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Mindestlohn-Forderung der SPDZurück in die Zukunft

Kommentar von Dorian Baganz

Die SPD feiert sich dafür, einen Mindestlohn von 12 Euro zu fordern: „Perspektivisch“. Aber warum nicht sofort?

Seltsam retro, die „neue Zeit“, mit der die Genoss:innen sich feiern Foto: dpa

W as haben sich die Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag gefeiert! Der mit großer Mehrheit beschlossene Leitantrag fordert „perspektivisch“ einen Mindestlohn in Höhe von 12 Euro. Man hätte auch einfach „sofort“ dessen Anhebung verlangen können. Sei’s drum. Nach dem „Fest der Liebe und der Vergebung“ wolle man mit der Union darüber verhandeln, sagt Johannes Kahrs vom konservativen Seeheimer Kreis.

Wird die Koalitionspartnerin nach Weihnachten gesprächsbereit sein? Der Arbeitnehmerflügel der CDU zumindest scheint kapiert zu haben, dass auch die eigenen Wählerinnen für weniger als 10 Euro pro Stunde malochen. Sollte der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben werden, wäre das der Initiative der SPD zu verdanken. Was folgt daraus? Das Ende des dritten Weges? Ist die deutsche Sozialdemokratie wieder Anwältin der „kleinen Leute“?

Die Zeiten August Bebels sind lange vorbei, schon klar. Für den Arbeiterkaiser war das Kapital ein „brüllender Löwe“. Am Wochenende brüllten die sozialdemokratischen Delegierten jedoch nicht einmal für einen armutsfesten Stundenlohn. Der liegt zurzeit bei 12,63 Euro. Wenn die SPD die Partei der Arbeiterinnen ist, dann jener aus dem Jahr 2016.

Damals waren 11,68 Euro pro Stunde nötig, um nach 45 Jahren Vollberufstätigkeit oberhalb der Grundsicherung zu landen. Wo war da der Parteitagsbeschluss, das Arbeitsentgelt „perspektivisch“ auf 12 Euro anzuheben? Dem Motto zufolge hat sich die SPD am Wochenende „in die neue Zeit“ aufgemacht. Da muss den PR-Strategen im Willy-Brandt-Haus ein Fehler unterlaufen sein. Die arbeitsmarktpolitischen Forderungen lassen eher auf ein „Zurück in die Zukunft“ schließen. Verständlich: 2016 lagen die Umfragewerte der SPD bei schwindelerregenden 21 Prozent.

Um sich aus dem aktuellen Umfragetief (11 Prozent!) zu befreien, will die neue Führung einen Linksschwenk einleiten. Schade nur, dass ihre Forderungen die Arbeitenden nicht vorm Flaschensammeln im Alter bewahren. Eine solche SPD wird nicht mehr gebraucht. Perspektivisch, versteht sich.

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42 Kommentare

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  • Insgesamt feststellbar durch die Kommentare hier ist, daß es immer noch ein Ruf nach externer Regelung von Preisen, Löhnen, Gehältern etc. gibt. Die Sozialisten sterben einfach nicht aus. Und auch nach wasweißich wie vielen erfolglosen Versuchen, gibt es immer noch und immer wieder die Fraktion "Es ist halt noch nicht richtig gemacht worden." Unbelehrbar.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Der Mindestlohn sollte so hoch sein, das man davon Rentenpunkte sammeln kann, das sage ich als Konservativer.



    Weil warum soll jemand fuer so wenig Geld sich krum machen und die eigene Gesundheit aufopfern nur um im Alter dann nicht mehr zu bekommen wie jemand der nichts gemacht hat. Dazu muss man sagen der Mindeslohn betrifft vorallem den Servicesektor, diejenigen die mehr als 12 euro verdienen werden weniger in der Tasche haben weil sie jetzt mehr fuer McDonalds, Friseur, Lieferdienste etc. bezahlen muessen. Ich hab damit kein Problem - andere schon.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Selbst wenn die Lohnerhöhungen bei solchen Dienstleistungen 1zu1 auf den Preis aufgeschlagen werden. (was ungerechtfertigt wäre, da der Lohn selbst bei arbeitsintensiven Dienstleistungen nicht 100% der Kosten ausmacht), würden diese Arbeitnehmer immer noch davon profitieren, da sie ja nicht ihr ganzes Budget für solche arbeitsintensiven Dienstleistungen ausgeben. Die weit weniger Arbeitsintensive Industrie- und Landwirtschaftsproduktion wäre preislich kaum betroffen, macht aber einen beachtlichen Teil der Ausgaben eines Unterschichtsbürgers aus.



      Logischerweise steigt nämlich der Anteil der Ausgaben für Dienstleistungen mit dem Einkommen.



      D.h. untere Einkommensschichten profitieren vom Mindestlohn, während obere jetzt für die häufiger konsumierten Dienstleistungen mehr zahlen müssen. was diese natürlich recht gut verkraften können.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @TeeTS:

        Okay danke für die Ausführung, so oder so ist es richtig.

  • Wenn in Österreich ein dreißigjähriger Ex-Versicherungsvertreter und Fremdenfeind (er will geflüchtete Menschen auf eine Steininsel im Mittelmeer verbannen)



    Kanzler werden kann, dann kann ein intelligenter Menschenfreund wie Kevin Kühnert erst recht Kanzler von Deutschland werden. Ich bin mir sicher, dass Kevin Kühnert bei der nächsten Bundestagswahl als Spitzenkandidat der SPD Deutschland rocken wird. Und das ist gut so!

    Das Johannes Kahrs vom konservativen Seeheimer Kreis, sowie Hubertus Heil, der noch vor wenigen Wochen vor dem Bundesverfassungsgericht die inzwischen verfassungswidrig geltenden Hartz-IV Sanktionen, als richtig und angemessen verteidigte, für die SPD irgend noch was verhandeln sollen, halten ich für grundlegend falsch. Weder Hubertus Heil noch Olaf Scholz werden ihre eigenen warmen Ministerposten im Kabinett Merkel wegverhandeln. Sie sind schlicht ungeeignet für die SPD ernsthafte Verhandlungen zu führen.

    Ein Mindestlohn von 12,00 in mindesthöhe, wie von Saskia Esken gefordert, ist völlig in Ordnung. So eine knallharte Elternbeiratpolitik gefällt mir.







    Arbeitende Menschen können vorm Flaschensammeln im Alter auch dadurch bewahrt werden, indem man ihnen eine würdige Rente bezahlt. Es ist nur die Frage der Finanzierung und nicht eine Frage des Mindestlohnes.



    Wir erinnern uns, an die SPD die mit P€€R Steinbrück und Angela Merkel zur Rettung von Banken und Versicherungen das Finanzmarktstabilisierungsgesetz im Jahre 2009 mit einem Volumen von sage und schreibe 480 Mrd. Euronen verabschiedete. Zur Relation, das aktuelle Rentenpaket kostet den Haushalt gerademal 1,5 Mrd. €.

    Fazit: Der Mindestlohn von 12,-€ ist fürs erste in Ordnung. Zur Rettung von Rentnern und Vermeidung von Bettelrenten kann der Staat ohne weiteres 30 Mrd. p.a. ausgeben. Für Waffeneinkäufe sind ja 30 Mrd. und zur Senkung des Solidaritätszuschlages 10 Mrd. sind ja auch kein Problem.

    Kevin Kühnert wird Kanzler.



    Ich bin dabei.

  • 12 Euro Mindestlohn? In "Die Anstalt" hatte ich gehört, dass der Mindestlohn von der 'Mindestlohnkommission' festgelegt wird und nicht von Politikern. Der Mindestlohn ist auch so konstruiert, dass er immer nur in winzigen Schritten angehoben werden kann (siehe Link, ab Minute 2:40). www.youtube.com/watch?v=gCh_h9E3xGQ

    Deutschland hat auch noch ca. 9 Millionen Niedriglohnsklaven, die beim Amt aufstocken müssen weil ihr Lohn nicht ausreicht. Viele Milliarden Euro werden jährlich aus Steuermitteln aufgewendet, um nicht existenzsichernde Arbeit aufzustocken. Die Gesellschaft subventioniert also seit vielen Jahren Arbeitgeber, die ihren Angestellten nur Niedriglöhne zahlen. Warum sollten die Arbeitgeber da also nicht noch eine weitere Million Niedriglohnsklaven für ein paar Euro einstellen? Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und auch das BMAS würden sich bestimmt freuen, denn so kann man die monatliche Arbeitslosenstatistik noch "schöner" aussehen lassen und der naive Steuerzahler bezahlt das auch noch.

    Die Hartz IV Regelsätze werden seit Jahren auch von der Regierung heruntergerechnet, weil man damit viel Geld einsparen kann. Aber nicht nur bei den ALG II Beziehern (ca. 10 Milliarden Euro im Jahr), sondern auch bei den Einkommenssteuerzahlern (15 Milliarden Euro im Jahr) spart man. Je höher der Hartz IV Regelsatz nämlich ist, um so höher ist der Freibetrag für die Einkommenssteuerzahler. Da man aber die Hartz IV Sätze nicht anhebt, wird natürlich auch der Freibetrag nicht angehoben und so spart der Staat noch einmal 15 Milliarden Euro beim Einkommenssteuerzahler. Etwa 25 Milliarden Euro spart der Staat so im Jahr an seine Bürger, wie das Fernsehmagazin 'Monitor' der ARD 2018 berichtete.

    So, und jetzt stricken wir das beides mal zusammen und dann wissen wir auch wo die 25 Milliarden Euro hinfließen - nämlich in die Taschen der Arbeitgeber. 12 Euro Mindestlohn? Die Arbeitgeber werden der Politik was husten und die wahre Arbeitslosigkeit wird endlich sichtbar.

  • "Den gesetzlichen Mindestlohn wollen wir auf 12 Euro erhöhen. Wir wollen den Arbeitsmarkt regulieren und soziale Sicherheit schaffen: Befristungen ohne sachlichen Grund, Leiharbeit und den Missbrauch von Werkverträgen wollen wir beenden."

    www.die-linke.de/themen/arbeit/

    Wenn man mit solchen Forderungen, einfach viele Wähler anziehen könnte, würde Die Linke aktuell nicht bei 8,5% laut letzter INSA Umfrage stehen und hätte bei der letzten BT Wahl nicht weniger Stimmen als die FDP bekommen..

    • @Sven Günther:

      Was soll das beweisen dass die Partei bibeltreuer Christen ebenfalls 12 Euronen will?

      Die Partei ist wegen ihrer Historie und Politik für die allermeisten nicht wählbar. Ein 12 Euro Mindestlohn wird mit der Linkspartei daher auch nie kommen.

    • @Sven Günther:

      @Seven Günther - Das die LINKE mit sozialen Forderungen beim Wähler bisher nicht punkten konnte, dass die LINKE in Deutschland vielen Linken und Sozialisten in Europa hinterher hingt, liegt weniger an den Sachthemen.



      Die LINKE in Deutschland ist eben in erster Linie auch eine Ostpartei und vor allem heute noch kontaminiert mit SED-Stasi-PDS Leuten. In einer gewissen weise ist die Linke eine Klientelpartei.

      Hätte sich die Linke mit ihren politischen Lichtgestalten Wagenknecht und Lafontaine auch personell erneuert, die Linke vom PDS-Stasi-SED-schlechte Luft befreit, sehe die Zustimmung in der Bevölkerung heute ganz anders aus. Auf den Oskar Lafontaine Talk bei Phoenix der Dialog (Feb. 2018) darf an dieser Stelle hingewiesen werden.

      Die Linke hat mit Sonja Kipping und Rixinger oder so ähnlich m.M. nach keine wirkliche Daseinsberechtigung mehr.



      Erst recht dann nicht mehr, wenn die SPD mit ihrer neuen Führung Esken, Walter und Kühnert wieder sozialdemokratische Politik umsetzten.

  • Es werden nicht bestehende Arbeitsplätze "teurer" gemacht sondern die allermeisten sind ja schon viel "teurer" und auch für den Arnbeitgeber rentierlich!



    Es geht nach meiner Einschätzung auch nicht um Investoren, sondern um Geschäftsmodelle, die nur funktionieren weil sie auf Billiglohn setzen. Ob diese Geschäftsmodelle so zukunftsfähig sind weiß ich nicht. Vergessen Sie auch nicht, dass die klassischen Billiglohnsektoren eben keinesfalls so einfach ins Ausland "transportiert" werden können. Angestellte in Kosmetikstudios, Frisöre...da fährt aber eben keiner nach Bangladesh um sich die Haare schneiden zu lassen.



    Wehrmutstropfen: Landwirtschaft: Hier muss ein Gesamtpaket her, das gebe ich zu.



    Mindestlohn 13,- sage ich daher.

    • @Tom Farmer:

      Niemand wird gezwungen ein Kosmetikstudio oder einen Frisörladen zu eröffnen.



      Wenn die Rendite die man dort erziehlen kann auf Grund höherer Lohnkosten fällt, dann mag es lohnendere Investments in In- oder Ausland geben.



      Dann gibt es diese Jobs im Zweifel also gar nicht und es stellt sich die, ganz grundsätzliche Frage, ob dieser Zustand dann besser oder schlechter zu beurteilen ist.



      Ja, ich weis, darüber gehen die Meinungen weit



      auseinander (und respektiere durchaus auch die Gegenseite)

      Ich halte den Satz "Arbeit ist besser als Sozialhilfe" in diesem Zusammenhang für richtig, denn Arbeit erhält Menschen auch ihre Fähigkeit "zu arbeiten".

      • @Paul Rabe:

        Ich halte den Satz "Arbeit ist besser als Sozialhilfe" in diesem Zusammenhang für richtig, denn Arbeit erhält Menschen auch ihre Fähigkeit "zu arbeiten".

        Müssten Sie dann nicht am Dienstag den 10.12.2019 um 13:03 Uhr auf der Arbeit sein, oder gilt das nur für die "Arbeitssklaven", die täglich mit ihrer Arbeitskraft dafür sorgen, dass die Reichen noch reicher werden, während man diesen Niedriglohnempfängern noch nicht einmal einen anständigen Mindestlohn gibt?

        • @Ricky-13:

          Kommentar entfernt. Bitte kommentieren Sie respektvoll.

          • @Rudolf Fissner:

            Wer seinen Vorredner fragt: „Müssten Sie dann nicht am Dienstag den 10.12.2019 um 13:03 Uhr auf der Arbeit sein, oder gilt das nur für die "Arbeitssklaven"“ (Ricky an Rabe) den sollte man doch, wenn ich mich noch irre, selbiges auch fragen können, ohne dass dabei der Respekt verloren geht 😏

        • @Ricky-13:

          Er könnte frei oder Urlaub haben, gerade Pause auf der Arbeit machen, studieren, Früh- oder Spätschicht haben, gerade freie Zeit auf der Arbeit haben usw.



          Er könnte auch ein Niedriglohnempfänger sein. Was wollten Sie mit der Frage ausdrücken?

          • @Devil's Advocate:

            Sie haben vollkommen recht, denn "er" könnte alles das sein, was Sie sagen. "Er" könnte aber auch das sein, für das ich ihn halte. Wie auch immer, denn durch derartige Kommentare gibt man mir die Möglichkeit über soziale Ungerechtigkeiten und andere soziale Verwerfungen in diesem Staat zu schreiben und deshalb sollte die taz auch weiterhin solche Kommentare freigeben, denn Zeitungen wo eine andere politische Meinung sofort gelöscht wird, gibt es in diesem Land schon genug. Ich erinnere mich daran, dass ich einige Male versucht hatte in der Springerpresse WELT sozialkritische Kommentare zu hinterlassen - aber die WELT fand das wohl nicht so prickelnd, dass in ihrem kapitalistischen "Kampfblatt" sozialkritische Töne auftauchen und hat meine Kommentare sofort wieder gelöscht. Nun ja, Art. 5 GG ist ja auch nur ein ganz winziger Artikel im Grundgesetz und deshalb hat die WELT den Artikel 5 wohl noch nicht gefunden.

      • @Paul Rabe:

        Ich denke am Frisörhandwerk ist das ganze Dilemma auf den Punkt zu bringen:



        Wie preislich elastisch ist ein Kunde beim Thema Haare schneiden; also wenn er das will? Extrem(!) da er das nur in seiner rel. engsten Umgebung kann; ein Ausweichen in ein Billliglohnland scheidet aus (wie bei allen haushaltsnahen Handwerktätigkeiten übrigens). Warum also

        • @Tom Farmer:

          Fortsetzung: Warum also verdient die Frisierende so wenig?



          Sie verdient deswegen so wenig, da das ein vermeintlich einfaches Handwerk ist, was jeder erlernen kann, also die Austauschbarkeit des Arbeitenden extrem hoch ist. Im Gegensatz zu einem Hochspezialisierten!



          Lösung: Haare schneiden kann und muss teurer werden weil der Kunde NICHT ausweichen kann in ein Billiglohnland. Die Chefs wiederrum dürfen wegen der einfachen Tätigkeit auch nicht beliebig ihre Mitarbeitenden im Gehalt drücken um Marge zu erhöhen.



          Somit: Mindestlohn für Frisierende spielend durchsetzbar! Es müssen sich nur alle dran halten; Gesetzliche Regelung möglich und nötig.



          In anderen Bereichen übrigens ähnlich einfach.

    • @Tom Farmer:

      so isses. Für unseren Putzdienst etwas mehr zu zahlen könnte sich meine Firma durchaus leisten.

      Beim Friseur hab ich heute 28€ abgedrückt für einen einfachen Herren-Haarschnitt. Kann ich mir leisten, aber manch anderer vielleicht nicht.

      Aber gibt's im Friseurhandwerk nicht den Mindestlohntarifvertrag von ver.di? Der Punkt ist mir nicht klar, und es redet auch keiner davon: warum kann man das nicht die Gewerkschaft machen lassen, Flächen Mindestlohn Tarifvertrag. Branchenspezifisch, Unterschiede Ost/West berücksichtigen, etc. Die kennen sich doch am besten aus.

      Warum muss da die Bundesregierung ran und alles über einen Kamm scheren?

      • @Descartes:

        Es geht um Selbstdarstellung, darum zu zeigen, dass man als Partei/Person direkt etwas ändern kann. Bei Millionen Menschen wird der Mindestlohn sowieso schon unterlaufen, das werden bei Anhebung noch mehr werden.

        • @FancyBeard:

          "Bei Millionen Menschen wird der Mindestlohn sowieso schon unterlaufen, das werden bei Anhebung noch mehr werden."

          Dann wäre ja der "logische Schritt", den Mindestlohn gar nicht zu erhöhen, weil viele Arbeitgeber mit Tricksereien den Mindestlohn ohnehin wieder nach unten drücken und auch weitere "Arbeitgeber" auf diese Idee kommen würden. Wo leben wir eigentlich - in einer Bananenrepublik? Wenn unsere Staatsanwälte sich weniger mit kleinen Schokoladendieben, sondern mit Steuerhinterziehern (jedes Jahr werden in Deutschland 125 Milliarden Euro hinterzogen) und solchen sogenannten "windigen Arbeitgebern" beschäftigen würden, dann könnte dieser Staat vielleicht auch mal wieder funktionieren und würde zurecht in seinem Grundgesetz den Artikel 20 Absatz 1 stehen haben.

          • @Ricky-13:

            Naja, das hinterzogene Geld wird oftmals reinvestiert. Die tatsächlich erzielbaren Mehreinnahmen für den Staat wären geringer als 125 Mrd.

  • Ist es wirklich so einfach ? Mal so eben eine Lohnsteigerung von 15% gesetzlich verordnen und schon wird alles gut ?



    Nein, leider nicht.



    Denn hinter jedem Arbeitsplatz steht ein Investor. Der hat genau in DIESEN Arbeitsplatz investiert, weil ihm DIESE Rendite gut erschien. Was macht der wenn der Staat nun (im Zeitalter von 1% Inflation) ihm die Lohnkosten um 15% anhebt ?



    Er hat zwei Möglichkeiten:

    1.) Er verzichtet auf Rendite und akzeptiert die Lohnerhöhung.



    2.) Er verzichtet nicht auf die Rendite, macht den Arbeitsplatz zu und leitet sein Kapital dorthin wo die Rendite den ursprünglichen Erwartungen entspricht.

    Das mag bei bestehenden Arbeitsplätzen nicht immer gleich möglich sein, weswegen er dann "zähneknirschend" die Einbuße (eine Zeit lang) akzeptieren wird.

    Aber jeder NEUE Investor, wird sich diese Gedanken auf jeden Fall machen. Wer also bestehende Arbeitsplätze um 15% teurer macht, der mach andere Investments, z.B. (ausländische ?) Aktien, Immobilien, Arbeitsplätze im Ausland, Rohstoffe etc. etc. relativ gesehen attraktiver, die Konsequenzen sind klar:



    Tendentiell weniger Investments in die Jobs jener Leute, die jetzt (noch...) einen haben.

    • @Paul Rabe:

      Mann kann dieses Prinzin für gut oder für schlecht halten.

      Korrekt dargestellt ist es auf jeden Fall.

      Beschäftigung von Mitarbeitern mit dem Ziel Profit zu erwirtschaften ist ein Grundpfeiler der Marktwirtschaft.

      Versuche dieses prinzip außer kraft zu setzen sind, wie wir wissen , alle kläglich gescheitert.

      Ich denke es liegt daran dass Wettbewerb und Gewinnstreben in der Grundstruktur von Menschen verankert sind.

      Aufgabe des Staates ist es, dafür soziale Rahmenbedingungen zu schaffen.

    • @Paul Rabe:

      So stelle ich mir Betriebswirtschaftslehre auf dem Niveau einer Einzelhandelsklasse in der Berufsschule vor.

      Ich schlage Ihnen folgenden Merksatz vor:

      Die Beschäftigung von Menschen mit dem Ziel der Profitgenerierung ist nur dann seriös, wenn der ausgezahlte Lohn auch die Basis für eine armutsfreie Rente ist. Basiert die Geschäftsidee jedoch ausschließlich auf der Idee, mit Niedriglöhnen Profite zu erzielen, kann dies als sittenwidrig bezeichnet werden.

      • 0G
        06137 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Vor allem ist ein Geschäftsmodell sowieso für die Füße, wenn es darauf basiert, dass die Arbeitnehmer per Aufstockung vom Staat alimentiert werden. Solche Art Möchtegern-Unternehmer braucht nicht einmal der Kapitalismus. Die sind einfach nur unfähig.

      • @Rolf B.:

        Rolf, ökonomischen Gesetzmäßigkeiten ist es ziemlich egal ob man diese in Havard oder einer Berufsschule lehrt, es bleiben die gleichen.

        Eines dieser universellen Gesetze ist nunmal, daß Investoren im Kapitalismus ihre Rendite maximieren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten.



        Diese Möglichkeiten sind Jahr 2020 vielfach größer als noch in den 90er Jahren unter Kohl.



        Ein Investor wird sich also ausrechnen wie hoch die Rendite mit dem Kosmetikstudio in Berlin sein wird, kommt er zu z.B. dem Ergebnis, daß der Immobilienfond in China oder das Kosmetikstudio in Miami bessere Renditen verspricht, wird er den Laden in Berlin ggf. nicht eröffnen oder auch wieder schließen.

        Ja, das mag trivial sein, es hat auch niemand behauptet für das Verständnis von Ökonomie brauche man besondere Begabung, aber selbst diese triviale Erkenntnis scheint nicht jeder zu beachten.

        Ob ein Löhne "sittenwidrig" sind, spielt da übrigens absolut keine Rolle, denn wenn ein Investor bei der Abwägung von verschiedenen Investment Möglichkeiten zu dem Schluss kommt, daß die Rendite eines bestimmten Investment nicht passt, braucht er sich über die sittenhaftigkeit der Löhne dort ohnehin keine Gedanken mehr zu machen.

        • 0G
          06137 (Profil gelöscht)
          @Paul Rabe:

          "Eines dieser universellen Gesetze ist nun mal, daß Investoren im Kapitalismus ihre Rendite maximieren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten." Die Rendite im Niedriglohnbereich basiert auf der "Möglichkeit", die der Staat bietet, Niedriglöhne aus Steuergeldern aufstocken zu lassen. Bitte vermeiden sie doch für ein solches Geschäftsmodell jeden Bezug auf den Begriff "Kapitalismus". Das hat dieser nicht verdient. Der echte Kapitalist versteht sich darauf, Profit zu machen, ohne sich vom Staat subventionieren zu lassen. Andernfalls ist er keiner, sondern nur ein armseliger Loser.

          • @06137 (Profil gelöscht):

            "Der echte Kapitalist versteht sich darauf, Profit zu machen, ohne sich vom Staat subventionieren zu lassen. Andernfalls ist er keiner, sondern nur ein armseliger Loser."

            Vollkommen richtig! - Warum sollte man der SPD jetzt also auf einmal glauben, wo sie doch in den letzten Jahren Millionen kleiner Leute auch nicht geholfen hat, sondern noch dabei zugesehen hat und immer noch dabei zusieht, dass man 'nicht existenzsichernde Arbeit' mit Steuergeldern aufstockt, anstatt endlich mal den Arbeitgebern zu sagen, dass sie anständige Löhne zahlen müssen?

    • @Paul Rabe:

      Also sollen wir akzeptieren, dass Investoren nun mal maximale Rendite wollen, das ist ja nun mal so, und wenn wir ihnen nicht die besten Bedingungen bieten, gehen sie nach China? Also sollten wir uns an den chinesischen Arbeitnehmerrechten orientieren? Sollten wir das nicht gleich zu unserem Grundsatz in allen Politikbereichen machen?

      Wozu brauchen wir überhaupt noch "Investments in Jobs", warum investieren nicht alle nur noch in Aktien, und von der Rendite kaufen wir uns Brot?

      • @Soda:

        "Also sollen wir akzeptieren, dass Investoren nun mal maximale Rendite wollen"

        Ja, das sollten wir akzeptieren. Es ist schlicht Fakt in einer Marktwirtschaft. Davon, daß man Fakten nicht akzeptiert, verschwinden diese ja nicht.

        • @Paul Rabe:

          "Es ist schlicht Fakt in einer Marktwirtschaft."

          Dann sollten wir diesen "Fakt" mal ganz schnell in den Müll werfen. Unsere Gesellschaft funktioniert durch seine Millionen kleiner Bürger und die sind nicht als "Arbeitssklaven" dafür da, dass die Vorstände einer Aktiengesellschaft oder irgendwelche Investoren noch reicher werden können. In diesem Land stimmt seit der Agenda 2010 etwas nicht mehr. Gerhard Schröder (SPD) hat aus Deutschland das Niedriglohnland Nummer 1 in Europa gemacht. Die SPD hat den Spitzensteuersatz für die Reichen von 53% auf 42% gesenkt. Die SPD hat die Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften steuerfrei gestellt. Der SPD haben wir mit ihrer Agenda 2010 unzählige Zeitarbeitsfirmen zu "verdanken", die sich an der Armut in diesem Land auch noch frech bereichern. Die SPD hat sich die Hartz-Reform inklusive demütigende Sanktionen für deutsche Bürger ausgedacht, damit man mit der Angst vor Hartz IV die Löhne drücken und Deutschland so der Exportweltmeister von Europa werden konnte - und so weiter und so fort. Auch wenn ich es ungern sage, aber unter Helmut Kohl (CDU) hat es diese Art von Raubtierkapitalismus nicht gegeben.

          • @Ricky-13:

            Aber nach der Agenda 2010 ginge die Arbeitslosen Zahlen Deutlich nach unten.



            Ist es wirklich besser Arbeitslose zu alimentieren anstatt Menschen in einem Niedrig Lohnsektor zu beschäftigen?



            Deutschland wird für seine robuste Wirtschaft überall in der Welt bewundert, die Agenda 2010 war dafür eine notwendige Voraussetzung

            Dort wo es keine Agenda2010 gab, zum Beispiel im südlichen Europa, geht es den Menschen auch nicht Besser, im Gegenteil, dort geht es den Menschen schlechter als in Deutschland. Der durchschnittliche Konsum pro Person ist dort geringer.

            • @Paul Rabe:

              Die Arbeitslosenzahlen gehen nicht deutlich herunter, sondern mit statistischer Trickserei wird die Arbeitslosenquote so manipuliert, dass unsere Regierung nicht in Erklärungsnot gerät. Seit 1988 wurden die statistischen Regeln 17-Mal verändert, so das es heute auch keine Vergleichsmöglichkeiten gibt, da auch Statistiker da nicht mehr richtig durchblicken. Prof. Dr. Bontrup (Wirtschaftswissenschaftler) erklärt in dem Interview sehr anschaulich, wie die Arbeitslosenstatistik - oder wie man diese "Lügenzahlen" auch immer nennen möchte - gebildet wird. www.youtube.com/watch?v=mKROiD7xBd4

              Mit dem Zwangsarbeitsparagraphen § 10 SGB II - und angedrohte Sanktionen - werden von den Jobcentern seit Jahren "Arbeitgeber" mit billigen Arbeitskräften beliefert, und die Jobcenter können ihre Arbeitslosenstatistik damit auch noch im Sinne der Politik sehr gut "schönen". Es werden jeden Monat einige hunderttausend Arbeitslose mit dem § 10 SGB II in Hilfsarbeiterjobs gedrängt, zusätzlich werden einige hunderttausend ALG II Bezieher in sogenannte "Maßnahmen" verfrachtet, und das alles nur, damit die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Monatsanfang ihre geschönten Zahlen (Arbeitslosenquote) dem naiven Volk präsentieren kann. Nicht zu vergessen, dass ein ALG II Empfänger mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt, nach Definition der BA, auch nicht arbeitslos ist, denn "Wer krank ist, der ist nicht arbeitslos". Wer hier noch eine Logik sieht, der sollte auch schnellstens einen Arzt aufsuchen. Wie heißt es so schön: Glaubt keiner mehr die Mär, muss eben die Statistik her.

              Sie schreiben: "Deutschland wird für seine robuste Wirtschaft überall in der Welt bewundert, die Agenda 2010 war dafür eine notwendige Voraussetzung."

              Und dafür, dass es den Reichen und Mächtigen gut geht, darf man Millionen Menschen zu Arbeitssklaven machen? Haben Sie sich schon einmal Art. 1 GG und Art. 20 Abs. 1 GG durchgelesen oder sind arme Menschen für Sie nur "Arbeitstiere" ohne jedes Recht?

    • 0G
      06137 (Profil gelöscht)
      @Paul Rabe:

      3) Er - oder sie - erhöht die Preise entsprechend. Was wäre falsch daran, für eine Dienstleistung oder ein Produkt soviel zu bezahlen, dass die in dem betreffenden Bereich Arbeitenden zumindest nicht in die Sozialhilfe fallen?

      • @06137 (Profil gelöscht):

        Dann lassen sich die Leute halt wieder Privat aka via Schwarzarbeit die Haare schneiden.

      • @06137 (Profil gelöscht):

        Ihre Frage:



        "Was wäre falsch daran, für eine Dienstleistung oder ein Produkt soviel zu bezahlen, dass die in dem betreffenden Bereich Arbeitenden zumindest nicht in die Sozialhilfe fallen?"

        in der Gastronomie z.B. müsste dann der Schweinebraten in München 26,-- € und der Kaiserschmarrn 19,--€ kosten.

        Wer soll bereit sein das zu bezahlen?



        Gerade das Linken Milieu, ist extrem knausrig beim Geldausgeben.

        • 0G
          06137 (Profil gelöscht)
          @Nico Frank:

          Das rechnen Sie mir doch bitte mal vor, ich bin gespannt. Wenn Sie den Stundenlohn der Kellnerin meinetwegen um 3 Euro erhöhen und sie trägt in einer Schicht auch nur 30 Schweinebraten aus, so erhöhen sich die Kosten für einen Schweinebraten um 80 Cent, also nach Ihrem Beispiel von 25,20 Euro auf 26 Euro. Und? Im übrigen essen Linke keinen Schweinebraten ;)

      • @06137 (Profil gelöscht):

        Die Frage ist WER das bezahlt und WER das festlegt ?



        Soll der Staat jetzt verbindliche Preise für Waren und Dienstleistungen festlegen oder sollte das nicht doch besser der Markt ?



        Wie einigen sich die Staaten der Welt auf die "richtigen" Preise ?

        Ich glaube historische Erfahrungen zeigen, daß dies vermutlich nicht funktionieren kann, global erst recht nicht.

        • 0G
          06137 (Profil gelöscht)
          @Paul Rabe:

          Selbstverständlich der Markt. Wenn ein wegen des Mindestlohnes erhöhter Preis nicht akzeptiert wird, dann verschwindet die entsprechende Dienstleistung eben vom Markt. Offensichtlich bestand dann daran kein ausreichender Bedarf. Beispiel gefällig: Ein Paketbote liefert pro Schicht bis zu 300 Pakete aus (Auskunft DHL). Wollen Sie den Stundenlohn des Boten um meinetwegen 3 Euro erhöhen, entstehen mithin Mehrkosten von 8 Cent pro Paket. Akzeptiert das die Verbraucherin nicht und bestellt sie deswegen nicht mehr im Internet, so ist ihr der Komfort offensichtlich nicht so viel wert und die Dienstleistung ist in Teilen überflüssig.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Paul Rabe:

          In unserem Wirtschaftsgefüge gibt es unzählige Bereiche und Beispiele, in denen Leistungsentgelte und/oder Preise direkt oder meist vielmehr indirekt künstlich manipuliert, festgelegt oder durch Subventionen vor den ansonsten kalt wirkenden Marktmechanismen geschützt werden. Denken Sie einfach mal einen Augenblick über Ihre Schornsteinfegerrechnung nach, falls Sie so etwas selber zahlen müssen. Und dennoch erzählen Sie uns hier muffige Stories vom Primitivkapitalismus

          • @61321 (Profil gelöscht):

            Solange Investoren die völlige Freiheit haben WO diese investieren, solange gelten die von mir erwähnten Mechanismen. Oder wollen Sie einem Kapitaleigentümer verbieten seine Investments in Zukunft z.B. in China zu tätigen (also dort den Frisörsalon zu eröffnen) weil er dort eine bessere Rendite erwartet ?



            Da mag man fordern, aber die Konsequenz wären Kapitalverkehrskontrollen, Zollschranken, geschlossene Grenzen etc. etc.



            Es gibt viele Leute die denken, daß mit solchen Maßnahmen der durchschnittliche Lebenstandard in Deutschland eher sinken statt steigen würde.