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Gregor Gysi zum Belarus-Konflikt„An Putin führt kein Weg vorbei“

Um den Konflikt an der polnisch-belarussischen Grenze zu lösen, müsse der russische Präsident mit ins Boot geholt werden, fordert Linken-Politiker Gysi.

„Wir müssen mit Putin reden“ sagt Gregor Gysi Foto: Sascha Steinbach/epa
Anna Lehmann
Interview von Anna Lehmann

taz: Herr Gysi, der belarussische Diktator Lukaschenko schickt Flüchtlinge an die EU-Grenze. Angela Merkel hat nun Russlands Präsidenten Putin um Vermittlung gebeten. Ist es wirklich klug sich mit einem Autokraten gegen einen Diktator zu verbünden?

Gregor Gysi: Es ist richtig, dass wir Russland dafür gewinnen, Einfluss zu nehmen auf Lukaschenko. Denn Lukaschenko fühlt sich ja nur sicher, weil er Russland im Rücken hat. Wenn wir die Situation jetzt weiter zuspitzen und den Druck auf Belarus erhöhen, denkt sich Lukaschenko was Neues aus. Es entspricht seiner Denkweise, die EU nun zu ärgern. Dafür missbraucht er auch die Migrantinnen.

Aber Putin als Verbündeten zu gewinnen, ist wie sich mit Erdogan gegen Assad zu verbünden. Das geht schief.

Wir müssen mit Putin reden. Anders geht es nicht. Oder wir sanktionieren uns zu Tode. Ich stelle mir das so vor, dass wir wieder ein bisschen zurück zu Willy Brandt gehen, zum Wandel durch Annäherung. Die Politik der Sanktionen hat bislang in Bezug auf Russland nichts gebracht. Die Opposition ist nach wie vor sehr eingeschränkt, Menschenrechte werden verletzt.

dpa
Im Interview: Gregor Gysi

ist ehemaliger Parteichef- und Fraktionsvorsitzender der Linken. Der 73-Jährige war zuletzt außenpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag und wird diesen Posten wohl auch in der aktuellen Legislatur übernehmen. Dank seines und zwei weiterer Direktmandate ist die Linke wieder im Bundestag als Fraktion vertreten.

Der Türkei-Deal mit Erdogan hat auch nicht dazu geführt, dass Erdogan gemäßigter regiert. Im Gegenteil. Er erpresst die EU damit.

Das stimmt. Wir sollten uns von Putin auch nicht erpressen lassen wie von Erdogan. Aber auch Putin braucht auch die EU. Er steht an einem Scheideweg. Wendet er sich China zu oder versucht er in Europa zu bleiben? In dieser Situation müssen wir versuchen einzugreifen. Wenn Putin erst mal den Weg nach China geht, dann kann man das vergessen. Dann entsteht ein unkontrollierbarer Machtfaktor. China ist Wirtschaftsmacht, Russland ist und bleibt eine atomare Weltmacht. Ob uns das passt oder nicht.

Deutschland sollte sich mehr um Putin bemühen?

Ja, aber natürlich immer unter der Bedingung, dass er dann auch etwas leistet. Es geht nicht darum, ihm sonst wohin zu kriechen. Ich bin auch sehr kritisch gegenüber Putin. Aber aus historischen und aus gegenwärtigen politischen Gründen benötigen wir ein anderes Verhältnis zu Russland. Es führt kein Weg an Putin vorbei. Wir können immer auch zivilgesellschaftliche Strukturen in Russland unterstützen. Aber diese haben letztlich nicht die Macht. Und wir kommen an der Macht nicht vorbei.

Zurück an die belarussische Grenze. Putin um Vermittlung zu bitten ist das eine. Aber wie mit den Menschen umgehen, die dort gestrandet sind. 4.000 sollen es aktuell sein, es kommen mehr.

Die 4.000, die jetzt konkret Hilfe brauchen, die verkraftet ganz Europa. Wir sollten sie also aufnehmen und sie über die EU verteilen. Gleichzeitig müssen wir aber auch dafür sorgen, dass dies nicht Methode wird. Wir müssen mit den Fluglinien reden, und zwar über Überflugrechte aber auch den Transport von Menschen nach Belarus. Auch dafür brauchen wir Russland.

Fordern Sie Sanktionen gegen Fluglinien, die hilfebedürftige Menschen transportieren?

Ich spreche nicht von Sanktionen, sondern will mit ihnen reden. Mir ist es lieber, ich erreiche eine Übereinstimmung. Und wir brauchen drittens eigene humanitäre Aufnahmeprogramme, etwa für die Menschen, die Afghanistan verlassen wollen. Wir haben ja die Situation mit angerichtet. Da können wir jetzt nicht so tun, als ob uns das Ganze nichts anginge. Mich erreichen viele Mails. Da gibt es einen Mann, der lebt seit zig Jahren in Deutschland. Und weil er zu lange hier lebt, darf er seine drei Kinder nicht nachholen. Was völlig idiotisch ist, denn die sind jetzt wirklich in Gefahr.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat gefordert, die EU-Grenze notfalls mit einer Mauer zu befestigen. Können Sie verstehen, dass die Leute Angst bekommen, wenn sich hunderte Menschen in Richtung Deutschland aufmachen?

Klar, die AfD wird das auch alles nutzen. Also steht tatsächlich Frage, wie wir das Ganze meistern.

Sind wir gerade in einer ähnlichen Situation wie 2015?

Nein, bisher nicht. Es kommen doch keine Massen, die die Bevölkerung restlos überfordern. Wir müssen die Situation diesmal besonnener lösten und vor allem eine internationale Lösung finden.

Merkel meinte damals „Wir schaffen das“. Die Debatte damals lief quer durch die Bevölkerung und auch durch ihre eigene Partei. Droht eine neue Zerreißprobe? Wenn Sahra Wagenknecht in der nächsten Talkshow einen Grenzzaun fordert.

Über Sahra Wagenknecht werden Sie von mir kein böses Wort hören. Ich hatte jetzt eine längere, gute Aussprache mit ihr. Sie hat das gute Recht ihre Meinung zu sagen und das kann auch eine andere sein, als die der Partei. Das muss sie dann aber eben sagen.

Hat sich ihr Verhältnis zu Sahra Wagenknecht verändert?

Ja. Und zwar durch die Bundestagswahl. Weil ich erkannt habe, dass unsere jetzige Krise auch meine Verantwortung betrifft. Wir müssen als Linke ein anderes Verhältnis zueinander pflegen.

Sahra Wagenknecht spricht für eine Gruppe von Menschen, die sich in der Linken an den Rand gedrängt fühlen. Was Migration, Umweltfragen, aber auch das Thema Impfen angeht. Wie bringt man beide Gruppen zusammen?

Das ist schwierig. Wenn die Grünen etwas gut gemacht haben, ist es, sich auf eine Klientel zu konzentrieren. Das sollten wir auch tun.

Auf welche Klientel sollte sich die Linke denn konzentrieren?

Das ist die Friedens- und die soziale Frage und wir brauchen die Ostidentität zurück. Wir können den Osten nicht der AfD überlassen. Viele Ostdeutsche fühlen sich nach wie vor als Deutsche zweiter Klasse. Die Auswirkungen sind verheerend. Wenn ich im Osten Veranstaltungen mache, dann merke ich in Gesprächen auch, wie wichtig es den Menschen nach wie vor ist, dass die Linke für sie spricht.

Die Linke hat inzwischen mehr Mitglieder im Westen als im Osten. Hat Ihre Partei nicht eher ein Stadt-Land-Problem? Die Linken in den Großstädten fordern autofreie Innenstädte und ein Verbot von Verbrennern, auf dem Land verteidigen sie den Diesel, weil sie auf das Auto angewiesen sind.

Wenn wir versuchen grüner zu sein als die Grünen werden wir nicht gewählt.

Was meinen Sie mit „grüner als die Grünen“?

Wenn wir etwa noch früher aus der Kohle und noch konsequenter aus dem Verbrenner wollen. Deshalb wird keiner, der die Grünen aus ökologischen Gründen wählt, plötzlich uns wählen. Unser Stellenwert ist die soziale Frage. Und deshalb spreche ich immer von ökologischer Nachhaltigkeit in sozialer Verantwortung. Wir können ein Braunkohlerevier schließen, aber wir müssen den Braunkohlekumpeln sagen, welchen gleich bezahlten Job sie am nächsten Tag haben.

Genau das können Sie aber nicht.

Wir brauchen dann auch einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und öffentliche Förderung für Landwirtschaft und Umwelt. Wir sind als Linke immer zuständig dafür, dass die soziale Frage nicht vernachlässigt wird.

Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow hat in der taz kritisch angemerkt, dass es nicht reicht zu sagen „Wir sind die soziale Opposition“.

Aber er ist in einer anderen Situation als wir im Bundestag. Er ist der Regierungschef, die Bundestagsfraktion ist die kleinste Oppositionsfraktion mit einer relativ starken Regierung.

Welche Rolle sollte die Linke in der Opposition spielen. Sind sie die Dau­er­kri­ti­ke­r:in­nen der Ampel?

Ja, wir sollten die Dauerkritiker sein, weil die Ampel eine Stillstandskoalition wird. Die einen wollten Steuern erhöhen, die anderen Steuern senken. Heraus kommt Null.

Was, wenn die Ampel ein Bürgergeld beschließt und Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger:innen abschafft. Kritisiert die Linke das dann auch, weil die Beträge nicht hoch genug sind?

Wenn die Ampel tatsächlich die Sanktionen abschaffen würde, werde ich dafür plädieren, dass wir dafür zu stimmen. Ich habe ja auch gesagt, es war ein großer Fehler von uns, nicht mit Ja zum Regierungsantrag für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und die Evakuierung der Ortskräfte dort zu stimmen. Es war ein Abstimmungschaos.

Wie konnte es dazu kommen?

Weil die Linken in der Fraktion alle in kleinen Grüppchen existierten. Und ihnen ihre politische Heimat wichtiger ist, als die Wirkung auf die Wählerinnen und Wähler. Die einen haben mit Ja gestimmt, die anderen mit Nein, die meisten haben sich enthalten. Mir ist es sehr schwer gefallen, mich zu enthalten.

Wieso haben Sie es dann getan?

Aus Disziplin. Weil ich den Kompromiss nicht verlassen wollte. Aber vielleicht müssen wir das alle lernen. Wir müssen als Linke lernen dann mit Ja zu stimmen, wenn etwas im Prinzip richtig ist.

Hat nicht genau diese Abstimmung zur Afghanistan-Evakuierung gezeigt, dass die Linke weit davon entfernt ist, regierungstauglich zu sein.

Sie hat gezeigt, dass es Leute gibt, die auf gar keinen Fall in die Regierung wollen. Aber das sind ja jetzt nicht mehr so viele in der Fraktion.

Mit 4,9 Prozent hat es die Linke nur dank der drei Direktmandate in den Bundestag geschafft. Wie ernst ist die Lage?

Sehr ernst. Ich glaube, dass sich die Spitzen von Partei und Fraktion treffen müssen und mit Zeit und Ruhe mal darüber nachzudenken haben, was eigentlich die künftige Rolle der Linkspartei in unserer Gesellschaft sein soll. Die ist nicht klar. Das ist ein Problem. Aber vielleicht reizt mich meine Partei auch deshalb wieder so. Zu Anwälten kommen nie glückliche Menschen, sondern Menschen mit Problemen. Das gilt auch für Parteien. Jetzt muss ich aufpassen, dass mich nicht die CDU reizt. Sie ist gerade auch in einer schwierigen Situation.

Sie lachen. Noch schwieriger als die Linke?

Ja, noch schwieriger, weil sie bedeutender ist. Wir brauchen jetzt beide etwas Zeit und Ruhe und keine Hektik, um unsere Rollen neu zu finden und zu definieren.

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74 Kommentare

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  • Alexander Lukaschenko lässt Westpresse an belarusischer Seite zur polnischen Grenze Geflüchtete interviewen, Polen dagegen nicht, versetzt stattdessen an EU Rechtsstaatlichkeit vorbei Grenzbereich eskalierend in Ausnahmezustand, ohne mit Frontext, deren Hauptsitz Warschau ist, zusammenzuarbeiten. Im Vordergrund amtlich deutscher wie EU Beredsamket steht Solidarität mit Polen statt mit Geflüchteten, die womöglich auch aufgrund fehlenden Corona Impfstoffes in ihren Heimatländern auf der Flucht vor EU Grenze stehen?. Genau das wollte Lukaschenko provozieren, nicht allein als Schurke dazustehen. Berlin, Brüssel agieren ideenlos mit Blickstarre auf Lukaschenkos Hybridkrieg Schurkenmentalität, statt großen Ratschlag in Richtung Putin zu stiften unter Eingeständnis, wie damals UdSSR 1979-89, 2001-2021 in Afghanistan gescheitert zu sein, nun als global militärisch offen wie verdeckt militärisch intervenierende Mächte, u. a. weiter in Syrien, Jemen, Libyen, Sahelzone, Mali, Niger, Burkina Faso gemäß Haager Landkriegsordnung, Genfer Flüchtlingskonvention für Versorgung von Zivilbevölkerung vor Ort, eben auch mit Corona Impfstoff, wenn das nicht möglich scheint, deren Schutz nicht garantiert, durch Aufnahme Geflüchteter, aus Erfahrungen von zwei Weltkriegen 1914-1945 auf europäischem Boden gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, gerade wenn dies andere Interventionsmächte wie Saudi-Arabien, Iran, USA, Israel, England, China verneinen.



    Warum erwähnt Gysi da nicht. dass sowohl Linke als auch Grüne anders als SPD, FDP, geschäftsführende Bundesregierung, 140 Staaten, darunter Indien, USA, Südafrika WTO Forderung beitreten wollen, Covid 2 Impfstoff Patentrechte während Corona Pandemie auszusetzen. lizensiert global Produktion regional nahe Corona Hot Spots zu starten?. Lieferketten aufzubauen.

  • 8G
    82289 (Profil gelöscht)

    "Wenn Putin erst mal den Weg nach China geht, dann kann man das vergessen."

    Scheinbar, unterschätzen hier einige Diskutanten, die wirtschaftliche Stärke der Eurasier, u.a. die Seidenstraße.



    Wer gegen die russische Politik und Wirtschaft argumentiert und weitere Sanktionen gegen Russland fordert, sollte sich den daraus resultierenden katastrophalen wirtschaftlichen Folgen für die EU im Klaren sein.

    • @82289 (Profil gelöscht):

      Den Transatlantikern kann das doch egal sein. Immerhin sorgen sie dafür, dass ihr großer Gönner jenseits des Atlantiks in zunehmendem Maße Europa zum Pulverfass macht, nachdem er im Irak, Libyen und anderen Regionen Chaos angerichtet hat. Gerade hat er in Syrien per Luftangriff für hunderte Tote und Verletzte gesorgt. Alles natürlich für den Kampf gegen den Terror.Doch unsere Medien schweigen. Und in der Ampel sitzen genug Willige, die das fortsetzen, was AKK und v.d.L. so schön arrangiert haben.

  • Lieber Herr Gysi, die Sache ist einfach. Die Menschen rein lassen und beweisen, dass die EU nicht dieser dekadente, bigotte und chauvinistische Verbund aus minderwertigkeitskomplexen behafteten Mobber-Staaten ist, der Menschenrechte nur anführt um sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen und Interventionskriege anzuzetteln, wie ja Lukaschenko behauptet. Die Menschen rein lassen, und beweisen, dass die EU ihre Verantwortung für die Situation im Nahen Osten anerkennt, dass sie eben keine Politik der Doppelstandards praktiziert, dass sie nicht zerstritten ist, und nicht genau die Maßnahmen ergreift, die es in anderen Ländern kritisiert. Da muss gar nicht mit Putin gesprochen werden. Die Leute rein lassen und dem "Erpressungsversuch" den Wind aus den Segeln nehmen.

  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • Den Bock zum Gärtner machen, Herr Gysi?

  • Lieber, sehr geschätzter Herr Gysi!



    Sorry, aber aber Ihre Sicht auf Putin ist Unsinn. Putin hat Einfluss auf Lukaschenko, dieser Einfluss hat die konkrete Folge, die wir jetzt an der Grenze erleben. Putin hat uns den Krieg erklärt und Sie wollen ihn zum Friedensengel machen. Sie rufen den eigentlichen Täter zur Hilfe, das ist schon eine Extremform des Helsinki- Syndroms, der Identifizierung mit einem Geiselnehmer. Vor allem ist es aber eine Ermutigung Putins. Ob in Syrien oder der Ukraine, Putin spielt immer das gleiche Spiel: er greift ein und an und spielt dann den Vermittler, hält den Konflikt aber immer am Köcheln und benutzt ihn zur Erpressung. Dieses Muster ist derartig durchschaubar, dass ich mich nur wundern kann, dass Sie ihn damit durchkommen lassen wollen. Letztendlich gefährden Sie so Länder wie Polen oder die baltischen Staaten.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Was Sie schreiben, ist nicht nur sachlich falsch (und das fängt schon bei der unsinnigen Personalisierung an, "Putin" zu schreiben, wenn man die russische Regierung meint) - Sie argumentieren auch hemmungslos extremistisch, wenn Sie fehlende Argumente durch Diffamierungsversuche ersetzen: spätestens die Pathologisierung Andersdenkender steht Demokraten nicht gut an.



      Den Hinweis, dass Russland uns nicht den Krieg erklärt hat, spare ich mir - irgendwann wird es kindisch...

      • @O.F.:

        Im Gegensatz zu Ihnen habe ich sowohl Argumente als auch Beispiele zu bieten. Sie hingegen diffamieren.

        • @Benedikt Bräutigam:

          Es ist kein Argument, Andersdenkenden psychische Störungen vorzuwerfen...

      • @O.F.:

        Der Beitrag von Benedikt B. ist schon ganz korrekt. Sowohl wenn der Putin mit der russischen Regierung gleichsetzt (er ist halt ein Diktator) und die von Russland ausgehende Propaganda gegen Europa kann durchaus als Krieg bezeichnet werden.

        • @Horst Horstmann:

          1. Putin und die russische Regierung gleichzusetzen, ist eben nicht korrekt - die Machtstrukturen sind, auch in eher autoritären Staaten, wesentlich komplexer; die Personalisierung politischer Konflikte ist allerdings ein gängiges Propaganda-Mittel: eine Analyse zugrundeliegender Interessenskonflikte (die eben damit einhergehen muss, auch die Legitimität russischer Interessen anzuerkennen) wird durch ein spielfilmartiges Schaudern vor einem "bösen" Staatsmann ersetzt. Korrekt ist daran nichts.



          2. Propaganda als Krieg zu bezeichnen ist sachlich falsch und gefährlich, weil es die Grenze zwischen politischen und militärischen Auseinandersetzungen verwischt. Russland führt keinen Krieg gegen uns, nur weil RT ab und an negativ über die EU berichtet - genauso wenig wie die EU Krieg gegen Iran, China oder eben Russland führt, auch wenn die medialen Bilder dieser Staaten manchmal grotesk verzerrt sind. Propaganda machen nicht nur die Anderen...

          • @O.F.:

            Es werden immer wieder Cyberattacken gegen westliche Organisationen wie bspw. den Deutschen Bundestag oder die Demokratische Partei in den USA von russischen Regierungsorganisationen gefahren, ganze Trollfabriken verbreiten Falschinformationen in sozialen Internetcommunities, es werden demokratiefeindliche Parteien wir der ehemalige Front Nationale von russischen Behörden finanziell unterstützt usw.



            Natürlich ist es kein Krieg im herkömmlichen Sinne, aber es werden auf russicher Seite alle Möglichkeiten genutzt, die Grenze einem Waffengang auszureizen und westlichen Demokratien zu schaden, wo es geht. Eingefrorene Konflikte wie in Georgien und in der Ukrainie, Annektionen wie die der Krim etc. gehlren auch dazu, und dort hat Putin definitiv Waffengewalt eingesetzt. Ihr pseudodifferenzierendes Argumentieren ist nicht sehr überzeugend sondern erinnert doch stark an vergangene DDR-Zeiten, aus denen auch Hrn. Gysis Denken stammt.

            • @Fünfpluseins:

              Nun sind weder Cyberattacken noch Propaganda ein Spezifikum Russlands, ähnliches gilt auch für die Unterstützung fragwürdiger politischer Akteure, solange es dem Eigeninteresse dient - Sie werfen Russland vor, dass es Machtpolitik mit den selben Mitteln macht, wie alle anderen Staaten auch? Das allein ist schon ein Doppelstandard, aber vor allem: das ist kein Krieg und Russland reizt auch diesbezüglich noch bei weitem keine Grenze aus. Ich kann mich nur noch einmal wiederholen: politische Konflikte in militärischer Terminologie zu beschreiben, ist sachlich falsch und politisch gefährlich.



              Dass Sie am Ende meinen, mich persönlich beleidigen zu müssen, passt allerdings in dieses Muster: wer Politik nur als manichäisches Ringen verstehen kann, lässt keinen Raum für Dissens. Wenn man so denkt, sollte man sich allerdings nicht zum Verteidiger der Demokratie aufschwingen...

          • @O.F.:

            Es werden immer wieder Cyberattacken gegen westliche Organisationen wie bspw. den Deutschen Bundestag oder die Demokratische Partei in den USA von russischen Regierungsorganisationen gefahren, ganze Trollfabriken verbreiten Falschinformationen in sozialen Internetcommunities, es werden demokratiefeindliche Parteien wir der ehemalige Front Nationale von russischen Behörden finanziell unterstützt usw.



            Natürlich ist es kein Krieg im herkömmlichen Sinne, aber es werden auf russicher Seite alle Möglichkeiten genutzt, die Grenze einem Waffengang auszureizen und westlichen Demokratien zu schaden, wo es geht. Eingefrorene Konflikte wie in Georgien und in der Ukrainie, Annektionen wie die der Krim etc. gehlren auch dazu, und dort hat Putin definitiv Waffengewalt eingesetzt. Ihr pseudodifferenzierendes Argumentieren ist nicht sehr überzeugend sondern erinnert doch stark an vergangene DDR-Zeiten, aus denen auch Hrn. Gysis Denken stammt.

  • Es gibt nur wenig, über das sich Putin mehr freut, als die Naivität und Ahnungslosigkeit von Leuten wie Gysi, der nun wirklich nicht ernst zu nehmen ist in Sachen Russland. Wer wie Gysi darüber spekuliert hat, ob evtl. Gegner von Nordstream 2 Navalny vergiftet haben könnten, der gehört in den antiimperialistischen Kindergarten, aber nicht ins Parlament.

    • @Michael Myers:

      ob man gysi mag oder nicht, er ist weder naiv noch dumm...



      wer ihm zuhört weiß das gewiss...

      • @beck jürgen:

        Mag sein, dass er weder naiv noch dumm ist. Aber Gysi, genauso wie Wagenknecht, Bartsch, Dagdelen, Dehm, Ernst, Häntschel und viele Andere in der LINKEN machen sich regelmäßig zu nützlichen Idiot.innen Putins. Auf die Schröders, Platzecks, Mützenichs, de Maizières dieses Landes, auf all die notorischen Putinversteher kann sich der russische Diktator stets verlassen wie auf keine andere Politiker.innenklasse in Europa. Putins Politik verdient zielführende Sanktionen gegen sich und sein Umfeld, keinen Dialog.

        • @Michael Myers:

          putin ist kein diktator, wie auch kein lupenreiner demokrat.



          aber ich denke es lohnt sich nicht mit dir zu diskutieren....

    • @Michael Myers:

      Ich wollte ihren Hinweis zu Nordstream 2 erst nicht glauben, aber er scheint tatsächlich solche Verschwörungstheorien in die Welt (LOL) zu setzen: www.welt.de/politi...r-nicht-Putin.html

  • Dass Erdogan (und die Rest-Nato) keine Rolle bei der Generierung von Flüchtlingsströmen aus dem NO spielen, ist eine gewagte Behauptung: ich erinnere gerne daran, wer alle möglichen islamistischen Gruppen in Syrien unterstützt hat und das nach wie vor tut (von dem Destablisierungseffekt, den die Kriege im Irak und in Lybien nach wie vor haben, einmal abgesehen). Ursache für die Flüchtlingsströme ist also der sog. Westen und seine Verbündeten in viel größerem Maße als Russland (nicht: Putin).



    Die Behauptung, Russland würde das "Einfliegen" von Flüchtlingen unterstützen, ist auch in dieser Schärfe auch fragwürdig: Aeroflot zumindest fliegt gar nicht auf den betreffenden Routen.

    • @O.F.:

      Das bezieht sich auf den Beitrag darunter.

  • Der Unterschied zwischen Putin und Erdogan passt vorn ind hinten nicht.

    Erdogan ließ keine Flüchtlinge einfliegen. Flüge dorthin werden von der Türkei eingeschränkt. Die Türkei nahm auch schon vor dem Abkommen mit der EU Hunderttausende auf.

    Putin dagegen unterstützt das Einfliegen von Flüchtlingen. Russland generiert mit seiner Unterstützung Assads Flüchtlinge. Russland nimmt keine Flüchtlinge auf.

    Putin ist Ursache für Flüchtlingsströme . Erdogan nicht. taz.de/Belarus-die...d-die-EU/!5812777/

    • @Rudolf Fissner:

      (...) Russland ist ein sehr bedeutendes Ziel für Flüchtlinge und mit über 10 Millionen (davon ca. 4 Millionen illegal im Land lebend) sogar das Land der Welt mit der höchsten Migrationsquote. Die meisten kommen jedoch nicht, um Asyl zu beantragen, sondern wegen der besseren Ausbildungs-/Studienbedingungen und Arbeitsplätze als in den Heimatländern.







      (Quellen: Statista, bpb etc.)

      Ich lade Sie ein, in der größten Flüchtlingseinrichtung in NRW mit den Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan umfassende Gespräche zu führen, dann können Sie sich selber ein Bild davon machen, ob die Syrer vor Assads Fassbomben oder vielleicht eher vor den vom Westen unterstützten Islamisten und Erdogans Milizen flüchten oder warum der Irak, der ja schon vor 15 Jahren mit der Hinrichtung von Saddam Hussein zu " Freedom and Democracy" geführt wurde, immer noch nicht das Paradies auf Erden ist, von Afghanistan ganz zu schweigen.

      Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an unsere Netiquette.

      Die Moderation

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Khaled Chaabouté:

        a) Sie werfen Flüchtlinge und Migranten durcheinander.

        b) Und die Masse der Iraker flieht vor den Milizen des Irans oder der Armut.

        c) Die Masse der Syrer floh vor Assad, außer mir wird mit gegenteiligen Studien das Gegenteil beweisen, jetzt fliehen viele Syrer vor der Armut und Korruption.

        d) Ich hab bei ihnen irgendwie das Gefühl das sie im Kalten Krieg stehen geblieben sind die nicht-westler sind die guten und der Westen steckt hinter allem Bösem in der Welt.

      • @Khaled Chaabouté:

        Informieren Sie sich gefälligst zuvor posten Sie bitte ihre Quellen!

        Russland liegt in der Liste der Länder nach geflüchteter Bevölkerung auf Platz 56 mit mageren 42.413 Flüchtlingen. de.wikipedia.org/w...hteter_Bevölkerung

        • @Rudolf Fissner:

          hinzukommt noch, dass es in der darunter stehenen Herkunftsländer- Liste für Geflüchtete auf Platz 28 steht, mit 110.613 Flüchtlingen. Es fliehen also deutlich mehr Leute aus Russland als es selbst aufnimmt.

  • "Es ist richtig, dass wir Russland dafür gewinnen, Einfluss zu nehmen auf Lukaschenko."

    Dann kann man auch gleich mit Putins Marionette Lukaschenka quaken.

    • @Rudolf Fissner:

      Mal etwas plakativ formuliert: momentan eskaliert die Situation mit den Flüchtlingen an der polnisch-belorussischen Grenze … und damit das einmal klar ist: natürlich muss die EU in diesem Konflikt an der Seite Polens stehen - trotz aller Kritik an den bedenklichen innenpolitischen Entwicklungen in Polen und dass die PiS natürlich nicht der Wunschpartner der liberalen Kräfte in Europa sein kann. Darin besteht möglicherweise ein unauflösbares Dilemma für EU und NATO.



      Aber: um einen “heißen” Krieg zu verhindern - und die Gefahr besteht tatsächlich an der östlichen EU-Aussengrenze, ist es absolut notwendig, mit Putin ins Gespräch zu gehen, diplomatische Lösungen zu finden … Russland ist der Schlüssel, um Lukaschenko zum Einlenken zu bewegen, nach dem zu zahlenden Preis frage ich erst garnicht. Das hat man infolge der Flüchtlingskrise 2015 bei den Zugeständnissen an Erdogan schließlich auch nicht getan.



      So, und jetzt dürfen Sie mich von mir aus als Widergänger des Beschwichtigungspolitikers Chamberlain brandmarken … aber Sie haben vielleicht eine Ahnung davon, was Krieg inmitten Europas bedeutet. Die Menschen in Bosnien - wo es gerade auch wieder gärt - können es Ihnen erzählen.

      • @Abdurchdiemitte:

        "Russland ist der Schlüssel, um Lukaschenko zum Einlenken zu bewegen, nach dem zu zahlenden Preis frage ich erst garnicht"

        Russland ist der Schlüssel, dass das ganze überhaupt von Lukaschenka veranstaltet wird.

        Und sorry. Nach Russland oder Belarus flüchtet niemand im Gegensatz zur Türkei, das weltweit mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufnimmt. Der Vergleich mit Erdogan hinkt vorne und hinten. Erdogan ist da im Vergleich noch ein Heiliger

        Russland und Belarus nehmen keine Flüchtlinge auf. Die Flüchtlinge werden nur heran geflogen und dürfen den belarussischen Grenzstreifen, Wälder und Sümpfe, dann nicht mehr verlassen.

        • @Rudolf Fissner:

          Das ist in doppelter Hinsicht falsch:



          1. Es greift zu kurz, in Lukaschenko allein den Handlanger Putins zu sehen; denn in Minsk ist man sich der Tatsache sehr wohl bewusst, dass Moskau eigentlich auf keine andere Karte setzen kann, wenn es nicht eine tendenziell pro-westliche Opposition an die Macht bringen oder gar einen failed state in Belarus provozieren möchte - und Lukaschenko ist klug genug, diese Spielräume auch im eigenen Sinne zu nutzen.



          2. Dass nach Russland niemand flüchtet, stimmt einfach nicht; erstens hat Russland sehr wohl Flüchtlinge aus diversen Krisengebieten aufgenommen, zweitens sind die Einreiseregeln für den postsowjetischen Raum recht unkompliziert, d.h. viele Flüchtlinge tauchen nicht als solche auf, weil sie schlichtweg als Arbeitsmigranten gezählt werden.



          Im übrigen weise ich gerne darauf hin, dass das Nato-Mitglied Türkei durch die Unterstützung islamistischer Gruppen, einen von westlichen Medien gerne ignorierten Giftgaseinsatz in den Kurdengebieten und die Okkupation fremden Territoriums entschieden dazu beiträgt, Flüchtlingswellen erst zu verursachen. Erdogan als im Vergleich zu Putin und Lukaschenko Heiligen darzustellen, ist also geradezu absurd weit von der Realität entfernt.

          • @O.F.:

            Überflüssig, Sie gern darauf hinzuweisen, wie sehr Russland an der Erschaffung von Flüchtlingen in Syrien und im postsowjetischen Raum, allen voran Ukraine beteiligt war, bzw überhaupt den Konflikt erst erschaffen hat. Niemand stellt Erdogan als Heiligen dar, nirgends. Putins braucht sich aber nicht hinter Erdogan verstecken, eher das Gegenteil

          • @O.F.:

            Russland liegt in der Liste der Länder nach geflüchteter Bevölkerung auf Platz 56 mit mageren 42.413 Flüchtlingen. de.wikipedia.org/w...r_Bev%C3%B6lkerung

            • @Rudolf Fissner:

              1. Sogar damit bestätigen Sie meinen Punkt - 42.413 sind nicht "keine".



              2. Der entscheidendere Punkt ist, dass Statistiken eben nur offizielle Zahlen wiedergeben. Ein Beispiel habe ich bereits erklärt: die Einwanderung aus dem postsowjetischen Raum ist ziemlich unkompliziert - d.h. viele Menschen, die nach Russland gezogen sind um ethnischen Konflikten oder auch einfach nur der Armut zu entkommen, haben keine Asylanträge gestellt, sondern einfach eine Arbeitserlaubnis beantragt; dass sind dann rechtlich gesehen keine Flüchtlinge - aber praktisch ist ihre Motivation nicht anders als die vieler Asylbewerber in der EU. Sie sehen: Statistiken geben immer nur Ausschnitte der Realität wieder.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Putin im Original:

    ""Es komme jetzt dazu, dass "polnische Grenzschützer und Vertreter der Streitkräfte diese potenziellen Migranten schlagen, über ihren Köpfen aus Kampfwaffen in die Luft schießen, nachts Sirenen und Licht anschalten an den Aufenthaltspunkten, wo Kinder und Frauen in den letzten Monaten ihrer Schwangerschaft sind".

    ===

    Cool bleiben, Gregor, lehn Dich kurz zurück - und analysiere bitte noch mal was da eigentlich passiert.

    Putin (siehe Zitat oben) als Menschenrechtsanwalt verkleidet, als wenn es Nowichok und Fensterstürze in Russland nie gegeben hätte. Parallel schickt Putin atomwaffenfähige russische Kampfflugzeuge über das weißrussische Krisengebiet.

    Ergebnis:



    (1) Putin nutzt Lukaschenko um geopolitisch zu punkten. (2) Das Putin Lukaschenko stützt, berät und ihm hilfreich zur Seite steht - daran kann kein Zwerifel sein.

    Wenn Gregor fordert sich von Putin nicht erpressen zu lassen sollte er im ersten Schritt dastellen, wie Putin wie in der Ukraine und jetzt auch in Belarus Öl ins Feuer giesst und den Konflikt militarisiert und geopolitisch nutzt.

    Das in dieser Angelegenheit Putin sich durch warme Worte überzeugen lässt - daran glaube ich seit der russischen Besetzung der Krim/Ostukraine nicht mehr.

  • 1. Wenn Sie genau lesen, habe ich von einer Implikationen gesprochen; wenn Sie eine Analogie zwischen Gysi und Chamberlain postulieren, setzt das eine Vergleichbarkeit zwischen Russland und Nazi-Deutschland voraus. Hermeneutik für Anfänger: man sagt manchmal mehr als man beabsichtigt - und das ist oft besonders erhellend.



    2. Ich habe ehrlich gesagt keine Lust gehabt, zu recherchieren, ob sich irgendein Vertreter der Linken zur Situation von Memorial geäußert hat. Aber selbst wenn nicht: er ist ja kein Spezifikum der Linken, Verbrechen in anderen Staaten zu ignorieren, wenn es der eigenen politischen Agenda dienlich ist. Hand aufs Herz, was finden Sie verwerflicher: Gysi, der die drohende Auflösung von Memorial nicht erwähnt, oder Regierungsparteien, die nicht nur vergleichbare oder schlimmere Verbrechen ignorieren, sondern den Tätern auch noch Waffen liefern?

    • @O.F.:

      Chamberlain war britischer Premier vor und im WK2. Gysi war mal Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen ( also sowas wie der Bürgermeister von Wesel :-) ) in der Nachwendezeit.

      Da gibt es keine Analogien.

    • @O.F.:

      Hermeneutik ist nicht das, was Sie in Aussagen anderer hinein interpretieren. (Sorry, ich habe auch mal Theologie studiert, aber lassen wir hier den philosophischen Austausch), Und ja, wenn Sie erst recherchieren müssen, ob "Die Linke" irgendwann einmal etwas zu Memorial (oder gern auch zu anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen Osteuropas) geäußert hat, zeigt dies das ganze Verquere der Ostpolitik "Der Linken". q.e.d.

      • @Hans aus Jena:

        Ich habe nichts in Ihre Aussage hineininterpretiert, sondern eine Implikation aufgezeigt: Sie können niemand mit Chamberlain vergleichen, ohne gleichzeitig den Staat, um den es dabei geht, mit Nazi-Deutschland zu vergleichen: denn das ist erstens ein historischer Zusammenhang, der immer mitklingt, und zweitens macht der Vergleich ja auch nur Sinn, wenn es um eine ähnlich große, der Diplomatie nicht zugängliche Bedrohung geht.



        In zweiten Teil ihrer Anwort weichen Sie meinem Punkt aus: den ich habe gar nicht bestritten, dass die Linke manchmal wegschaut, wenn es um das undemokratische Gebahren der russischen Regierung geht, sondern dass das ein Alleinstellungsmerkmal der Linken wäre. Daher noch einmal: was finden Sie anstößiger: eine Linke, die sich nicht schnell genug zur ev. drohenden (!) Auflösung einer Menschenrechtsorganisation äußert, oder ein Regierungskartell, das zulässt, dass Deutschland zum logistischen Knotenpunkt für die weltweite Ermordung von Menschen mit Drohnen wurde, Waffen an die Türkei liefert und schweigt, wenn diese Giftgas gegen die Kurden einsetzt, beste Beziehungen nach Saudi-Arabien pflegt, die jahrzehntelange Entrechtung der Palästinenser ebenso ignoriert wie die Bestetzung der Westsahara, Polizeigewalt im eigenen Land unter den Tisch kehrt, offensichtlich keinen Anstoß an dem Umgang mit Assange nimmt.... ich könnte die Liste ewig fortsetzen.

        • @O.F.:

          Ach herrjemine, das habe ich schon schon erwartet. Die übliche Masche, auf der einen Seite ein bisschen zuzugeben (ja da wird "evtl." eine Menschenrechtsorganisation aufgelöst) unmd dann aufzulisten wie schlimm der Westen und hier speziell Deutschland dagegen ist. Sorry, hier geht es nicht um die Politik Deutschland zum Thema Westsahahara, sondern zur Situation im Osten Europas und der politischen Antwort darauf. Und wenn Sie das Auflisten schon mögen, kann ich auch: Mord an politischen Gegenern sowohl im Inland wie Ausland, völkerrechtswidrige Annexion von Gebieten anderer Staaten, Aufrechterhaltung "eingefrorener" Konflikte (Trannistrien, Südossetien, Abchasien) auch durch eigene Truppen, Beteiligung am Abschuss ziviler Flugzeuge, Einsatz von völkerrechtswidrigen Waffen (Fassbomben, Giftgas) und Bombardierung ziviler Ziele (Syrien), Einsatz halbprivater Söldner in Krisengebiteten (Gruppe Wagner), hybride, verdeckte Kriegsführung (Ostukraine), Verfolgungt der LQBT-Bewegung, Unterstützung der Einmischung in die Religionspolitik der Nachbarstaaten (Anerkennung des Moskauer Patriachats), Duldung eines islamistischen Warlord auf dem eigenen Terrotorium (Tschetschenien), Förderung des Bürgerkrieges auf eigenen Territorium (Dagestan), Duldung der Verschleppung, Folterung und Ermordung Homosexueller im eigenen Staat ( Tschetschenien), Umweltzerstörung durch Ausbeutung von Bodenschätzen (Sibirien, Nordpolargebiete), in dem Zusammenhang Zerstörung der Lebensgrundlagen indigener Völker und Missachtuing derer Rechte, Zensur von Medien und Internet (u.a. durch Verbote, Aufkauf und Verfolgung unabhängiger Journalisten), willkürliche Verhaftung von Demonstranten und willkürliche Justizurteile gegen Oppositionelle - ich könnte ewig weitermachen. Und die Partei "Die Linke" schweigt, relativiert, manche leugnen gar. Nein danke. Neben den rechten und leider auch bürgerlichen Menschrechtleugnern und -relativierern, brauche ich die nicht auch noch von links.

          • @Hans aus Jena:

            Sie haben mein Argument nicht verstanden: ich habe nicht die Verbrechen der russischen Seite gegen die der westlichen aufgerechnet, sondern an diesem Beispiel aufgezeigt, dass Sie selektiv skandalisieren: sie werfen der Linken eine partielle Blindheit vor, die sie bei anderen Parteien genauso finden - was umso schlimmer ist, als diese Parteien teilweise auch an der Regierung sind und daher in der Lage wären, auch etwas zu ändern. Die Linke hat Russland nicht schnell genug kritisiert, das Regierungskartell ist aktiv in Verbrechen verwickelt. Sie sehen den Unterschied?

            • @O.F.:

              Nö. Die Linke hat gar nicht kritisiert. Wer selektiv ist, sind Sie. Gute Nacht!

              • @Hans aus Jena:

                Die Linke hat sich immer wieder kritisch zu Entwicklungen in Russland geäußert; sie hat lediglich darauf verzichtet, sich an einer zunehmend hysterischen Dämonisierung zu beteiligen. Man kann ihr also zumindest eine friedenspolitische Motivation zu Gute halten. Das Regierungskartell hingegen schweigt zu Verbrechen, in die es selbst involviert ist - von Drohnenmorden rund um diesen Planeten bis hin zum Giftgas in Kurdistan - und das hat System: geschickte Propaganda lügt nicht, sondern erzählt nur Bruchstücke: wir sprechen nur darüber, was Russland (am besten auf die Person Putin zugespitzt) Böses tut (alternativ: Iran, China oder alle anderen Staaten, die nicht nach unserer Pfeife tanzen) und sehen großzügig über das Blut hinweg, das unsere eigenen Regierungen vergießen. Und sollte irgendein vaterlandsloser Geselle auf diese gewollte Diskrepanz in der öffentlichen (oder offiziellen) Wahrnehmung hinweisen, setzt man auf Diffamierung: Whataboutism, Putinversteher, die ganze Schiene eben. So kann man seinen eigenen Nationalismus in moralische Windeln wickeln: die Mobilisierung gegen den inneren und den äußeren Feind wird zum manichäischen Ringen von Gut und Böse umgedeutet. Auch die Mitte kennt ihre Extremismen...

  • Wenn die Linke eine internationale Lösung (wovon eigentlich konkret?) möchte, muss sie kompromissbereit sein und auch den Vorschlägen aus Ungarn, Polen, Dänemark etc. gegenüber offen sein. Wenn nicht, ist die Aussage unehrlich.

  • Ja richtig, Gysi wäre wirklich ein guter Parteichef für CDU und CSU, die westdeutsche Einheitspartei. Bei Braun schläft man ein, bei Röttgen denkt man, warum lehrt der nicht in Harvard, und bei Merz fühlt man sich wie bei einer Beerdigung im Sauerland im nasskalten November.

    • @Ataraxia:

      Das haben Sie aber schön formuliert … besonders das mit der „Beerdigung im Sauerland im nasskalten November“.



      Falls dann Merz trotzdem CDU-Parteichef wird, könnte man auch sagen: Och, das sind die Katholiken, die wollen es nicht anders … der Spruch ist übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern einem Kalauer über die Qualen des höllischen Fegefeuers entnommen.



      Aber was hat das alles jetzt mit Gysi und Putin zu tun?

      • @Abdurchdiemitte:

        Nee, hat mit beiden nichts zu tun. Ich finde, man kommt an beiden ganz gut vorbei, man braucht bloß die Straßenseite wechseln. Ab durch die Mitte ist auch lustig, dort staut es sich gerade sehr.

  • Ach. Herr Gysi mal wieder. „Ich bin auch sehr kritisch gegenüber Putin.“ Eine lediglich rhetorische Floskel. Gerade wird „Memorial“ liquidiert. Jene Organisation, die in Glasnost-Zeiten Ende der 80er entstand und erstmals begann, in der Sowjetunion die stalinistischen Verbrechen aufzuarbeiten. Die danach in den 90er zu einer der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen Russlands wurde und nun seit Jahren wegen beider Anliegen von den gegenwärtigen Machthabern dort verfolgt wird. Gab es dazu eine einzige kritische Pressemitteilung „Der Linken“, einen einzigen Twitterkommentar eines ihrer Bundestagsabgeordneten oder Vorstandsmitglieder, wo sie doch sonst alles Unrecht dieser Welt bekämpfen? So bleiben dieses Gefasel Gysis hohl.



    Und der stete Verweis auf Brandt und die Ursupation dessen Erbes. Brandt und die SPD haben sehr wohl ihre Ostpolitik mit klaren Blick und Aussagen zu den Zuständen im Osten verbunden. Schon allein aufgrund ihrer Biografien waren sie illusionslos, Brandt als Regierender Bürgermeister Westberlins zu Zeiten des Mauerbaus oder Wehner, der den Stalinismus persönlich im Hotel Lux in Moskau erlebt hat. Bei allen Gesprächen war ihnen klar, mit wem sie reden. Sie haben das Spiel mit den langen Löffeln meisterhaft beherrscht, und sich nicht mit (Ver-)Schweigen und Wegsehen angebiedert. Gerade deswegen, konnten sie auf Augenhöhe reden. Vorbild von Herrn Gysi ist nicht Brandt, sondern Chamberlain.

    • @Hans aus Jena:

      Der Vergleich mit Chamberlain ist nicht nur eine ziemlich geschmacklose Beleidigung Gysis, sondern impliziert auch einen Vergleich von Russland und Nazi-Deutschland. Nun kann man sich lange darüber auslassen, wie widerwärtig es ist, eine solche Analogie auch nur anzudeuten (Vernichtungskrieg, anyone?), aber davon abgesehen ist es auch eine haarsträubend falsche Gegenwartsanalyse. Es ist einigermaßen traurig, dass der Blick auf Russland heute noch mit einer anachronistischen Mischung aus Hass und Revanchismus verstellt ist - umso dankbarer muss man allerdings Politikern wie Gregor Gysi sein, die sich diesem Wahnsinn in den Weg stellen.

      • @O.F.:

        Oh, da scheine ich ja den Richtigen getroffen zu haben. Ich habe nicht Nazideutschland mit Russland verglichen sondern den Politikansatz Gysis mit dem von Chamberlain (der sich selbst ja auch als großer Friedenspolitiker sah). Aber es kann schon mal vorkommen, wenn man ringsum nur "Wahnsinn" wahrnimmt, dass man solche Feinheiten übersieht. Immerhin haben Sie meiner Kritik im ersten Absatz nicht widersprochen, das ist doch schon mal etwas. Und Sie werden mir als Ex-DDR-Oppositionellen gestatten, dass ich den Menschen von Memorial und allen anderen vergleichbaren Gruppen in den ost- und ostmitteleuropäischen Ländern, die dort mit hohem persönlichen Einsatz eine zivilgesellschaftliche Arbeit und Öffentlichkeit aufgebaut haben und dies weiter tun, dankbar bin, und nicht Herrn Gysi und seinen anderen Linken, die diese geflissentlich ignorieren.

        • @Hans aus Jena:

          Da haben Sie meine volle Unterstützung, was die historische und politische Einordnung der Ostpolitik Brandts und der sozialliberalen Koalition damals angeht … ich würde jetzt nicht so weit gehen, die Linkspartei als Ganze mit dem „Putin-Vetsteher“-Verdikt zu belegen. Solche Vorwürfe aus dem rechten Lager sind doch wohl auch ideologisch motiviert.



          Jedoch die Linken erweisen sich außenpolitisch als extrem diffus, wie auch ihr Abstimmungsverhalten zu Afghanistan gezeigt hat … und diese außenpolitische Diffusität macht sie absolut ungeeignet hinsichtlich einer Regierungsbeteiligung auf Bundesebene. Punkt.



          Wenn nun ausgerechnet die Linkspartei das außenpolitische Erbe Willy Brandts für sich reklamiert, finde ich das einigermaßen kurios. Sage ich als alter Sozialdemokrat.

          • @Abdurchdiemitte:

            Sie meinen, man beweist seine Regierungsfähigkeit, wenn man 20 Jahre in Afghanistan Krieg führt, genauso scheitert, wie das die meisten Experten vorausgesagt haben, und Hals über Kopf aus dem Land fliehen muss? Angesichts des realen Scheitern gegenwärtiger deutscher Außenpolitik - nicht nur in Afghanistan - finde ich es grotesk, ausgerechnet der Linken die Kompetenz in solchen Fragen abzusprechen...

            • @O.F.:

              Nochmals, andere Mitforisten haben es schon erwähnt … niemand ist “Hals über Kopf” aus Afghanistan geflohen (bis auf den Premier Ghani und seine Entourage), es war die Entscheidung Trumps und seines Nachfolgers Biden - aus innenpolitischen Erwägungen - den Afghanistan-Einsatz der USA zu beenden. Die involvierten Verbündeten haben dann nachgezogen, weil es unter diesen Umständen keinen Sinn machte, das militärische Mandat aufrechtzuerhalten.



              Die näheren Umstände des Truppenabzugs waren dann alles andere als ein Ruhmesblatt für die westliche Allianz … da stimmen wir vielleicht überein.



              Aber wenn man beständig den westlichen Interventionismus anprangert, wie es die Linkspartei tut, müsste man diese Entscheidung Trumps eigentlich befürworten … und dann auch mit den Folgen leben (das schändliche Zurücklassen der Ortskräfte sowie die erneute Etablierung des Taliban-Regimes).

              • @Abdurchdiemitte:

                Stimmt - andere Foristen haben den "Rückzug" aus Afghanistan auch beschönigt - und leider bestätigt das wieder einmal das Problem, unter dem Politik, Medien und Teile der deutschen Öffentlichkeit leiden: man verweigert sich in vielerlei Hinsichten der Realität - zu der ein auf geradezu demütigende Weise verlorener Krieg in Afghanistan gehört.



                Dass dabei "innenpolitische Erwägungen" eine Rolle gespielt haben. ändert nichts an dieser Tatsache, weil asymmetrische Kriegsführung genau auf diese innenpolitischen Dynamiken setzt.



                Übrigens: wenn man den Interventionismus ablehnt, muss man zwar den Abzug aus Afghanistan befürworten (was ich auch tue), aber keineswegs alle Folgen der dilettantischen Umsetzung: die Ortkräfte hätte man problemlos rechtzeitig evakuieren können (Linke und Grüne haben das ja seit Monaten gefordert); auch hier gibt es also Gründe, an der Kompetenz von Union und SPD zu zweifeln, statt mit dem Finger auf die Linke zu zeigen.

                • @O.F.:

                  Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, ich wolle mit Blick auf den Truppenabzug aus Afghanistan irgendetwas beschönigen … natürlich ist mir klar, dass der Bundestags-Antrag der Linken aus dem Juni, mit der Evakuierung der Ortskräfte zu beginnen, von den anderen Fraktionen - mit Ausnahme der Grünen - einzig und allein aus dem Grund abgelehnt wurde, weil er von der Linkspartei kam … ein ganz, ganz schwaches Bild, das das deutsche Parlament da geliefert hat.



                  Das Abstimmungsverhalten der Linken-Fraktion vom August bezeichne ich allerdings als nicht minder übel … aus meiner Sicht eine billige “Retourkutsche” und unverständlich, da die Gefährdungssituation für die afghanischen Ortskräfte sich mit dem so nicht vorhergesehenen Sieg der Taliban noch drastisch verschärft hatte.



                  Die Linken hätten andere Möglichkeiten gehabt, ihre Ablehnung des deutschen Afghanistan-Einsatzes zum Ausdruck zu bringen - und sie haben das ja auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit getan - aber ihre Ablehnung des Regierungsantrags in dieser Situation, nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul, war absolut inakzeptabel und einer breiten Öffentlichkeit ja auch nicht zu vermitteln.



                  Ein Ruch von Besserwisserei/Rechthaberei halt … kommt bei mir nicht gut an, zumal wenn es um Menschenleben geht.

                  • @Abdurchdiemitte:

                    1. Mit Verlaub: es ist eine Beschönigung, den Abzug aus Afghanistan nicht als das zu bezeichnen, was er war - nämlich eine Niederlage in einem 20 Jahre dauernden (und von einem beträchtlichen Teil der Medien nie hinreichend kritisch hinterfragten) Krieg.



                    2. Die Linken haben mit ihrer Enthaltung die Situation für die Ortskräfte nicht verschärft, weil es dabei a, um ein nachträgliches Mandat hing und b, die Mehrheit für den Antrag ohnehin gesichert war; jedes Abstimmungsverhalten der Linken war also nur symbolisch relevant. Zumindest Teilen der Öffentlichkeit (zu der ja auch ich gehöre...) war die Enthaltung sehr wohl vermittelbar - trotz der wütenden und verlogenen Kampagne - ist bezeichnend, dass der deutsche Liberalismus hier in ein wilhelminisches Verständnis von Außenpolitik verfällt, auch wenn er moralisch vermarktet - man kennt keine Parteien mehr... Wenn Sie Oppositionsarbeit als "Besserwisserei" bezeichnen, passt das unangenehm ist dieses Muster. Es ist die Aufgabe einer Oppositionspartei, Regierungspolitik zu kritisieren. Das einzige, was man der Linken vorwerfen kann, ist, dass sie das nicht energisch genug getan hat.

            • 9G
              97287 (Profil gelöscht)
              @O.F.:

              Genauso scheitert wie Russland (Sowjetunion) vorher, wobei man natürlich schon akzeptieren muss, dass Kommunismus irgendwas mit Links zu tun hat. Besondere Kompetenz lag da auch nicht vor. Die Deutsche Außenpolitik finde ich nicht so schlecht, angesichts der Flüchtlinge, die wir seit 2015 aufgenommen haben. Außenpolitisch werden wir immer ein Zwerg bleiben, nach den Verbrechen im 1000-jährigen Reich, oder auf welche ‘ Demokratischen Werte’ wollen wir uns denn berufen.

  • Ist ja auch so. Man sollte nicht im Konflikt Russland USA mitmachen wollen sondern probieren diesen Konflikt zu vermitteln.

  • "Mit den Fluglinien reden" so, so. Inzwischen hat die EU ihre bewährte Methode auch auf Fluglinien die Geflüchtete nach Belarus transportiert ausgeweitet. Seit 2001 sieht eine entsprechende EU-Richtlinie bereits hohe Strafzahlungen vor, wenn Fluglinien (oder Fährunternehmen) Geflüchtete egal warum sie fliehen und sei es aus Kriegsgebieten ohne Visum in die EU zu transportieren. Mit Erfolg. Seitdem kommt kein Geflüchteter mehr in Frankfurt Main Flughafen an, um dort im Trockenen einen Asylantrag zu stellen. Man befand damals offenbar, dass Geflüchtete mit Aussicht auf humanitäres Bleiberecht oder Asyl ein besonders gefährlicher Feind seien. Da man sie nach verbindlich internationaler UN Konvention erst aufnehmen muss, wenn sie auf EU-Boden sind, sorgt also dafür, dass sie gar nicht erst ankommen und trieb jene die meist gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben wurden in die Arme mafiöser "Reisebüros" und Schlauchboote übers Mittelmeer. Die Abschaffung der Seenotrettung und Kriminalisierung ehrenamtlicher ziviler Seenotretter sorgte dann dafür dass auch möglichst wenige vor dem Tod gerettet werden. Nun hat es also Lukaschenko geschafft, die EU mit ein paar Tausend Geflüchteten zu "bedrohen" und für Schnappatmung in den EU Hauptstädten gesorgt. Zumindest für ein paar Tage. Jetzt steht die Abwehrfront die speziell gegen Geflüchtete aus Kriegsgebieten mit Aussicht auf Asyl geschaffen wurde wieder.

    • @Nina Janovich:

      Mit anderen Worten: Die EU ist fremdenfeindlich.

  • 9G
    97627 (Profil gelöscht)

    "Wir brauchen dann auch einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und öffentliche Förderung für Landwirtschaft"

    Her Gysi, wollen Sie mich verarschen?



    2020 waren 2,1 Milliarden Euro für den Agrarbereich im Haushalt vorgesehen.

  • Die soziale Frage und der öffentliche Auftrag, die Sicherung und Erhalt des Gemeinwesens und Güter. Nicht nur in Form von spontaner freiwilliger Aktion sondern tatsächlicher Erhalt der Souveränität der Bevölkerung über die Güter der Grundversorgung. Stadtwerke, Gesundheitsversorgung, Wohnraum, Natur. Die Linke ist die einzige Partei, die sich konsequent gegen die Entfesselung des Marktes stellt. So auch die Berliner Politik zum Erhalt des öffentlichen Wohnraums, die sich an der Wohnungspolitik Wiens orientiert, als Gegensatz zu den spekulativen Leerständen in Paris oder London. "Radikale" Linke, Sozialisten wie Bernie Sanders in den USA fordern dort nichts anderes, als was bei uns zumindest noch nicht hinterfragbarer Standard ist. Insofern ist die Richtung klar, wenn uns kein weiteres Jahrzehnt der Nato im Einsatz wieder zurückwirft. Die Nato ist ein Verteidigungs, kein Angriffsbündnis, gut wenn sie sich daran hält. Der Irakkrieg hat den Afghanistan"Krieg/Einsatz" um ein Jahrzehnt verlängert und die Ära Busch um eine Wahlperiode. Die Nato verliert immer, jeden Krieg in dem die Bevölkerung nicht vollumfänglich hinter ihr steht und eine schlagkräftige Truppe an ihrer Seite, so wie in Nordsyrien. Selbst in der Regierung kann die Linke gegen Natoeinsätze stimmen, die CDU holt sich dort dann ihre Wähler zurück. Zu Wagenknecht gibt es tatsächlich nichts weiter zu sagen, Lafontaine hat gerade gezeigt, wie man sein politisches Erbe zerschlägt. Allein das könnte nochmal bitter werden, wenn die Öffentlichkeit die Verantwortung für den jetzigen Corona Ausbruch sucht. Ihrem Anspruch als Verhöhnerin wird sie damit dann wohl gerecht. Die Linke wird es überleben, die anderen politischen Parteien lassen ihr viel unbespieltes Terrain. Warum jedoch die SPD eine Kanzlerschaft ausschlägt und Merkel zur eisernen Kanzlerin kürt, aus Angst vor einer Koalition mit der Linken, das ist echt ein Problem. Anschließend gab es den großen Sprung der AFD, nicht nur wegen der syrischen Flüchtlinge.

  • Was die in dem Interview angesprochene Afghanistan-Frage angeht: ich denke nicht, dass die Enthaltung die Linke viele Stimmen gekostet, sondern eher die Tatsache, dass sie diese Entscheidung nicht energischer verteidigt hat. Ich kann mich nur nochmals wiederholen: da verliert ein Parteien-Kartell nach 20 Jahren auf geradezu demütigende Weise einen Krieg und die Presse fällt in über die einzige Partei her, die sich diesem Krieg von Anfang an verweigert hat. Die Linke muss vor allem lernen, sich von solchen plumpen Kampagnen nicht einschüchtern zu lassen. Es gibt genügend Wähler, die genau deshalb für sie gestimmt haben, weil sie sich diesem Wahnsinn widersetzt hat und nicht in einer informellen GroKo aufgegangen ist. So sollte es auch bleiben. Regierungsbeteiligungen sind eine gute Sache, aber nur, wenn diese auch mit einem Politikwechsel einher gehen. Eine weitere Partei, die genau dasselbe macht wie der Rest, braucht wirklich niemand.

    • @O.F.:

      Die USA und ihre Verbündeten wie Deutschland haben den Krieg nicht demütigend verloren, sie sind nach Entscheidung von Trump und Biden nach Aufgabe ihres politischen Kriegsziels einfach abgezogen. Demütigend war höchstens die Alleinentscheidung der USA zunächst abzuziehen und dann den Zeitpunkt etwas vorzuverlegen. Mit einem überschaubaren Kontingent an Truppen und Todesopfern haben die Allierten die Taliban 20 Jahre in Schach gehalten und hätten das weitere 20 Jahre machen können. Aber da man keine ehrlichen nicht zutiefst korrupten Ansprechpartner im Land gefunden hat, hätte man das noch 20 Jahre weitermachen müssen oder noch länger. Und dafür sahen Trump und folgend Biden keinen Grund. Und deshalb hat man aufgehört die Taliban in Schach zu halten, um amerikanische Todesopfer und Millarden zu sparen. Nachdem die USA schon unter Obama beim Gas und unter Trump beim Öl Selbstversorger wurden, hat die USA im Nahen Osten über seine Ölgesellschaften wie Exxon zwar noch Einnahmen, ist aber nicht mehr auf Importe von dort strategisch angewiesen. Und jetzt muss das afghanische Volk sich eben unter den Taliban entwickeln, wenn niemand ernsthaft gegen die kämpfen wollte. Bis auf wenige Helfer ergibt sich daraus kein Einwanderungsrecht nach Deutschland.

      • @Balder :

        Die USA und alle anderen Brunnenbohrer und Schulenbauer haben einerseits nicht in der direkten militärischen Konfrontation verloren,doch andererseits ist "in Schach halten" kein Sieg. Wenn man nach 20 Jahren Investition von Kapital,Material und Menschenleben (Eigene Truppen und die der Einwohner) abzieht und die Situation wieder die gleiche ist wie vor der Intervention ,dann ist das durch aus eine Niederlage.Auch wenn man wenigstens froh ist ,das nun nicht noch mehr Geld und Menschen sinnlos verbraten werden, wird der Abzug als eine Niederlage empfunden, unter den Rückzugumständen sogar als eine demütigende. Da wird das nationale Vietnamtrauma wieder aufgerührt.



        Irgendwelche rhetorischen Taschenspielereien könne diese Tatsachen nicht überdecken.

    • @O.F.:

      Die USA und ihre Verbündeten haben den Krieg nicht verloren, sondern das Ziel aufgegeben. Mit einer überschaubaren Anzahl von Truppen und Opfern hat man die Taliban 20 Jahre in Schach gehalten und hätte das noch 20 Jahre tun können. Aber Trump und Biden waren die wenigen amerikanischen Toten und die vielen Milliarden einfach zuviel um ein fremdes Volk zu schützen zumal man keine nicht korrupten Partner im Land gefunden hat, die die zusätzlichen Hilfsmillarden sinnvoll eingesetzt haben. Jetzt müssen die Afghanen eben alleine zurecht kommen. Außer für wenige echte Helfer sehe ich überhaupt kein umfassendes Aufnahmegerät in Deutschland.

      • @Balder :

        Wenn meine seine Ziele nicht erreicht und (noch dazu auf geradezu demütigende Weise) abzieht, dann hat man den Krieg verloren - und genau auf eine solche Zermürbung zielt assymetrische Kriegsführung ja ab. Oder glauben Sie auch, die USA hätten den Krieg in Vietnam nicht verloren? Hier nicht von einer Niederlage zu sprechen, ist Realitätsverweigerung - die leider geradezu typisch für die gegenwärtige deutsche Außenpolitik ist.

    • @O.F.:

      Warun soll eine Wählerschaft eine Position von vor zwanzig Jahren zugute zu halten, wenn sie sich im hier und jetzt aus blinder Ideologie gegen das Retten von Menschenleben entscheiden?

      • @Snip Snap:

        Weil die Abstimmung eine Farce war und zu einem Zeitpunkt abgehalten wurde, als die Taliban ohnehin bestimmte wer zum Flughafen durchgelassen wurde, weil die Regierungsparteien im Mai gegen einen Vorschlag der Linken gestimmt haben Orstkräfte zu evakuieren, weil die Abstimmung nicht mit dem Völkerrecht vereinbar war.

  • Wohltuend, nicht immer das simple, kaltkriegerische Geprassel der Grünen hier zu lesen, denen noch immer nicht aufgefallen ist, dass Sanktionen das Gegenteil von dem erreichen, was sie bezwecken sollen. Dass die SPD nicht wesentlich klarer zu der erfolgreichen Außenpolitik der Regierung Brandt steht, ist völlig absurd.

  • "Hat nicht genau diese Abstimmung zur Afghanistan-Evakuierung gezeigt, dass die Linke weit davon entfernt ist, regierungstauglich zu sein."

    Diese Frage ist tendenziös, denn als Journalistin sollte man wissen das die Linke nicht gegen die Evakuierung gestimmt hat, sondern gegen den Antrag, der die Gruppe der zu evakuierenden zu stark einschränkt (und in dem Wissen das der Antrag eh durchkommt).

    Diese Frage stellt die Linke wieder so hin als sei man gegen die Evakuierung gewesen.

    • @danny schneider:

      Die Linke hat überhaupt nicht gegen den Antrag gestimmt. Sie hat sich enthalten.

    • @danny schneider:

      Zumal es ja auch ein gerade zu groteskes Licht auf die mediale Wahrnehmung deutscher Außenpolitik wirft: da hat ein Parteienkartell von Union bis zu den Grünen nach 20 Jahren einen Krieg verloren und ist sogar an einem geordneten Rückzug gescheitert - und als "regierungsunfähig" gilt die einzige Partei, die diesen Einsatz von Anfang an abgelehnt hat. Die Weigerung, über das kollektive Scheitern des Westens in Afghanistan nachzudenken, ändert nichts an dieser Tatsache: die Linke hatte recht. Von Anfang an.

    • @danny schneider:

      Die Linke wollte sich auch enthalten, falls die Bundeswehr durch Kabul hätte freischießen müssen.

      www.die-linke.de/p...at-im-august-2021/

      Damit hätte man aber rechnen müssen.

      "In dem Wissen, dass der Antrag eh durchkommt" ändert nichts daran, dass die Linke die Aktion nicht mitgetragen hat.

      Da Frau Lehmann ja die Linke als Hauptthema in der Taz hat, wird sie das wohl wissen.