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Femizide in DeutschlandBlinder Fleck der Gesetzgebung

Jede Woche sterben in Deutschland drei Frauen durch Partner oder Ex-Partner. Die Linksfraktion im Bundestag fordert entschiedeneres Vorgehen.

Der Lockdown hat vieles verschlimmert: Protest gegen Gewalt an Frauen im Mai Foto: Sachelle Babbar/picture alliance

Das Paar war lange verheiratet, beide waren Ende 50. Sie lebten in einer Kleinstadt im Norden Brandenburgs, die Kinder waren längst aus dem Haus. „Die waren berufstätig, bürgerlich, alles total normal“, sagt die Berliner Rechtsanwältin Christina Clemm. Clemm vertrat eines der erwachsenen Kinder bei dem Prozess vor dem Schwurgericht des Landkreises, nachdem die Ehefrau tot in ihrem Bett aufgefunden worden war. Ihr Mann hatte sie erwürgt.

Der Fall, sagt Clemm, sei ihr im Gedächtnis geblieben, auch wenn er ein paar Jahre her ist: Weil er typisch ist für das, was passiert, wenn ein Mann eine Frau tötet. „Es ging in dem Verfahren unglaublich viel darum, dass sich die Frau ein wenig aus der Beziehung emanzipiert hatte, also zum Beispiel mal allein verreisen wollte“, sagt Clemm. „Und darum, wie sehr er sich dadurch erniedrigt fühlte.“

Der Mann weinte viel während des Prozesses. Er gab an, im Affekt gehandelt zu haben: In einer Auseinandersetzung habe er sich nicht anders zu helfen gewusst, als dass sie endlich mal ruhig sein solle. Clemm bezweifelt die Affekttat bis heute, „denn die Auffindesituation im Bett sprach dagegen“. Das Gericht aber kam zu der Überzeugung, dass der Täter eine lang anhaltende schwierige Situation ausgehalten habe, in der er fürchtete, er könne seine Frau verlieren.

Die angestaute Verzweiflung habe sich in der Tat entladen. Der Täter wurde nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags verurteilt. Zudem wurde die Strafe wegen des Affekts zu viereinhalb Jahren Haft gemildert. „Für eine vollendete Tötung ist das sehr wenig“, sagt Clemm. „Aber das kommt im Bereich der Partnerschaftsgewalt häufig vor.“

Erschreckende Zahlen

Die Tat, die Clemm beschreibt, ist ein Femizid: Es ist die Tötung einer Frau im Kontext geschlechtsbezogener Gewalt. Im deutschen Strafrecht gebe es für dieses Phänomen kaum Bewusstsein, so Clemm. Auch die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds, Maria Wersig, kritisiert: „Der Verhinderung, Verfolgung und Sanktionierung der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts wird hierzulande wenig Priorität eingeräumt.“

Das mag auch daran liegen, dass sich die Bundesregierung bislang dagegen sträubt, das Problem für Deutschland überhaupt anzuerkennen, wie Alex Wischnewski von der Rosa-Luxemburg-Stiftung sagt, die gerade die Broschüre „Femizide in Deutschland“ herausgegeben hat. Auf zwei Kleine Anfragen der Linksfraktion in den vergangenen beiden Jahren wand sich die Regierung heraus. Auf eine Anfrage der taz listet das Bundesfrauenministerium zwar Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen auf, bestätigt aber, dass über die Anzahl sogenannter Femizide keine Aussage getroffen werden könne.

Und bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik im Bereich Partnerschaftsgewalt vergangene Woche verwendeten weder Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) noch der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, den Begriff.

Das BKA registrierte 2019 142.000 Fälle von Partnerschaftsgewalt in Deutschland, mehr als 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Während Männer vor allem außerhalb von Partnerschaft Gefahr laufen, von anderen getötet zu werden, ist für Frauen die Beziehung am gefährlichsten: 117 Frauen starben in dem Jahr durch Partner oder Ex-Partner. Viele befürchten, dass sich die Situation durch Corona verschärft.

Was hinter den Taten steht, bleibt im Dunkeln

Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, fordert nun von der Bundesregierung, Femizide in Deutschland zu untersuchen, zu benennen und zu verhindern. In den Medien würden Tötungsdelikte an Frauen als „Eifersuchtsdramen“ oder „Beziehungstaten“ verharmlost, sagt Möhring, die im Vorfeld des Internationalen Tags gegen Gewalt gegen Frauen Ende November mit ihrer Fraktion am Donnerstag einen Antrag im Plenum einbringen will. „Aber all diese Tötungen passieren im Kontext einer Abwertung und Unterdrückung von Frauen.“

Neben der Anerkennung des Begriffs soll eine Beobachtungsstelle „Femicide Watch“ eingerichtet werden, fordert Möhring, die jegliche Tötung, jeden tödlichen Unfall und vermeintlichen Suizid einer Frau in Deutschland erfassen und zu den Ursachen von Femiziden forschen soll.

Die Datenlage ist dünn. Aus der Forschung ist bislang vor allem klar, dass kritische Situationen für Frauen insbesondere Trennungen, Schwangerschaften oder eigene berufliche Erfolge sind. Es gebe eine strukturelle Dimension der Taten, die durch die fehlende Begrifflichkeit verschleiert werde, sagt Rechtsanwältin Clemm; verhandelt würden all diese Fälle, als seien es überraschende Einzelfälle. Oft gebe es Verständnis für den Täter, seine schwierige Beziehung und die Angst davor, dass sein Lebensentwurf scheitere.

Dieses Verständnis lässt sich auch darauf zurückführen, dass der Bundesgerichtshof immer wieder und zuletzt 2019 entschied, dass bei einer Tötung kein niedriger Beweggrund vorliegt, wenn „die Trennung von dem Tatopfer ausgeht und der Angeklagte durch die Tat sich dessen beraubt, was er eigentlich nicht verlieren will“. Wie im Fall, der im Norden Brandenburgs verhandelt wurde, wäre aber ein solcher niedriger Beweggrund ausschlaggebend, um den Täter nicht nur wegen Totschlags, sondern wegen Mordes zu verurteilen.

Die Perspektive des Bundesgerichtshofs sei zutiefst patriarchal, sagt Clemm. Wenn ein Mann verzweifelt sei, sei das nachvollziehbar. Jemanden deshalb aber zu töten, mache einen „absoluten Besitzanspruch“ deutlich. Nicht einmal Fälle, in denen eine Frau jahrelang misshandelt und schließlich getötet wird, würden unbedingt als Tötung, geschweige denn als Mord geahndet, sagt Clemm. Häufig würden sie nur als Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Der Täter, heiße es dann, habe seine Frau „nur“ misshandeln wollen und keineswegs vorsätzlich umgebracht. Und aufgrund der vorher erlebten Gewalt hätte die Frau doch damit rechnen müssen, dass ein Angriff auf sie zukomme.

„Ganz generell wird bei Partnerschaftsgewalt die Schuld oft dem Opfer zugeschoben“, sagt Clemm. „Die Frage ist dann, warum die Frau die Beziehung nicht schon lange beendet hat.“ Nötig wäre jedoch ganz im Gegenteil zu fragen, warum der Täter beim ersten Mal, als er zuschlug, nicht sofort einen Therapieplatz gesucht und die Frau verlassen habe, um sie zu schützen.

Femizide machen nur einen kleinen Teil im Bereich der Partnerschaftsgewalt aus, bei der viele andere Taten – 115.000 Frauen waren im Jahr 2019 betroffen – nicht zum Äußersten führen: Die, bei denen Frauen erst im Krankenhaus wieder aufwachen. Oder die, bei denen der Täter in letzter Sekunde doch noch aufhört, die Frau zu strangulieren. „Erst, wenn wir sagen, hier gibt es ein echtes Problem“, sagt Clemm, „wird sichtbar, welche Muster darunterliegen.“

Clemm, Möhring und der Juristinnenbund fordern eine Neuinterpretation des geltenden Rechts. In einem Policy Paper von Anfang November schreibt der Juristinnenbund: Die niedrigen Beweggründe dürften bei der Tötung nicht mehr allein deshalb infrage gestellt werden, weil sich das Opfer vom Täter getrennt hat. Das folge aus den Wertungen der Istanbul-Konvention, dem völkerrechtlich bindenden Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen.

Es geht mir um Bewusstsein für geschlechts­spe­zi­fische Gewalt und eine Veränderung des Systems dahinter

Christina Clemm, Rechtsanwältin

Es sei das Recht jedes Menschen, darüber zu entscheiden, mit wem er oder sie eine Partnerschaft eingeht oder aufrechterhält, so der Juristinnenbund. Eine intime Beziehung zwischen Täter und Opfer dürfe nicht strafmildernd berücksichtigt werden, sondern könne bei Tötungsdelikten im Gegenteil zur Einordnung in die Fallgruppe der „niedrigen Beweggründe“ führen. Staats­an­wält:innen und Richter:innen müssten verpflichtend zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt fortgebildet werden. Aber im Vordergrund all dessen müsse vor allem eines stehen: Prävention.

„Es mag widersprüchlich klingen – aber ich halte nicht viel von lebenslangen oder hohen Freiheitsstrafen“, sagt Clemm. „Worum es mir geht, ist ein Bewusstsein für geschlechtsspezifische Gewalt und eine Veränderung des Systems dahinter.“ Verständnis für andere Geschlechterrollen schaffen, schon in Kitas und Schulen. Beratungsangebote fördern, das Netz der viel zu wenigen Frauenhäuser ausbauen. Und das Tabu brechen, das das Sprechen über Gewalt im partnerschaftlichen Bereich umgibt.

Für die Angehörigen der Opfer, die Clemm vertritt, sind die Prozesse, die gegen die Täter geführt werden, oft ambivalent. „Da ist ja nicht nur eine tote Mutter, sondern der Täter ist meistens gleichzeitig ihr Vater. Das macht die ganze Familie kaputt.“ Für viele sei wichtig zu verstehen, wie es so weit kommen konnte. Aber auch dann bleibe die Situation oft unbegreiflich. „Gut“, sagt Clemm, „wird das für niemanden mehr.“

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39 Kommentare

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  • Man sollte auch die „Ehrenmorde“ in diesen Zusammenhang stellen. Einerseits gehören sie dazu, andererseits wird es der Öffentlichkeit bewusster, dass diese Geschehnisse nicht auf islamische Männer beschränkt ist.

  • „Die Datenlage ist dünn“.



    Nebenbei, es gibt keinen Datenbeweis, dass bei Heteronormalen mehr partnerschaftliche Gewalt herrscht als bei Lesben und Schwulen.



    Siehe öffentliche PDF-Broschüre „Partnerschaftsgewalt im Leben von Lesben, Schwulen und Transgendern“ (Dokumentation des Fachtags am 14. November 2013 im Kreisverwaltungsreferat München).



    „…Schätzungen gehen davon aus, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften etwa ebenso häufig betroffen sind wie heterosexuelle. Jedoch gibt es keine statistische Erfassung, kaum Informationen; es wird darüber wenig gesprochen. Ebenso gibt es kaum Anlaufstellen, die sich mit ihrem Angebot gezielt an diese Gruppe wenden. So bleibt die Existenz partnerschaftlicher Gewalt bei schwulen und lesbischen Paaren nahezu unsichtbar. Gewalt in Partnerschaften ist gesellschaftlich tabuisiert – umso mehr, wenn es sich um eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft handelt. Ein Tabu im Tabu also.“

  • Ein wenig merkwürdig der Artikel. Er will sich gegen den Begriff Beziehungstat positionieren um dann doch wieder bei dem ähnlich lautenden Begriff "Partnerschaftsgewalt" hängen zu bleiben und Morde an Frauen und Mädchen außerhalb von Beziehungen auszublenden.

  • "Was hinter den Taten steht, bleibt im Dunkeln"

    Hier eine der im Text verwendeten Quellen: Partnerschaftsgewalt - Kriminalstatistische Auswertung - Berichtsjahr 2019: www.bka.de/SharedD...ublicationFile&v=2

    Das da alles m Dunkeln steckt, kann ich anhand der Quelle nicht nachvollziehen.

  • Die Begriffsdefintion von Femizid scheint doch etwas schwammig zu sein, da jede Tötung einer Frau als geschlechtsbezogen angesehen werden könnte. Das müssten dann Gerichte jeweils beurteilen. Aber spielt das Geschlecht denn wirklich die Rolle? Gerade im ersten Beispiel scheint das eher nicht der Fall zu sein. Es wäre vielleicht auch in einer anderen Partnerschaft passiert.

    Vielleicht ist es eher die lange Partnerschaft und man müsste von Partnerziden sprechen.

    Natürlich sollte man vorbeugend eingreifen, ansonsten wäre es interessant, wie sich die Zahlen mittelfristig entwickeln, wenn auch homosexuelle Ehe-Partnerschaften in die Jahre kommen.

    • @fly:

      Es handelt sich nicht nur um langjährige Partnerschaften, sondern oft genug auch um Jüngere. Bei heterosexuellen Partnern gibt es eher ein körperliches Ungleichgewicht, Männer haben in der Mehrzahl die größere Körperkraft, also in der Auseinandersetzung eher „Erfolg“.

    • @fly:

      Aber es geht ja gerade darum, dass die Opfer dieser "Partnerzide" in der überwältigenden Mehrheit Frauen sind. Das strukturelle Problem dahinter scheint also doch eher ein patriarchales zu sein und nicht eines von Partnerschaften an sich

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Welche Daten sollen denn erhoben werden? Reines Zählen kann doch nicht da Ziel sein. Man braucht Zusatzinformation, wenn man Gegenmaßnahmen zielgerichtet planen will.

  • Die eigentliche Frage muss doch sein wie man die Fallzahlen effizient senken kann und dabei steht leider zu befürchten, dass die Einordnung als Femizid suboptimal wenn nicht gar kontraproduktiv ist. Fasst man diese Taten nämlich als "Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts" wäre eine möglich Konsequenz daraus etwa mit Bildungsprogrammen gegen gesellschaftlich verankerte Misogynie zu arbeiten. Das ist zwar sicher grundsätzlich auch nicht verkehrt, vielleicht sogar ein 'wichtiges Signal', aber ob das derartige Morde in relevantem Ausmaß reduzieren würde scheint dennoch recht fraglich. Der Umstand, dass diese immer wieder vor allem (ex-)Partnerinnen treffen spricht doch eigentlich recht klar gegen eine "Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts", denn in dem Fall wäre die psychologische Hürde ein Opfer ohne persönliche Bekanntschaft zu wählen sehr viel niedriger. Man muss also eben doch davon ausgehen, dass die Taten nicht dem Opfer als Frau, sondern als spezifische Person gelten. Was an dieser Einsicht verharmlosend sein soll erschließt sich mir beim besten Willen nicht, zumal das Anerkennen dieses Umstands eben auch auf ganz andere Ansatzpunkte und Gegenstrategien verweist. Und was diese angeht muss die Forderung nach härteren Strafen eben auch dem Feld der Symbolpolitik zugeordnet werden. Es scheint durchaus plausibel anzunehmen, dass der sehr überwiegende Teil dieser Taten rein emotional motiviert und im Affekt begangen wird, eine 'rationale Kosten-Nutzen-Abwägung' also nicht stattindet, entsprechend gering dürfte die Korrelation von Strafmaß und Inzidenz sein. Viel eher sollte man die Entwicklung hin zu solchen Taten an der Wurzel angehen, und überlegen wie sich in der Schule aber auch für Erwachsene etwa Rollenbilder, emotionale (Selbst-)Kompetenz und konstruktive Streitkultur vermitteln lassen, aber auch mit welchem Stellenwert man Ehe und Beziehung im gesellschaftlichen Diskurs generell verhandelt. Anders wird es nicht gehen.

    • @Ingo Bernable:

      Eifersucht und Rache sind bereits anerkannte Mordmerkmale. Die Verlustangst, die sich dann in einer Tötung auslebt, geht strukturell in die gleiche Richtung: Der Täter muss dafür den Partner als eine Art Besitz sehen, den zu zerstören ihm zusteht, um zu verhindern, dass er die Herrschaft darüber verliert.

      Die Frage ist nur, ob das nicht geschlechtsmäßig beliebig ist. Die statistischen Unterschiede können auch rein aus der biologisch erklärbaren, generell höheren Gewaltneigung von Männern (hormonell bedingt wie durch die meist größere Chance, mit Körperkraft etwas zu erreichen) rühren.

      Machen wir den Umkehrtest: Eine Frau bringt ihren Mann um, weil sie Angst hat, dass er fremdgeht/sie verlässt. Wäre das dann ein "Androzid", der Mann also Opfer, weil er ein Mann ist? Ist ein so übersteigerter Besitzanspruch bei Frauen ausgeschlossen, weil sie Frauen sind?

      Zweimal nein, würde ich sagen. Von daher sehe ich außerhalb eines wirklich aus Frauenhass begangenen Verbrechens keinen Anwendungsbereich für den "Femizid". Für den, wie auch für Taten wie die beschriebene gibt es eine Regelung, den Mord "aus niederen Beweggründen". Warum sollte der nicht reichen?

      • @Normalo:

        Wie wäre es anstatt biologistischer "Erklärungen" mal sozialtheoretische Analysen heranzuziehen? Das entspräche auch mehr linksemanzipatorischer Politik ...

        • @Uranus:

          Wenn Sie schon fragen: Das wäre mir zu eng.

          Ich teile halt nicht den "linksemanzipatorischen" Glauben an die Irrelevanz biologisch oder physikalisch bedingter Fakten (könnte man auch kampfbegrifflich "Soziologismus" nennen, tut aber auf der eher wissenschaftlich als ideologisch angehauchten Seite der "Biologisten" komischerweise kaum jemand...). Die Wirkungen eines höheren Testosteronspiegels und die Erfolgschancen in einer körperlichen Auseinandersetzung bei ungleicher Verteilung der Körperkraft sind durch keine soziologische Theorie wegzudiskutieren. Und wer wären gerade die Soziologen zu behaupten, dass das Individuum nicht aus Erfahrungen bei körperlichen Auseinandersetzungen lerne?

          Ich tu's auch und weiß z. B., dass ich mit meinen nicht ganz schmal gebauten 1,90m so ziemlich überall hingehen kann, ohne mich wirklich fürchten zu müssen, im Streit vor körperlichen Angriffen insbesondere von Frauen (die fast durchweg kleiner sind als ich und nochmal deutlich weniger Muskelmasse mitbringen) ziemlich sicher bin und, sollte ich selbst angreifen, wenig effektive Gegenwehr von ihnen zu erwarten hätte. Entsprechend schätze ich meine Möglichkeiten ein, wie ich einen Konflikt zu welchem Ende bringen kann, und DAS beeinflusst dann neben ethischen und sozialen Erwägungen meine Entscheidungen.



          Kurz gesagt und aus der umgekehrten Perspektive: Sich GEGEN die Alternative "Gewalt" zu entscheiden, ist deutlich leichter, wenn man sich von der schon ganz unmittelbar nur Nachteile versprechen kann.

          Es geht mir also - wie den allermeisten Anderen, die es wagen, in Genderfragen über biologische Fakten zu reden - nicht darum, den Einfluss sozialer Faktoren zu leugnen. Es erscheint mir nur ein wenig simplizistisch und zweckoptimistisch zu unterstellen, man könne geschlechterspezifisches Verhalten ausschließlich über soziale Einflussnahme erklären und steuern. Da da soll sich die Realität dem Wunsch anpassen. Aber da tut sie - nach aller empirischen Erfahrung - meist nicht so gern...

          • @Normalo:

            Dass Sie den Einfluss sozialer Faktoren leugnen, habe ich bisher nicht angenommen. Allerdings beziehen Sie sie kaum ein und benennen Sie nicht. Vom Patriarchat schreiben Sie bisher nicht.



            Den Gedankengang mit dem Umkehrschluss kam mir beim Lesen des Kommentars von Ingo Bernable auch. Allerdings würde ich diesen feministisch-akzentuiert weiterdenken. U.a. Mann und Frau sind im Patriarchat strukturell unterschiedlich zu sehen ...

            • @Uranus:

              Manchmal erübrigt es sich eben, das Patriarchat als Ursache heranzuziehen - vor allem wenn es erkennbar in concreto eher zu den Wirkungen gehört.

              Man kann lange streiten, inwieweit rein quantitativ biologische oder soziale Umstände menschliches Verhalten stärker steuern, aber eins sollte klar sein: Die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau waren zuerst da (es sei denn, man wollte das Patriarchat auch gleich für diese verantwortlich machen, aber das wäre historisch wohl nicht zu halten). Da aber auch das Patriarchat dem Kausalprinzip folgt, kann man unterstellen, dass es nicht einfach OHNE Ursache in die Welt getreten ist. Und jetzt überlegen wir mal ganz scharf, wie denn bloß um Alles in der Welt ein Herrschaftssystem entstanden sein könnte, dessen hierarchische Linie entlang der Geschlechtergrenze verläuft und das hormonell bedingt aggressivere, risikofreudigere und muskulösere Geschlecht bevorzugt...

              Gewaltbereitschaft ist nicht irgendeine Eigenschaft wie künstlerische Begabung oder eine rationale Denke. Sie kommt aus der animalischsten Ecke unserer Psyche, wo die Urinstinkte noch Griff finden und der Körper reagiert, als ginge es um Leben und Tod (u. a. weil es eben möglicherweise auch um Leben und Tod geht). Dieser Ort ist einer von denen, wo tiefgreifende soziale Strömungen herkommen, nicht wo sie herrschen.

              • @Normalo:

                Die Logik der Rechten bezüglich des Geschlechterverhältnisses basiert auf der Biologisierung von Herrschaftsverhältnissen.

                • @Uranus:

                  Schöne Parole. Ein paar Argumente könnten aber genauer treffen. Die Parole allein kann man zu leicht umdrehen: "Die Logik der Linken bezüglich des Geschlechterverhältnisses basiert auf der Soziologisierung von naturwissenschaftlich nachweisbaren Fakten." - ist genauso schön plakativ und in dieser Pauschalität genauso unwiderlegbar wie Ihr Spruch. Also - legen Sie gerne nach!

                  • @Normalo:

                    Nicht wahr? ;-) Wollte damit sagen, dass mensch gucken muss, wo mensch argumentativ und politisch positionierend da womöglich hinschlittert ...

                    • @Uranus:

                      Mein Fehler - ich dachte, sie meinten die etwas allgermeinere Sorte "Rechte" (also all Jene, die asu Ihrer Sicht einfach nur rechts von "links genug" stehen) und zählten mich dazu. Danke für die Differenzierung!

                      Zu dieser Nähe-Problemaitk aber: Schaun's, auch "Er" (also der Typ aus "Er ist wieder da") hat zuweilen mal ein Glas Wasser getrunken. Und er war dabei im Zweifel in der ihm eigenen, SEHR überzeugten Art total überzeugt, dafür nicht nur gute Gründe zu haben sondern die besten. Zu denen dürften auch wie üblich die Vollendung seiner Vernichtungsfeldzüge und der Endsieg der arischen Rasse gehört haben. Aber: Ist das ein triftiger Grund, KEIN Wasser zu trinken?

                      Anders gesagt: Ich habe weniger Angst davor, in rechte Schubladendenke zu verfallen, als ich habe, die Gesprächsgrundlage mit den Linken wegen DEREN Schubladendenke zu verlieren. Trotzdem warte ich natürlich weiterhin hoffnungsvoll auf eine inhaltliche Erwiderung auf mein vorletztes Posting. :-)

  • Auch ich finde den Bundesgerichtshof nur schwer erträglich in seiner Argumentation.



    Ein paar Dinge sind mir aber nicht klar: sollte es wirklich als gesetzt gelten, dass es nur EIN tieferliegendes Muster hinter Gewalttaten gegen Frauen gibt? Frauenhass und patriarchale Zurichtung (von der nicht betroffen zu sein, wahrscheinlich niemand ernsthaft wird behaupten können) nämlich? Kommt mir in seinem argumentativen Wert "luftig" vor. Geht das nicht genauer und fundierter? Ist der Begriff "Femizid" wirklich hilfreich für das Verstehen dieser Taten? Für die juristische Beurteilung gar?



    "Femizid" wird im Artikel so definiert: "Es ist die Tötung einer Frau im Kontext geschlechtsbezogener Gewalt." Gibt es Gewalt an Frauen, die nicht geschlechtsbezogen ist? Ich bin mir nicht sicher, ob diese Frage ganz klar mit "nein" zu beantworten ist.



    Bei den Mordtaten von Rechtsradikalen wird das niedere Motiv bejaht. Finde ich gut! Lässt sich das einfach per Analogieschluss auf sämtliche Gewalt- und Mordtaten an Frauen übertragen? Ich bin unsicher, weil rechtsradikal motivierte Gewalt- und Mordtaten nicht so komplexe Hintergründe von ineinander verwobenen Lebens- und Leidensgeschichten, Subjektdeformationen und Charakterveränderungen aufweisen, die so genannten Beziehungstaten oft eigen ist. Kurzum: sind alle Gewalt- und Mordtaten an Frauen Femizide und versuchte Femizide oder nur ein Teil dieser Taten? Bei der juristischen Würdigung (oftmals viel zu niedrig, keine Frage) scheint mir das wesentlich zu sein, um den individuellen Schuldanteil des Täters zu bestimmen. Strafecht macht nun mal diese Unterschiede.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @My Sharona:

      Die Argumentation der Richter in den geschilderten Fällen erschüttert mich geradezu, läuft sie doch auf eine Art "mildernden Umstand für Mord, falls es sich um Femizid handelt" heraus. Das zeigt dass Femizid für die Forschung sicher relevant ist. Für die Strafverfolgung braucht es die Unterscheidung mMn nicht, es handelt sich einfach um Mord. Den kann man nicht steigern. Das Problem liegt für mich nicht an den Gesetzen sondern in der Anwendung (wie überraschend).

      Die Antwort auf beide von Ihnen aufgeworfenen Fragen kann jedoch mMn nur "nein" lauten, da aus rein analytischen bzw. theoretischen Erwägungen niemals der Schluss gezogen werden sollte ein Ereignis könne nicht eintreten. Ein Mord an einer Frau muss nicht geschlechtsbezogen sein und demzufolge wäre auch nicht jeder Mord an einer Frau ein Femizid.

      Ein Mord bei dem das Geschlecht des Opfers keine Rolle spielt als "Verdeckungstat" kommt z.B. wohl vor, z.B. bei Überfällen auf alte Leute. Die dann halt einfach überfallen werden weil sie alt sind. Sowas gibt es leider. Wer jeden solchen Fall als Ausdruck patriarchalischer Gewalt sehen will, der kann das wohl tun. Das wäre dann eine Wahrnehmung. Darauf auf die Motivation der Täter zu schließen halte ich für abenteuerlich.

  • Die Tagesschau wertet eine Statistik des BKA aus: "Demnach wurden zuletzt 117 Frauen und 32 Männer Opfer von tödlicher Partnerschaftsgewalt. Bei 301 Frauen und 93 Männern habe es im vergangenen Jahr einen Tötungsversuch in oder nach Beziehungen gegeben."

    [Quelle: www.tagesschau.de/...tatistik-101.html]

    Schon komisch, dass die durchaus relevante Anzahl von Gewalt betroffener Männer fast nie Erwähnung findet. Immerhin wird mehr als jeder fünfte Beziehungsmord an einem Mann verübt, und fast jeder vierte Mordversuch.

    Woher rührt dieses Desinteresse? Sind Männer weniger wert als Frauen?

    ... und was ist eigentlich mit den nicht-binären Menschen: sind die etwa von Gewalt in Partnerschaften nicht betroffen? Das wäre genauso schön, wie es unwahrscheinlich ist.

  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Statistisch wird sich kein Mann von einer Erhöhung der Strafen von solchen Taten abbringen lassen. Er würde lebenslang absitzen um seinem Leidensdruck(zieht sie die Kinder mit einem anderen Mann auf, oder droht im ständig mit Anzeige wegen schwerer Steuerhinterziehung)ein Ende zu bereiten. Eine öffentliche Diskussion über Femizide könnte in gewissen Kreisen sogar dazu führen, daß Frauen dieses Damoklesschwert noch bewusster wird und glauben, sich besonders dem Rollenverständnis des Mannes anzupassen, damit ihnen dieses Schicksal nicht widerfährt.

    • @97760 (Profil gelöscht):

      Sie schreiben: "Statistisch wird sich kein Mann von einer Erhöhung der Strafen von solchen Taten abbringen lassen."

      Nun, wer mordet (oder andere Straftaten begeht), denkt dabei in der Regel nicht über das Strafmaß nach, sondern hofft, dass er nicht erwischt wird; insofern haben Sie Recht. Aber wer im Gefängnis sitzt, kann nicht wieder solche Taten begehen, solange er sitzt. Und das ist entscheidend.

      • @Budzylein:

        Und Mord bringt einen nicht ins Gefängnis? Den Totschlag von vorneheraus auszuschließen, weil eine Frau getötet wurde, bricht auch das Rechtsprinzip der Gleichheit. Natürlich ist es Mord, wenn jemand sich in seiner Eifersucht verliert und die Tat plant und schon durchgespielt hat. Womöglich bereits Gewalt angewendet hat und stalked. Dann sitzt er 15 Jahre und vielleicht in Sicherungsverwahrung. Es besteht also kein blinder Fleck. Vielleicht in der Kammer, welche entscheidet, aber nicht in der Gesetzgebung.

  • "Clemm, Möhring und der Juristinnenbund fordern eine Neuinterpretation des geltenden Rechts."

    Das ist wichtig. Einen neunen Begriff einzuführen, wird die Situation kaum verbessern. Wohl aber die richtige Anwendung bestehender Gesetze. All die aufgeführten Dinge sind längst strafbar. Die Gerichte müssen nur langsam damit beginnen, für die Opfer einzustehen und die Täter auch richtig bestrafen...

  • "Femizide" sind kein blinder Fleck sondern durch die Straftatbestände Mord und Todschlag vollständig abgedeckt. Da das Leben einer Frau genau so viel Wert ist wie das Leben jeder anderen Person sollten die Delikte möglich genderneutral bleiben.

    Insoweit wäre es auch falsch, einen entsprechenden Begriff in einer Kriminalitätsstatistik auszuweisen.

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Und was soll jetzt genau geschehen? Anderes Strafrecht für Männer?

    Das gleiche Problem haben wir doch z.B. bei Kindstötungen durch Frauen. Auch hier sind oft mildernden Umstände die zu einer geringen Verurteilungsrate wegen Mord führen!

  • Warum sind die Begriffe "Eifersuchtsdramen" oder "Beziehungstaten" eigentlich verharmlosend? Es geht so oder so um niedrige Beweggründe und die Taten sind schrecklich. Welche "höheren" Beweggründe könnte ein Beziehungstäter denn bitte geltend machen? Ich finde es absolut richtig, dass Richter und Staatsanwälte besser geschult werden sollen, damit sie sich von weinenden Tätern weniger beeindrucken lassen. Mord ist Mord. Die eigene Ehefrau, der man einst lebenslange Treue und Liebe geschworen hat, zu ermorden gehört zu den schlimmsten Verbrechen überhaupt. Nur eines braucht es für all das nicht: das Wort "Femizid" ist so was von überflüssig. Nennen wir es einfach weiterhin Mord. Das reicht vollkommen aus.

    • @Winnetaz:

      Damit wird ein Machtungleichgewicht, ein Muster außer Acht gelassen, welches hier vorliegt. Es handelt sich eben nicht um ein "Eifersuchtsdrama" oder um einen gewöhnlichen Mord, sondern um das Ausüben patriarchaler Gewalt in seiner extremsten Form - über das Leben der Partnerin zu entscheiden.



      Die Tatsache, dass hier so ein Ungleichgewicht (Männer töten Frauen) herrscht, spricht eben dafür, dass es kein Mord ist, sondern ein eigenes Verbrechen als Symptom gesellschaftlicher Unterdrückung, analog zu rassistischen Morden. Aus diesem Grund ist die Einführung des Begriffs Femizid mehr als notwendig, um in Zukunft solche Taten besser erkennen und vorbeugen zu können.

  • Das Sichtbarmachen und die Prävention Von Femiziden hat meine volle Unterstützung. Auch finde ich es absonderlich, eine mögliche Trennung bei einem Tötungsdelikt strafmildernd zu berücksichtigen.

    Die Idee, eine intime Beziehung zum Mordmerkmal gehört jedoch ins Kuriositätenkabinett. Die Folge wäre in der deutschen Rechtssystematik, dass auch jeder tragische Unfall in einer solchen Beziehung zum Mord wird.

    • @Samvim:

      Im übrigen verlangt die Istanbuler Konvention eine solche Einordnung an keiner Stelle. Artikel 46 bestimmt eine Strafverschärfung, was etwas ganz anderes ist.

  • Ich habe nach der Lektüre noch nicht wirklich verstanden, worin der grundlegende Unterschied besteht, ob eine Frau oder ein Mann das Opfer bzw Täter*in bei einem Tötungsdelikt innerhalb einer Partnerschaft ist, der eine gesonderte Behandlung rechtfertigen würde. 20% männliche Opfer finde ich angesichts der (meist) physischen Überlegenheit von Männern und gesellschaftlichen Konventionen, die solche Verbrechen eher mit männlichen Tätern vermuten lassen, gar nicht so wenig.

  • Daß diese Tötungen schlimm sind und zu verurteilen sind, muß hier nicht betont werden.

    Ob allerdings ein Begriff wie 'Femizid' geeignet ist, diese Fälle zu adäquat zu bezeichnen, ist. m.E. zu bezweifeln. Dieser Begriff assoziiert sich mit 'Genozid', das ist systematischer Völkermord.

    Werden die Frauen in Deutschland getötet, WEIL sie Frauen sind? Das mag in wenigen Einzelfällen vorkommen, dürfte aber eher eine (pathologische) Ausnahme sein.

    Aussagen vom Typus: ' alle 3 Tage' übrigens sind immer vorsichtig zu benutzen, weil sie völlig davon abhängen, auf welchen 'Nenner' sie sich beziehen. D.h. je mehr Einwohner ein Land, um so kleiner wird dieses Intervall, selbst wenn sich an der Tötungshäufigkeit je 100 Einwohner überhaupt nichts Einwohner nichts ändert.

    Bsp.: In einem Land mit 8,3 Millionen Einwohnern hätten wir es mit 1 Tötung pro Monat zu tun (117/10=11,7; 365/11,7=31,8) - bei unveränderter Tötungshäufigkeit je 100 Einwohnern.

    Alle 11 Tage wird übrigens ein Mann Opfer häuslicher Gewalt. Das ist zwar weniger, aber bewegt sich (beinahe) in der gleichen Größenordnung. Kämen wir auf die Idee, das 'Maskulinizit' zu nennen?

    • @Weber:

      Sie texten sich da aber echt was zusammen. Wenn in einem Land in einem Jahr 120 Frauen in Partnerschaften umgebracht werden, dann ist das rechnerisch alle 3 Tage eine Frau und den Rest ihrer Formelversuche können Sich sparen. Femizid asoziiert also wegen der Endsilbe „zid“ Genozid (?), welch abseitige Anleihe. Und zur Gewalt gegen Männer ist darauf hinzuweisen, dass das auch traurig ist, aber in der Mehrzahl die „erfolgreichere“ Körperkraft beim Mann liegt.

    • @Weber:

      Ich habe das Gefühl, Femizid ist eher ein ideologischer Begriff einer bestimmten Richtung des Feminismus, deren Ziel nicht mehr Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Männern ist, sondern die alles männliche ablehnt und als Männlichkeit als Inbegriff von Gewalt Hass und Unterdrückung betrachtet. Demzufolge müssen die Motive von Verbrechen an Frauen wie Beziehungstaten oder Vergewaltigungen als Angriffe auf Frauen an sich gesehen werden, nicht als individuelle Taten, die in individuellem Hass, Lust, Eifersucht, Verzweiflung etc. motiviert sind und mit entsprechenden Verbrechen an Männern vergleichbar sind. Das dürfte wissenschaftlich kaum haltbar sein, aber es ist eben eine Ideologie, die mit solchen Begriffen und Initiativen vorangetrieben werden soll.

      • @Ruediger:

        Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich & beim Thema.



        Die Moderation

  • Es wird Zeit, hier endlich aktiv zu werden. Ein Schritt ist die Einstellung der Verharmlosung solcher Taten als 'Familiendrama' oder bei anschließendem Selbstmord des Täters als 'erweiterter Suizid' (erinnern wir uns noch an die Ermordung Petra Kellys, die von den Medien zumeist als letzterem bezeichnet wurde). Ein anderes Problem ist, dass sich nicht nur die Bundesregierung dagegen sträubt, das Problem für Deutschland überhaupt anzuerkennen, sondern auch so mancher renommierte Strafrechtsexperte oder ehemalige hohe Richter. Hier wird viel zu oft sehr viel Verständnis für Täter gezeigt (so wie es früher bei Vergewaltigungen der Fall war - zu kurzer Rock etc.), und dem Opfer den Makel, nicht der 'Rolle der Frau' entsprochen zu haben, angehängt.

    • @resto:

      "Ein Schritt ist die Einstellung der Verharmlosung solcher Taten als Familiendrama..."

      'Drama' als Verharmlosung? Da sagt mir mein Sprachgefühl dann doch was anderes...

  • Bereits seit dem 23. Mai 1949 gilt in Deutschland folgendes:

    „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.



    Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.



    Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“



    Und weiter:



    „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.



    Männer und Frauen sind gleichberechtigt...Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

    Diesen hehren Worten wird im Alltag regelmäßig ebenso wenig Verbindlichkeit zuerkannt wie den Zehn Geboten des Alten Testaments. Femizide sind nur ein weiterer Mosaikstein im großen Gemälde der patriarchalen Unterdrückung und Schlechterstellung einer Hälfte der Menschheit.