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Rassistischer TerrorBeruhend auf Unterdrückung

Michaela Dudley
Kommentar von Michaela Dudley

Rechtsextremisten werden nicht als solche geboren, sondern dazu gemacht. Um das zu verhindern, ist eine Auseinandersetzung mit unserem Rassismus nötig.

Der Schütze von Buffalo, Payton G., wird vor Gericht geführt Foto: Matt Rourke/ap

W ährend Payton G. am Streifenwagen stand, konnte ihn niemand mit George Floyd verwechseln. Die Polizisten, die den 18-jährigen Weißen umsäumten, tasteten ihn geradezu schonend ab. Zwar bekam er Handschellen angelegt, aber niemand schmiss ihn auf den Boden. Wieso denn auch? Er ist ein Student, ein Nerd. Mitglied der Inceligentsia (Schlachtparole der Autorin). Ein Gamer, kein Gangster.

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Der Kerl hat viel auf dem Kasten. Aber auch auf dem Kerbholz, wenn seine Gesinnung ihm ein Gewissen zulässt. Vor und in einem Einkaufszentrum am Eriesee hatte G. kurz zuvor 50 Schuss abgefeuert. Sein Sturmgewehr war mit rassistischen Beleidigungen beschriftet. 10 Tote, 3 Schwerverletzte. Fast ausschließlich Schwarze Opfer. Das ist die blutige Bilanz nach seiner Ballerei in Buffalo, New York.

Der Anschlag wirft Fragen auf, und die Folgen, die von uns allen in einer tief gespaltenen Gesellschaft getragen werden müssen, bergen akute Brisanz. Dasselbe gilt für das wenige Tage zuvor vereitelte Sprengstoffattentat eines 16-jährigen Deutschen auf zwei Essener Schulen. In Buffalo und in Essen handelt es sich um terroristische Aktivitäten. Trotzdem tut man sich schwer damit, die tatverdächtigen Jungs so richtig als Terroristen zu bezeichnen.

Denn sie sind Einheimische aus gutem Hause, keine zum Islam Konvertierten und auch keine Linksextremisten. Angesichts der Kraft solcher Denkmuster ist es zusätzlich bedenklich, wenn ausgerechnet NRW-Innenminister Herbert Reul den Eindruck erweckte, das mörderische Vorhaben relativieren zu wollen. Ich möchte dem guten Herrn Reul partout nicht vorwerfen, auf einem Auge blind zu sein.

Schwarze und Muslime im Visier

Doch bei der Nacht- und Nebelaktion des SEKs in der Wohnung des Jungen kamen einschlägige Beweggründe und Beweisstücke ans Licht. Der Bombenbastler hat es auf Schwarze und Muslime abgesehen. In seinem obligatorischen Manifest proklamierte er die Absicht, wegen „des Untergangs der weißen Rasse“ ein Zeichen zu setzen. Er liebt Adolf Hitler, er lobt die Attentäter von Erfurt (2002) und Winnenden (2009).

Im Rahmen der Pressekonferenz nach der Festnahme beschrieb Reul das Unterfangen des Tatverdächtigen dennoch als „dringenden Hilferuf eines verzweifelten jungen Mannes“. Die gelernte Juristin in mir weiß, dass küchenpsychologische Diagnosen seitens des Staates dem Verteidigungsteam in die Hände spielen können. Es wäre ohnehin besser gewesen, die seelischen Bedürfnisse der Menschen zu thematisieren, die der Junge ins Visier genommen hatte.

Selbst ein verhinderter Terroranschlag hinterlässt Traumatisierte. Viele der potenziellen Opfer laufen sowieso mit einer Zielscheibe auf dem Rücken herum, sie sind ungesühnten Mikroaggressionen und der scheußlich selbstgefälligen weißen Mittelmäßigkeit dauernd ausgesetzt. Nach wie vor herrscht die Unschuldsvermutung, was den mutmaßlichen Attentäter anbelangt, und in einem demokratischen Staat ist die Justiz zu Recht dazu verpflichtet, auch entlastende Umstände zu berücksichtigen, ganz egal, wer der Tatverdächtige ist.

So weit, so gut. Aber das unbedarfte Philosophieren über die Empfindsamkeiten eines in U-Haft sitzenden Naziverehrers, der Mit­schü­le­r*in­nen und Lehrkräfte in die Luft zu sprengen beabsichtigte, entpolitisiert das angestrebte Verbrechen, ohne die noch bedrohliche Lage zu entschärfen.

Angst vor dem „großen Austausch“

Sechstausend Kilometer trennen Payton G. von dem Rohrkrepierer aus dem Ruhrgebiet. Doch sie teilen eine gemeinsame Ideologie: White Supremacy. Sofern die erzkonservativen Medien wie Fox News nun aus ihren Fuchslöchern kriechen, um die Bluttat von Buffalo zu erwähnen, verorten sie den Schuldigen eher in dem „großen Austausch“, jenem Geheimplan der christenfeindlichen Elite, wonach die weiße Mehrheitsbevölkerung durch Nichtweiße ersetzt werde.

Tatsächlich kann ein demografischer Wandel infolge legaler Zuwanderung und niedriger weißer Geburtenraten kaum geleugnet werden. Voraussichtlich 2044 werden Weiße nicht länger die Mehrheit in den USA bilden. So sei man dazu gezwungen, die Heimat gegen die Überfremdung und die damit verbundene hohe Kriminalität zu verteidigen.

Michaela Dudley

geboren 1961 im Schatten der Freiheitsstatue, Berlinerin mit afroamerikanischen Wurzeln, Kolumnistin, Kabarettistin, Keynote-Rednerin und Juristin (Juris Dr., US). Ihr Buch „Race Relations: Essays über Rassismus“, erschienen 2022 im GrünerSinn-Verlag, reüssiert als lyrischer Leitfaden zum Antirassismus und liefert Hintergründe zu den bis heute anhaltenden Diskriminie­rungen.

Ausgerechnet in Conklin, dem Heimatstädtchen von G., machen Weiße aber nicht weniger als 91 Prozent der Bevölkerung aus. Latinos 7 Prozent, Asiaten und Schwarze jeweils gerade mal 1 Prozent. Der Schütze musste 3 Stunden mit dem Auto fahren, um Buffalo zu erreichen. Auch er hinterließ ein Manifest. Darin schwärmt er von den rechtsextremen Massenmördern Anders Breivik und Brenton Tarrant.

Wie Tarrant, der 2019 mehr als 50 Menschen in einer neuseeländischen Moschee ermordete, trug G. Körperpanzer und eine Helmkamera, mit der er seinen Anschlag live via Twitch streamte. Das Video zeigt, wie G. flehenden Greisinnen in den Kopf schießt. Dass er anschließend völlig unversehrt festgenommen wurde, bestätigt die Regel, von der auch andere weiße Attentäter profitieren, während unschuldige Schwarze in banalen Verkehrskontrollen ihr Leben lassen.

Black Lives Matter? Hashtags für Halle und Hanau? Ja, ja. Unsere Gesellschaft bringt es noch, eklatante Hassverbrechen zu verurteilen – um diese dann zügig als Einzelfälle ad acta zu legen. Doch sie ist nicht bereit, sich mit den tief verwurzelten Strukturen des Rassismus auseinanderzusetzen. In Echtzeit erfährt man heute mehr über Boris Beckers Londoner Kerker als das, was wir in 17 Jahren über Oury Jallohs Gewahrsamszelle in Dessau herausfinden konnten.

Immerhin werden Rassisten nicht geboren, dafür aber von Kindesbein an sorgfältig herangezüchtet. Jungs wie Payton G. und der Essener Bombenbastler sind hässliche Auswüchse eines Systems, das noch auf Unterdrückung fundiert und durch eine in der Tat verzweifelte Angst vor dem Privilegienverlust geprägt ist.

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24 Kommentare

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  • Ist es eigentlich zu viel verlangt, die These aus der Überschrift zu untermauern oder überhaupt zu behandeln? Dass Rassisten gemacht werden ist banal, aber wie werden sie gemacht? Wie funktioniert das?



    Denn nur weil die Breiviks dieser Welt Rassisten sind, sind nicht alle Rassisten Breiviks. Die Grundideologie, der akzeptierte Rassismus, dürfte in den USA sehr viel ausgeprägter sein, als in Deutschland, aber gibt es dort in Relation wirklich deutlich mehr rechten Terror? Und was ist eigentlich hier "das System"? Rassistisches Denken oder die tatsächliche Benachteiligung von Menschen? Und was von beiden ist eigentlich das Schlimmere, das Gefährlichere? Der drohende Privilegienverlust? Dann aber wäre der Rassismus gar nicht die Ursache der Gewalt, sondern nur eine Argumentationslinie für die verteidigten Vorteile. Etwas übertrieben formuliert: Rassismus ist zweifellos unschön, wird aber nur dann und dadurch toxisch und gefährlich, wenn er sich bezahlt macht. Weniger der Rassismus selber als die allgemeine Akzeptenz der jetzt gefährdeten Vorteile legitimiert rechten Terror.

  • Vermutung: Könnte es nicht weniger Rechtsextreme und Hassverbrecher geben, wenn man versuchen würde, jedem von Anfang an ein gutes Gefühl über sich und die Welt, Optimismus, Menschenfreundlichkeit und Vertrauen zu vermitteln?



    Könnte es nicht sein, dass die Vermittlung "unseres Rassismus", also die These, dass jeder, vor allem Weiße, ein kleiner Rassist ist und sich ständig diesbezüglich bekämpfen müsse, eher noch Frust und damit das Reinrutschen in solche Gruppen fördern?

    Wie wäre denn eine Gesellschaft, in der jeder sich gut, angenommen, anerkannt, geschätzt fühlen dürfte und das von Anfang an gefördert würde? In der man bei jedem Kind und Schüler und auch später Mitarbeiter nach Fähigkeiten, nach Schätzenswertem suchen und das auch immer wieder betonen würde? In der der Grund für Frust so klein wie möglich gehalten würde und Menschenwürde bei allem, was möglich ist, immer an erster Stelle stehen würde?



    Gäbe es dann nicht weniger Grund für Hass und Gewaltverbrechen?

    Die Unterteilung der Menschen von klein auf in gute und schlechte Gruppen, Gruppen, die wertgeschätzt werden und andere, bei denen das weniger der Fall ist, Täter und Opfergruppe, Gruppen mit optimistischer und pessimistischer Zukunft usw. fördert doch nur Frust und Wut auf andere und damit auch im Extremfall Gewalt gegen andere, die es vermeintlich unbegründet besser haben oder bevorzugt werden.

    Wenn es bspw. gute, gut bezahlte Arbeit für jeden gäbe, die auch die eigenen Fähigkeiten berücksichtigt und das auch auf dem Arbeitsamt gefördert würde, käme fast keiner auf die Idee zu befürchten, dass andere "ihm die Arbeit wegnähmen".

    • @BlauerMond:

      das unterschreibe ich sofort. Wer sich wertgeschätzt fühlt, kann kaum so einen Hass aufbauen, wie er hier zum Tragen kommt/kam.

      Woher er stammt und wie er aussieht - egal.

  • Hm. Für mich ist der Text in sich ziemlich widersprüchlich. Einerseits wird auf konservative gesellschaftliche Strukturen und rassistische Ideologien verwiesen und zu Recht festgestellt, dass "Rassisten nicht geboren", sondern "herangezüchtet" werden.

    Andererseits soll aber die psychologische Verfassung eines Minderjährigen potentiellen Gewaltvebrechers nicht zum Thema gemacht werden und der Stempel "Terrorist" ruhig schon mal schneller vergeben werden.

    Dort aber liegt genau der Punkt. Warum sind bestimmte Personen überhaupt anfällig für menschenverachtenden Ideen? Und wie kann man verhindern, dass so junge Leute überhaupt zu Rassisten und tickenden Zeitbomben werden?

    Sich dabei an einem Satz von Reul aufzuhängen und alles mit auf Hautfarbe basierenden Hintergründen erklären zu wollen, is gar nicht soweit weg von dessen "Küchenpsycholgie."

  • An sich eine gute Analyse, nur stehe ich der Theorie der Critical Whiteness aus verschiedenen Gründen skeptisch gegenüber. Z.B. weil sich eine solche Tat mit einer rassistischen Weltsicht erklären lässt; inwieweit die Angst vor dem Verlust von Privilegien hier eine Analysegröße darstellt, erschließt sich hier nicht.



    Es gibt eine Spaltung sowie Angst vor Verlust von "Privilegien", doch diese verläuft m. E: entlang von Klasse/Schicht. Dass Klassenzugehörigkeit teilweise zumindest mit Kriterien korreliert, die auch Basis rassistischer Diskriminierung sind, ist klar. Jedoch sind die Auswirkungen der geronnenen Arbeits- und Sozialethik der Mittelschicht, die sich nun gegen diese selbst wenden und ihre Position und ihren Wohlstand bedrohen, eben nicht per se Ausfluss von Rassismus.



    Hier läuft das Othering ebenzwischen Oben und Unten.

  • Ich habe den Eindruck, bei den meisten Menschen ist sowas wie die "Rudelbindung" in den sehr alten Hirnregionen immer noch sehr aktiv. Die Verteidigung des Rudels gegen alles, was als fremd und bedrohlich empfunden wird, löst aggressive Gegenreaktionen aus. Das kann man bis hin zum Fußball beobachten, wo das gegnerische Rudel (der andere Verein) von so genannten Ultras quasi als Feind behandelt wird bis hin zu Mordversuchen an gegnerischen Fans. Rassismus, Feindlichkeit gegenüber Homosexuellen, aggressive Abwehr von Flüchtlingen aus Weltregionen, die als (kultur)fremd eingeordnet werden usw. sehe ich als ähnliche Phänomene, die überall auf diesem Planeten beobachtet werden können. Rationalität ist halt nur ein Teil unserer Spezies, Triebhaftigkeit oder eben solche Abwehrreaktionen aus uralter Zeit sind u.a. auch im Einzelfall als handlungsbedingende Faktoren auszumachen, wie auch psychische Erkrankungen etc. Ein komplexes Thema, da Menschen komplexe Wesen sind.

    Gesetze sind dann dazu da, Handlungen zu bewerten und in jedem Einzelfall zu Urteilen zu kommen, die den Opfern wie Tätern gerecht werden und das ungeheuerliche Gewaltpotenzial, das in Menschen mal schlummert, mal aktiviert wird, zu "regulieren".

  • Gut, dass an Oury Jalloh hier erinnert wird. Meines Erachtens ist das, was ihm widerfuhr, nie rechtsstaatlich befriedigend geklärt worden. Eine Gesellschaft, die sich u.a. als Rechtsstaat begreift, müsste auf die Barrikaden gehen angesichts dieses Tatbestandes. Dass dies nicht geschieht, sagt leider nichts Gutes aus über die weit überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland.

    • @Adrast:

      "Eine Gesellschaft, die sich u.a. als Rechtsstaat begreift, ..."

      Da liegt der Hund begraben.

      Die Gesellschaft selbst ist nicht der Rechtsstaat.

      Wo die Gesellschaft "Rechtstaat" ist, lebt man Lynchjustiz und "gesundes Volksempfinden".

      Der Fall Oury Jalloh ist leider im wesentlichen ausermittelt, auch wenn das Ergebnis unbefriedigend ist.

      Stichhaltige Ermittlungsergebnisse oder sogar Beweise gegen einen Täter lassen sich nicht auf Barrikaden herbeizaubern.

      Leute auf den Barrikaden waren in der Vergangenheit oft der Grund, warum irgendjemand als Täter präsentiert und verurteit wurde, obwohl er es eher nicht war.

      Diese Zeiten sollten vorbei sein.

      Die Zeiten, dass jemand im Polizeigewarsam durch Fremdeinwirkung zu Tode kommt, allerdings auch.

  • Woher kommen die ungesühnten Mikroaggressionen? Alice Miller: "Am Anfang war Erziehung". Es ist keine Entschuldigung, aber die Beschreibung einer der Problemquellen.

    • @aujau:

      Generell ist eine Auseinandersetzung mit Gewaltkultur erforderlich. Dann könnten Privilegien zu wirklicher Verbesserung der Lebensverhältnisse Aller umgewandelt werden.

  • "eines Systems, das [...] durch eine [...] verzweifelte Angst vor dem Privilegienverlust geprägt ist."

    Ich denke nicht, dass es in erster Linie um Privilegienverlust geht, sondern um eine Weltordnung, ein Weltbild, dass einem Halt und Orientierung bietet (wie jedes Weltbild). Dieses Weltbild, mit dem man sein ganzes Leben lang aufgewachsen ist, loszulassen, verunsichert bzw. ist eine gewisse Herausforderung.

  • Dass man sich schwer damit tut, den 16-Jährigen in Essen als Terroristen zu bezeichnen, liegt vermutlich schlicht an seinem Alter.

    Jedenfalls geschieht dies diskriminierungsfrei, wie viele Zeitungsartikel über islamistische „Terrorist_innen“ im jugendlichen Alter belegen.

    Die 16-jährige Muslimin, die 2016 auf einen Bundespolizisten eingestochen und ihn lebensgefährlich verletzt hat, wurde in den Zeitungsartikeln auch nicht als Terroristin bezeichnet, sondern euphemistisch als „IS-Sympathisantin“.e

    www.zeit.de/gesell...attacke-polizisten



    www.tagesspiegel.d...haft/19307840.html

    Die 16 oder 17 Jahre alten Täter, die auf den Sikh-Tempel in Essen einen Bombenanschlag verübt haben, werden ebenfalls nicht als Terroristen bezeichnet.

    www.spiegel.de/pol...-a9d3-5cc59a20ff2f

    Selbst bei dem 12-jährigen Bombenbauer aus Ludwigshafen, der sich sehr selbstbewusst darstellt, fehlt diese Bezeichnung

    www.welt.de/politi...-beschaeftigt.html

    • @rero:

      Danke, sehr schöne Widerlegung der Kernthese. Offenbar ist man bei sehr jungen Menschen - zu Recht - vorsichtig mit der Begriffswahl "Terrorist" - egal woher sie kommen und wie sie aussehen.

  • Gegen weißen Rassismus vorzugehen ist sicher eine schwierige Sache, bei der nicht klar ist, ob das eine Gesellschaft überhaupt schaffen kann. Unverhältnismäßig gehetzt wurde und wird ja auch gegen andere Gruppen: mal Kommunisten, in anderen Ländern jetzt etwa Russen gegen Ukrainer und vieles mehr. Es scheint aber gar nicht nur ein Phänomen nur der Weißen zu sein: zumindest wenn keine Weißen in der Nähe sind, scheinen sich ja auch andere Ethnien, religiösen oder politischen Gruppen untereinander oft sehr hart, vorurteilsbeladen und ungerecht anzugehen.

    Am Ende liegt es vielleicht auch stark an individuellen Einstellungen und nicht nur an vererbten oder erlernten Strukturen - was es noch schwieriger machen würde. Denn woher erkenne ich dann, ob sich jemand gerade ungerechtfertigt gewaltätig oder diskriminierend verhält oder nur in nachvollziehbarer Weise auf ungerechte Umstände, die ihn ja auch nicht unbedingt persönlich treffen müssen, aber eben in der Gesellschaft und den Strukturen vorhanden sind.

    Es wirkt fasst so, als sei jede Form von Macht gefährlich, aber wie kann eine Gesellschaft ohne Machtstrukturen funktionieren?

  • @SYBILLE BERGI

    Ich verwette meine Farm darauf: wäre der Täter schwarz, und hätte er vor einem Bvlgari-Shop um sich geballert, dann wäre er jetzt tot.

    Verdrängen Sie ruhig weiter.

  • Wenn Rassismus den Kindern erzogen wird, so zweifle ich an der Fähigkeit der Eltern. Dann sehe ich es als Pflicht an, dass der Staat sich um die Erziehung kümmern muss, wenn wir wollen, dass Rassismus keinen Platz mehr in dieser Gesellschaft bekommt.

  • Eine ganz & gar zutreffende Analyse. Und die Hälfte der Deutschen glaubt weiterhin, dass es verschiedene menschliche Rassen gäbe. Man kan wirklich nur hoffen, dass der demographische Wandel noch schneller vorankommt.

    • @JulianM:

      Sollten Sie den im Artikel erwähnten demographischen Wandel durch Migration meinen, gibt es bislang keinen Hinweis, dass die Welt dann irgendwie weniger rassistisch sein würde.

      Auch die Migrant_innen bringen ihre rassistischen Vorstellungen mit.

      Da bewegen sich Antirassismus-Aktivist_innen leider im Wunschdenken.

  • Also das ist ja wirklich eine steile These. der Mörder G. wurde lebendig festgenommen, weil die Weltöffentlichkeit ihre Augen auf den Fall gerichtet hat. Und weil Experten Vor Ort waren. Beides war bei George F. nicht der Fall.

  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Die Gesellschaft ist nicht tief gespalten und es gibt auch nicht die verzweifelte Angst vor Privilegienverlust.

    • @03998 (Profil gelöscht):

      In Deutschland stehen sich identitätspolitisch 2 Blöcke gegenüber die von der Wissenschaft als die Verteidiger und die Entdecker bezeichnet werden. Wir sehen diese Lagerbildung auch in allen anderen mit uns vergleichbaren EU-Staaten wie Frankreich, Spanien, Schweden usw. . Unsere Gesellschaft ist bereits jetzt tief gespalten.



      Ich bin zudem verwundert wie man in diesem Land leben kann ohne die große Angst der Mittelschicht vor dem Abrutschen in die Unterschicht zu kennen. So viele Vorkommnisse in der deutschen Politik entspringen dieser Urangst.

    • @03998 (Profil gelöscht):

      Die US-amerikanische Gesellschaft ist schon tief gespalten und der Brexit-wahlkampf in GB hat das auch dort bewirkt. Hier läuft der Riss nicht durch die Mitte der Gesellschaft, aber die autoritär-nationalistischen Radikalen treiben den Keil bei jeder sich bietendenden Gelegenheit tiefer.



      Der Pathos der Autorin macht den Artikel zwar schwer lesbar, aber die Angst vor dem Verlust der verbleibenden Privilegien ist mit dem Verlust der Identität verbunden und eine emotional gut ausbeutbare, wunde Stelle in unserer Gesellschaft (und der übrigen EU. (Siehe auch: Francis Fukuyamas "Identity")

      • 0G
        03998 (Profil gelöscht)
        @Christian Lange:

        Antwort auf Sarru-Kinu/Christian Lange



        Zwei extreme Ränder stehen sich feindlich gegenüber, das sind aber sehr kleine Minderheiten, das kann man/frau nicht auf die ganze Gesellschaft übertragen. Das passiert nur in den Köpfen nicht zuletzt von Terroristen.



        Die Privilegien werden der Mittelschicht nicht von Einwanderern weggenommen sondern vom Kapital, dass auf immer größere werdende Profite setzt und für das Einwanderer nur verschiedene Kategorien von Arbeitssklaven darstellen. Solange sich nicht alle gesellschaftlichen Gruppen solidarsieren - und danach sieht es nicht aus - werden die Konzerne gewinnen. Hetzer jedweder Couleur sind dabei ein williges Instrument.

        • @03998 (Profil gelöscht):

          Laut der Studie die ich letztens gelesen habe stellen die Verteidiger etwa 20% der Bevölkerung in Deutschland und die Entdecker 14%. Der Rest steht in der Mitte und positioniert sich fallweise in eine der Kategorien.



          Interessant wird es sowieso erst bei der nächsten echten Krise in diesem Land. Ich bin gespannt auf die Reaktion der Gesellschaft wenn bei uns so etwas wie in Griechenland passieren sollte, wenn auf einmal innerhalb eines Jahres im Schnitt 30% des Einkommens abhanden kommt und es für viele Menschen an die nackte Existenz geht. Da könnte es dann sehr schnell äußerst hässlich werden. 2015 hat ja allein schon gereicht die Radikalen von einer Mehrheit zumindest träumen zu lassen. Die einzige große Schwäche einer diversen Gesellschaft ist ja die nicht vorhandene Solidarität zwischen den einzelnen Gruppen. Deshalb ist dieses Gesellschaftsmodell ja auch so attraktiv für unsere kapitalistischen Machthaber und wird mit Leibeskräften gefördert. Amazon sucht ja in den USA bereits Standorte für die eigenen Niederlassungen nach möglichst höher Diversität aus, da es in solchen Regionen am seltensten zur Bildung von Gewerkschaften kommt. Teile und herrsche und im Ernstfall ziehen die Gruppen sowieso nicht an einem Strang. Bestes Beispiel ist da die USA.