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Foto: Sophie Kirchner

Streit um SolarparkEnergiewende? Nicht auf meiner Koppel

In Brandenburg soll ein riesiger Solarpark entstehen. In der Gemeinde gibt es aber Streit zwischen Befürwortern und Gegnern.

E in drückend warmer Tag im Frühsommer, Juliane Uhlig hat sich extra auf eine Bank gestellt, um in eine Landschaft zu blicken, die ihr nur allzu vertraut ist: quietschgelber Raps, so weit das Auge reicht, am Horizont begrenzt durch eine Reihe Baumwipfel. „Schön hier, oder?“, fragt sie und steigt wieder runter.

Zusammen mit ihrem Lebensgefährten betreibt Uhlig in der brandenburgischen Gemeinde Sydower Fließ, inmitten von Rapsfeldern, einen Pferdehof. Die langgezogene Graskoppel, auf der ihre Islandpferde stehen, ragt wie eine Speerspitze in die Felder hinein. Kinder und Jugendliche können auf Uhligs Pferdehof ihre Ferien verbringen, Schü­le­r:in­nen der Gemeinde können einen Teil ihres Sportunterrichts hier absolvieren und Reiten lernen, auch Familienausflüge sind möglich.

Doch Uhlig, 47 Jahre alt, hat Angst um dieses Idyll. Geht es nach den Landwirten, die die Felder um ihre Koppel bestellen, geht es nach der Bürgermeisterin und nach zwei Energieunternehmen, dann wird hier in Zukunft kein Raps mehr blühen.

In Tempelfelde, einem Ortsteil von Sydower Fließ, wenige Kilometer nördlich von Berlin, soll einer der größten Solarparks Deutschlands entstehen. 100.000 Megawattstunden grüner Strom sollen hier in Zukunft jedes Jahr aus Sonnenenergie gewonnen werden, 30.000 Haushalte könnten damit laut den Unternehmen versorgt werden. Um das zu erreichen, haben die Firmen eine Fläche gepachtet, die in etwa so groß ist wie der Tiergarten in Berlin: 225 Hektar, von denen weit über 100 Hektar mit Photo­voltaik-Freiflächenanlagen bebaut werden sollen. Investi­tions­vo­lumen: rund 100 Mil­lio­nen Euro.

Auch ihr Pferdehof, sagt Uhlig, würde dann mit Solarzellen umzingelt sein. Ihr Ausrittgebiet und viele Wanderwege würden fast nur noch an den Rändern des Solarparks entlangführen. Tatsächlich schmiegt sich die „Flächenkulisse“, also das Land, das die Unternehmen für ihr Vorhaben gepachtet haben, regelrecht an die 900-Einwohner:innen-Gemeinde an. Auch den Pferdehof von Juliane Uhlig umschließt sie fast vollständig. Es ist eine Planung, die zwar rechtens ist, die Uhlig aber als übergriffig empfindet. Auf die Idee, sie bei der Entscheidung einzubinden, sie oder andere An­woh­ne­r:in­nen wenigstens nach ihrer Meinung zu fragen, sei niemand gekommen, sagt sie.

Zusammen mit rund 20 Ein­woh­ne­r:in­nen hat Uhlig daher eine Bürgerinitiative gegründet, die den Bau des Solarparks so nah an der Gemeinde verhindern will. Sie sei nicht per se gegen einen Solarpark, sagt Uhlig, die selbst zahlreiche Solarzellen auf ihrem Dach hat. Was Uhlig vor allem stört, ist die Lage und die Größe des Solarparks. Sie sorgt sich um den Freiraum in Tempelfelde – und um ihr Geschäft. „Wir leben von dem bisschen Minitourismus hier vor Ort“, sagt sie. Die Attraktivität des Dorfs sieht Uhlig durch das Vorhaben gefährdet.

Der Streit über den Solarpark Tempelfelde ist ein typisches und doch oft wenig beachtetes Beispiel dafür, wie der Ausbau Erneuerbarer Energien auch dann misslingen kann, wenn im Grundsatz alle dafür sind. Wenn keiner den Klimawandel leugnet und die Notwendigkeit des Ausbaus Erneuerbarer Energien anzweifelt. Wenn Geld, Flächen und Material vorhanden sind. Wenn man im Grunde nur noch auf Sonnenschein warten muss.

Seit über einem Jahr kann man in Sydower Fließ beobachten, wie das Beharren auf einer bräsigen und allzu formalen Bürgerbeteiligung die Akzeptanz der Energiewende gefährdet. Aber auch, wie eine kleine und wütende Bürgerinitiative eine Gemeinde vor sich hertreiben kann und sich dabei selbst in Widersprüche verstrickt.

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Was bedeutet die Energiewende ganz konkret vor Ort? Wir als taz reisen für eine Reportageserie in Dörfer und Städte, in denen um die Energiezukunft und die Folgen der Klimakrise gerungen und gestritten wird. Alle Texte, lokalen Veranstaltungen und Videos finde Sie unter taz.de/klimaland.

Hinter der scheinbaren Lokalposse verbirgt sich noch eine andere Frage – eine, die entscheidend werden könnte für das Gelingen der Energiewende: Wie umgehen mit der knappen Ressource Land?

Juliane Uhlig hat einen Pferdehof, dessen Koppel direkt an den neuen Solarpark grenzen würde Foto: Sophie Kirchner

Gas- und Ölimporte hatten lange nicht nur den vermeintlichen Vorteil, dass sie billig sind. Vergessen wird oft, dass eine Pipeline, eine unterirdische zumal, so gut wie keine Fläche verbraucht. Der Ausbau Erneuerbarer Energien wird das Landschaftsbild im Vergleich dazu massiv verändern. Weit weniger zwar als der Abbau von Braunkohle im Tagebau, aber doch mehr als der Import fossiler Energieträger. Die Energiewende verstärkt die Flächenkonkurrenz. Das birgt Potenzial für Konflikte, die so komplex und kleinteilig sind, dass sie es oft nicht in die großen Debatten schaffen.

Auf dem Pferdehof in Tempelfelde ist inzwischen Harald Höppner zu Juliane Uhlig gestoßen. Höppner, groß gewachsen und braun gebrannt, ist Mitglied bei den Grünen und beim Naturschutzbund (Nabu), 2015 initiierte er das Seenotrettungsprogramm Sea Watch. Er ist, so kann man das sagen, kampagnenerfahren. Höppner und Uhlig sind die treibenden Kräfte hinter der Bürgerinitiative, übernehmen einen Großteil der Organisation und Kommunikation.

„Wenn das so kommt, können wir uns hier nur noch an den Rändern eines Solarparks bewegen“, sagt Höppner. „Es gibt hier keine Kinos, keine Theater, am Wochenende fährt der Bus einmal am Tag. Das Einzige, was wir hier haben, ist der Freiraum.“

taz am Wochenende

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Für Höppner ist das in etwa der Deal: wenig Kultur und In­fra­struktur, dafür Natur und Freiheit. Wenn das Land seinen Freiraum nun für den hohen Energiebedarf der Städte aufgeben soll, geht dieser Deal für ihn nicht mehr auf.

„Warum schraubt man nicht auf jedes Dach in Berlin eine Solarzelle, bevor man hier Flächen verbaut?“, fragt Höppner. Und auch Uhlig hat bei der Gelegenheit noch Alternativvorschläge für die Standortauswahl: eine alte Mülldeponie etwa im Ort oder jene Flächen, auf denen ohnehin bereits Windräder stehen. Höppner und Uhlig wollen, dass die Gemeinde und Unternehmen auch andere Flächen prüfen – „ergebnisoffen“.

Tatsächlich gibt es Gemeinden in Deutschland, die so verfahren, wie Uhlig und Höppner sich das wohl gewünscht hätten. Eine Gemeinde entscheidet, dass sie einen Solarpark will, ini­tiiert vielleicht eine Energiegenossenschaft oder kooperiert mit einer bestehenden. Zusammen sucht man nach geeigneten Flächen, sucht sich Partner, die bei der Umsetzung helfen.

Oft funktioniert es aber auch so wie in Sydower Fließ. Investoren suchen nach geeigneten Flächen, schließen Pachtverträge mit den Grundstückseigentümern ab und treten damit an die Gemeinde heran, um einen entsprechenden Bebauungsplan (B-Plan) zu erwirken. Gerade bei Großprojekten wird häufig so verfahren.

Auch das kann funktionieren. Die Gemeinden profitieren durch Gewerbeeinnahmen und oft durch billigeren Ökostrom, formal können sich Bür­ge­r:in­nen und Interessenverbände an einem B-Plan-Verfahren beteiligen. In vielen Fällen führt dieser Weg aber auch zu Konflikten. Die Beteiligung der Bür­ge­r:in­nen ist keine ergebnisoffene Debatte, in der gemeinsam am Plan gefeilt wird. Einwände müssen nur dann berücksichtigt werden, wenn jemand darlegen kann, dass seine persönlichen Rechte durch das Vorhaben beeinträchtigt sind oder der Plan gegen Gesetze oder Vorschriften verstößt. Viele weichen daher auf andere Druckmittel aus.

Die Geschichte des Streits um den Solarpark Tempelfelde beginnt bereits vor zwei Jahren. Am 20. August 2020 stellen die deutschen Energieunternehmen Boreas und Notus ihre Pläne erstmals öffentlich in der Gemeindevertretung vor. Die Pläne stoßen bei den Ver­tre­te­r:in­nen auf Zustimmung. Am 28. Januar 2021 stimmt die Gemeinde einstimmig dem Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans und dem Bebauungsplan zu. Ein „Aufstellungsbestellungsbeschluss“ ist eine Art Absichtserklärung der Gemeinde, der erste Schritt eines Bauvorhabens. Eine Skizze des geplanten Solarparks wird veröffentlicht und unter anderem im Schaukasten der Gemeinde gezeigt. Erst da, so erzählen es Höppner und Uhlig, seien sie überhaupt auf den Solarpark aufmerksam geworden – und waren schockiert über sein Ausmaß.

Wie soll man mit der knappen Ressource Land umgehen?

Nicht nur sie, auch andere An­woh­ne­r:in­nen fühlen sich bei der Planung übergangen. Uhlig und Höppner organisieren im März 2021 eine Demonstration, zu der etwa 100 Menschen kommen. Auf einem Transparent steht: „Solarenergie JA – direkt vor der Haustür NEIN“.

Die Bild-Zeitung wird auf den Konflikt aufmerksam. „Wenn die Energiewende ein Dorf zerreißt“, titelt sie. Darin vergleicht die Zeitung den Konflikt mit dem Roman „Unterleuten“ von Juli Zeh, in dem sich ein brandenburgisches Dorf über einen geplanten Windpark zerstreitet. Die Verfilmung des Romans wurde in Sydower Fließ gedreht. Spricht man heute mit An­woh­ne­r:in­nen darüber, sind diese zwar genervt von dem Vergleich, für völlig aus der Luft gegriffen hält ihn aber kaum jemand.

Sowohl Geg­ne­r:in­nen als auch Be­für­wor­te­r:in­nen bezichtigen sich in dieser Zeit gegenseitig der Lüge und Einschüchterung. Einem der Landverpächter wird eine offensichtlich gefälschte Anzeige zugeschickt, in der ihm vorgeworfen wird, illegal Müll zu verbrennen. Bürgermeisterin Simone Krauskopf, eine Verfechterin des Projekts, wird – erfolglos – wegen Machtmissbrauch bei der Kommunalaufsicht angeschwärzt. Sie selbst veröffentlicht einen Text mit dem Titel „Betoniert im Kopf, den Blick im Tunnel“. Darin wirft sie der Initiative vor, sich von der Kohle- und Atomlobby vereinnahmen zu lassen. Die Bürgerinitiative hatte sich zuvor auf Argumente des Anti-Windkraft-Vereins Vernunftkraft bezogen, der sich für „echten Naturschutz“ und Kohle- und Atomenergie starkmacht.

Schnell wird klar, dass es bei dem Konflikt längst nicht mehr nur um die Lage des Solarparks geht. Noch heute bezeichnen Uhlig und Höppner die Unternehmen als „Heuschrecken“, die sich „am Buffet der Gemeinde bedienen“ würden. Auch Lokalrivalitäten spielen eine Rolle. Die zehnköpfige Gemeindevertretung wird dominiert von Ein­woh­ne­r:in­nen aus Grüntal, dem anderen Ortsteil der Gemeinde Sydower Fließ. Diese würden nun die Flächen von Tempelfelde verscherbeln, so der Vorwurf. Und auch folgendes Geraune findet seinen Weg in die Medien: Zwei Großbauern, die außerdem im Gemeinderat sitzen, würden sich mit der Verpachtung eine goldene Nase verdienen.

Landwirt Jan Jelmar Diekstra will Land an die Solarparkbetreiber verpachten

Die Unternehmen Boreas und Notus bemühen sich in dieser Zeit um Schadensbegrenzung. Sie verweisen darauf, dass nicht die gesamte gepachtete Fläche von 225 Hektar bebaut wird, wie von der Bürgerinitiative kommuniziert wird, dass ein Abstand von 400 Meter zu Wohnhäusern eingehalten wird und Sichtschutzvorkehrungen geplant sind. Vor allem pochen sie darauf, dass die formale Beteiligung der Öffentlichkeit noch anstehe.

Doch es hilft nichts, der Druck der Bürgerinitiative wirkt: Am 18. November 2021 scheitert das Projekt vorerst. Der nächste Schritt auf dem Weg zum Solarpark, die Bewilligung des Vorentwurfs des Bebauungsplans, wird durch ein Patt in der Gemeindevertretung verhindert. Vier stimmen dafür, vier dagegen. Kurz zuvor hatten ­Uhlig und Höppner ein rechtliches Gutachten des städtebaulichen Vertrags zwischen der Gemeinde und den Unternehmen in Auftrag gegeben. Solche Verträge sind bei Großprojekten zwischen Kommunen und Unternehmen üblich, um Rechte und Pflichten beider Seiten festzuzurren. Der beauftragte Anwalt kam zu dem Schluss, dass der Vertrag „an mehreren Stellen deutliche Mängel und Defizite“ aufweist, „die mit rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken zulasten der Gemeinde behaftet sind“.

Doch mit dem Patt in der Gemeinde ist das Projekt noch nicht tot. Vorgesehen ist für diesen Fall ein Aufschub von sechs Monaten. Dann können die Unternehmen einen neuen Anlauf nehmen, um einen Bebauungsplan zu erwirken.

Fünfeinhalb Monate später, an einem Samstag Ende April 2022 haben die Unternehmen Notus und Boreas einen weißen Pavillon auf dem Sportplatz der Gemeinde – eine kleine Wiese, auf der zwei schiefe Fußballtore stehen – aufgebaut. Sie haben Schautafeln, Getränke und Grillwürste mitgebracht, aber vor allem eine neue Strategie: Bevor sie ihren überarbeiteten Entwurf noch mal in die Gemeindevertretung einbringen, wollen sie ihn mit den Bür­ge­r:in­nen diskutieren.

Auch Höppner und Uhlig sind gekommen. Uhlig ist extra um 5 Uhr morgens aus Nürnberg losgefahren, wo sie gerade eine Ausbildung im Systemischen Konsensieren macht – eine Form der Entscheidungsfindung, die nicht auf Mehrheitsprinzip, sondern auf Kooperation und Ausgleich setzt.

Uhlig und Höppner sind nicht zufrieden mit den Vorschlägen der Unternehmen. Diese sehen eine kleinere Fläche des Solarparks vor, größere Abstände zu Wohnhäusern, mehr Sichtschutz und die Möglichkeit für An­woh­ne­r:in­nen, sich finanziell an dem Projekt zu beteiligen und von Zinszahlungen zu profitieren.

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„Uns wird hier wieder ein fertiger Plan präsentiert“, sagt Uhlig. Wieder werde nicht ergebnisoffen über Lage und Fläche diskutiert. Es wird laut. Die Mit­ar­bei­te­r:in­nen der Unternehmen sind sichtlich genervt, man kennt sich mittlerweile. „Dass wir Sie nicht abholen werden, ist klar“, sagt einer zu Uhlig. Höppner hat die Nabu-Kriterien für naturverträgliche Photovoltaik-Freiflächenanlagen ausgedruckt und mitgebracht. Er will wissen, ob man die darin vorgesehene Bebauungsdichte von maximal 50 Prozent einhält, bekommt aber keine Antwort.

Es dauert eine Weile bis nicht nur Uhlig und Höppner reden, sondern auch andere Ein­woh­ne­r:in­nen das Gespräch mit den rund einem Dutzend Mit­ar­bei­te­r:in­nen suchen. Sie stellen Fragen, skeptisch, kritisch, aber auch interessiert. Auch Bürgermeisterin Simone Krauskopf, eine kleine Frau mit vielen Rastazöpfen, ist gekommen. Etwas später, weil sie als Befürworterin des Projekts ohnehin schon eine Reizfigur für die Bürger­ini­tia­tive sei, sagt sie.

Simone Krauskopf ist Bürgermeisterin der Gemeinde und für den Solarpark

Zwischen der Ablehnung der Gemeinde im November 2021 und der Infoveranstaltung im April 2022 ist in Europa Krieg ausgebrochen. Der russische Angriff auf die Ukraine führt die Folgen der fossilen Abhängigkeit deutlich wie nie vor Augen. Deutschland will sich vom russischen Öl und Erdgas abwenden. Dafür muss sich der Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen.

Ob Krauskopf gehofft hat, dass dadurch der Widerstand gegen den Solarpark schwindet? Erst habe sie beides, den Krieg und das konkrete Solarprojekt, gedanklich nicht wirklich zusammengebracht, sagt sie. „Andererseits habe ich mir dann gedacht: Wer jetzt vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs den Schuss nicht gehört hat und die Dringlichkeit des Unabhängig-Werdens nicht versteht … das kann ich dann nicht nachvollziehen.“

Spricht man Harald Höppner darauf an, schüttelt der nur den Kopf. „Das ist vermessen“, sagt er. Bereits jetzt würden 80 Prozent der Erneuerbaren Energie im gesamten Landkreis aus Tempelfelde kommen. Genauer: von der 56 Windrädern, die Boreas hier bereits aufgestellt habe.

Etwas am Rand der Veranstaltung steht ein kräftiger Mann in T-Shirt und kurzen Hosen: Jan Jelmar Diekstra. Er ist einer der Landwirte und Gemeinderatsvertreter, die einen Teil der Fläche für den Solarpark stellen. Eigentlich wollte er nichts mehr zum Thema sagen, doch einige Tage später sitzt er mit Jürgen Giese, ebenfalls Gemeinderatsvertreter, Landwirt und Verpächter, auf dessen Terrasse. Sie wollen nun noch mal ihre Sicht der Dinge erklären.

Beide sind, vorsichtig formuliert, auf die Bürgerinitiative nicht gut zu sprechen. Gerade bei Diekstra scheint sich einiges angestaut zu haben in den vergangenen Monaten. Er spricht laut und schnell. „Dass wir beide in der Gemeindevertretung sitzen, sieht natürlich von außen unglücklich aus“, sagt Diekstra. Allerdings hätten sie bei der Entscheidung kein Stimm-, ja nicht mal ein Rederecht, weil sie finanziell von der Entscheidung profitieren würden.

Infografik: Francesca Morini, Johanna Hartmann, Anna Eschenbacher

Die Verpachtung von Land für Solaranlagen ist für Besitzer attraktiv. Die Preise liegen bei einer niedrigen bis mittleren vierstelligen Summe pro Hektar im Jahr. Den Vorwurf, sie würden sich die Taschen voll machen, weisen Diekstra und Giese jedoch brüsk zurück. Dass sie einen kleinen Teil ihres Lands verpachten – bei beiden handle es sich um eine Fläche von rund 20 Hektar, also nur gut einem Fünftel der Gesamtfläche des Solarparks –, ermögliche ihnen, für die Zukunft zu planen.

Der Ertragswert der landwirtschaftlichen Flächen ist hier im Norden Berlins gering. Ein Teil des Brandenburger Lands ist als „Sandbüchse“ bekannt. Giese sagt, dass andere Landwirte ihn manchmal foppen würden: Für das bisschen, was hier wächst, würden sie nicht mal aufstehen, bekam er zu hören.

Der Staat zahlt Landwirten, die hier wirtschaften, Subventionen, um die niedrigeren Erträge auszugleichen. Zu der schlechten Bodenqualität kommt der Klimawandel. „Ich weiß auch nicht, wie es weitergeht, wenn es nicht bald regnet“, sagt Diekstra bei dem Gespräch Anfang Mai. Giese hat seinen Spargelanbau bereits aufgegeben. Auf seinen übrigen Feldern wachsen Erdbeeren und Weizen, der zu Bioethanol verarbeitet werde. Diekstras Raps, von dem ein Teil für den Solarpark verschwinden soll, werde zu Waschpulver verarbeitet. „Ich bin Landwirt mit Leib und Seele, aber die Bedingungen sind nicht mehr so, dass es reicht“, sagt Diekstra.

Solarzellen dagegen ist der Zustand des Bodens, in den sie gerammt werden, relativ egal, mehr Sonneneinstrahlung ist sogar gut. Fast wöchentlich hätten sie Anrufe mit Angeboten für ihr Land bekommen, sagt Giese. „Ich hätte woanders mehr gekriegt“, sagt er. Bei dem Angebot von Notus und Boreas habe das Gesamtpaket gestimmt. Wie viel Geld die Gemeinde am Ende durch den Solarpark einnehmen könnte, darüber dürften sie nicht sprechen. Aber Giese ist sicher: Viele würden anders denken, wenn sie wüssten, um wie viel Geld es sich handelt.

Der Bürgerinitiative werfen sie vor, eine kleine Minderheit zu sein, die vor allem ihre individuellen Interessen durchsetzen will. Das sei schlecht für die Gemeinde. Und es ist natürlich auch schlecht für ihre Interessen.

Aus Sicht der Verfechte­r:in­nen lautet die Frage, die sich beim Solarpark Tempelfelde und gewissermaßen auch bei der Energiewende im Allgemeinen stellt: Gibt es angesichts des Klimawandels und nun auch des Ukrai­ne­kriegs ein Recht, auf ein blühendes Rapsfeld zu schauen, das einem nicht gehört?

Es ist schwierig, die tatsächliche Stimmungslage in Sydower Fließ zu bestimmen. Zu der Informationsveranstaltung der Energieunternehmen Ende April kamen über den Nachmittag verteilt gerade einmal rund 50 Menschen, beim anschließenden Dorffest seien es vier- bis fünfmal so viele gewesen, berichten die, die da waren. Kann es sein, dass vielen es auch ein bisschen egal ist, ob der Solarpark kommt oder nicht?

Sind die Geg­ne­r:in­nen vielleicht nur besonders laut?

Wie es weitergeht? Die Unternehmen haben angekündigt, noch mal das Gespräch mit den Ein­woh­ne­r:in­nen zu suchen. Es gibt die Idee, eine Bürgerbefragung durchzuführen. Manche Be­für­wor­te­r:in­nen setzen darauf, dass Robert Habecks angekündigtes Sommerpaket den Entscheidungsweg abkürzen könnte. In diesem werden Maßnahmen erwartet, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien im großen Maßstab vorantreiben sollen und den Gemeinden dabei weniger Spielraum lassen.

Sollte man sich einigen können, wird aus dem Solarpark Tem­pel­felde, dessen Planung 2020 begann, frühestens Ende 2024 grüner Strom in die Netze fließen.

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37 Kommentare

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  • 400m abstand zu der Anlage. Das ist doch mehr als ordentlich.

    Vorschag auf 3/4 der Freifläche Wildblumen und co wachsen lassen. Da hat man auch was für die Augen. Ich find das Gelb schrecklich, ehrlich.



    Es wäre ein Segen für die Insekten und die Vögel.

  • Schon interessant, dass in der Vorher-Nachher-Betrachtung ausgerechnet die blühenden Rapsfelder bemüht werden. Raps wird hauptsächlich in Monokultur als "Energiepflanze" angebaut. 14% der landwirtschaftlichen Fläche werden für diesen Wahnsinn genutzt, für Biosprit oder Stromherstellung! Für die Photovoltaik sollen es bis 2030 nur 0,5% werden. Dabei hat die Bioenergie eine verheerende Flächeneffizienz: Auf einem Hektar kann mit Photovoltaik 40x mehr Strom als mit Bioenergie erzeugt werden. Mit anderen Worten: die Fehlentwicklung namens "Bioenergie" muss endlich auf die sowieso anfallenden Abfälle begrenzen und auf nur einem Bruchteil der Fläche Photovoltaik installiert werden. Problem gelöst.

    • @fu-p:

      Genau so ist es!



      Der Korrektheit wegen sollte man aber auch sagen, dass sich Biogas einfach speichern lässt, Strom leider immer noch nicht.

  • Der Konflikt liegt im Kern zwischen einer industrialisierten Großstruktur und kleinteiliger traditioneller Landnutzung.



    Er betrifft nun auch PV, weil hier die Rendite bei großen Freiflächenanlagen einfach höher ist als bei gut verträglichen, kleineren Dachanlagen.



    Gleichzeitig verdrängen diese die rundum guten Dachanlagen. Ein oft übersehenes Problem.



    So wird die leichte Lösung zulasten der Bevölkerung gewählt.



    Dagegen erhebt sich mit einer gewissen Berechtigung Widerstand der Betroffenen. Leider kann so auch die Energiewende diskreditiert werden. Das ist schade…

    • @mensch meier:

      "Verträglich", "rundum gut" aha. Je kleiner eine Anlage ist, desto umwirtschaftlicher und unökologischer ist sie. Der Ressourcenaufwand pro gewonnener kWh ist bei Minianlagen viel zu groß.



      Aber klar, am besten jeder stellt sich Umrichter und Batterie in den Keller, das wird die Erde retten... omg.



      In der Energietechnik baut man immer große Anlagen, das hat schon seine Gründe.

      • @Fabian Wetzel:

        hier würde mich doch mal interessieren wie Sie auf die Idee kommen das kleine PV Anlagen, beispielsweise dezentral und Verbrauchsnah als Dachanlage auf Wohnhäusern und Industriehallen "unökologischer" sein sollten als große gezäunte Industrieanlagen irgendwo JWD in der freien Landschaft.



        Module, Wechselrichter sowie Montagegestelle werden bei beiden in ähnlichen Umfang pro kWh benötigt - Dachanlagen haben allerdings den unbezahlbaren ökologischen Vorteil das hierfür keine zusätzliche Fläche beansprucht wird.

        # Schwerter zu Pflugscharen / PV-FFA zu Streuobstwiesen #

  • Sehr guter Artikel!!

    Egal, ob es um Windkraft oder PV geht: Wir brauchen Beides, und der Zubau muß gravierend sein, um die fossilen Energieträger ersetzen zu können.



    Die nimby-Haltung vieler Anwohner und Naturschutzverbände steht dieser Entwicklung diametral entgegen.



    Die großen Verbänden wie der Nabu und der BUND haben sich echten Kompromissen leider bisher verweigert, und viele Anwohner bemänteln ihre ablehnende Haltung mit angeblich fehlender Beteiligung, Rechtsfehlern im Verfahren oder angeblichen Naturschutz.



    All das sollte einmal grundsätzlich geregelt werden.



    Und dann ist das der Kompromiss, der Anwendung findet!



    Anschließend gibt es kurze, schnelle Genehmigungsverfahren mit eingeschränkten Einspruchsmöglichkeiten.

    Es kann nicht sein, das wir weiter Fracking Gas aus Texas und Öl aus Diktaturen wie Russland und dem Nahen Osten importieren, um ein paar ewiggestrige Anwohner ruhig zu stellen, denen eine glyphosat-verseuchte Monokultur tatsächlich wichtiger ist als eine umweltfreundliche, regenerative Energieerzeugung.

    • @neu_mann:

      Das kann nicht grundsätzlich geregelt werden, denn jeder Einzelfall ist anders.

      Es kann deshalb auch nur eine Einzelfallentscheidung sein.

      • @rero:

        achso ... und bei der Braunkohle war das anders?

        Nein das muss genauso unerbittlich geschehen wie die Enteignung und das Platt machen von Dörfern.

        Wenn wegen ein paar Häusern die Abstandsregeln zu Windredern nicht eingehalten werden können sollten die Hausbesitzer nach ihrer Meinung gefragt werden.

        "Wollt Ihr hier Leben bleben oder wollt Ihr das Haus verkaufen, die Windräder kommen".

        Der Klimawandel wird kommen und der wird auch nicht abwägen ob es uns passt oder nicht.

        Klar muss hier auch der Schutz von Naturflächen, Vögeln und anderen Tieren zu bedenken. Aber das ist im allgemeinen auch planbar.

        Es kann einfach nicht sein, dass der Bau einer Windkraftanlage 7-8Jahre im Durchschnitt braucht, davon 4-5 Jahre für die Genehmigung das ist doch lächerlich.

        Die Politik sollte bitte aber auch endlich ehrlich planen, wie viel Fläche wir tatsächlich brauchen werden und die Menschen vorbereiten.

        • @Obscuritas:

          Windräder kann man nun wirklich sehr flexibel aufstellen.

          Haben Sie den Eindruck, dass der Braunkohletgebau noch viele Freunde hat? Wünschen Sie sich das wirkich auch für die aternative Energiegewinnung?

          An klarer Planung sind schon mehr als ein Staat zugrundegegangen.

          Ist noch gar nicht so lange her.

          Linkssein bedeutet übrigens nach meinem Dafürhalten ein hohes Maß an gesellschaftlicher Partizipation für den Einzelnen.

  • Vielleicht sollte man auch bei uns verstärkt Seen in die Planung einbeziehen, um den Anspruchsdruck der Gesellschaft an die Flächen zu reduzieren. Ich habe mal in einem Artikel gelesen, dass es sich auch mit der Fischerei kombinieren lässt und die Beschattung durchaus Vorteile haben kann. In Ländern die näher am Äquator sollte es nach dem Artikel schon jetzt eine der besten Lösungen sein. Sowohl die Kühlung der Module wie auch des Wassers durch Beschattung (O2) brächten hier ein win-win Situation.

  • Natürlich sind Solaranlagen sinnvoller als Monokulturen. Der Starrsinn der Menschen ist unüberbrückbar.

    • @Kappert Joachim:

      Wenn Sie sich das Foto ansehen, scheint es mit der Monokultur nicht sehr weit herzusein.

      Sie können den Ort auch googlen. Da erhält man einen ähnlichen Eindruck.

      Übrigens ist zur Zeit Rapsöl Mangelware.

  • Ein Problem ist, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Primärenergieerzeugung noch sehr gering ist - nämlich bei nur ca. 19,7%. [1] Damit fossile Nutzung bspw. für Heizung und Mobilität mit erneuerbaren Energien ersetzt werden kann, braucht es also noch wesentlich mehr erneuerbare Energien als sowieso schon für die Deckung des jetzigen Strombedarfs. Bei Strom liegt der aktuelle Anteil von Erneuerbaren bei 41,1 %. Von Christian Holler und Joachim Gaukel gibt es zu diesem Sachverhalt einen Vortrag, in dem die Herausforderungen der Energiewende meines Erachtens gut dargestellt werden. Ich verlinke den am Ende mal.[2]



    Ich kann die Kritik an konzernbetriebenen Solarparks verstehen. Allerdings müssten dann Alternativvorschläge her, anhand derer möglichst viel PV installiert werden würde - bspw. durch Bürger*innenbeteiligungen, Genossenschaften o.ä.. Oder aber mensch sagt: "wir wollen so und so viel Bebauung nicht, was bedeutet, dass Energieproduktion nur in geringerer Menge realisiert werden kann und ein Teil des bisherigen Energiebedarfs nicht gedeckt werden kann. In Konsequenz verzichten wir auf entsprechende Energie samt der Einsatzzwecke. Das heißt: wir wollen noch weiter mit dem Lebensstandard runter, als wir es sowieso schon müssten und ein Teil der energieintensiven Industrie müsste rückgebaut werden."



    Ach, und wie idyllisch ist eigentlich das "Idyll"? Wie sieht es mit Pestizideinsatz und Gülleausstrag aus? Für wieviele Tiere und Spezies bieten Monokulturen Lebensraum? Wie ökologisch ist das also?



    [1] www.umweltbundesam...-zahlen#ueberblick



    [2] Erneuerbare Energien in Deutschland auf 100%? • Live-Vortrag | Christian Holler & Joachim Gaukel



    www.youtube.com/watch?v=XKc38KjTc_k

    • @Uranus:

      "Ich kann die Kritik an konzernbetriebenen Solarparks verstehen."

      Die Kritik richtet sich im Artikel nicht gegen die Eigentumsverhältnisse sondern gegen die Lage des Solarparks.

  • Wenn die Gemeinden selbst die Intitiative bei der Standortplanung ergreifen würden, könnten sie ihre Bedürfnisse besser berücksichtigen und die Grundstückseigentümer wären in einer weitaus besseren Position gegenüber den Solarparkbetreibern, eine einträgliche Pacht herauszuhandeln, als wenn diese erst nach Abschluss eines Pacht-Optionsvertrag auf eigenes Risiko mit der Entwicklung beginnen.



    Leider passiert das viel zu selten.

    Eine Windparkfläche ist übrigens nicht so geeignet für PV, weil auch mal Eisstücke herunterfallen, und das den Solarmodulen nicht gut tut.

  • "Auf die Idee, sie bei der Entscheidung einzubinden, sie oder andere An­woh­ne­r:in­nen wenigstens nach ihrer Meinung zu fragen, sei niemand gekommen, sagt" die Frau vom Reiterhof.



    Die Solarparkplaner werden schon genau überlegt haben, ob sie diese Fläche auch pachten sollen. Vielleicht hatten sie angefragt, aber keine positive Antwort bekommen. Vielleicht wollten sie keine Opposition wecken.

  • Wenn Pächter, Projektierer, Firmen, Landwirte mit der Bürgermeisterin still und heimlich alles unter sich ausmachen, um Bürgern dann das fast fertig geplante Projekt (bis auf ein paar kleine Stellschrauben) im Dorfaushang zu präsentieren, ist das Vertrauen der Bürger verloren.



    Das verlorene Vertrauen der Bürger nach der Heimlichtuerei mit ein paar Bratwürsten, einigen Kisten Bier, kleinsten Zugeständnissen reparieren zu wollen, zeigt die Ignoranz der Planenden den einfachen Bürgern gegenüber, die vollkommen über den Tisch gezogen würden, wenn es nicht ein paar Naturschützer geben würde, die sich mit der Materie auskennen.



    Habeck muss die Planung von Solarparks und Windparks demokratisieren und so strukturieren, dass Heimlichtuerei bei der Planung keine Chance mehr hat und Bürger transparent so eingebunden werden, dass sie jederzeit verstehen, was in der Planung vor sich geht und welche rechtlichen Möglichkeiten sie haben.



    Die Planung mit juristischen Habeck-Tricks vom Bund zu straffen, würde der Bürger-Energiewende auf dem Land jegliche Legitimation entziehen.



    Warum fallen bei den riesigen Energie-Investitionen auf dem Land lediglich Brotkrumen für die Bürger in den betroffenen Dörfern und Gemeinden ab? Warum kapitalisiert der Staat nicht die Bürger, auf die es bei der Energiewende ankommt?



    Sie könnten sich zwar in dem beschriebenen Solarpark finanziell beteiligen, damit sie ein wenig Profit abbekommen, aber was ist mit den Bürgern, die das finanziell nicht können?



    Warum steigt der Bund nicht wie bei der Zeitenwende (Bundeswehr) mit einem über Kredit finanzierten Milliarden schweren Sonderfond in alle künftigen Energieparks auf dem Land mit einem hohem Prozentanteil ein? Die Gewinne (nach Abzug der Kreditkosten) aus dem Fonds könnten zum Wohl aller Dörfer, Gemeinden und Städte auf dem Land ausgeschüttet werden. Das würde den Energiefrieden sichern und den Ausverkauf des Landes an globale Investoren teilweise stoppen.

  • Krass, da hat Juli Zeh in "Unterleuten" ja die Situation auf dem Land, wo Erneuerbare geplant werden gut gesehen- also scheint nah an der Realität zu sein. Spannender Roman (schreibt ein Stadtkind hehe.. ).

  • Solaranlagen gehören auf Dächer und Industriebrachen.

  • Das Problem, das bei Solarenergieanlagen in der Natur gern übersehen wird, ist dass sie Naturflächen teilversiegeln. Wo eine Solaranlage steht, kann kein Wald mehr wachsen. Obendrein werden die Anlagen teilweise sehr heiß, gerade bei hoher Sonneneinstrahlung. Wir haben mit dem Straßensystem aber bereits gigantische Flächen, die sich weit über die Umgebungstemperatur aufheizen. Unter einer Solaranlage trocknen regelmäßig die verbleibenden Pflanzen an heißen Sommertagen weg. Teilversiegelung von Flächen, wo ein Wald oder Moor sein könnte, sich aufheizende Solarpanele, die die Umgebungsluft erwärmen, absterbende Pflanzen unter den Panelen, bei gleichzeitig geringer Energieausbeute. Worum ging es doch bei der Umwelt- und Klimakrise gleich. Ach ja, schlechtes Umweltmanagement und Wärme.

    • @Mark Hochreiter:

      Wie weiter unten, muß ich a. wegen Physik und b. aus Erfahrung widersprechen. Ja, Solarpaneele werden warm (in meiner Erfahrung nicht besonders heiß). Der Boden darunter ist deshalb kühler, nicht wärmer. Die Energie wird in den Paneelen in Elekrizität und Wärem umgewandelt und trifft den Boden weniger. Und um meine Solarpaneele herum wächst das Gras besonders üppig, weil es eben nicht austrocknet.

    • @Mark Hochreiter:

      Solaranlagen sind biologisch wertvoller als Rapsfelder, die bieten Sonne und Schatten, ein sehr abwechslungsreicher Lebensraum.



      Und das Wasser bleibt auf dem Gelände, da ist nichts versiegelt.

      • @Peterbausv:

        Offenbar haben Sie zu wenig Solarparks in Brandenburg in natura erlebt.

        Darunter ist kein abwechslungsreicher Lebensraum. Da ist überwiegend Sand.

        Haben Sie sich schon mnal gefragt, warum Solarparks in Brandenburg in Kranichgebieten verboten sind?

        Weil die Vögel es für eine Wasserfläche halten, drauf landen und sich verbrennen.

        So zu tun, als gäbe es keine Zielkollision beim Thema Energiewende, hilft niemandem weiter.

        • @rero:

          Ich muss nichts in Natura erleben, das wäre ja anekdotisch.



          Ich halte mich da an wissenschaftliche Erkenntnisse und Untersuchungen.



          Es gibt nirgendwo längerfristig offenen Sand, wenn man nichts macht, wird auch da was wachsen.



          Meist seltene Arten, sonst fast ausgestorbene Arten.



          Und da nur ein Drittel der Fläche bebaut wird und der Rest mal besonnt und mal beschattet ist ist das halt abwechslungsreich.



          Müssen sie mir nicht glauben, aber vielleicht dem Nabu?



          Oder auch nicht, sie haben ja mal was gesehen und sich dazu Gedanken gemacht.

          Warum studiert man überhaupt...

    • @Mark Hochreiter:

      Ja, da "könnten" Wald oder Moor sein. Ist aber nicht. Da ist Acker. Artenarmes Agrarland. Selbst der NABU befürwortet Solarparks.



      www.nabu.de/umwelt...energie/29906.html

      • @Andreas J:

        Ja das hat eine verführerische Logik. Erst zerstören wir den Wald und machen ihn zu landwirtschaftlicher Fläche. Dann laugen wir die Böden aus und machen unfruchtbare Äcker daraus. Und dann packen wir eine Solaranlage drauf. Das ist immer noch „besser“ als ein ausgelaugter Acker. Ich habe schöne Bilder, die ich auf Radtouren im Sommer aufgenommen habe. Darauf ist eine saftige Wiese zu sehen. Daneben eine große Solaranlage. Und siehe da… unter der Solaranlage ist sämtliche Vegetation tot. Verbrannt unter den kochend heißen Solarpanelen. Das meine ich mit Teilversiegelung. Und wie man den Klimawandel gerade mit großen heiß werdenden Flächen bekämpfen will? Naja… dann haben wir zwar weniger Co2, aber dafür dann große Kochplatten unter denen keine biologischen Prozesse mehr ablaufen können. Auf Dächern sind Solarpanele allemal besser aufgehoben. Wer direkt unter so einem Dach wohnt, weiß wie sehr sich dunkle Flächen bei direkter Sonneneinstrahlung aufheizen können. Aber nun. Die paar Jahre haben wir auch noch, bis es dazu aussagekräftige Studien gibt.

        • @Mark Hochreiter:

          Das halte ich für unglaubwürdig. Gerade weil die Paneele warm werden, ist es darunter kühler. In der Agrivoltaik werden unter Solarpaneelen bestimmte Gemüsesorten, die keine direkte Sonne mögen, angebaut. Ich habe selber 36 Paneele auf meinem Land stehen und kann nur sagen, daß es um die herum besonders üppig wächst.

      • @Andreas J:

        Und auch nicht in Wäldern

        • @Rudolf Fissner:

          Mir erschließt sich nicht der Sinn ihres Kommentares. Wie so oft.

      • @Andreas J:

        Aber ganz sicher nicht in Mooren!

  • Wer braucht schon grünen Solarstrom. So ein Quatsch. Wir haben doch Gas und Öl. Viel besser. Dann können wir weiter idyllisch reiten. 🤦🏽‍♀️

    • @BerlinerausBerlin:

      Vort allem haben die Berliner ja Brandenburg.

      Warum selbst Strom erzeugen, wenn man den Leuten im benachbarten Bundesland das Lebensumfeld vermiesen kann?

  • 4G
    49272 (Profil gelöscht)

    Und es ist leider wie immer. Energiewende ja, aber nur wenn Sie nicht mein Leben tangiert. Da sind einem monotone Flächen mit Raps lieber als natürliche Wiesen die mit Solaranlagen überbaut werden. Die Menschheit scheitert am Menschen.

    • @49272 (Profil gelöscht):

      Natürliche Wiesen, nur mit Solaranlagen überbaut, habe ich in Brandenburg eher nicht gefunden. Darunter ist eher Halbwüste.

      • @rero:

        Das hat einen bestimmten Grund.

        Die Betreiber haben keinen Anreiz es anders zu machen.

        Denen geht es darum die Fixkosten zu senken.

        Wenn Gras wächst unter der Anlage sinkt die Effizienz. Also muss ständig Gras entfernt werden. Das muss jemand machen, das kostet Geld.

        Also lieber einmal Geld investieren, Wüste erschaffen und damit Betriebskosten senken.

        Es können zum Beispiel Schafe unter den Anlagen grasen, das wäre eine Nachhaltige alternative. Die Schafe profitieren von dem geschaffenen Schatten, das Gras wächst besser, weil der Boden nicht so austrocknet.

        Der Nachteil ist das die Anlage so etwas höher über dem Boden liegen muss, was die Kosten für das Gerüst erhöht.

        Aus dem gleichen Grund wird eher selten Gemüse angebaut unter Solar auch wenn das ebenso Sinn ergeben würde.

        Hier müsste einfach Anreize und Vorgaben geschaffen werden, dann könnenda jede Menge positiver Synnergie entstehen.

        • @Obscuritas:

          In Brandenburg sind großflächige Photovoltaikanlagen in Kranichschutzgebieten untersagt.

          Die Kraniche würden sich verbrennen.

          Wenn es für einen Kranich zu heiß ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass es für Schafe völlig unproblematisch ist.

          Für den Gemüsebauern dürfte es auch nicht unproblematisch sein. Gemüseanbau erfordert viel Pflege.

          Eigentlich sehe ich es aber viel platter:



          In Berlin, wo ich wohne, gibt es Massen von hässlichen Dächern.

          Auf Industriegebäuden, auch Wohnhäusern oder Landesbehörden.

          So lange die nicht alle eine Photovoltaikanlage haben, muss ich damit nicht in Brandenburg die Landschaft verschandeln.

          Und ich vermute, wir sind uns darin einig, dass die Dinger nicht wirklich eine optische Bereicherung sind.