piwik no script img

Blank geputzte StädteWenn der Dreck fehlt

Können Städte zu sauber sein? Und verschleiern sie dadurch ihre neoliberale Verheerung? Unsere Kolumnistin vermisst den Dreck jedenfalls manchmal.

Sie sind da, auch wenn Sie sie nicht sehen: Suchbild mit Ausgrenzern

A m ersten Sommertag des Jahres saß ich am Rande einer großen Grünfläche in der Nähe meiner Wohnung, auf der Kinder spielten. Mein Begleiter, der die meiste Zeit seines Lebens auf St. Pauli gewohnt hat, murrte, für seinen Geschmack sei es hier zu sauber.

Ich verstand, was er meinte. Man sieht es vor allem an den Kindern. Wenn die einfarbige Kleidung tragen, unbedruckte T-Shirts und Hosen und vielleicht sogar braune Lederschuhe (!), dann ist das ein untrügliches Zeichen für einen gewissen Wohlstand und eine gewisse Bildung. Es steht für einen bestimmten Stil der Kindererziehung, Wohnungseinrichtung und Freizeitgestaltung. Selten bis nie sieht man hier diese Kinder, die vollkommen in Merchandise eingehüllt sind, mit ihren Eltern, die sie mit Weizengebäck und Eistee nähren.

Stattdessen spielen hippe, mitteljunge Väter mit ihren selbstbewussten Töchtern Fußball, schlürfen lässig gekleidete Mütter mit ihren Freun­d*in­nen Cremant aus dem Biomarkt. Es sind vor allem junge oder mitteljunge Familien, die „Refugees Welcome!“-Schilder und Regenbogenfahnen an ihre nagelneuen Balkone geheftet haben, einen gebrauchten, aber immer noch teuren Fahrradanhänger ihr Eigentum nennen und sich gerne mit anderen Familien zu Geburtstagsfeiern-wo-jeder-einfach-was-mitbringt verabreden.

Was es auf diesem Platz nicht gibt: obdachlose Menschen, Trinker*innen, Jugendcliquen, serbische Familiengrillfeste, Punks. Die kommen nicht, die werden irgendwie, auf geheime Weise, magnetisch abgestoßen.

Als reflektierter Mensch kann ich gar nicht anders, als diese kritischen Gedanken gegenüber dem gesellschaftlich so homogenen Leben um mich herum zu hegen. Aber ich kann auch den inneren Konflikt nicht leugnen. Ich bin 52 Jahre alt und kann Plätzen, die von Jugendcliquen frequentiert werden, relativ wenig abgewinnen. Was will ich also von einem Ort, an dem ich die Abwesenheit verschiedener Menschengruppen kritisiere, nach denen ich mich aber auch nicht gerade sehne, während ich es mir mit meinem Buch gemütlich mache? Will ich nicht eigentlich nur meine Ruhe?

Ahnungslose Ausgrenzung

In meinem alten Dorf würde mich keiner verstehen, wenn ich erklärte, es wäre mir irgendwo „zu sauber“. In der Stadt gilt es in bestimmten Szenen als Zeichen guten Geschmacks, den Dreck zu vermissen, weil er die Schäden einer neoliberalen Gesellschaftsordnung öffentlich sichtbar macht, es gehört zum guten Geschmack, die Kaputten, die Verrückten, die Lauten und die Störenden zu vermissen, die Randfiguren der Gesellschaft, auch und gerade, weil man sehr gut gelernt hat, die tägliche Armut und das allgegenwärtige Elend zu verdrängen oder auch einfach zu akzeptieren. Wie könnten wir sonst, angesichts dessen und immer noch, so gut damit leben?

Partielle homogene Ordnungen stören vielleicht unser Gerechtigkeitsempfinden, denn sie erwecken den Eindruck der Ausgrenzung, obwohl ja etwa von dieser Grünfläche, zum Beispiel, niemand ferngehalten wird. Oder doch? Halten Menschen durch ihr bloßes Sein andere Menschen schon fern? Halte ich durch mein bloßes, nach außen hin sichtbar werdendes Sein, durch meinen sichtbar werdenden Lebensstil schon einen Menschen fern?

Vielleicht. Mir selbst geht das so. Menschen, die laut, dumm und/oder aggressiv sind, halten mich von Plätzen fern. Aber auch sie sind Teil dieser Stadt. Und mir, als Bewohnerin einer Großstadt, bleibt im Sommer nichts übrig, als immerfort Kompromisse zu machen, ein bisschen schneller zu trinken oder drinnen zu bleiben. Drinnen ist es, im Sommer in der Stadt, manchmal gar nicht so übel.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Schriftstellerin
Mehr zum Thema

48 Kommentare

 / 
  • Kann mir schon vorstellen, dass man ein wenig Dreck vermisst, wenn man sich plötzlich in einer allzu homogenen Schicht aus weißen Gutverdienern wiederfindet. Die Autorin scheint sich auf die etwas weniger sauberen Stadtteile von Hamburg oder vielleicht Berlin zu beziehen. Persönlich würde ich eher das Flair von Studienstädten vermissen, die ja meistens auch nicht wie geleckt aussehen.



    Grölende Jugendliche und dumme Proleten können mir auch in der saubersten Umgebung gerne weiterhin gestohlen bleiben...

  • Ein Artikel, der ein Zeitdokument ist. Denn er zeigt ganz gut, wie sich die Gesellschaft inzwischen aufgesplittet hat, auch den Konflikt zwischen dem sog. "urbanen Milieu" (wählt grün oder Volt oder Piraten) und den "einfachen Leuten" (wählen gar nicht oder die alten Parteien).

    Eine Frage würde ich allerdings aufwerfen: wie viele derjenigen, die "den Dreck vermissen", sagen das nur, weil es eben ein Signal ist, auf der richtigen Seite zu stehen.....bleiben aber doch lieber unter sich?

  • Dreck ist ein Markenzeichen Berlins.



    Das wurde mit schon seit 30 Jahren so mitgeteilt.

  • Hier geht es eigentlich um Personengruppen, Gentrifizierung und den Habitus verschiedener Gesellschaftsschichten. Der Aufhänger ist aber, das Thema Sauberkeit. Fazit ist dann irgendwas mit Toleranz und "ich bin so reflektiert, aber will trotzdem keine Proleten in meinem Mittelschichtsviertel, weil die dumm sind".

    Wer sind denn "die Verrückten, die Kaputten und die Lauten"? Wer legt das fest, was nun ein verrückter Lebensstil ist und was nicht?



    Laut sind auch die Bewohner/innen solch besser gestellter Stadtteile und die Dorfbewohner, nur halt nicht bei sich Zuhause. Das macht man dann nämlich im Viertel der "Verrückten" am Wochenende . Kein Bewohner dieser "dreckigen Stadtteile" benimmt sich so sehr daneben, wie die ruhebedürftigen Dorfbewohner im Urlaub auf Mallorca ,Ibiza oder am Goldstrand.



    Oder beim Großstadtbesuch in St Pauli oder Kreuzberg

    • @Alfonso Albertus:

      "Hier geht es eigentlich um Personengruppen, Gentrifizierung und den Habitus verschiedener Gesellschaftsschichten."

      Es geht schlicht um Disziplinlosigkeit, Unvermögen der Ordnungsämter und die Gedankenlosigkeit von Jugendlichen, die gerne um Burger-King oder McDonals ihren Dreck in der Umgebung hinterlassen. GENAU DARUM GEHT ES!

      • @cuba libre:

        Achso, es geht um Jugendliche? Kam im Artikel gar nicht so rüber...Was sollen die Ordnungshüter mit den diziplinlosen Jugendlichen machen, die nun zwei Jahre lang gelangweilt in Parks rumhängen mussten, damit die Alten kein Covid kriegen?

        Scheint Sie haben da ein paar Fantasien diesbezüglich...

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

    “ Moin







    Brauen nicht nur in Brauenschweig. Die Schilder standen im Mittelalter an jedem Flüsschen und Bächlein.(Nein, es wurde ausgerufen. Konnten ja nicht alle lesen) Und Brauen mussten die Frauen.







    To your health!“



    & Däh! - 🙀🥳 - 🥚jòò 🥚jòò -!



    Dr. Helmut Bimbes 🥬 so:



    “To your Dunkles“ - 🍻 - wa!

    • @Lowandorder:

      & stimmt - das mit dem Pappschild hab ich dazuerfunden - 🤥 - unsere alte Dame*04 Braaanschweig - pflegte selbiges auch immer als Ausruferin zu deklamieren - paschd scho!;)) 🍻🍻🍻 -

  • "Stattdessen spielen hippe, mitteljunge Väter mit ihren selbstbewussten Töchtern Fußball," --> Echauffiert sich die Autorin hier ernsthaft darüber, dass 1. Väter zumindest einen Teil der Care-Arbeit ihrer Kinde übernehmen und 2. die Töchter selbstbewusst sind? In einer linken und emanzipatorischen Zeitung? Wirklich?

    Was wäre der Autorin denn lieber? Rauchende Männergruppen mit den Söhnen, die sie "zu echten Männern" mit dem emotionalen Tiefgang eines Teelöffels erziehen, während Mutti den Töchtern zu Hause erklärt, wie man sich einen Ehemann angelt und diesem stets zu Diensten ist?

    • @Kriebs:

      Ich glaube das die Autorin wollte ein wenig selbstironisch genau diese Situation als richtig anpreisen wollte. Zumindest interpretiere ich ihr Fazit in diese Richtung.

      Sehr her: hier die gebildeten Mittelschichtsväter, dort das saufende Lumpenpack in St pauli!

  • Mir geht es da genau wie den im Artikel beschriebenen Dorfbewohnern und das obwohl (oder weil?) ich hier geboren bin.

    Nach mehr als 40 Jahren in diese Stadt und ein paar längeren Auslandsaufenthalten kann ich ganz pauschal sagen "zu sauber gibt es nicht".

    • @DiMa:

      Nach längeren Aufenthalten in spießigen Kleinstädten kann ich folgendes entgegen. Die Sauberkeit einer Stadt ist mir nicht so wichtig. Es gibt zwischen schwarz/weiß und geleckten Vorgärten vs. Spritzen auf dem Spielplatz auch noch ein paar Farben dazwischen.

      • @Alfonso Albertus:

        Im nächst gelegenen Park würde übers Wochenende mal wieder Sperrmüll abgeladen und mein Sohn ist in einen Hundehaufen getreten, als er die Wiese betreten hat. Sorry, dann doch lieber etwas mehr Spießigkeit.

        • @DiMa:

          Ihr Sohn hat sich hoffentlich wieder gut erholt und kein schwerwiegendes Trauma davon bekommen?

          • @Alfonso Albertus:

            Das Trauma habe ich erlitten, da ich die Schuhe putzen musste. Wenn es nach mir ginge würde das der Hundehalter nur ein einziges mal machen. Im Anschluss bräuchten wir dann für den Hund ein neues Herrchen.

          • @Alfonso Albertus:

            Warum verteidigen Sie den Terror einer asozialen Minderheit bzw machen sich darüber lustig? Warum sollte irgendwer die Zerstörung von Allgemeingut achselzuckend oder gar so wie Sie mit Süffisanz und Mokanz hinnehmen? Es geht hier nicht um Traumata, es geht darum, dass alle ein Recht auf den Park haben und daher alle die Pflicht, ihn sorgsam zu behandeln.

  • Wenn jemand meinen Gartenzwerg anpinkelt, gibt's ne Anzeige!

  • Nicht in der Lage dazu zu sein, einen Mülleimer zu benutzen, hat nichts mit irgendwelchen sozialen Fragen zu tun.

    • @Suryo:

      So isset! Die pure Blödheit ist das!

    • @Suryo:

      Absolut richtig. Das sollten sich die Dorfbewohner auf ihren Junggesellenabschieden in der Großstadt mal hinter die Ohren schreiben.

      Ansonsten gibt es aber noch ein paar Abstufungen. Zum Beispiel: ist ein Stadtteil belebt, oder eher dörflich strukturiert? Gibt es viele oder wenige Mülleimer in der näheren Umgebung? Werden die Mülleimer regelmäßig gelehrt oder quellen sie über weil die Stadt den Stadtteil vernachlässigt? Ist die Umgebung eher hübsch oder sowieso so hässlich, daß der Müll kaum einen Unterschied macht? Wohnen die Leute anonym oder kennt jeder jeden?

      • @Alfonso Albertus:

        In Berliner Parks sind zumeist riesige Container aufgestellt. Bringt hunderte Menschen nicht dazu, ihren Müll dort reinzuwerfen. Die lassen ihn einfach liegen. Das gilt auch für Parks und Grünanlagen in Prenzlauer Berg, wo es garantiert kein massenhaftes soziales Elend gibt. Die Vermüllung hat übrigens laut Bezirken in ganz Berlin extrem zugenommen. Auch der Vandalismus ist sehr stark angestiegen. In vielen Straßen gibt es keine Fassade ohne Graffiti mehr, mittlerweile werden selbst Schaufenster und sogar Lieferwagen getaggt. Das alles ist mit Sicherheit kein unabwendbares Schicksal, das ist weder typisch Großstadt noch Ausdruck sozialer Schwäche. Es ist einfach nur asozial.

  • 3G
    32051 (Profil gelöscht)

    "Die Städte sind zu sauber"..

    Ja, so hat jede:r seine/ihre Probleme.

  • Im Biomarkt gibt's Cremont, den Frauen schlürfen? Was mag das für ein Getränk sein? Ich kenne nur Cremant.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Halten Menschen durch ihr bloßes Sein andere Menschen schon fern? Halte ich durch mein bloßes, nach außen hin sichtbar werdendes Sein, durch meinen sichtbar werdenden Lebensstil schon einen Menschen fern?“



    Klaus Kinski: „Niveau wirkt von unten leicht wie Arroganz.” Das führt dann zu Distanz.

  • Ich brauche keine feiernden Großfamilien in den Parks, die dann danach ihren Dreck liegen lassen oder junge Partypeople, die aus lauter Jux Flaschen zerdeppern, die dann die Strassenreinigung mühsam aufsammeln muss.



    Und wer gern Dreck hätte - kommt einfach nach einem schönen sonnigen Wochenende in einem beliebigen Großstadtpark zum Müllsammeln vorbei.

    • @Renate Wolff:

      Es gibt den "beliebigen" Park aber nicht. Es gibt den einen Park der touristisch hoch frequentiert ist und da kommt jeden morgen die Stadtreinigung. Dann gibt es den anderen Park im vernachlässigten Stadtteil des bösen Proletariats-da kommen die einmal die Woche vorbei

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Renate Wolff:

      "Ich brauche keine feiernden Großfamilien in den Parks, die dann danach ihren Dreck liegen lassen.."



      Die tun das nicht für Sie. Sie überschätzen sich.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        macht es das besser?

        • 9G
          95820 (Profil gelöscht)
          @Dr. McSchreck:

          Sie überschätzen mich. Ich kann nicht alles besser machen.

  • "es gehört zum guten Geschmack, die Kaputten, die Verrückten, die Lauten und die Störenden zu vermissen, die Randfiguren der Gesellschaft"

    Vielleicht einfach mal die Augen aufmachen. Die gibt es überall. Man muss schon in wirklich sehr speziellen Vierteln leben, wenn diese fehlen.

    Man sollte sich aber nicht wundern, dass z.B. Menschen mit weniger Geld i.d.R. nicht dort einkaufen wo es teuer ist.



    Bei einseitigem Umweltverhalten wird die Umwelt immer nur einseitig sein. Da muss man sich an der eigenen Nase anfassen.

  • Muss die Überschrift „fehlender Dreck“ so sein?



    Im Artikel geht es doch mehr um Menschen, soziale Hintergründe und deren Sichtbarkeit.



    Das geht leicht in Richtung einer falschen Assoziation.

    • @fly:

      Ja - da ham’s recht - werter Herr!



      Dreck - da mächtmer vorsichtig sein:



      “ Im Wirtshaus »Zum Kelch« saß ein einsamer Gast. Es war der Zivilpolizist Bretschneider, der im Dienste der Staatspolizei stand. Der Wirt Palivec spülte die Tassen ab, und Bretschneider bemühte sich vergeblich, mit ihm ein ernstes Gespräch anzuknüpfen.



      Palivec war als ordinärer Mensch bekannt, jedes zweite Wort von ihm war Dreck oder Hinterer. Dabei war er aber belesen und verwies jedermann darauf, was Victor Hugo in seiner Schilderung der Antwort der alten Garde Napoleons an die Engländer in der Schlacht von Waterloo über dieses Thema schreibt.



      »Einen feinen Sommer ham wir«, knüpfte Bretschneider sein ernstes Gespräch an.



      »Steht alles für einen Dreck«, antwortete Palivec, die Tassen in den Speiseschrank einordnend.



      »Die haben uns in Sarajewo was Schönes eingebrockt«, ließ sich mit schwacher Hoffnung wieder Bretschneider vernehmen.



      »In welchem Sarajewo?« fragte Palivec. »In der Nusler Weinstube? Dort rauft man sich ja jeden Tag. Sie wissen ja, Nusle!«



      »Im bosnischen Sarajewo, Herr Wirt. Man hat dort den Herrn Erzherzog Ferdinand erschossen. Was sagen Sie dazu?«



      »Ich misch mich in solche Sachen nicht hinein. Damit kann mich jeder im Arsch lecken«, antwortete höflich Herr Palivec und zündete sich seine Pfeife an. »Sich heutzutage in so was hineinmischen, das kann jeden den Kopf kosten. Ich bin Gewerbetreibender, wenn jemand kommt und sich ein Bier bestellt, schenk ichs ihm ein. Aber so ein Sarajewo, Politik oder der selige Erzherzog, das is nix für uns. Draus schaut nix heraus als Pankrác.«Große Strafanstalt bei Prag.



      Bretschneider verstummte und blickte enttäuscht in der leeren Gaststube umher.



      »Da ist mal ein Bild vom Kaiser gehangen«, ließ er sich nach einer Weile von neuem vernehmen. »Gerade dort, wo jetzt der Spiegel hängt.«



      »Ja, da ham Sie recht«, antwortete Herr Palivec. »Er is dort gehangen, und die Fliegen ham auf ihn geschissen, so hab ich ihn auf den Boden gegeben. …..“

      • @Lowandorder:

        & ff - ahn Dreck - die ⚠️

        “… Sie wissen ja, jemand könnt sich irgendeine Bemerkung erlauben, und man könnt davon noch Unannehmlichkeiten haben. Hab ich das nötig?«



        »In Sarajewo hat es aber bös aussehn müssen, Herr Wirt.«



        Auf diese heimtückische direkte Frage antwortete Herr Palivec ungewöhnlich vorsichtig:



        »Um diese Zeit is es in Bosnien verflucht heiß. Wie ich gedient hab, mußten wir unserm Oberlajtnant Eis aufn Kopf geben.«



        »Bei welchem Regiment haben Sie gedient, Herr Wirt?«



        »An solche Kleinigkeiten erinner ich mich nicht, ich hab mich nie um so einen Dreck gekümmert und war auch nie drauf neugierig«, antwortete Herr Palivec, »allzu große Neugier schadet.«



        Der Zivilpolizist Bretschneider verstummte endgültig, und sein betrübter Ausdruck heiterte sich erst bei der Ankunft Schwejks auf, der bei seinem Eintritt in das Wirtshaus ein schwarzes Bier mit folgender Bemerkung bestellte:



        »In Wien ham sie heut auch Trauer.«



        & Früchte der ⚠️ - ahnDreck!



        “ Dann kehrten sie in die Gaststube zurück, und Schwejk sagte zu Herrn Palivec:



        »Ich hab fünf Biere und ein Kipfel mit einem Würstl. Jetzt geben Sie mir noch einen Sliwowitz und dann muß ich schon gehn, weil ich verhaftet bin.«



        Bretschneider zeigte Herrn Palivec den Adler, blickte Herrn Palivec eine Weile an …»Sind Sie verheiratet?«



        »Ja.«



        »Und kann Ihre Frau während Ihrer Abwesenheit das Geschäft führen?«



        »Ja.«



        »Dann ist alles in Ordnung, Herr Wirt«, …»rufen Sie Ihre Frau herein,… und abends werden wir Sie abholen.«



        »Mach dir nichts draus«, tröstete ihn Schwejk, »ich geh nur wegen Hochverrat hin.«



        »Aber wofür ich« stöhnte Herr Palivec. »Ich war doch so vorsichtig.«



        Bretschneider lachte und sagte siegesfroh:



        »Dafür, daß Sie gesagt haben, daß die Fliegen auf unsern Kaiser geschissen haben. Man wird Ihnen schon unsern Kaiser aus dem Kopf treiben.«



        Schwejk verließ das Gasthaus »Zum Kelch« in Begleitung des Zivilpolizisten, … »Ich denk, wenn ich verhaftet bin, hab ich kein Recht mehr, auf dem Trottoir zu gehn.«



        Ahn Dreck halt.

    • @fly:

      Danke, den Eindruck teile ich. Spießertum und fehlende Heterogenität lassen sich auch kritisieren, ohne bestimmte Menschengruppen als Synonym für das Aufkommen von Dreck zu nehmen.

      • @Knödelbauer:

        Das steht so in dem Artikel nicht.



        Die Synonyme müssen Sie sich schon selbst ans Revers heften.

        • @Sonntagssegler:

          anschließe mich - echt peinlich:

          “Gott erhalte mir meine Vorurteile & die Arbeitskraft meiner Frau!“ Wollnich.



          Rein tonn katolsch warrn.

  • Das mit der Verdrängung ist offizielle Lesart. Hier inne Nachbarschaft will man auch zwei Objekte gezielt an "Qualitätsgastronomen" vermieten um die Shisha Bar Jungs zu vergrämen. Schaumermal wegen der Renitenz bzw. Positiv-Neusprech Resilienz.

  • Kommt immer auf den Sprechort, oder auf den Müllort an.

    Die Bewohnerinnen und Bewohner der kleinen Stadt, aus der ich komme, posten immer mal wieder auf Facebook Bilder von vermüllten Ecken und garnieren diese mit empörten Äußerungen, gern über die Verkommenheit der Jugend.

    Auf diesen Bildern sieht man dann zwei Bierdosen und fünf Kippen vor dem Gemeindehaus. Wenn ich dann schreibe, dass ich glücklich wäre, würde es in Berlin so aussehen, ernte ich nur Unverständnis.

    Gartenzaun bleibt Gartenzaun und Tellerrand bleibt Tellerrand.

    • @Jim Hawkins:

      Mein erster Gedanke war auch: Wenn ihr der Dreck fehlt, soll sie nach Berlin ziehen, vorzugsweise ans Kottbusser Tor. Da findet sie genug, um fürs ganze Leben von der Sehnsucht nach Dreck geheilt zu sein.

    • @Jim Hawkins:

      ... dann zwei Bierdosen und fünf Kippen vor dem Gemeindehaus. .



      Schwipp, stibbel tu tipp.....;-)



      Schönes Bild!



      Zwei Jungen spielen im Sperrmüll vor einem Plattenbau, 1988



      www.deutschefototh...501/df_dat_0007703



      Sammelplatz für Sperrmüll, 1990



      Prenzlauer Berg, Gudvanger Straße



      www.deutschefototh...070/df_dat_0007272

      • @Ringelnatz1:

        Danke für die wundervollen Bilder.

      • @Ringelnatz1:

        Mit diesem Sperrmüll haben wir unsere Hausbesetzerwohnungen ausgestattet.

        Die Ex-Besitzer sind dann erstmal zu Möbel Hübner und Möbel Höffner getigert.

        Von der WM66 hatten wir es ja schon einmal.

        Recycling, Upcycling, auf jeden Fall Cycling.

    • @Jim Hawkins:

      Lovando & Bella Italia -



      “ “Was ist da draußen für‘n Lärm. Schau mal nach!“ - “& Liegt der Müll noch auf der Straße? Ja?! Dann ist alles gut & die Faschisten nicht an der Macht!“ - 🙀🥳 -



      taz.de/!ku3495/

      Si. So - geht‘s halt auch. Gelle.

      • @Lowandorder:

        Als ich wegen der Pflege meiner Mutter für ein paar Jahre wieder in my little town war, ließ ich als Erstes den Garten verkommen.

        Der Nachbar, dem das gar nicht gefiel, rief mir über den Gartenzaun zu:

        "Dahoim isch am schenschda, au wenns an Sauschdall isch"

        • @Jim Hawkins:

          Klar - Pappschild am Bach -



          “Heute nicht in die Beecke machen!



          Morgen wird gebraut!“



          (© irgenwo im Braaanschweigischen=>



          Familienschnack - 🙀🥳 - sauber - 😎 - ;)

          • @Lowandorder:

            Meines Wissens war das im Mittelalter eine weit verbreitete Vorschrift und kein Spaß.



            Mit schmutzigem Wasser kann man kein Bier brauen und Bier war lange Zeit generell das gesündeste Getränk - weil einigermaßen keimfrei.

            • @Sonntagssegler:

              Ach was! © Vagel Bülow -

              Spaß? Na aber Hallo!



              Beim 🍻 & Brauen - hört der Spaß aber auf - aber allerspätestens! Gelle.



              Weiß nichts genaueres darüber. Aber das Wasservogtwesen zur Überwachung der Bäche & Wasserläufe - dürfte in der Tat weit verbreitet gewesen sein.



              Bleibt uns nur noch ein Augenzwinkern.

              unterm——— btw



              Rechtlich eingehängt dürfte es nicht unähnlich dem Bauernvogtwesen in SH gewesen sein.



              “ Der Bauernvogt (nds: Burvogt) war in der vorpreußischen Zeit Schleswig-Holsteins ein Amt der bäuerlichen Selbstverwaltung.



              Der Bauernvogt stand an der Spitze der bäuerlichen Hierarchie eines Dorfes. In den alten landesherrlichen Ämtern war er bis 1867 für die Einhaltung der Ordnung (eigene Dorfordnung, Anweisungen des Landesherren) zuständig und vertrat gleichzeitig die Dorfbevölkerung gegenüber der Obrigkeit. In den Dörfern der Adligen Güter war er für die Durchsetzung der Anordnungen des Gutsherrn zuständig. Aufgrund seiner Zwitterstellung als Vertreter der Obrigkeit einerseits und der Bevölkerung andererseits, geriet der Bauernvogt häufig in Aufgaben- und Loyalitätskonflikte.



              Häufig war das Amt des Bauernvogtes an eine bestimmte Hufe gebunden, diese Stellen waren oftmals erblich, so dass sich ein sogenannter Bauernadel in den Dörfern herausbildete. In anderen Dörfern wurden die Bauernvögte unter den Hufnern gewählt, so dass das Amt rotierte.…“



              (kl. “Gerichtsbarkeit“ Lesen&Schreiben)



              de.wikipedia.org/wiki/Bauernvogt



              Obwohl meine bäuerlichen Altvorderen schon Anfang des 19. Jahrhunderts freie Bauern & lübsche Bürger geworden waren - hing an der Hufe ( ~ 55 ha) meines Großvaters noch das Bauernvogtamt & ein “Krugrecht“. Sodaß mein Vater noch “Krögers Hans“ genannt wurde - obwohl die Kneipe längst jemand anders betrieb.



              &



              Das Wasser - kam aus den Quellbächen der Bille. Und - däh - der Onkel Rucksackbauer war denn auch - neudeutsch - Vorsitzender des Bille-Wasserverbandes!;))

          • @Lowandorder:

            Ja, mündlich auch von meiner Mutter aus dem Thüringischen:

            "Hiermit wird bekannt gemacht,



            dass keiner was ins Wasser macht,



            denn morgen wird gebraut."