritisiert. Diese setze die Zivilbevölkerung durch ihre Kampftaktik hohen Risiken aus. Kurz darauf war die Leiterin des AI-Büros in Kiew, Oksana Pokal­tschuk aus Protest zurückgetreten.

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15 Kommentare

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  • So so, Selensky will die Krim zurückerobern. Dann sollten wir schleunigst unsere Waffenlieferungen an die Ukraine stoppen. Deutschland und die EU sollte für das Erreichen dieser Ziele nicht zur Verfügung stehen.

    • @Levithian:

      Sorry, für einen Scholz-Putin-Pakt und eine erfolgreiche Koproduktion wie 1939 in Polen ist es zu spät.



      Nein, im Ernst: warum soll sich die Ukraine die Krim nicht zurückholen? 1994 hat sogar Russland die territoriale Integrität der Ukraine garantiert.



      Wollen Sie wirklich in einem Europa leben, wo es ganz normal ist, dass Grenzen gewaltsam verschoben werden? Wo man sich nicht verteidigen darf?

      • @Carsten S.:

        Nein, will ich nicht. Ich will aber auch keinen Atomkrieg in Europa.



        Nach Beendigung des russischen Angriffskrieges muss über die Rückgabe der Krim verhandelt werden. Aber die Krim mit militärischen Mitteln zurückzuerobern ist bestimmt keine gute Idee.

        • @Levithian:

          Verhandeln kann man jenseits ständiger diplomatischer Hintergrundgespräche nur - und zwar partnerschaftlich - auf Augenhöhe - mit Leuten, die nicht lügen, wenn sie den Mund aufmachen und deren Vereinbarungen und Versprechen verlässlich sind. Putin und seine Leute beweisen derzeit beinahe täglich, dass sie dies alles nicht sind. Und sie finden westliches Vertrauen naiv und dessen Gutgläubigkeit samt ihren eigenen Lügen auch noch amüsant. Wenn Verträge das Papier nicht wert sind, auf denen sie geschrieben sind, dann kann erst wieder Ruhe einkehren, wenn solche arroganten Angreifer hinter ihre eigenen Grenzen zurück getrieben sind.

  • weitere interessanter Beitrag zum Thema amnesty international und Verstösse der Ukraine:



    Mein Tipp aus der ARD Audiothek: Sorge um Atomkraftwerk (Tag 163-166) www.ardaudiothek.d...-166/ndr/10720923/



    Bitte nicht vom Titel der Sendung abschrecken lassen, es werden mehrere Themen behandelt.

    Diskussionslinie: die Ukraine ist (oder war zumindest bis vor kurzem) im Bereich Langstreckenwaffen unterlegen. Konnte also einem russischen Angriff auf Städte/Dörfer nicht im Vorfeld oder in der Umgebung dieses Ziels begegnen. Sondern war oftmals gezwungen (?), das angegriffene Ziel in grosser Nähe dieses Ziels zu verteidigen. Oftmals fehlten auch Zeit und Möglichkeiten zur Evakuation der Zivilbevölkerung.

    Provokante Aussage als Schlussfolge: Wenn ein Angegriffener dem Angreifer in einigen Teildisziplinen unterlegen ist, müsste er Gebiete kampflos übergeben, um nicht gegen das humanitäre Völkerrecht zu verstossen. Schützt also das humanitäre Völkerrecht einen technisch überlegenen Angreifer in seinem Bestreben, Städte anzugreifen? Wäre man also als potentielles Ziel eines militärischen Angriffs dazu gezwungen, militärisch aufzurüsten, um den Vorgaben des humanitären Völkerrechts zu genügen???

  • „Wegen der Äußerungen über den Krieg in der Ukraine beende ich schweren Herzens meine lange und fruchtbare Zusammenarbeit mit Amnesty“

    Amnesty hat den Krieg von Anfang an als einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verurteilt und zahlreiche schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen der russischen Seite dokumentiert.

    So würde sich fast die Frage stellen, ob der Ausgetretenen nun ein Unterstützer Putins ist, dem AI im Übrigen seit Anbeginn Menschenrechtsverletzungen vorwirft.

    AI hat völlig unüberlesbar klargemacht, dass die durch die ukrainische Seite begangenen Kriegsverbrechen in keiner Weise die schweren Kriegsverbrechen Russlands rechtfertigen. AI hat sich eindeutig in diesem Konflikt auf die Seite der Angegriffenen gestellt und den russischen Angriff von Anfang an ohne Einschränkung verurteilt.

    Der Bericht von AI ist kein Skandal, was auch daran ersichtlich ist, dass die dort genannten Fakten und Belege bis heute nicht infrage gestellt werden. Ein Skandal ist es aber, dass das Eintreten für Menschenrechte und gegen Kriegsverbrechen nunmehr von einigen skandalisiert wird, die dies Eintreten nur dann begrüßen, wenn es einseitig geschieht.

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Werter Herr Gebauer, sie schreiben, sie würden "fast" die Frage stellen, "ob der Ausgetretenen (sic) nun ein Unterstützer Putins" sei. Damit habe sie im Ringelreihen der Verleumdungen die ultimative Gemeinheit unterstellt. Muss das sein?

      Als Mann der Psychologie wissen sie doch sehr gut, dass es keine unausgesprochenen Infragestellungen gibt, wenn diese erst einmal explizit in den Raum der Konfrontation gestellt wurden. Da stellt sich fast die Frage ...

    • @PolitDiscussion:

      "Der Bericht von AI ist kein Skandal, was auch daran ersichtlich ist, dass die dort genannten Fakten und Belege bis heute nicht infrage gestellt werden."

      Herr Gebauer, da Sie ihn gelesen haben: Wo finde ich den Bericht? Danke!

  • Schade. ai ist eine der wenigen Organisatioen, die die Wahrheit noch berichtet.

  • Russland sollte weiteres Leid vermeiden und kapitulieren. Es kann diesen Krieg unmöglich gewinnen und verursacht nur unnötiges Leid für die eigene Bevölkerung.....

  • Egal wer was war. Es haben viele Russen, die dort Urlaub gemacht haben, das sie im Krieg sind.



    Wenn es die Ukraine war, weiter so.

  • "Der ukrainische Präsident Selenski will die Halbinsel Krim zurückerobern."



    Na, dann schauen wir mal gespannt, was von der Krim nach der Rückeroberung noch übrig ist.

    • @sollndas:

      Ich befürchte, auch Kiew wird schwerste Schäden davontragen, wenn Putin seine Vergeltungsdrohungen wahr macht. Die Spirale des Irrsinns dreht sich immer schneller.

      • @Trabantus:

        Was denn für Vergeltungsdrohungen?

        Nach russischer Lesart ist doch gar nichts passiert. Jemand hat beim Rauchen nicht aufgepasst.

    • @sollndas:

      Vermutlich mehr als von Mariupol nach der "Befreiung" durch die Russen.